European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0020OB00044.25X.0325.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Familienrecht (ohne Unterhalt)
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
1. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
2. Der Antrag des Vaters auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.
Begründung:
[1] Mit Beschluss vom 10. 11. 2022 wies das Erstgericht die Obsorge für die Minderjährigen den Eltern gemeinsam zu, legte deren hauptsächlichen Aufenthalt bei der Mutter fest und räumte dem Vater ein wöchentliches Kontaktrecht von Freitag bis Sonntag jeweils 17:00 Uhr ein.
[2] Nun wiesen die Vorinstanzen die Anträge der Mutter auf Übertagung der alleinigen Obsorge sowie Reduzierung des Kontaktrechts des Vaters ab und legten – über Antrag des Vaters – den hauptsächlichen Aufenthalt der Minderjährigen in dessen Haushalt fest.
Rechtliche Beurteilung
[3] Der dagegen gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter ist mangels Aufzeigens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.
[4] 1. Ist die Obsorge endgültig geregelt, so kann nach § 180 Abs 3 ABGB jeder Elternteil, sofern sich die Verhältnisse maßgeblich geändert haben, bei Gericht eine Neuregelung der Obsorge beantragen. Die nachträgliche Änderung einer bestehenden Obsorgeregelung setzt zwar anders als eine Sicherungsverfügung nach § 181 ABGB keine Gefährdung des Kindeswohls voraus. Die Änderung der Verhältnisse muss aber derart gewichtig sein, dass das zu berücksichtigende Postulat der Erziehungskontinuität in den Hintergrund tritt (RS0132056).
[5] Ob bei einer gebotenen Gesamtschau die Änderung der Verhältnisse wesentlich im Sinn des § 180 Abs 3 ABGB ist, ist typischerweise eine nach den Umständen des Einzelfalls zu lösende Frage, der in der Regel daher keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG zukommt, wenn durch die Entscheidung nicht leitende Grundsätze der Rechtsprechung oder das Kindeswohl verletzt wurden (4 Ob 146/21f Rz 12 mwN).
[6] 2. Derartiges zeigt der Revisionsrekurs nicht auf. Wenn die Vorinstanzen aufgrund des aktuell gewordenen Schuleintritts der Kinder und der daraus resultierenden Unzumutbarkeit der Beibehaltung des bisherigen (umfangreichen) Kontaktrechts eine wesentliche Änderung der Verhältnisse erblickt haben, die eine Neubeurteilung rechtfertigt, ist dies nicht korrekturbedürftig, weil sich durch diese sich ändernden Lebensumstände auch die Anforderungen an die Betreuung der Minderjährigen ändern. Die Vorinstanzen sind unter Hinweis auf die bessere Eignung des Vaters, den Minderjährigen Stabilität und Geborgenheit zu vermitteln, den auch bisher häufigen Aufenthalt der Minderjährigen bei ihm, deren bestehende Integration in der väterlichen Familie sowie die bei einem Aufenthaltswechsel zu erwartende Verringerung des die Kinder schwer belastenden Loyalitätskonflikts vertretbar davon ausgegangen, dass das Postulat der Erziehungskontinuität in den Hintergrund tritt und der hauptsächliche Aufenthalt nun beim Vater festzulegen ist.
[7] Eine im Sinn des Wohls der Minderjährigen aufzugreifende Fehlbeurteilung zeigt der Revisionsrekurs nicht auf.
[8] 3. Abgesehen davon, dass im Verfahren über die Obsorge und die persönlichen Kontakte generell kein Kostenersatz stattfindet (§ 107 Abs 5 AußStrG), dient eine vor Freistellung durch den Obersten Gerichtshof erstatte Beantwortung eines außerordentlichen Revisionsrekurses auch nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (RS0121741).
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