OGH 4Ob51/25s

OGH4Ob51/25s11.4.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schwarzenbacher als Vorsitzenden sowie den Vizepräsidenten Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätinnen Mag. Istjan, LL.M., und Mag. Waldstätten und den Hofrat Dr. Stiefsohn als weitere Richter in der verbundenen Rechtssache der klagenden Partei Bundesarbeitskammer, Prinz‑Eugen‑Straße 20–22, 1041 Wien, vertreten durch Dr. Sebastian Schumacher, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. * GmbH und 2. * GmbH, beide *, vertreten durch Altenweisl Wallnöfer Watschinger Zimmermann Rechtsanwälte GmbH in Innsbruck, wegen Unterlassung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 89.800 EUR), über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. Dezember 2024, GZ 4 R 114/24z‑24, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 23. Mai 2024, GZ 57 Cg 31/23v, 57 Cg 32/23a‑19, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0040OB00051.25S.0411.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiete: Exekutionsrecht, Gewerblicher Rechtsschutz, Konsumentenschutz und Produkthaftung

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision der beklagten Parteien wirdteilweiseFolgegegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im abgewiesenen Teil desUrteilsveröffentlichungsbegehrens (Punkt 5 des Ersturteils) in Rechtskraft erwachsen sind und im stattgebenden Teil desUrteilsveröffentlichungsbegehrens (Punkte 3 und 4) bestätigt werden, werden bezüglich des Unterlassungsbegehrens (Punkt 1) teilweise und hinsichtlich des Beseitigungsbegehrens (Punkt 2) zur Gänze dahin abgeändert, dass das Urteil in diesem Umfang (einschließlich des bestätigten Teils) und der Kostenentscheidung (Punkt 6) lautet:

1a. Die beklagten Parteien sind schuldig, es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen, eine einseitige Erhöhung des Mitgliedsbeitrags ohne entsprechende Änderungsvereinbarung vorzunehmen und das Schweigen von Verbrauchern oder das Unterbleiben einer außerordentlichen Kündigung zu einer solchen angekündigten Preiserhöhung als Zustimmung zu werten.

1b. Das Mehrbegehren, die beklagten Parteien seien weiters schuldig, es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen, Geldbeträge von den Konten ihrer Kunden einzuziehen, wenn die Kunden dazu keine ausdrückliche und freiwillige Zustimmung erteilt haben, wird abgewiesen.

2a. Das Begehren, die beklagten Parteien seien schuldig, allen Verbrauchern, die zwischen dem 30. 11. 2016 und dem 30. 11. 2022 eine Mitgliedschaftsvereinbarung mit den Beklagten abgeschlossen haben und denen ohne deren ausdrücklicher und freiwilliger Zustimmung ein im Vergleich zum Vertragsabschlusszeitpunkt erhöhter Mitgliedsbeitrag von ihrem Konto durch die Beklagten oder im Auftrag der beklagten Parteien eingezogen wurde, den sich aus der Differenz zwischen dem vereinbarten Mitgliedsbeitrag und den abgebuchten erhöhten Mitgliedsbeiträgen ergebenden Betrag auf eigene Kosten binnen acht Wochen ab Rechtskraft zurückzuzahlen, wird abgewiesen.

2b. Das Eventualbegehren, die beklagten Parteien seien schuldig, alle Verbraucher, die zwischendem 30. 11. 2016 und dem 30. 11. 2022 eine Mitgliedschaftsvereinbarung mit den beklagten Parteien abgeschlossen haben und denen ohne deren ausdrücklicher und freiwilliger Zustimmung ein im Vergleich zum Vertragsabschlusszeitpunkt erhöhter Mitgliedsbeitrag von ihrem Konto durch die beklagten Parteien oder im Auftrag der beklagten Parteien eingezogen wurde, binnen drei Wochen ab Rechtskraft durch ein per Post oder E‑Mail auf Kosten der beklagten Partei an die zuletzt bekanntgegebene Adresse der Verbraucher zu verschickendes Schreiben über das gegenständliche Urteil zu informieren und mit in Fettdruck und in Punktgröße 14 hervorgehobener Schrift darauf hinzuweisen, dass Verbrauchern die vollständige Rückzahlung von zu Unrecht eingezogenen Beträgen zusteht, und in ihren Fitnessstudios binnen drei Wochen ab Rechtskraft für einen Zeitraum von 90 Tagen an gut sichtbarer Stelle im Eingangsbereich durch zwei Aushänge im A1‑Format über das gegenständliche Urteil zu informieren und mit in Fettdruck und in Punktgröße 48 hervorgehobener Schrift darauf hinzuweisen, dass Verbrauchern die vollständige Rückzahlung von zu Unrecht eingezogenen Beträgen zusteht, wird abgewiesen.

[...]

5. Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 8.941,82 EUR (darin enthalten 497,03 EUR USt und 5.959,65 EUR an saldierten Barauslagen) bestimmten anteiligen Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Klägerin ist eine gemäß § 29 Abs 1 KSchG und § 14 UWG zur Unterlassungsklage berechtigte Körperschaft öffentlichen Rechts.

[2] Die Erstbeklagte betreibt in Oberösterreich, die Zweitbeklagte in Wien Fitnessstudios. Beide Beklagten sind Tochtergesellschaften einer Holding GmbH (= 100 % Gesellschafterin, im Folgenden Muttergesellschaft) und schließen regelmäßig mit Verbrauchern iSd § 1 KSchG (auch im Wege des Fernabsatzes) Mitgliedsverträge ab, denen Allgemeine Geschäftsbedingungen zugrunde liegen. Als Zahlungsmodalitäten bestehen die Möglichkeiten der Bar- oder Bankomatzahlung sowie der Einräumung einer SEPA-Lastschrift.

[3] Die zwischen den Beklagten und ihren Kunden abgeschlossenen Mitgliedsvereinbarungen enthalten ua folgende Bestimmungen:

„5. Einzugsermächtigung

Hiemit ermächtige ich das Fitnessstudio widerruflich, die von mir zu entrichtenden Zahlungen bei Fälligkeit zu Lasten meines Kontos mittels Einziehungs ermächtigungsverfahren einzuziehen. [...] Ich habe das Recht, innerhalb von acht Wochen ab Abbuchungsauftrag ohne Angabe von Gründen die Rückbuchung bei meiner Bank zu veranlassen [...].

 

7. Vertragsdauer, Kündigung:

Der Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Für die ersten zwölf Monate beginnend mit dem auf den Vereinbarungsbeginn folgenden Ersten des Monats wird auf die Kündigung verzichtet. Die Vereinbarung kann von beiden Vertragsparteien mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Ende des Kündigungsverzichts und danach jeweils zum 30. 6. und zum 31. 12. eines jeden Jahres mit einer Kündigungsfrist von einem Monat schriftlich (ohne eigenhändige Unterschrift) per Brief oder E-Mail gekündigt werden.“

 

[4] Die dazu vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen lauten in ihrem bezughabenden Teil:

„2. Mitgliedsbeitrag:

Der monatliche Mitgliedsbeitrag richtet sich nach Laufzeit der Mitgliedschaft und Standort der Filiale. Für alle Verträge, die vor dem 30. 11. 2016 abgeschlossen wurden, gilt: Die Monatsbeiträge sind nach dem auf Basis des von der Statistik Austria vereinbarten (oder von Amts wegen an dessen Stelle tretenden) Verbraucherpreisindex 2005 wertgesichert. [...]

 

3. Einzugsermächtigung

Das Fitnessstudio wird widerruflich ermächtigt, die zu entrichtenden Zahlungen bei Fälligkeit zu Lasten des angegebenen Kontos mittels Einzugsermächtigungsverfahren einzuziehen. Damit ist auch die kontoführende Bank ermächtigt, die Lastschriften einzulösen, wobei für diese keinerlei Verpflichtung zur Einlösung besteht, insbesondere dann, wenn das Konto die erforderliche Deckung nicht aufweist. Es besteht das Recht, innerhalb von acht Wochen ab Abbuchungsauftrag ohne Angabe von Gründen die Rückbuchung bei der Bank zu veranlassen. Abbuchungstermin ist der 1. jeden Monats.“

 

[5] Die Muttergesellschaft der Beklagten erstellte (gemäß der zwischen ihr und den Beklagten erfolgten Aufgabenverteilung) im Dezember 2022 folgendes Schreiben („Erhöhungsschreiben“), das an alle Mitglieder der Fitnessstudios, sohin auch an die Kunden der Beklagten, gerichtet war:

„Liebes * Mitglied!

 

Die letzten zwei Jahre waren für uns alle auf Grund der Pandemie und deren Begleiterscheinungen (Lockdowns etc) eine massive Herausforderung. Gerade die Fitness-Branche hat es in dieser Zeit extrem hart getroffen. Trotz des enormen wirtschaftlichen Schadens haben wir es geschafft, alle unsere Standorte weiter in gewohnter Qualität zu betreiben.

 

Wir sind allen Mitgliedern für deren Treue und Unterstützung in dieser schwierigen Zeit sehr dankbar!

 

Angesichts der generellen Inflationsentwicklung ist es uns durch diverse Indexanpassungen, Erhöhungen der Energiekosten und weitere wirtschaftliche Faktoren nicht mehr möglich, unsere Preispolitik wie bisher weiterzuführen.

 

Wir sind daher leider gezwungen, die Preise für unsere Mitgliedschaften ab 1. 1. 2023 um moderate 6 EUR pro Monat zu erhöhen. Dies wird bei der nächsten Abbuchung der Mitgliedsbeiträge oder bei den nächsten fälligen Einmalzahlungen etwaiger Jahresverträge automatisch berücksichtigt.

 

Wenn Sie diese Preisanpassung nicht akzeptieren möchten, steht Ihnen ein außerordentliches Kündigungsrecht zum 31. 12. 2022 zu. In diesem Fall bitten wir sie, uns dies schriftlich per Brief, Mail oder persönlich vor Ort mitzuteilen. Kontaktdaten zu den jeweiligen Standorten finden sie auf unserer Website unter www.*/kontakt.html.

 

Sollten Sie sich aber dafür entscheiden, weiterhin Mitglied bei uns zu bleiben und wir keine außerordentliche Kündigung von Ihnen erhalten, gilt die oben erwähnte Preisanpassung als akzeptiert. Wir hoffen, dass Sie Verständnis für diesen leider notwendigen Schritt haben und wir Sie weiterhin als zufriedene/n Kunden/in in einem unserer Standorte begrüßen dürfen.“

 

[6] Das Erhöhungsschreiben wurde Anfang Dezember 2022 in den Fitnessstudios der Beklagten ausgehängt. In allen Fällen, in denen eine Einzugsermächtigung bestanden hat, wurde ab Jänner 2023 um 6 EUR mehr pro Monat eingehoben.

[7] Die Klägerin begehrt, es den Beklagten im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zum einen zu verbieten, eine einseitige Erhöhung des Mitgliedsbeitrags ohne entsprechende Änderungsvereinbarung vorzunehmen und das Schweigen von Verbrauchern oder das Unterbleiben einer außerordentlichen Kündigung zu einer solchen angekündigten Preiserhöhung als Zustimmung zu werten, und den Beklagten zum anderen zu untersagen, Geldbeträge von den Konten ihrer Kunden einzuziehen, wenn die Kunden dazu keine ausdrückliche Zustimmung erteilt haben. Ihren Unterlassungsanspruch stützt die Klägerin auf den Vorwurf, dass die Beklagten unter Verstoß ua gegen § 6 Abs 1 Z 2 KSchG zu Unrecht ohne Vereinbarung Mitgliedsbeiträge erhöht und in weiterer Folge – in Verletzung des ZaDiG – eingezogen hätten. Das Erhöhungsschreiben enthalte missbräuchliche Vertragsklauseln zur Änderung des Entgelts wegen einer unzulässigen Zustimmungsfiktion; die Klägerin sei nach § 28a KSchG legitimiert,die Beklagten auf Unterlassung zu klagen. Die Beklagten hätten außerdem gegen das UWG verstoßen, insbesondere gegen § 1a Abs 1 UWG (aggressive Geschäftspraktik), weil sie die Verbraucher dazu zwinge, mehr als vereinbart zu zahlen.

[8] Neben einem Urteilsveröffentlichungsbegehrenund zweier hilfsweise gestellten Unterlassungsbegehren machte die Klägerin nach Klagsausdehnung auch einen Beseitigungsanspruch nach § 15 UWG geltend. Unter Behauptung eines bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruchs der betroffenen Verbraucher beantragt die Klägerin, dass die Beklagten (der Höhe nach nicht näher bestimmte) Zahlungen an die betroffenen (namentlich nicht genannten) Verbraucher zu leisten hätten. Zum Beseitigungsanspruch führte die Klägerin aus, dass ein fortdauernder, von den Beklagten verursachter Störungszustand vorliege. Die beantragte Beseitigung in Form der Rückzahlung der unrechtmäßig eingezogenen Beträge sei verhältnismäßig, weil Verbrauchern ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch zustehe und die Störungshandlung durch eine Direktzahlung der beklagten Parteien an Verbraucher am effektivsten beseitigt werden könne.

[9] Hilfsweise wird iZm § 15 UWG begehrt, die Beklagten zu verpflichten, die von der unzulässigen Erhöhung der Mitgliedsbeiträge betroffenen Verbraucher nach Rechtskraft des (Unterlassungs‑)Urteils davon zu informieren, dass ihnen die vollständige Rückzahlung der zu Unrecht eingezogenen erhöhten Mitgliedsbeiträge zustehe. Zum Eventualbegehren legte die Klägerin dar, dass die Pflicht der Beklagten zur Verständigung der Kunden über ihre Rückforderungsansprüche von § 15 UWG mitumfasst sei.

[10] Die Beklagten wandten ua ein, dass die angegriffenen Klauseln keine Vertragsklauseln iSd § 879 ABGB und § 6 KSchG seien. Das Klagebegehren sei unschlüssig. Einerseits werde behauptet, die Entgeltanpassungen seien nicht wirksam, wenn keine Zustimmung der Kunden vorliege, andererseits könne dann aber auch keine Vertragsverletzung wegen Verwendung missbräuchlicher Klauseln vorliegen. Eine Einigung über die Vertragsbestimmungen sei erfolgt und angemessen, weil die Kunden ausreichend Gelegenheit gehabt hätten, den Vertrag zu beenden. Verstöße gegen das UWG oder das ZaDiG lägen nicht vor. Der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung an die Kunden bzw Information der Kunden sei durch § 15 UWG nicht gedeckt. Es würde weder eine unrechtmäßige Bereicherung noch eine fortlaufende Störungshandlung der beklagten Parteien vorliegen. Das Urteilsbegehren sei zudem mangels Bestimmtheit nach dem von der Klägerin begehrten Wortlaut nicht vollstreckbar.

[11] Das Erstgericht wies einen Teil des Urteilsveröffentlichungsbegehren rechtskräftig (als überschießend) ab. Im Übrigen gab es der Klage statt. Die einseitigen Erhöhungen der Mitgliedsbeiträge und die damit korrespondierenden Einziehungen von den Konten der Kunden seien wegen Verstößen gegen mehrere Gesetze (ZaDiG, KSchG, UWG, ABGB) gesetzwidrig. Das Beseitigungsbegehren sei nach § 15 UWG berechtigt, weil das unlautere Verhalten im Sinne einer fortdauernden Störungshandlung fortwirke. Es liege auch ein berechtigtes Interesse an der Urteilsveröffentlichung vor.

[12] Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung.

[13] Mit dem Erhöhungsschreiben hätten die Beklagten den Vertragsverhältnissen missbräuchliche Vertragsbestimmungen zugrunde gelegt. Die Geschäftspraktik verstoße ua gegen § 6 Abs 1 Z 2 KSchG und auch gegen das UWG. Die damit im Zusammenhang stehende Geschäftspraktik (Erhöhung des Mitgliedsbeitrags) könne den Beklagten im Verbandsprozess auf Grundlage des § 28a Abs 1 KSchG und § 14 UWG untersagt werden. Das erhobene Unterlassungsbegehren sei auch ausreichend bestimmt und nicht überschießend. Die aufgrund der vertragswidrigen Preiserhöhung erfolgten und daher rechtswidrigen Lastschriften seien als Gesetzesverstöße im Zusammenhang mit einem Zahlungsdienst zu werten. § 28a Abs 1 KSchG biete auch eine taugliche Rechtsgrundlage, um den Beklagten im Verbandsprozess die Unterlassung dieser Geschäftspraktik zu gebieten.

[14] Ein lauterkeitsrechtlicher Beseitigungsanspruch nach § 15 UWG sei im Anlassfall unter Anknüpfung an die zweitinstanzliche Rechtsprechung in Deutschland zu bejahen. Es handle sich um einen eigenen Anspruch des klagenden Verbands. Der Beseitigungsanspruch sei nach § 354 EO exequierbar.

[15] Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige. Es ließ die Revision zum einen zur Auslegung der im Erhöhungsschreiben enthaltenen allgemeinen Vertragsklauseln und zum anderen zur Klärung der Frage zu, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen § 15 UWG den nach § 14 Abs 1 Satz 2 UWG klagslegitimierten Amtsparteien einen Folgenbeseitigungsanspruch in Form einer Verpflichtung des beklagten Unternehmers zur Rückzahlung von wettbewerbswidrig eingezogenen Geldbeträgen an Verbraucher einräume.

[16] Die Beklagten bekämpfen mit ihrer Revision das Berufungsurteil. Sie streben die gänzliche Klagsabweisung an; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[17] Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision der Gegenseite mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[18] Das Rechtsmittel ist wegen einer zu korrigierenden Fehlbeurteilung zulässig und zum Teil auch berechtigt.

A. Zur Erhöhung des Mitgliedsbeitrags durch Zustimmungsfiktion:

[19] 1. Der Senat hat in einem Parallelverfahren (4 Ob 184/24y) zu einer identen Sachverhaltskonstellation mit sich deckenden Begehren und Vorbringen (der auch dort klagenden Bundesarbeitskammer) bereits festgehalten, dass die Voraussetzungen für einen auf § 28a KSchG und § 14 UWG gestützten Unterlassungsanspruch vorliegen. Es wurde klargestellt, dass mit dem Änderungsschreiben in Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 2 KSchG eine Erhöhung des Mitgliedsbeitrags über den Weg einer Zustimmungsfiktion erreicht werden sollte, weshalb das auf § 28a KSchG gestützte Unterlassungsgebot gerechtfertigt ist. Weiters liegt auch eine aggressive Geschäftspraktik nach § 1a Abs 1 UWG vor. Ein darauf gestützter Unterlassungsanspruch kann auch von der Klägerin geltend gemacht werden (§ 14 UWG). Das – die Erhöhung des Mitgliedsbeitrags betreffende – Unterlassungsgebot ist auch ausreichend bestimmt und damit exekutierbar. Auf die entsprechenden Ausführungen im Verfahren zu 4 Ob 184/24y kann uneingeschränkt verwiesen werden. Die angefochtene Entscheidung ist daher insoweit zu bestätigen.

B. Zur Einziehung von Geldbeträgen von den Konten der Kunden:

[20] 2. Bereits in der Entscheidung 4 Ob 184/24y wurde zur identen Sachverhaltskonstellation umfassend dargelegt, dass ein Gesetzesverstoß (Verstoß gegen das ZaDiG) nicht vorliegt, weil die Autorisierung einesvom Zahlungsempfänger ausgelösten Zahlungsvorgangs (beispielsweise bei der Lastschrift) nicht voraussetzt, dass der Zahler einen genauen Betrag angeben muss. Auch mit Blick auf den den Kunden zur Verfügung stehenden Rechtsbehelf nach § 70 ZaDiG liegt bezüglich der konkreten Höhe wegen der grundsätzlich autorisierten Einziehung damit kein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder Gebot iSd § 28a KSchG vor, sodass die Revision in diesem Umfang berechtigt ist und der Unterlassungsanspruch insoweit zu verneinen ist, zumal auch ein Verstoß gegen das UWG aus dem Begehren nicht erkennbar ist. Auch diesbezüglich kann auf die Ausführungen in der Entscheidung 4 Ob 184/24y verwiesen werden.

Zwischenergebnis zum Unterlassungsanspruch:

[21] 3.1 Als Zwischenergebnis ist damit festzuhalten, dass der Unterlassungsklage hinsichtlich der Erhöhung des Mitgliedsbeitrags im Wege der Zustimmungsfiktion stattzugeben, hingegen das auf die Einziehung von den Kundenkonten bezogene Begehren abzuweisen ist, sodass der Revision hier teilweise Folge zu geben ist.

[22] 3.2 Die Eventualbegehren stehen (beim Unterlassungsbegehren) im untrennbaren Zusammenhang (nur) mit dem erfolgreichen ersten Hauptbegehren zur Erhöhung des Mitgliedsbeitrags. Der (vermeintlich) zustimmungslose Einzug von den Konten der Verbraucher ist nur Gegenstand des (zweiten) Hauptbegehrens, aber nicht Thema der Eventualbegehren. Die Eventualbegehren wurden bei verständiger Würdigung nur für den Fall erhoben, dass das erste Hauptbegehren abgewiesen wird. Letzteres war nicht der Fall, sodass über die Eventualbegehren nicht entschieden werden musste.

C. Zum Beseitigungsanspruch nach § 15 UWG:

[23] 4. Die im Rechtsmittel aufgeworfenen Fragen zur Berechtigung eines auf § 15 UWG gestützten Folgenbeseitigungsanspruchs (dazu kritisch jüngst zB Geroldinger, Lauterkeitsrechtlicher „Folgenbeseitigungsanspruch“ zugunsten von Verbrauchern? ÖJZ 2025/4 mwN) müssen – wie bereits im Parallelprozess 4 Ob 184/24y – nicht geklärt werden, sodass auch das in diesem Zusammenhang von der Klägerin angeregte Vorabentscheidungsersuchen nicht erforderlich ist.

[24] 5. Wie im Parallelprozess bezog sich das Beseitigungsbegehren gegenständlich ebenfalls nur auf die eingezogenen (bzw abgebuchten) Beträge. Ein entsprechender Verstoß gegen das UWG (etwa gegen § 1a UWG oder § 1 UWG) konnte – ebenso wie bereits zu 4 Ob 184/24y umfassend ausgeführt – im Anlassfall nicht angenommen werden, sodass schon deshalb ein lauterkeitsrechtlicher Beseitigungsanspruch in der Gestalt der Rückzahlung (Hauptbegehren) oder einer Informationsverpflichtung (Eventualbegehren) scheitern muss.

[25] 6. Darüber hinaus ist das Begehren aus folgenden Erwägungen unbestimmt und eignet sich nicht zur Exekutionsführung, sodass der entsprechende Beseitigungsanspruch auch aus diesem Grund zu verneinen ist:

[26] 6.1 Die Beklagten wurden im Sinne des Haupt-Beseitigungsbegehrens schuldig erkannt, „allen Verbrauchern, die zwischen dem 30. 11. 2016 und dem 30. 11. 2022 eine Mitgliedschaftsvereinbarung mit den Beklagten abgeschlossen haben und denen ohne deren ausdrücklicher und freiwilliger Zustimmung ein im Vergleich zum Vertragsabschlusszeitpunkt erhöhter Mitgliedsbeitrag von ihrem Konto durch die Beklagten oder im Auftrag der Beklagten eingezogen wurde, den sich aus der Differenz zwischen dem vereinbarten Mitgliedsbeitrag und den abgebuchten erhöhten Mitgliedsbeiträgen ergebenden Betrag auf eigene Kosten binnen acht Wochen ab Rechtskraft zurückzuzahlen“.

[27] 6.2 Wenn der Kläger eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines Geldbetrags an Dritte durchsetzen will, so bedarf es auch dazu eines darauf lautenden Exekutionstitels, der nach den Bestimmungen über die Exekution zur Hereinbringung einer Geldforderung zu exequieren ist (3 Ob 96/91; 3 Ob 90/15d mwN; RS0003942 [T1]). Der Dritte kann in einem solchen Fall gegen den Titelschuldner Exekution führen (RS0000097).

[28] 6.3 In diesem Fall ist den Anforderungen an einen bestimmten Exekutionstitel nach § 7 EO aber nur dann Genüge getan, wenn der geschuldete Betrag bestimmt bezeichnet ist; Bestimmbarkeit genügt nicht (RS0000477; RS0000565). Zudem muss sich aus dem Titel (immer) auch die Person des Berechtigten ergeben (§ 7 Abs 1 EO). Im Anlassfall fehlt die erforderliche Bestimmtheit, weil sich aus dem begehrten Titel weder der Berechtigte noch der geschuldete Betrag ableiten lässt.

[29] 6.4 Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang nur knapp darauf hingewiesen, dass diese Frage „allenfalls im Exekutionsverfahren geklärt werden muss“. Dabei wird freilich übersehen, dass es zu keiner Verlagerung des Rechtsstreits über den Inhalt des Anspruchs in das Exekutionsverfahren (oder auch in ein nachfolgendes Oppositionsverfahren) kommen darf (vgl 3 Ob 194/09i). Bloße Bestimmbarkeit aufgrund von Kriterien, die außerhalb des Exekutionstitels ermittelt werden müssen, reicht nicht (Jakusch in Angst/Oberhammer, EO3 § 7 Rz 35/2 mwN). Es ist nicht Aufgabe des Exekutionsverfahrens oder eines nachfolgenden Oppositionsprozesses, die titulierte Verpflichtung über den Wortlaut des Exekutionstitels hinaus auszuweiten (vgl RS0125606).

[30] 6.5 Wenn die Klägerin in der Revisionsbeantwortung den Standpunkt vertritt, dass der Kreis der betroffenen Verbraucher für die beklagten Parteien „ganz klar zu bestimmen ist“, übersieht sie, dass die bloße Bestimmbarkeit anhand von Kriterien, die außerhalb des Exekutionstitels ermittelt werden müssten, nicht ausreicht.

[31] 6.6 Auch das (ebenfalls auf § 15 UWG gestützte) Eventualbegehren zur Informations‑ und Hinweispflicht ist nicht ausreichend bestimmt, was der Senat bereits in der Entscheidung 4 Ob 184/24y zur identen Konstellation jüngst umfassend aufgezeigt hat. Wie im Parallelverfahren verbietet sich schon im Hinblick auf das ausdrücklich gegenteilige Vorbringen auch gegenständlich eine Umdeutung in einen weiteren Antrag auf Urteilsveröffentlichung.

D. Zur Urteilsveröffentlichung:

[32] 7.1 Die Beklagten vertreten den Standpunkt, es bestehe kein Veröffentlichungsinteresse. Die Rechtsprechung zur Urteilsveröffentlichung bezüglich Verbandsklagen nach dem KSchG sei zudem nicht anwendbar. Weiters wird releviert, dass die Veröffentlichung überschießend und unverhältnismäßig sei.

[33] 7.2 Der Senat hat im Parallelverfahren die Grundsätze der Urteilsveröffentlichung bei einer Verbandsklage und die zu § 30 KSchG und § 25 UWG ergangene Rechtsprechung umfassend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Das Rechtsmittel zeigt hier nicht auf, inwieweit die Vorinstanzen im Ausmaß der Stattgebung des Urteilsveröffentlichungsbegehrens gegen die erwähnten Normen verstießen. Auch im Anlassfall haben die Vorinstanzen das Urteilsveröffentlichungsbegehren dem Grund nach und auch vom Umfang her zu Recht bejaht, um Verbraucher darüber aufzuklären, dass das vorliegende Verhalten zur Erhöhung der Mitgliedsbeiträge unzulässig ist. Der Umstand, dass der zweite Teil des Unterlassungsbegehrens und das Beseitigungsbegehren abzuweisen sind, ändert nichts daran, dass die Klägerin Anspruch auf Veröffentlichung des stattgebenden Teils des Urteils hat.

[34] 8. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass dem Rechtsmittel der Beklagten hinsichtlich des zweiten Teils des Unterlassungsbegehrens und des Beseitigungsanspruchs Folge zu geben ist. Im Übrigen ist das Berufungsurteil zu bestätigen.

Zur Kostenentscheidung:

[35] 9.1 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 43, 50 ZPO. Der Klägerin begehrte zunächst die Unterlassung hinsichtlich zweier Verhaltensweisen (Geschäftspraktiken bzw Verwendung von zwei Klauseln) sowie die Urteilsveröffentlichung (= ersten Phase des Verfahrens). Setzt sich ein Unterlassungsbegehren ohne Gewichtung aus mehreren verschiedenen Unterlassungsansprüchen zusammen, ist anzunehmen, dass jeder Unterlassungsanspruch einem gleichen Anteil des Streitwerts entspricht (4 Ob 196/23m, Rz 112). Die Klägerin blieb hinsichtlich der Unterlassung zur Hälfte erfolgreich, sodass die Kosten bis zur Klagsausdehnung nach § 43 Abs 1 ZPO aufzuheben sind; der Klägerin gebührt die halbe Pauschalgebühr (hinsichtlich der ursprünglichen Klage).

[36] 9.2 Mit der erfolgten Klagsausdehnung machte die Klägerin auch einen Beseitigungsanspruch geltend, mit dem sie keinen Erfolg hatte. In der zweiten Phase des Verfahrens, die auch das Rechtsmittelverfahren umfasste, war die Klägerin (unter Berücksichtigung der von ihr vorgenommenen Bewertungen) damit nur mehr mit 37,65 % erfolgreich. Die Beklagten erhalten damit für diese Phase 24,70 % ihrer Kosten. Der Ersatz für die jeweiligen (nach Klagsausdehnung angefallenen) Barauslagen gebührt im Verhältnis der Obsiegensquote.

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