OGH 15Os10/25x

OGH15Os10/25x30.4.2025

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. April 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Sadoghi und Mag. Riffel in Gegenwart des Schriftführers Madari LL.M. (WU), BSc (WU) in der Strafsache gegen * T* wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten, die Nichtigkeitsbeschwerde der Privatbeteiligten B* GmbH sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 3. Oktober 2024, GZ 7 Hv 31/23b‑38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0150OS00010.25X.0430.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Wirtschaftsstrafsachen

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last, soweit sie nicht durch die ganz erfolglose Nichtigkeitsbeschwerde der Privatbeteiligten B* GmbH verursacht wurden.

Der Privatbeteiligten B* GmbH wird der Ersatz der durch ihre ganz erfolglos gebliebene Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten auferlegt.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * T* – soweit hier von Bedeutung – unter Einbeziehung des rechtskräftigen Teils des im ersten Rechtsgang (vgl dazu 15 Os 156/23i) ergangenen Urteils des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 15 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 28. Juni 2019 in M* mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Dr. * L* durch die Vorgabe, ein zahlungswilliger und ‑fähiger Auftraggeber zu sein, zu einer Handlung, nämlich zur Überlassung einer Eigentumswohnung inklusive zweier KFZ‑Abstellplätze zu verleiten versucht, wodurch die M* GmbH in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag von 4.060.000 Euro am Vermögen geschädigt werden sollte, wobei es mangels Übergabe beim Versuch blieb.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a und 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) leitet nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (siehe aber RIS‑Justiz RS0116565), weshalb die (hier vorliegende) rechtliche Annahme des Erreichens des Versuchsstadiums beim Verbrechen des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB einen nach § 3 Abs 1 BTVG wirksamen schriftlichen Vertragsabschluss erfordern sollte (zum Schadenseintritt im Fall einer wie hier herausgelockten Liegenschaft bei tatsächlicher Übergabe des unbeweglichen Gutes siehe bereits 15 Os 156/23i Rz 8 mwN).

[5] Weshalb es für die Subsumtion nach §§ 146, 147 Abs 3, 15 StGB darauf ankommen sollte, dass die unrechtmäßige Bereicherung in objektiver Hinsicht (zur diesbezüglich überschießenden Innentendenz RIS-Justiz RS0094255, RS0094617 [T1], RS0103999 [T1]; Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 146 Rz 118; siehe neuerlich bereits 15 Os 156/23i Rz 21) und eine Vermögensschädigung tatsächlich eingetreten sind (zum Eintritt eines Tatvollendung bewirkenden Vermögensschadens RIS-Justiz RS0094617 [T3]; Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 146 Rz 123), entbehrt jeweils der gebotenen Ableitung aus dem Gesetz (RIS-Justiz RS0116565).

[6] Ebenso verabsäumt die Rüge darzustellen, warumbei einer Verleitung der Dr. L*zur Überlassung der Eigentumswohnung samt KFZ-Abstellplätzen, wobei diese sämtliche entsprechenden Veranlassungen dazu tätigte (US 6), ein absolut untauglicher (und damit strafloser) Versuch (§ 15 Abs 3 StGB) des Betrugs vorliegen, demnach bei gebotener generalisierender Betrachtung und losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalls eine dem Tatbestand entsprechende Sachverhaltsverwirklichung unter keinen Umständen zu erwarten sein sollte (RIS-Justiz RS0115363, RS0098852).

[7] Indem die Beschwerde das Vorliegen der subjektiven Tatseite mit eigenständigen Erwägungen bestreitet, bekämpft sie bloß die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.

[8] Soweit die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit b) einen Rechtsirrtum (§ 9 StGB) und dessen mangelnde Vorwerfbarkeit geltend macht, da der Angeklagte ohne Unrechtsbewusstsein gehandelt habe, entfernt sie sich vom Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099853, RS0088149), weil das Erstgericht aus tatsächlichen Gründen einen Rechtsirrtum verneinte (zur festgestellten Kenntnis der Unrechtmäßigkeit der Tat vgl US 6).

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[10] Weil die Privatbeteiligte B* GmbH weder bei der Anmeldung (ON 37 S 11) noch in einer Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnete (§ 285a Z 2 StPO), war auch deren Nichtigkeitsbeschwerde zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 StPO).

[11] Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt aus § 285i StPO.

[12] Bleibt anzumerken, dass das Schöffengericht beim Sanktionsausspruch zu Unrecht – jedoch zum Vorteil des Angeklagten – von einem Strafrahmen von bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe ausging (US 15), obwohl § 147 Abs 3 StGB eine Mindeststrafe von einem Jahr vorsieht. Dieser von der Staatsanwaltschaft nicht geltend gemachten Nichtigkeit des Strafausspruchs (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO) ist im Rahmen der Entscheidung über die Berufungen Rechnung zu tragen (vgl RIS-Justiz RS0122140, RS0109969; Riffel in WK2 StGB § 32 Rz 55/13 aE; zur fehlenden Bindungswirkung an den vom Erstgericht angenommenen Strafrahmen siehe 15 Os 119/23y).

[13] Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 erster und zweiter Satz StPO.

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