OGH 6Ob214/24z

OGH6Ob214/24z30.4.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. N*, als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der W* AG, FN *, vertreten durch Abel Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei R* GmbH, FN *, vertreten durch Singer Fössl Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 2 Mio EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. Juli 2024, GZ 1 R 58/24t‑104, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 30. Jänner 2024, GZ 62 Cg 20/21k‑100, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0060OB00214.24Z.0430.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Unternehmens-, Gesellschafts- und Wertpapierrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 5.731,80 EUR (darin enthalten 955,30 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Gegenstand des Verfahrens ist die Frage der Haftung des Sacheinlagenprüfers einer (mit Beschluss vom 16. 3. 2018 zu AZ *) in Insolvenz verfallenen Aktiengesellschaft (im Folgenden kurz Gesellschaft oder Schuldnerin).

[2] Über das Vermögen ihrer Muttergesellschaft (W* AG; zuvor W* Aktiengesellschaft) war nur wenig zuvor (mit Beschluss des * vom 2. 2. 2018 zu AZ *) ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. Das „Geschäftsmodell Alt“ dieser Muttergesellschaft hatte im Ankauf und der Sanierung von Wohnimmobilien und anschließender Vermietung/Verwertung von Zinshäusern bestanden. Da dieses Geschäftsmodell nicht mehr gewinnbringend gewesen war, war ein „Geschäftsmodell Neu“ entwickelt worden. Dieses sah den Ankauf von Grundstücken, allenfalls die Umwidmung und den nachfolgenden Neubau (leistbares Wohnen) vor, was von einer neu zu gründenden Tochtergesellschaft (der späteren Schuldnerin) umgesetzt werden sollte. Deren Anteile sollten an private Investoren verkauft werden, um mit diesem Geld die Anleiheverbindlichkeiten der Muttergesellschaft, welche großteils Mitte 2018 fällig wurden, tilgen zu können.

[3] Dazu ging man wie folgt vor: Die Muttergesellschaft erwarb Ende November/Anfang Dezember 2016 alle Anteile einer zunächst „leeren Vorratsgesellschaft“ (einer GmbH). Diese Vorratsgesellschaft sollte im Rahmen einer Bar- und Sachkapitalerhöhung in eine Aktiengesellschaft (die spätere Schuldnerin) umgewandelt werden. Zum 31. 10 .2016 erfolgte per Generalversammlungsbeschluss vom 7. 12 .2016 im Zuge der Umwandlung dieser GmbH in eine Aktiengesellschaft eine Kapitalerhöhung von 35.000 EUR um insgesamt 4.965.000 EUR auf 5 Mio EUR. Die Barkapitalerhöhung wurde mit 1.845.000 EUR und die Sacheinlage mit 3.120.000 EUR festgesetzt. Die Muttergesellschaft brachte im Zuge der Kapitalerhöhung mit Sacheinlagevertrag vom 7. 12. 2016 Marken als Sacheinlage in die Gesellschaft ein (die österreichische Wortmarke „W*“, die österreichische Wortbildmarke „W* Immobilien“ und die Unionsmarke „W* Immobilien“). Die Kapitalerhöhung wurde am 30. 12. 2016 im Firmenbuch eingetragen. Diese Marken waren zuvor von der Muttergesellschaft benutzt worden (und bildeten vom Wortlaut her den Kern der Firma der Muttergesellschaft, später jenen der Schuldnerin). Die (nun Aktien‑)Gesellschaft hatte zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung und danach nur eine Gesellschafterin/Aktionärin (die Muttergesellschaft).

[4] Die Beklagte ist die im Rahmen der Kapitalerhöhung befasste Sacheinlagenprüferin. Sie wurde vom Firmenbuchgericht mit Beschluss * vom 5. 12. 2016, *, für die damals beabsichtigte Kapitalerhöhung mit Sacheinlage als Sacheinlagenprüferin bestellt und schloss mit der Gesellschaft einen Prüfvertrag ab.

[5] In dem von der ihr erstellten Prüfbericht vom 9. 12. 2016 bestätigte sie, dass der Wert der eingebrachten Marken den Ausgabebetrag von 3.120.000 EUR der von der Gesellschaft an die Muttergesellschaft gewährten Geschäftsanteile erreicht. Tatsächlich lag deren Wert nur zwischen 0 und 100.000 EUR.

[6] Dieser Sacheinlageprüfung durch die Beklagte lag unter anderem das Gutachten der P* GmbH über den Wert der Sacheinlage vom 7. 6. 2016 und das „Update“ zum 30. 11. 2016 zugrunde. P* GmbH hatte am 7. 6. 2016 zum Stichtag 31. 12. 2015 einen Wert von 3.158.000 EUR für die Marken ermittelt. Der Zweck dieses Markenwertgutachtens war die Feststellung des Wertes aus Sicht der Muttergesellschaft für deren Kauf der Marken von den Altvorständen (um 3,12 Mio EUR).

[7] Die Ergebnisse dieses Gutachtens wurden von der P* GmbH über Auftrag eines späteren Vorstands der Gesellschaft mit Schreiben vom 30. 11. 2016 („Update“) bestätigt.

[8] Für „die Beklagte“ war beim materiellen Teil der Sacheinlageprüfung relevant, dass die P* GmbH den Wert der Marken zum 30. 11. 2016 bestätigt hatte. Die Prüfer führten auch mit den „Markenbewertern“ der P* GmbH Gespräche. „Die Beklagte“ war der Ansicht, dass man das P*-Gutachten vom 7. 6. 2016 (samt Update) für die Sacheinlageprüfung heranziehen konnte. Es wurden zwar (formal) die üblichen und erforderlichen Prüfungsschritte eingehalten, jedoch wurden die „materiellen Prüfungshandlungen“ zum Markenwertgutachten nicht mit der erforderlichen kritischen Grundhaltung durchgeführt. Die Annahmen des Gutachtens vom 7. 6. 2016 wurden mit zu wenig kritischer Grundhaltung als plausibel erachtet, und die Änderungen zwischen dem ursprünglichen Bewertungsstichtag 31. 12. 2015 und Dezember 2016 sowie die geänderte Bewertungssituation wurden nicht entsprechend gewürdigt. Bezogen auf die Zielsetzung bei der Sacheinlagenprüfung, nämlich der Feststellung des Wertes aus Sicht der übernehmenden Gesellschaft, wäre eine neuerliche Bewertung der Marke zum Zeitpunkt der Sacheinlage erforderlich gewesen. Die Sacheinlageprüfung wurde im Wesentlichen Teil der materiellen Prüfung „nicht lege artis durchgeführt“. Bei Durchführung der Prüfungshandlungen mit der erforderlichen kritischen Grundhaltung hätten die sehr einseitigen Annahmen im Markenwertgutachten vom 7. 6. 2016 auffallen müssen.

[9] Unstrittig begab die Gesellschaft als Emittentin ab dem Jahr 2017 Anleihen und begründete Verbindlichkeiten gegenüber zahllosen Anleihegläubigern.

[10] Der Kläger begehrt Zahlung von 2 Mio EUR gestützt auf eine verschuldensunabhängige Gewährleistungs- bzw Garantiehaftung der Beklagten, weil diese als Sacheinlagenprüferin zu Unrecht bestätigt habe, dass der Wert der Sacheinlage der Marken dem Ausgabebetrag von 3,12 Mio EUR entspreche. Er brachte dazu – im Wesentlichen und soweit für das Revisionsverfahren noch relevant – vor, es wäre bei einer pflichtgemäßen Prüfung aufgedeckt worden, dass der Wert der Marken nicht dem Ausgabebetrag von 3,12 Mio EUR, sondern 0 EUR entsprach. Eine Sacheinlage solle gerade einen Zufluss (nämlich eines werthaltigen Vermögenswerts) herbeiführen. Aufgrund der entgegen dem Sorgfaltsmaßstab der §§ 1299, 1300 ABGB als Sachverständige schuldhaft mangelhaft durchgeführten Gründungsprüfung sei die Gesellschaft so zu stellen, wie sie stünde, wenn die betreffende Einlage tatsächlich den ihr beigemessenen Wert gehabt hätte. Gegen den Sacheinlageprüfer werde ein solcher Schadenersatzanspruch der Gesellschaft auch dann bejaht, wenn dieser – der Gründungsprüfung vergleichbar – vor allem Neugläubigern zugutekomme. Dies sei hier der Fall, zumal die Gesellschaft lediglich neue Gläubiger habe. Erst durch die Durchführung der Kapitalerhöhung mit Sacheinlage hätten weitere Anleihen emittiert und Verbindlichkeiten eingegangen werden können. Vor Einbringung der Marke und der Umwandlung/Kapitalerhöhung hätten keine Altverbindlichkeiten bestanden. Durch die pflichtwidrige Erteilung des positiven Prüfurteils, mit dem das unrichtige P*-Gutachten ohne eigene Prüfung bloß „nacherzählt“ worden sei, sei der Schuldnerin ein Schaden in Höhe der unvollständigen Sacheinlage entstanden. Dieser errechne sich aus der Differenz zwischen der unrichtigen, überhöhten Bewertung von 3,12 Mio EUR und dem tatsächlichen Wert von 0 EUR, wobei derzeit aber nur der Schaden in Höhe der Haftungshöchstgrenze des § 275 UGB geltend gemacht werde. Bei richtigem Prüfurteil hätte die Schuldnerin die notwendige Kapitalausstattung für die Aufnahme der geschäftlichen Tätigkeit nicht erhalten. Weil die Beklagte den Prüfungsauftrag nicht ordnungsgemäß erfüllt habe, seien die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens sowie die Wertlosigkeit der Marke „weiterhin verdeckt“ geblieben. Zwar bestünde theoretisch ein Anspruch auf Ausgleich der Wertdifferenz gegen die Sacheinlegerin, allerdings sei auch über diese das Insolvenzverfahren eröffnet worden, wobei nicht mit einer wesentlichen Quote zu rechnen und daher auch dieser Anspruch wertlos sei.

[11] Die Beklagte bestritt das Klagebegehren. Dem Kläger fehle es an der Aktivlegitimation. Einer Aktiengesellschaft stehe kein Schadenersatzanspruch gegen den Sacheinlageprüfer zu, wenn im Zuge der Kapitalerhöhung eine überbewertete Sacheinlage eingebracht werde und diese Gesellschaft sowohl vor als auch nach der Kapitalerhöhung nur eine Alleinaktionärin gehabt habe, was analog auf die GmbH anzuwenden sei. Die Prüfung sei ordnungsgemäß erfolgt. Der Wert der eingebrachten Marken habe zum Zeitpunkt der Sacheinlageprüfung tatsächlich 3,12 Mio EUR betragen. Die Beklagte habe auf die Richtigkeit des Gutachtens vertrauen dürfen. Wenn die Sacheinlage nicht erfolgt wäre, wäre durch die Bareinlage trotzdem eine Kapitalerhöhung um fast 2 Mio EUR erfolgt, und es wäre eine vergleichbar hohe Eigenkapitalquote erreicht worden. Schon allein die Barkapitalerhöhung hätte es der Gesellschaft ermöglicht, neue Anleihen zu emittieren, weshalb die Sacheinlage(‑prüfung) nicht kausal für einen Schaden gewesen sei. Die Gesellschaft sei durch die Sacheinlage in der Lage gewesen, Anleihen am Markt zu platzieren und damit für die notwendige Liquidität und eine (günstigere) Finanzierung zu sorgen. Die Gesellschaft sei nicht durch die Begebung der Anleihen, sondern durch die Misswirtschaft des Managements insolvent geworden.

[12] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Indem die Beklagte das Markenwertgutachten von P* samt Update übernommen habe, ohne es kritisch zu hinterfragen oder ein weiteres Gutachten einzuholen, habe sie gegen die Pflicht zur gewissenhaften Prüfung im Sinn des § 275 Abs 2 UGB verstoßen. Der Beklagten sei der Nachweis des mangelnden Verschuldens nicht gelungen. Gemäß § 42 AktG gelte § 275 Abs 1 bis 4 UGB sinngemäß für die Ersatzpflicht des Gründungsprüfers. Den Gründungsprüfer treffe eine Art „verschuldensabhängige“ Garantiehaftung in Höhe der Differenz zwischen dem vereinbarten und dem tatsächlichen Wert der Sacheinlage, die im konkreten Fall mit dem Klagsbetrag von 2 Mio EUR begrenzt sei (§ 275 Abs 2 UGB).

[13] Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Es pflichtete nach Ausführungen zur nicht gewissenhaft durchgeführten Prüfung – was im Verfahren dritter Instanz nicht mehr strittig ist – unter Berufung auf den in der Literatur hervorgehobenen Zweck des § 42 AktG, die Kapitalaufbringung zu sichern, dem Erstgericht darin bei, dass den Gründungsprüfer im Falle der Überbewertung eine Art (allerdings verschuldensabhängige) „Garantiehaftung“ treffe. Auch die Entscheidung 1 Ob 128/07s habe eine Garantiehaftung des Prüfers nicht grundsätzlich in Zweifel gezogen, sondern eine Ersatzpflicht angesichts der besonderen Konstellation dieses Falls abgelehnt. Die Einrede, der Gesellschaft wäre auch bei ordnungsgemäßer Prüfung nicht der volle Wert der Sacheinlage zugekommen, die Eintragung der Gesellschaft (bzw im Fall einer beabsichtigten Kapitalerhöhung diese) wären unterblieben, könne der Gesellschaft nicht entgegengehalten werden.

[14] Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision stützte das Berufungsgericht vor allem auf das Fehlen von höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage, ob die Differenz- oder Garantiehaftung ausdrücklich auch für den Fall einer Sacheinlageprüfung bei einer Kapitalerhöhung gelte.

Rechtliche Beurteilung

[15] Die Revision der Beklagten ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

[16] 1. Die Revision wendet ein, es habe sich der Gesetzgeber anlässlich des FMAG 2001 bewusst für eine Gleichschaltung mit der Haftung des Abschlussprüfers entschieden, um einen Wertungswiderspruch zwischen der Haftung des Gründungs- und Sacheinlageprüfers mit der Abschlussprüferhaftung zu vermeiden. Es fänden sich in der Literatur kaum Stimmen, die eine garantie- bzw gewährleistungsähnliche Haftung befürworteten. Nur der durch die rechtswidrige Handlung verursachte Schaden sei zu ersetzen. Das tatsächliche Vermögen der Gesellschaft habe (wobei der Einfachkeit halber der Wert der Sacheinlage mit 0 EUR angesetzt werde) nach der Kapitalerhöhung 1,88 Mio EUR betragen (35.000 EUR Stammkapital + 1,845 Mio EUR Bareinlage + 0 EUR Sacheinlage), welchen Wert es auch ohne das schadensverursachende Verhalten gehabt hätte. Die Differenz zwischen wahrem Wert und vermeintlich höherem Wert könne daher niemals ein vom Sacheinlageprüfer zu verantwortender Schaden sein. Die Entscheidung des Berufungsgerichts widerspreche zudem der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu 1 Ob 128/07s, wonach einer schon im Zeitpunkt der Kapitalerhöhung zahlungsunfähigen Aktiengesellschaft, die auch nach der Kapitalerhöhung weiterhin nur einen Aktionär habe, (bzw ihrem Masseverwalter) kein Anspruch zustehe, bei Einbringung einer überbewerteten Sacheinlage vermögensmäßig so gestellt zu werden, als wäre die Einlage vollwertig gewesen. Die Auffassung der Vorinstanzen führe im Übrigen dazu, dass der primär leistungspflichtige Sacheinleger das Risiko einer Fehlbewertung auf den Prüfer abwälzen könnte, was in der Entscheidung 6 Ob 39/06p abgelehnt worden sei.

[17] 2. Die Revisionsbeantwortung hält dem dagegen, dass der Schaden in der Differenz zwischen dem angenommenen und dem realen Wert der Marke liege. Das Vermögen habe sich daher nicht den Vorstellungen der Gesellschaft entsprechend zusammengesetzt. Das falsche Gutachten habe zudem dazu geführt, dass die Gesellschaft nicht erkannt habe, dass sie trotz wirksamer Eintragung der Kapitalerhöhung auf 5 Mio EUR tatsächlich entgegen dem Verbot der Unterpariemission gehandelt habe. Mache ein Sacheinlagenprüfer die Gesellschaft nicht darauf aufmerksam, dass die Sacheinlage einen Wertmangel aufweise, entziehe sie der Gesellschaft die Möglichkeit, den äquivalenten Wertersatz in Geld verlangen zu können. Die Beklagte gehe über die vom Berufungsgericht genannten zahlreichen Kommentar- und Literaturstellen hinweg.

3. Dazu war Folgendes zu erwägen:

[18] 3.1. Sacheinlagen sind vor der Anmeldung der Kapitalerhöhung zum Firmenbuch in vollem Umfang, nämlich in Höhe des gesamten von der Sacheinlage abzudeckenden Kapitalerhöhungsbetrags, in das Vermögen der GmbH zu übertragen (§ 52 Abs 6 iVm § 10 Abs 1 S 3 GmbHG). Einlagefähig sind alle verkehrsfähigen körperlichen und unkörperlichen Sachen (Prinz in Foglar-Deinhardstein/Aburumieh/Hoffenscher-Summer, GmbHG2 [2024] § 52 Rz 53 f).

[19] Soll – wie hier – mehr als die Hälfte des Kapitalerhöhungsbetrags in Form von Sacheinlagen aufgebracht werden, ist eine Sacheinlageprüfung nach den aktienrechtlichen Sachgründungsvorschriften erforderlich (§ 52 Abs 6 iVm § 6a Abs 1 und Abs 4 GmbHG [unter Weiterverweis auf die sinngemäße Anwendung von §§ 20, 24 bis 27, § 29 Abs 2 und 4, §§ 39 bis 44 sowie § 25 Abs 4 und 5 AktG]), es sei denn, es erfolgt eine Unternehmenseinbringung gemäß § 6a Abs 2 und Abs 3 GmbHG (Prinz in Foglar-Deinhardstein/Aburumieh/Hoffenscher-Summer, GmbHG2 [2024] § 52 Rz 56; M. Heidinger/Prechtl in Gruber/Harrer, GmbHG2 [2018] § 52 Rz 74; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3 [2007] § 52 Rz 9).

[20] Damit kam im vorliegenden Fall § 25 AktG über die Gründungsprüfung zur Anwendung (faktisch war hier aufgrund der gleichzeitig mit der Kapitalerhöhung beschlossenen Umwandlung keine herkömmliche Kapitalerhöhung, sondern im Effekt die „Gründung“ einer AG intendiert).

[21] 3.2. Die Erfüllung der Einlageverpflichtung (wozu bei der Sacheinlage deren Werthaltigkeit zählt) ist der wesentliche Kern der – bei juristischen Personen mit beschränktem Haftungsfond besonders wichtigen – Kapitalaufbringung. Die reale Kapitalaufbringung soll der Gesellschaft ausreichende Mittel für den bezweckten Betrieb in die Hand geben. Sie dient nicht nur dem Schutz der Gesellschaft selbst, sondern ist zugleich ein wesentliches Element des Gläubigerschutzes (6 Ob 178/22b [Rz 75]; siehe zur Forderung des Vorhandenseins eines realen Befriedigungsfonds auch für Kapitalerhöhungen vor allem im Interesse der Gesellschaftsgläubiger 5 Ob 510/77 SZ 50/38; 6 Ob 14/90 SZ 63/102; 4 Ob 546/91 SZ 64/143; 8 Ob 623/93; 6 Ob 76/00w). Bei einer Aktiengesellschaft tritt hinzu, dass ihr durch die reale Aufbringung des Stammkapitals ausreichend Mittel in die Hand gegeben werden sollen, um nicht gegen das Verbot der Unterpariemission zu verstoßen (vgl § 8a AktG und in Bezug auf Sacheinlagen § 28a AktG).

[22] Diesem Zweck der vermögensmäßigen Ausstattung der Gesellschaft in Höhe des vertraglich festgelegten und im Firmenbuch aufscheinenden Stammkapitals haben sowohl Bar- als auch Sacheinlagen zu entsprechen.

[23] 3.3. Zur Durchsetzung der realen Kapitalaufbringung verlangen sowohl GmbHG als auch AktG bei der Bareinlage eine Bestätigung von dritter (Experten‑)Seite über das Vorhandensein der Mittel (vgl zu diesem Normzweck für viele Fellner/Kaindl, Zur Bankbestätigung gemäß § 29 Abs 1 AktG und § 10 Abs 3 GmbHG, ÖBA 2006, 103 [103]). Die in § 10 Abs 3 GmbHG und § 29 Abs 1 AktG verlangte Vorlage einer schriftlichen Bestätigung eines Kreditinstituts (oder [im GmbH‑Recht auch] des Notars als Treuhänder) ist Voraussetzung für die begehrte Eintragung der Gründung oder Kapitalerhöhung. Unterstrichen wird die Bedeutung dieser Bestätigung als wichtiger Teil der Prüfung der Kapitalaufbringung durch die im Gesetz angeordnete Verantwortlichkeit des Kreditinstituts (oder Notars) „für die Richtigkeit der Bestätigung“ (§ 10 Abs 13 AktG; § 29 Abs 3 GmbHG).

[24] 3.4. Dass die Bank bzw das Kreditinstitut oder der Notar im Rahmen ihrer Haftung für eine unrichtige Bestätigung umfangmäßig jenen Betrag abzudecken haben, der nicht zur freien Verfügung der Geschäftsführer steht, entspricht Rechtsprechung und herrschender Lehre (4 Ob 546/91 SZ 64/143; 3 Ob 323/97i; 4 Ob 284/99i [„Fehlbetrag auf die Stammeinlage“, „Einstehenmüssen für die Richtigkeit der von ihr ausgestellten Bestätigung“]; 2 Ob 144/01s; 7 Ob 65/01m; 3 Ob 99/08t GesRZ 2009, 35 [Lukas]; 6 Ob 120/24a [Rz 6]; RS0059591 [T1]; van Husen in Straube/Ratka/Rauter, GmbHG [127. Lfg 2021] § 10 Rz 473 ff [dieser sogar für verschuldensunabhängige Haftung eintretend in Rz 475]; Koppensteiner/Rüffler, GmbH-Gesetz³ § 10 Rz 29 [ebenso für verschuldensunabhängige Garantiehaftung]; A. Winkler/M. Winkler in Foglar‑Deinhardstein/Aburumieh/Hoffenscher-Summer,GmbHG² [2024] § 10 Rz 25; Zollner in Gruber/Harrich, GmbHG² § 10 Rz 49 ff; U. Torggler in U. Torggler, GmbHG [2014] § 10 Rz 32; aA Koziol,Haftung der Bank bei Bestätigung der freien Verfügbarkeit über Bareinlagen [§ 10 Abs 3 GmbHG], ÖBA 1996, 272 [281 f]; zur Geltendmachung des Anspruchs durch den Masseverwalter vgl RS0059598; RS0059591; RS0059592).

[25] Nichts anderes gilt für § 29 AktG (8 Ob 629/93 [auch bei Kapitalerhöhungen]; zur Haftung „jedenfalls in der Höhe der dem Vorstand nicht zur freien Verfügung stehenden Einzahlung“ siehe schon Jabornegg in Schiemer/Jabornegg/Strasser,Akt³ [1993] § 29 Rz 3; Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht2 [2017] Rz 3/270; Zollner in Kalss, Gläubigerschutz 46; ders in Doralt/Nowotny/Kalss,AktG3 § 29 Rz 29 f [Stand 1. 6. 2021, rdb.at]; Heidinger/Schneider in Artmann/Karollus, AktG6 § 29 Rz 14; Eckert/Schopper/Walch in Eckert/Schopper, AktG‑ON1.00 § 29 Rz 9 [Stand 1. 7. 2021, rdb.at]; Posani/Schörghofer in Napokoj/Foglar‑Deinhardstein/Pelinka, AktG Taschenkommentar [2019] § 29 AktG Rz 6).

[26] Zum nahezu gleichlautenden Wortlaut in § 37 dAktG wird ebenfalls vertreten, dass es sich dabei um eine verschuldens‑(un‑)abhängige Gewährleistungshaftung mit analoger Anwendung im GmbH-Recht (bei freiwilliger Vorlage) handelt, die darauf gerichtet ist, die bestätigte, aber fehlende Einlage in voller Höhe aufzubringen (Lieder in Bürgers/Lieder, AktG6 [2025] § 37 Rz 8 f; zum Differenzanspruch auch im Bereich des GmbH‑Rechts siehe Merget in Ensthaler/Füller in GmbHG3 [2024] § 9a Rz 18 [Haftung „für die unrichtige Bankbestätigung im Umfang des gesamten Fehlbetrags gesamtschuldnerisch mit den nach § 9a Abs 1, 4d GmbHG Verantwortlichen“]).

[27] 3.5. Ein wesentlicher Punkt für die vorliegende Entscheidung liegt insoweit darin, dass – wie Zollner richtig ausführt – nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen dem Kreditinstitut der zum Entfall der Haftung führende Einwand der fehlenden Kausalität für den Schaden zustehen würde, aber wegen des besonderen Normzwecks der Bankenhaftung und deren Zugehörigkeit zu den gläubigerschützenden Kapitalaufbringungsvorschriften nicht zugelassen wird (Zollner in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG3 § 29 Rz 35 [Stand 1. 6. 2021, rdb.at]). Ebenso verdeutlichen zur herrschenden Lehre der Haftung für die Differenz Heidinger/Schneider,dassdie Haftung nach § 29 Abs 1 AktG im System der Vorschriften zur Kapitalaufbringung zu sehen ist, die vor allem dem Gläubigerschutz dienen. Der Einwand fehlender Kausalität würde dem widersprechen, weil der damit verbundene Entfall der Haftung sich besonders gegenüber den Gläubigern auswirkte (Heidinger/Schneider in Artmann/Karollus, AktG I6 § 29 Rz 14 [Stand 1. 5. 2018, rdb.at]).

[28] Ausgehend vom – hier zu bejahenden Verschulden der Beklagten – kann eine Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Auffassungen in der österreichischen Literatur dazu, ob für die Differenz nur bei Verschulden oder verschuldensunabhängig einzustehen ist, unterbleiben.

[29] 3.5.1. Bar- und Sacheinlage unterscheiden sich zwar in Form der Zuführung des Wertes an die Gesellschaft, nicht aber darin, dass es um die Aufbringung des Stammkapitals geht. Angesichts desselben Ziels ist auch die Zweckverfolgung bei den Vorschriften über die Gründungs-/Sacheinlagenprüfung und die Haftung der Gründungs-/Sacheinlagenprüfer dieselbe (Sicherung der Einhaltung der realen Kapitalaufbringung; vgl nur Kraus/Spendel in Napokoj/Foglar-Deinhardstein/Pelinka, AktG [2019] § 42 Rz 1; Arlt in MüKoAktG6 [2024] § 49 Rz 53 [zu § 42 öAktG]; Posani/Schörghofer in Napokoj/Foglar‑Deinhardstein/Pelinka, AktG [2019] § 26 Rz 2; Winner in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG3 § 150 Rz 1 [Stand 1. 6. 2021, rdb.at]; Eckert/Schopper/Caramanica in Eckert/Schopper, AktG‑ON1.00 § 42 Rz 2 [Stand 1. 7. 2021, rdb.at]; Talos/Schrank, Zur Haftung bei überbewerteten Sacheinlagen in Aktiengesellschaften, ecolex 2004, 948).

[30] Vor Eintragung (einer Gesellschaft oder der Erhöhung) des Stammkapitals in bestimmter Höhe soll von dritter Seite (durch von der Gesellschaft unabhängige, vom Gericht bestellte Prüfer) mit entsprechender Expertise der Wert der Sache überprüft und dem Gericht bestätigt werden. Auf diese Experten und ihr „Urteil“ (ihren Prüfbericht) muss sich das Firmenbuchgericht mangels eigener Sachkunde grundsätzlich verlassen (können). In gleicher Weise wie die Bestätigung des Kreditinstituts soll der Prüfbericht „gewährleisten“, dass die in der Folge vom Gericht vorgenommene Eintragung der Kapitalerhöhung richtig ist.

[31] 3.5.2. Die Revision argumentiert nun mit der Novellierung durch das Finanzmarktaufsichtsgesetz (BGBl I 2001/97; FMAG) und den Gesetzesmaterialien dazu, wonach Wertungswidersprüche mit der Haftung des Abschlussprüfers durch den Verweis auf § 275 UGB in § 42 AktG vermieden werden sollten. Es soll daher des Nachweises eines durch die Prüfung verursachten Schadens bedürfen. Das Verhalten der Beklagten sei aber nicht kausal für den fehlenden Wert, weil der tatsächliche Wert der Sache durch die Prüfung nicht verändert werde (unter Hinweis auf P. Bydlinski,Überhöhte Bewertung von Sacheinlagen: Haftung der Gründungsprüfer nach § 42 AktG auf die Differenz? GesRZ 2024, 85).

[32] 3.5.3. Mit dem FMAG wurden die Haftung der Prüfer hinsichtlich der Wertgrenzen wesentlich erhöht und die stark kritisierte Gehilfenhaftung (wie sie in § 42 AktG und § 275 HGB enthalten war) „entfernt“. Bereits zuvor bestandene Verweise im AktG auf § 275 HGB (§ 120 AktG zur Haftung des Sonderprüfers, zum Verschmelzungsprüfer in § 220b Abs 3 AktG und in § 260 AktG) wurden um jenen auch in § 42 AktG erweitert. Im deutschen Aktienrecht wurde diese Verweisungstechnik in Bezug auf die Haftung des Sacheinlageprüfers schon lange angewendet. Der Text von § 42 [d]AktG 1937 war schon Jahrzehnte zuvor durch einen Verweis in § 49 dAktG (zuerst auf § 168 AktG 1965 und später) auf § 323 dHGB (welche Bestimmung Vorbild für § 275 HGB war) und damit auf die sinngemäße Geltung der Vorschrift über die Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers im HGB ersetzt worden.

[33] Die Unterschiede zwischen § 42 AktG und § 275 HGB betrafen vor dem FMAG die Verschwiegenheitspflicht und die in § 275 HGB (nicht aber in § 42 AktG) enthaltene Ersatzpflicht auch gegenüber „verbundenen Unternehmen“. Ansonsten waren die Differenzen textlich gerade im Hinblick auf die Ersatzpflicht vernachlässigbar („Wer seine Obliegenheit verletzt“ in § 42 AktG anstelle von „Wer vorsätzlich oder fahrlässig seine Pflichten verletzt“ in § 275 HGB). Wenn daher in den Materialien darauf verwiesen wurde, dass in zahlreichen anderen gesetzlichen Bestimmungen auf § 275 HGB verwiesen werde und sich zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auch die parallel laufende Änderung der Haftung für die Gründungsprüfung und die damit zusammenhängende Prüfung von Sacheinlagen bei Kapitalerhöhungen empfehle, lässt sich daraus über eine gesetzestechnisch vereinfachende Lösung für die hier zu lösende Frage nichts gewinnen.

[34] 3.5.4. P. Bydlinski (GesRZ 2024, 85), der im Privatgutachten Beil ./41 eine Haftung der Beklagten unter Zugrundelegung der Entscheidung 1 Ob 128/07p verneint, vertritt die – im Bereich der Bareinlage, wie zuvor dargelegt, als nicht ausschlaggebend abgelehnte – Auffassung, es führe die Fehlbewertung einer Sacheinlage für sich genommen bei der Gesellschaft zu keinerlei Vermögensschmälerung (siehe auch Rohregger, Die falsch bewertete Sacheinlage – ein Vermögensnachteil für die Gesellschaft? in Lewisch, Jahrbuch Wirtschaftsstrafrecht und Organverantwortlichkeit [2014], 41 [51]), was auch – übertragen auf die Bareinlage – auf die unrichtige Bestätigung des Kreditinstituts zutrifft. Die von § 42 AktG angeordnete „sinngemäße“ Geltung von § 275 Abs 1 bis 4 UGB könne keinesfalls zu Lösungen führen, die sowohl Grundsätze des allgemeinen Schadenersatzrechts als auch solche des § 275 UGB schlicht ignorierten, nämlich die Notwendigkeit der Verursachung konkreter Schäden durch das rechtswidrige Verhalten (P. Bydlinski aaO 87; vgl auch Koziol, Haftung der Bank bei Bestätigung der freien Verfügung über Bareinlagen [§ 10 Abs 3 GmbHG], ÖBA 1996, 272 [281]).

[35] 3.5.5. Es ist zwar richtig, dass der Gesellschaft – ganz gleich, mit welchem Ergebnis die Prüfung erfolgte – im Rahmen der Gründung oder der Kapitalerhöhung mittels Sacheinlage immer nur die Sache – und damit immer nur deren Wert – übertragen wird, weil die mit richtigem oder falschem Ergebnis, sorgfältig oder sorgfaltswidrig (oder auch die überhaupt nicht) durchgeführte Prüfung nicht in der Lage ist, wertverändernd auf die Sache einzuwirken.

[36] Eine Fehlbewertung des im Gesetz als „die“ materielle Kontrollinstanz für die Überprüfung des Sachwerts eingesetzten Prüfer bei der Bestätigung des Wertes – andere Sorgfaltsverstöße [etwa gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung] mögen andere Konsequenzen nach sich ziehen und daher anders zu beurteilen sein – führt in gleicher Weise wie die unrichtige Bestätigung des Kreditinstituts dazu, dass ein Stammkapital in bestimmter Höhe eingetragen wird, obwohl dieser Wert der Gesellschaft nicht zugekommen ist und ihr (und in der Folge Gläubigern) der Wert der Differenz zwischen falscher Bewertung und real eingebrachtem Kapital fehlt.

[37] 3.5.6. Jahresabschlussprüfung und Sacheinlageprüfung dienen unterschiedlichen Zwecken. Insbesondere kommt der Jahresabschlussprüfung nicht die besondere Funktion bei der Kapitalaufbringung zu. Gerade das zentrale Kernanliegen der Bestimmungen über die Sacheinlageprüfung – die Werthaltigkeit der Einlage abzusichern, um die Gesellschaft und auch die Gläubiger (weil Fehler bei der Prüfung typischerweise erst durch die Insolvenz offenbar werden) anlässlich der Kapitalaufbringung zu schützen – wäre völlig entwertet, wenn es – anders als bei der Bareinlage und mit Blick auf die Haftung für die Richtigkeit der Bestätigung des Kreditinstituts – darauf ankäme, ob die Geringwertigkeit der Sacheinlage durch einen Fehler bei der Prüfung verursacht wurde.

[38] Die Haftung des Sacheinlagenprüfers für die Differenz zwischen zu hoch bestätigtem und tatsächlichem Wert der Sacheinlage ist nach dem gleichgelagerten Zweck – nämlich der Absicherung der Kapitalaufbringung – nicht anders zu behandeln als die Haftung des Kreditinstituts nach § 10 Abs 3 GmbHG und § 29 Abs 1 AktG, sodass es auch hier für die Differenzhaftung auf die angestellten Kausalitätsüberlegungen nicht ankommen kann.

[39] 3.5.7. Dies entspricht auch der überwiegenden Lehre und Literatur. Nach Eckert/Schopper/Caramanica (in Eckert/Schopper, AktG-ON1.00 § 42 Rz 8 [Stand 1. 7. 2021, rdb.at]) haftet der Gründungsprüfer für die Aufbringung des vollen Wertes der Sacheinlage aufgrund seiner (verschuldensabhängigen) Haftung mit garantieähnlichem Inhalt. Damit übereinstimmend gehen Winner (in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG3 § 150 Rz 107a [Stand 1. 6. 2021, rdb.at]) und Napokoj (in Napokoj/Foglar‑Deinhardstein/Pelinka, AktG [2019] § 150 Rz 19) davon aus, dass die Haftung des Sacheinlagenprüfers gegenüber der Gesellschaft eine Garantiehaftung ist, bei der (unabhängig von Kausalitätsüberlegungen) der Prüfer die Differenz zwischen dem wahren Wert und dem angeblichen höheren Wert auszugleichen hat. Ähnlich sehen dies Arlt (in MüKoAktG6 [2024] § 49 Rz 64 [zu § 42 öAktG, „garantieähnlicher Inhalt“]) und Talos/Schrank (Zur Haftung bei überbewerteten Sacheinlagen in Aktiengesellschaften, ecolex 2004, 948). Ettel (Glosse zu 1 Ob 128/07s, GesRZ 2008, 213 [232]) begründet seine Auffassung des Vorliegens einer (verschuldensabhängigen) Differenzhaftung in der Höhe der Differenz zwischen dem vereinbarten Wert der Sacheinlage und dem tatsächlichen Wert damit, dass ansonsten die Anwendung der Haftung des Abschlussprüfers auf Sacheinlagen inhaltslos wäre. Zehetner (in Artmann/Karollus, AktG I6 § 42 Rz 21 [Stand 1. 5. 2018, rdb.at]) führt zwar zuerst an, es sei die Gesellschaft vom Gründungsprüfer so zu stellen, wie sie stünde, wenn die betreffende Einlage tatsächlich den ihr beigemessenen Wert gehabt hätte. Allerdings zweifelt er dann die Ansicht an, es solle dem Prüfer der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens nicht zustehen; der erhobene und vom Prüfer unter Beweis zu stellende Einwand, der Aktiengesellschaft wäre auch bei ordnungsgemäßer Prüfung nicht der volle Wert der Sacheinlage zugekommen, weil diesfalls die Eintragung der Gesellschaft bzw der Kapitalerhöhung schlichtweg unterblieben wäre, führe zu einem Entfall der Schadenersatzpflicht (aaO Rz 22).

[40] Die Einwendung, dass es im Fall des Nichtabgebens der unrichtigen Erklärung (mangels entsprechender eine gesetzmäßige Eintragung der Gesellschaft ermöglichender Mittel) gar nicht zur Entstehung der Gesellschaft gekommen wäre, sodass sie auch nicht Trägerin von Schadenersatzansprüchen sein könne, wurde dem Ersatzpflichtigen in der Rechtsprechung aber bereits mit zutreffendem Verweis auf den Zweck der Schadenersatzbestimmung des § 10 Abs 3 GmbHG, welche sonst gänzlich unanwendbar wäre, versagt (RS0059448; so auch U. Torggler in U. Torggler, GmbHG [2014] § 10 Rz 40; siehe auch BGH 27. 2. 1975, II ZR 111/72 BGHZ 64, 52, 57 dazu, dass dem Schadenersatzanspruch nicht entgegengehalten werden könne, dass die Gesellschaft nur durch die Pflichtverletzung des Gründers entstehen habe können). Van Husen (in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 10 Rz 466 [Stand 1. 9. 2021, rdb.at]) hält den Einwand des Nichtentstehens der Gesellschaft (und insofern auch keines Schadens) nicht nur für unbeachtlich, sondern auch für irreführend, als der Gesetzgeber gerade Gründungen von Gesellschaften vermeiden wolle, bei denen die Stammeinlage nicht vollwertig aufgebracht werde.

[41] 3.5.8. Dieser Meinungsstand zur Haftung des Sacheinlageprüfers entspricht im Wesentlichen der herrschenden Ansicht zum deutschen Recht, wonach die Haftung im Zusammenhang mit der fehlerhaften Bewertung von Sacheinlagen einen gewährleistungs- oder garantieähnlichen Inhalt habe. Der Prüfer habe die Gesellschaft so zu stellen, wie diese stünde, wenn die betreffende Einlage tatsächlich den ihr beigemessenen Wert gehabt hätte (Pentz in MüKoAktG6 [2024] § 49 Rz 37 mwN; vgl auch Ehricke in Hirte/Mülbert/Roth, GroßKomm: AktG5 [2016] § 49 Rz 3 und 34 gegründet auf den Normzweck und eine Verletzung der vom Gesetz vorgesehenen Prüfungs- und Kontrollpflicht bezüglich der ordnungsgemäßen Kapitalaufbringung).

[42] 3.5.9. Dem Zuspruch des Differenzbetrags stehen weder die Entscheidung 6 Ob 39/06p (vgl dazu auch Bruckbauer, Sacheinlage, Sachübernahme und unbare Entnahme als Vergütung – Festsetzung in der Satzung bei Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaft, NZ 2007, 257 [263 ff]) entgegen noch 1 Ob 128/07s.

[43] Die Entscheidung 6 Ob 39/06p betraf ein Verfahren des Sacheinlegers gegen den Sacheinlageprüfer. Da die Prüfung der Sacheinlage aber nur den Interessen der Gesellschaft, deren Gläubiger und allenfalls Dritter, nicht aber auch derjenigen des Einbringers dient, verneinte der 6. Senat eine Haftung des Sacheinlageprüfers gegenüber dem klagenden Sacheinleger mangels Kausalität und Rechtswidrigkeitszusammenhang (6 Ob 39/06p [ErwGr 6.]). Die besondere Konstellation – wie sie im zu 1 Ob 128/07s entschiedenen Fall vorlag – besteht hier nicht. Die in der Revision unterstellte Aussage, der Oberste Gerichtshof habe eine Garantiehaftung zugunsten nicht schutzwürdiger Personen, nämlich insbesondere bei Rechtssubjektsidentität von Neu- und Altaktionärin sowie Sacheinlegerin, kategorisch abgelehnt, ist der Entscheidung in dieser Form nicht zu entnehmen (vgl auch Ettel, GesRZ 2008, 232 [Glosse]; insofern irreführend RS0123693 [Punkt 1]). Darüber hinaus schützen die Vorschriften über die Sacheinlageprüfung die Gesellschaft selbst, wiewohl dahinter vor allem auch der Gläubigerschutz steht (und letztlich auch jener der Gesellschafter). Anspruchsberechtigt nach § 42 AktG iVm § 275 Abs 1 UGB ist die Gesellschaft, an deren Stelle der Masserverwalter als Kläger getreten ist. Dieser betreibt die Forderung primär zugunsten der Gläubiger (und nicht der Gesellschafter) der Gesellschaft (unstrittig ist die Begebung von Anleihen [auch der Muttergesellschaft], sodass „Neugläubiger“ vorhanden sind; auch die Muttergesellschaft ist insolvent). Deren fehlende Schutzwürdigkeit ist gerade nicht ersichtlich. Anders als im damals vom 1. Senat entschiedenen Fall steht hier auch eine Insolvenzreife der ihr Kapital erhöhenden (hier materiell betrachtet: gegründeten) Gesellschaft selbst bereits im Zeitpunkt der Kapitalerhöhung samt Umwandlung nicht fest.

[44] 3.6. Die Beklagte hat daher im vorliegenden Fall als Sacheinlageprüferin, die rechtswidrig und (fahrlässig) schuldhaft die Sacheinlage (weit) überbewertet hat, der Gesellschaft – und damit aufgrund des über diese eröffneten Insolvenzverfahrens: dem Masseverwalter – für die Differenz zwischen dem zu hoch bestätigten und dem tatsächlichen Wert der Sacheinlage im Sinne einer Differenzhaftung vergleichbar mit der Haftung des Kreditinstituts nach § 10 Abs 3 GmbHG und § 29 Abs 1 AktG einzustehen.

[45] 4. Die Vorinstanzen haben die Beklagte zu Recht als Sacheinlageprüferin – begrenzt mit der in § 275 Abs 2 UGB für fahrlässiges Handeln normierten Haftungssumme – zur Zahlung des vom Kläger begehrten Betrags verpflichtet.

[46] 5. Die Kostenentscheidung gründet auf § 41 ZPO iVm § 50 ZPO.

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