European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0030OB00065.25T.0328.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
1. Das Verfahren wird fortgesetzt.
2. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 9.389,70 EUR samt 4 % Zinsen seit 26. Jänner 2016 binnen 14 Tagen zu zahlen.
Es wird mit Wirkung zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei festgestellt, dass die beklagte Partei für jeden Schaden haftet, welcher der klagenden Partei aus dem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung im Motortyp EA288 des Skoda Octavia Combi 4 x 4 Scout TDI, Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN): * zukünftig entsteht.
3. Das Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Gerichtshofs vom 11. September 2024 zu 3 Ob 137/24d an den Europäischen Gerichtshof wird zurückgezogen.
4. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 73,86 EUR (darin 12,31 EUR USt) bestimmten Kosten des Antrags auf Fällung eines Anerkenntnisurteils binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Der Kläger erwarb am 26. Jänner 2016 bei einem Autohändler einen Skoda Octavia Combi 4 x 4 Scout TDI. Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Motor vom Typ EA288 ausgestattet. Die EU-Typengenehmigung für das Fahrzeug ist nach wie vor aufrecht.
[2] Im Motor kommen ein „Thermofenster“ und ein Steuerprogramm zur Fahrkurvenerkennung mit prüfzyklusabhängiger Regeneration des NOx‑Speicherkatalysators („Precon“) zum Einsatz.
[3] Der Kläger begehrte von der Beklagten – gestützt auf List, Irrtum und Schadenersatz – 9.389,70 EUR (30 % des Kaufpreises) sA sowie die Feststellung ihrer Haftung für alle (künftigen) Schäden aufgrund des Einbaus der unzulässigen Abschalteinrichtung(en).
[4] Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab.
[5] Mit seiner – von der Beklagten beantworteten – Revision begehrte der Kläger, dem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben.
[6] Mit Beschluss vom 11. September 2024, 3 Ob 137/24d, legte der Senat dem Gerichtshof der Europäischen Union klärungsbedürftige Fragen zur VO 715/2007/EG sowie der Durchführungs-VO 692/2008/EG zur Vorabentscheidung vor und setzte das Revisionsverfahren bis zur Entscheidung darüber aus.
[7] Mit dem an den Obersten Gerichtshof gerichteten Schriftsatz vom 15. April 2025 erklärte die Beklagte (noch vor Einlangen der Vorabentscheidung), den Kläger in Bezug auf das Zahlungsbegehren klaglos gestellt zu haben und das Klagebegehren (aus prozessökonomischen Gründen) überdies zur Gänze und unbedingt anzuerkennen.
[8] Der Kläger beantragte mit mehreren an den Obersten Gerichtshof gerichteten Schriftsätzen die Fällung eines Anerkenntnisurteils.
Rechtliche Beurteilung
[9] 1. Aufgrund des von der Beklagten erklärten Anerkenntnisses sind die Voraussetzungen für die Prozessbeendigung gegeben. Dieser Umstand führt dazu, dass das an den Europäischen Gerichtshof gerichtete Vorabentscheidungsersuchen zurückgezogen wird, weshalb die Aussetzung des Verfahrens nach § 90a GOG obsolet geworden ist. Das Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof war dementsprechend fortzusetzen.
[10] 2. Nach ständiger Rechtsprechung ist auch in dritter Instanz ein (eindeutiges, unbedingtes, somit vorbehaltloses) Anerkenntnis des Klageanspruchs durch die beklagte Partei und die Fällung eines Anerkenntnisurteils nach § 395 ZPO über Antrag der klagenden Partei zulässig (RS0119634; RS0040859 [T1]; 4 Ob 2/24h Rz 6).
[11] Dass die Beklagte am 1. April 2025 vollständige Zahlung (Kapital und Zinsen) geleistet hat, steht dem Anerkenntnisurteil (auch) über das Zahlungsbegehren nicht entgegen. Entscheidungserheblicher Zeitpunkt im zivilprozessualen Verfahren ist Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz (RS0001416 [insb T11]; vgl 2 Ob 68/16p Pkt 2.). Erfolgt eine Zahlung und damit eine Schuldtilgung nach diesem Zeitpunkt, so führt dies dazu, dass der beklagten Partei gegen eine allfällige Exekutionsführung des Klägers die Klage nach § 35 EO offenstünde (vgl RS0000723). Dies gilt auch im vorliegenden Fall, in dem das Anerkenntnisurteil aufgrund der erst in dritter Instanz von der Beklagten gegenüber dem Gericht abgegebene Prozesserklärung, dass der vom Kläger geltend gemachte Klagsanspruch berechtigt ist (vgl RS0040825), vom Obersten Gerichtshof gefällt wird, weil auch in diesem Fall der materiell-rechtlich maßgebende Entscheidungszeitpunkt jener des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz bleibt.
[12] 3. Die Beantwortung der an den Europäischen Gerichtshof gerichteten Vorlagefragen ist nach dem Anerkenntnis der Beklagten nicht mehr erforderlich. Da diesen Fragen im Anlassfall nur mehr theoretische Bedeutung zukommt, war das Vorabentscheidungsersuchen zurückzuziehen (§ 90a Abs 2 GOG; 3 Ob 135/24k).
[13] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 iVm § 50 ZPO. Da sich der Kläger im Schriftsatz vom 9. April 2025 ausdrücklich auf eine auch die Verfahrenskosten enthaltende vollständige Zahlung bzw Klaglosstellung bezogen hat, ist die Verzeichnung bloß der Kosten des Antrags auf Erlassung eines Anerkenntnisurteils dahin zu verstehen, dass er keinen darüber hinausgehenden Kostenzuspruch anstrebt.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)