European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0110OS00047.25H.0603.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * T* des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (I) und des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 4 StGB (II) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 4. Oktober 2024 in W* * G* vorsätzlich am Körper
(I) verletzt, indem er diesem einen Faustschlag gegen den linken Arm, wodurch der Genannte zu Boden stürzte und eine Schürfwunde am rechten Ellenbogen erlitt, sowie zwei Fußtritte gegen das Gesäß versetzte, weiters (mehrere Minuten später)
(II) schwer zu verletzen versucht (§ 15 StGB), indem er mit einem Klappmesser auf diesen einstach, wobei es beim Versuch blieb, weil Dritte ihn aufhielten und überwältigten.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Die Urteilsaussage, der Beschwerdeführer sei zu den Tatzeitpunkten „zwar alkoholisiert, jedoch in der Lage [gewesen], das Unrecht seiner Handlungen einzusehen und dieser Einsicht gemäß zu handeln“ (US 6), stützte das Schöffengericht – willkürfrei (vgl RIS-Justiz RS0097433 [insbesondere T3] und RS0099508) – auf das Gutachten eines beigezogenen medizinischen Sachverständigen (US 8).
[5] Mit dem Einwand, eine in einem (staatsanwaltschaftlichen) Amtsvermerk enthaltene Notiz widerspreche einer Prämisse dieses Gutachtens, wird weder (wie behauptet) Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) des Urteils noch sonst ein Nichtigkeitsgrund geltend gemacht.
[6] Entgegen dem gleichgerichteten Vorbringen der Tatsachenrüge (Z 5a) stellt ein (bloßer) „Amtsvermerk im Journaldienst“, wonach ein „Alkotest um 19 Uhr“ des Tattages „1,8 Promille“ (Blutalkoholgehalt) ergeben habe (ON 1.1), nicht selbst ein solches Testergebnis dar (und steht daher auch zur Gutachtensformulierung, eine „zeitnahe quantitative laborchemische Blutalkoholkonzentrationsbestimmung“ liege [dem Sachverständigen] „nicht vor“ [ON 19.2 S 70], keineswegs im Widerspruch).
[7] Im Übrigen würde selbst ein solches Testergebnis – in der Hauptverhandlung vorgekommen (§ 258 Abs 1 StPO) – beim Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der Urteilsfeststellungen (US 6) zur Zurechnungsfähigkeit (§ 11 StGB) des Beschwerdeführers zur jeweiligen Tatzeit wecken (vgl Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB15 § 11 Rz 7, RIS‑Justiz RS0089898 und RS0089826).
[8] Die weitere Tatsachenrüge (Z 5a) bekämpft die den Schuldspruch II tragenden Feststellungen zur Vornahme von Stichbewegungen mit einem Messer (US 6), indem sie die Glaubhaftigkeit dahingehender Zeugenaussagen bezweifelt und (zusammengefasst) einwendet, das Erstgericht hätte den Aussagen jener Zeugen Glauben schenken müssen, die angaben, kein Messer in der Hand des Beschwerdeführers wahrgenommen zu haben.
[9] Damit erschöpft sie sich in einem Angriff auf die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.
[10] „Strafdrohung“ in § 32 Abs 2 erster Satz StGB (ebenso wie in § 39a Abs 1 letzter Teilsatz StGB) legt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0130193, jüngst 15 Os 99/24h [Rz 4] EvBl 2025/143) eng bloß im Sinn des Begriffskerns (Strafsatz), nicht auch des Begriffshofs (Strafrahmen) aus (dazu eingehend Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 668/4 und 711 sowie Riffel in WK2 StGB § 32 Rz 60 ff; zu den Begriffen Strafsatz, Strafrahmen und Strafdrohung siehe nur 12 Os 21/17f [verst Senat] mwN).
[11] Die Begehung der vom Schuldspruch II umfassten Tat unter Einsatz einer Waffe ist nicht schon für die Subsumtion (also den anzuwendenden Strafsatz – § 84 Abs 4 StGB), sondern erst für die nachgelagerte Strafrahmenbildung – unter Anwendung der (reinen) Strafrahmenvorschrift des § 39a Abs 1 Z 4 (iVm Abs 2 Z 3) StGB – von Bedeutung.
[12] Hiervon ausgehend durfte das Schöffengericht den angesprochenen Umstand – der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) zuwider – ohne Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) auch bei der Strafbemessung als Erschwerungsgrund (§ 33 Abs 1 Z 6 StGB) in Anschlag bringen (US 12 f).
[13] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[14] Über die Berufung hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).
[15] Der Kostenausspruch gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)