European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0040OB00102.24I.0522.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung:
[1] Die Klägerin, eine Bauträgerin, ließ im städtischen Gebiet eine Wohnhausanlage errichten und verkaufte sodann die einzelnen Wohnungen als Wohnungseigentumsobjekte ab. Die Erstnebenintervenientin fungierte als Maklerin, die Zweitnebenintervenientin als Vertragserrichterin und Treuhänderin.
[2] Die Beklagten erwarben im Jahr 2018 eine Wohnung von der Klägerin, wobei die Abwicklung dem BTVG unterlag und die Kaufpreiszahlung laut Kaufvertrag und § 10 BTVG mittels Ratenplan erfolgte. Der vereinbarte Haftrücklass bzw die letzte Rate von 2 % (5.140 EUR) wurde von den Beklagten zunächst bei der Treuhänderin erlegt, wegen behaupteter Ansprüche gegen die Klägerin nach ABGB und BTVG in der Folge jedoch zurückverlangt.
[3] Die Vorinstanzen wiesen die Klage der Verkäuferin auf Zahlung des restlichen Kaufpreises von 5.140 EUR ab, weil das Objekt noch nicht fertiggestellt und damit keine Fälligkeit eingetreten sei bzw ein Rechtsmangel vorliege. Die Beklagten hätten den Kaufvertrag samt Bau‑ und Ausstattungsbeschreibung – zu Recht – dahin verstanden, dass auch die zentrale Wärmeaufbereitungs‑ und Solaranlage ins Miteigentum der Wohnungseigentümer überginge. Tatsächlich habe die Klägerin jedoch mit einer Dritten eine „Contracting‑Vereinbarung“ abgeschlossen und dieser einen Eigentumsvorbehalt an der Anlage eingeräumt.
[4] Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision zur Frage für zulässig, ob dieser Mangel allenfalls durch einen originären Eigentumserwerb der Beklagten behoben worden sei.
Rechtliche Beurteilung
[5] Die – von den Beklagten beantwortete – Revision der Klägerin ist mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig und daher zurückzuweisen.
[6] 1. Ein von der zweiten Instanz zugelassenes Rechtsmittel ist auch dann unzulässig, wenn die aufgezeigte erhebliche Rechtsfrage in der Zwischenzeit vom Obersten Gerichtshof in anderen Verfahren beantwortet wurde (vgl RS0112921, RS0112769), oder wenn das Rechtsmittel nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt (vgl RS0102059).
[7] 2. Der Oberste Gerichtshof stellte jüngst in seiner Entscheidung zu 8 Ob 54/23h (RS0135237) klar, dass Anlagen‑Contracting selbst im Anwendungsbereich des BTVG und des WEG zulässig sein kann (s dazu auch 4 Ob 235/22w), jedoch einer deutlichen Vereinbarung im Kaufvertrag bedarf. Ergibt eine Vertragsauslegung iSd §§ 914 f ABGB, dass die Verschaffung des Mit‑ und Wohnungseigentums an einer Wohnanlage mit Heizungsanlage geschuldet ist, stellt das von Dritten vorbehaltene Eigentum an der Heizungsanlage zumindest einen Rechtsmangel iSd § 922 ABGB dar, der auch einer Fertigstellung des Bauwerks iSd § 10 BTVG entgegensteht.
[8] Die Klägerin argumentiert in ihrer Revision zwar, dass das Anlagen‑Contracting hier zu keiner unbilligen Beschränkung der Rechte der Wohnungseigentümer iSd § 38 Abs 1 WEG führen würde und bloß geringfügige Mängel die Fertigstellung eines Bauabschnitts iSd BTVG nicht verhindern würden, wendet sich jedoch nicht gegen die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass sie aufgrund der konkreten Vertragslageden Beklagten die Verschaffung von Miteigentum an einer Heizungsanlage schuldet. Damit ist aber gerade nicht von einer mängelfreien Übergabe iSd ABGB bzw einer Gesamtfertigstellung iSd BTVG auszugehen.
[9] 3. Die Klägerin stützt ihre Revision weiters darauf, dass die Beklagten dessen ungeachtet Eigentum erworben hätten, weil der Eigentumsvorbehalt mit dem Contracting‑Unternehmen gegenüber den Beklagten (aus näher dargelegten Gründen) unwirksam sei.
[10] Die Klägerin beruft sich insofern nicht auf einen Eigentumserwerb durch Einbau iSd §§ 414 ff ABGB (zumal es sich bei den Teilen der Anlage zumindest großteils um wieder entfernbare und damit selbständige Bestandteile handeln wird, vgl 1 Ob 353/97m), sondern auf einen originären gutgläubigen Erwerb von einem befugten Unternehmen bzw einem Vertrauensmann iSd § 367 Abs 1 ABGB.
[11] Zum einen greift jedoch die Argumentation der Revision zu kurz, dass bei dem von den Vorinstanzen angenommenen Auslegungsergebnis auch ein gutgläubiger Erwerb der Beklagten bejaht werden müsste, weil die Redlichkeit des Erwerbers nicht nur bei Abschluss des Titelgeschäfts vorhanden sein muss, sondern bis zur Übergabe fortdauern muss (vgl RS0010903).
[12] Zum anderen vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, die Beklagten hätten gemäß § 922 ABGB gewöhnlich voraussetzen dürfen und einen Anspruch darauf, dass die Anlage zur Gänze im Miteigentum der Wohnungseigentümer steht und durch die Eigentümergemeinschaft verwaltet wird. Den Beklagten sei nämlich nicht zuzumuten, unklare Eigentumsverhältnisse hinzunehmen, die den Betrieb der Anlage beeinträchtigen könnten. Die Klägerin habe aber gar nicht behauptet, dass alle übrigen Wohnungseigentümer– deren Verträge und Aufklärung sich ja unterscheiden könnte – ebenfalls Miteigentum an der Heizungsanlage erworben hätten.
[13] Soweit sich die Revision darauf stützt, dass die Erhaltung und Verwaltung sowie ein allfälliger Austausch der Heizungsanlage Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung seien, bekräftigt sie aber diese Rechtsansicht. Mangels originären Eigentumswerbs aller Wohnungseigentümer fielen nämlich die Mitglieder der Wohnungseigentumsgemeinschaft und die Miteigentümer der Heizungsanlage auseinander. Insofern zeigt die Revision sohin weder eine unvertretbare Auslegung des nach dem Kaufvertrag und § 922 ABGB Geschuldeten durch das Berufungsgericht, noch sonst eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.
[14] Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die Klägerin könne daher (jedenfalls derzeit) keine Zahlung des Restkaufpreises an sich begehren, bedarf sohin keiner Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung.
[15] Damit kommt es aber auch nicht auf die in der Revision thematisierte Unwirksamkeit des Eigentumsvorbehalts des Contracting‑Unternehmens und die behaupteten sekundären Feststellungsmängel an.
[16] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO. Wurde – wie hier – die Unzulässigkeit der Revision in der Revisionsbeantwortung nicht geltend gemacht, so gebühren dem Revisionsgegner bei Verwerfung der Revision keine Kosten (RS0035962, RS0035979).
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