OGH 2Ob193/24g

OGH2Ob193/24g25.3.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte MMag. Sloboda, Dr. Thunhart und Dr. Kikinger und die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richterin und Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Landesstelle Graz, Graz, Göstinger Straße 26, und 2. Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Steiermark, Graz, Eggenberger Straße 3, beide vertreten durch Mag. Werner Thurner, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei A*, vertreten durch Prutsch‑Lang & Damitner Rechtsanwälte OG in Graz, wegen 1. (erstklagende Partei) 15.955,46 EUR sA und 2. (zweitklagende Partei) 66.760,28 EUR sA, über die Revision der erstklagenden Partei und die außerordentliche Revision der zweitklagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 26. Juni 2024, GZ 2 R 66/24d‑22, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 27. Februar 2024, GZ 39 Cg 46/23y‑12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0020OB00193.24G.0325.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revision der erstklagenden Partei und der außerordentlichen Revision der zweitklagenden Partei wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die im klagsstattgebenden Umfang bereits in Rechtskraft erwachsen sind, werden im verbleibenden Umfang aufgehoben.

Die Rechtssache wird in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Der unselbständig beschäftigte Geschädigte wurde bei einem von der Lenkerin eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW alleine verschuldeten Unfall im Mai 2008 schwer verletzt. Er erhält von der Erstklägerin eine Versehrtenrente und von der Zweitklägerin eine Invaliditätspension.

[2] Mit rechtskräftigem Versäumungsurteil vom 24. Februar 2016 wurde festgestellt, dass die Beklagte den Klägerinnen für sämtliche künftigen, aufgrund des Arbeitsunfalls des Geschädigten zu erbringenden Pflichtaufwendungen im Rahmen der Versicherungssumme haftet, soweit „ein in sachlicher und zeitlicher Hinsicht kongruenter Deckungsfonds gegeben ist“ (AZ 14 Cg 2/16h des Erstgerichts).

[3] In einem Vorprozess, in dem die Erstklägerin die Zahlung von 7.698,33 EUR sA und die Zweitklägerin die Zahlung von 31.485,43 EUR sA je für den Zeitraum von 1. Jänner 2017 bis 31. Dezember 2018 forderte, ging das Berufungsgericht davon aus, dass der Geschädigte ohne das Unfallereignis ab 1. März 2017 eine Korridorpension erhalten hätte, ihm dieser Pensionsantritt unfallbedingt aber nicht offen stand. Die sich ab 1. März 2017 ergebende Pensionslücke stelle damit einen Verdienstentgang des Geschädigten dar. Auf dieser Grundlage gab das Berufungsgericht dem Klagebegehren im Vorprozess weit überwiegend statt.

[4] Der Geschädigte vollendete im Februar 2020 sein 65. Lebensjahr. Er erwarb bis April 2011 insgesamt 463 Versicherungsmonate. Ohne den Unfall hätte der Geschädigte ab 1. März 2017 Korridorpension bezogen.

[5] Die Klägerinnen begehren für den Zeitraum von 1. Jänner 2019 bis 31. Dezember 2022 die Zahlung von 15.955,46 EUR sA (Erstklägerin) und 66.760,28 EUR sA (Zweitklägerin). Auch nach Erreichen des Regelpensionsalters durch den Geschädigten stelle die gesamte entgangene Bruttokorridorpension den Deckungsfonds dar, weil der Geschädigte unfallbedingt keinen Anspruch auf eine Pension habe. Der Geschädigte habe seit dem Unfall unfallkausal keine Pensionsversicherungsbeiträge mehr entrichtet, sodass der Verlust des Pensionsanspruchs zur Gänze unfallkausal sei und insoweit ein Verdienstentgang des Geschädigten vorliege. Ein weiterer tatsächlicher Pensionsanfall des Geschädigten neben der Versehrtenrente und der Invaliditätspension sei rechtlich und tatsächlich nicht möglich, weil ein Umstellen der Korridorpension auf eine reguläre Alterspension nicht vorgesehen sei. Der unfallkausale Wegfall des Anspruchs auf Gewährung einer regulären Alterspension stelle bis zur Höhe jener Alterspension, die der Geschädigte ohne den Unfall erhalten hätte, einen Schaden dar. Es sei ohne Belang, dass der Geschädigte zum Unfallszeitpunkt schon ausreichende Beitragsmonate erlangt habe, um bei Erreichen des Regelpensionsalters eine deutlich niedrigere Alterspension zu beziehen. Eine Alterspension des Geschädigten wäre deutlich niedriger als bei Beitragsleistung bis zum Pensionsantritt. Jeder Pensionsschaden sei ein übergangsfähiger Anspruch.

[6] Die Beklagte wendet ein, dass der unselbständig erwerbstätige Geschädigte ab Erreichen des Regelpensionsalters aufgrund ausreichender Versicherungsmonate Anspruch auf Alterspension habe. Eine allfällige Pensionslücke hätte sich mit dem Erreichen des Regelpensionsalters geschlossen, ein unfallkausaler Verlust des Pensionsanspruchs liege ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vor. Leistungen, die der Sozialversicherungsträger unabhängig vom schädigenden Ereignis erbringen müsse, mangle es jedenfalls an Kongruenz. Einen Pensionsschaden müsste der Geschädigte wegen fehlender Kongruenz zum Verdienstentgang selbst geltend machen.

[7] Das Erstgerichtgab dem den Zeitraum von Jänner 2019 bis Februar 2020 betreffenden Zahlungsbegehren mit 3.885,51 EUR sA (Erstklägerin) und 16.369,15 EUR sA (Zweitklägerin) rechtskräftig statt. Das den Zeitraum ab März 2020 betreffende Zahlungsbegehren wies es mit der Begründung ab, dass die von den Klägerinnen erbrachten Leistungen ab März 2020 mit dem unfallbedingten Schaden weder sachlich noch zeitlich kongruent seien, weil der Geschädigte ab diesem Zeitpunkt die Anspruchsvoraussetzungen für eine reguläre Alterspension erfülle. Die Leistungen aus der regulären Alterspension stünden dem Geschädigten unabhängig vom Unfall zu.

[8] Das von den Klägerinnen angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es verneinte eine Bindungswirkung des im Vorprozess ergangenen Urteils im Hinblick auf die Frage der Höhe des Deckungsfonds für den Zeitraum ab März 2020. In der Regel fehle es ab dem Regelpensionsalter an einem zeitlich kongruenten Anspruch auf Ersatz des Verdienstentgangs. Von diesem Grundsatz sei unter anderem dann abzuweichen, wenn nach Erreichen des Regelpensionsalters eine Differenz zwischen der tatsächlich gebührenden und jener Alterspension vorliege, die der Geschädigte bei fortgesetzter Erwerbstätigkeit – also ohne den Unfall – erzielt hätte („Alterspensionslücke“). Da der Geschädigte nach den Feststellungen ohne das Unfallgeschehen eine Korridorpension in Anspruch genommen hätte, könne ab Erreichen des Regelpensionsalters nur eine allfällige Differenz zwischen der (fiktiven) Korridorpension und der tatsächlich gebührenden regulären Alterspension den Deckungsfonds bilden. Zum Vorliegen einer solchen Deckungslücke hätten die Klägerinnen – auch wenn eine solche nahe liege – in erster Instanz kein Vorbringen erstattet, entsprechende Behauptungen in der Berufung stellten eine unzulässige Neuerung dar.

[9] Die ordentliche Revision der Erstklägerin ließ das Berufungsgericht nachträglich mit der Begründung zu, dass der Frage erhebliche Bedeutung zukomme, ob die dem Geschädigten nunmehr offen stehende reguläre Alterspension bei Ermittlung des Deckungsfonds zu berücksichtigen sei oder vielmehr die konkret entgangene Korridorpension zeitlich unbeschränkt als Deckungsfonds erhalten bleibe.

[10] Dagegen richten sich die (außer)ordentlichen Revisionen der Klägerinnen mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn gänzlicher Stattgebung der Klage; hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

[11] Der Beklagte beantragt, die Revisionen mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihnen nicht Folge zu geben.

[12] Die Revisionen sind zulässig, weil die Auslegung des Vorbringens durch das Berufungsgericht im Einzelfall einer Korrektur bedarf. Sie sind im Sinn der hilfsweise gestellten Aufhebungsanträge auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

[13] Die Klägerinnen argumentierten, dass nicht mehrere einander widersprechende fiktive Sachverhaltsvarianten gemischt werden dürften und ein einmal entstandener Pensionsschaden – hier der gänzliche Entgang der Korridorpension – bestehen bleiben müsse. Die Klägerinnen hätten sich im erstinstanzlichen Verfahren konkret auf einen Schaden durch Alterspensionslücke berufen. Das Berufungsgericht habe auch die Bindungswirkung des im Vorprozess ergangenen Urteils missachtet.

Dazu hat der Fachsenat erwogen:

[14] 1. Vorauszuschicken ist, dass nur mehr die Ansprüche ab März 2020 Gegenstand des Revisionsverfahrens sind.

[15] 2. Wenn zwei Sozialversicherungsträger an den beim Unfall Verletzten jeweils Leistungen aufgrund eines einzigen Unfalls erbringen, sind sie nicht als materielle Streitgenossen anzusehen. Eine Zusammenrechnung ihrer Ansprüche nach § 55 Abs 4 iVm Abs 1 Z 2 JN scheidet daher aus (2 Ob 230/22w Rz 6).

[16] 3. Zutreffend hat das Berufungsgericht eine Bindungswirkung des Urteils im Vorprozess für den Anlassfall verneint, weil die Bildung des Deckungsfonds lediglich eine Vorfrage für das im Vorprozess zu beurteilende Zahlungsbegehren war und sich das Begehren im Vorprozess zudem nicht auf den nunmehr strittigen Zeitraum ab März 2020 bezog.

[17] 4. Gemäß § 332 Abs 1 ASVG geht der Anspruch des Verletzten gegen den Schädiger nach dem Grundsatz der kongruenten Deckung insoweit auf den Sozialversicherungsträger über, als dieser an den Verletzten Leistungen zu erbringen hat (RS0030708). Die Legalzession zu Gunsten des Sozialversicherungsträgers verfolgt einerseits den Zweck, eine doppelte Befriedigung des Geschädigten (durch Kumulation der Leistungen), andererseits aber auch eine Entlastung des Schädigers (durch Anrechnung der Versicherungsleistung als Vorteil) zu verhindern (RS0085212; RS0122868).

[18] Für die Beurteilung, ob und inwieweit zivilrechtliche Ersatzansprüche auf den Sozialversicherungsträger übergehen, sind nicht der Gesamtbetrag der zivilrechtlichen Ansprüche und der Gesamtwert der Sozialversicherungsleistung einander gegenüberzustellen. Vielmehr hat ein Vergleich der einzelnen zivilrechtlichen Ansprüche mit denjenigen einzelnen Sozialversicherungsleistungen zu erfolgen, die im parallelen Zeitraum dasselbe Schadensabdeckungsziel verfolgen. Es gibt keinen einheitlichen Deckungsfonds, sondern es gilt der Grundsatz der zeitlichen und sachlichen Kongruenz (2 Ob 228/21z Rz 14 mwN; vgl auch RS0085405). Der vom Schadenersatzanspruch des Geschädigten gebildete Deckungsfonds ist selbständig nach den Grundsätzen des Haftpflichtrechts zu berechnen (RS0085365 [T2]). Leistungen, die der Sozialversicherungsträger auch unabhängig vom schädigenden Ereignis zu erbringen hätte, mangelt es von vornherein an Kongruenz mit dem Schadenersatzanspruch des Geschädigten (2 Ob 125/23f Rz 26 mwN).

[19] Der Umfang des Forderungsübergangs und damit der Regressanspruch des Sozialversicherungsträgers ist in zwei Dimensionen begrenzt, nämlich einerseits mit der Höhe des Schadenersatzanspruchs des Geschädigten und andererseits mit dem Anspruch des Geschädigten auf Leistungen gegenüber dem Sozialversicherungsträger (RS0030708 [T5]).

[20] 5. Sowohl die von der Erstklägerin geleistete Versehrtenrente als auch die von der Zweitklägerin geleistete Invaliditätspension sind sachlich kongruent zum Anspruch des Geschädigten auf Verdienstentgang (RS0031026 [T1, T2]).

[21] 6. Der Geschädigte ist in Bezug auf seinen Verdienstentgang grundsätzlich so zu stellen, wie er stünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Der Schaden ist daher durch eine Differenzrechnung zu ermitteln, bei der das hypothetische Einkommen ohne das schädigende Ereignis mit dem tatsächlich nach dem schädigenden Ereignis erzielten Einkommen verglichen wird (2 Ob 184/17y Punkt 1.1. mwN). Dem Geschädigten gebührt der hypothetisch erzielbare Nettoverdienst, wobei allerdings die Steuer- und sonstigen Abgabenverpflichtungen erneut zu berücksichtigen sind, die durch die Schadenersatzleistung selbst entstehen. Die Schadenersatzleistung ist daher so zu bemessen, dass sie unter Berücksichtigung der durch sie wieder entstehenden Abzüge dem Nettoschaden entspricht (vgl RS0022868).

[22] 7. In der Regel ist bei unselbständig Erwerbstätigen ab Erreichen des Regelpensionsalters nicht mehr mit der Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit zu rechnen, wobei dem (geschädigten) Anspruchsteller die Behauptung und der Beweis eines davon abweichenden Sachverhalts offen steht (2 Ob 38/02f; vgl RS0030870 [T3, T6]). Ein Deckungsfonds – im hier interessierenden Zusammenhang also ein Verdienstentgang – ist damit bei einem unselbständig Erwerbstätigen ab Erreichen des Regelpensionsalters im Allgemeinen nicht mehr anzunehmen (so bereits 2 Ob 60/62 [unveröff]; Auer‑Maly in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV‑Komm § 332 ASVG Rz 98; Neumayr/Huber in Schwimann/Kodek 5 § 332 ASVG Rz 74).

[23] Allerdings kann nach Erreichen des Regelpensionsalters weiterhin Verdienstentgang in Form der Differenz zwischen der tatsächlich gewährten und jener Alterspension vorliegen, die der Geschädigte ohne die Auswirkungen des schädigenden Ereignisses – also bei fortgesetzter Erwerbstätigkeit – erzielt hätte. Der Schädiger hat diese von ihm verursachte Differenz grundsätzlich zu ersetzen, wobei der Geschädigte ein Wahlrecht hat, an Stelle des Ersatzes dieser Pensionslücke die Beiträge für eine freiwillige Weiter- und/oder Höherversicherung zu verlangen, um sich einen ungeschmälerten Pensionsbezug zu sichern (2 Ob 184/17y Punkt 1.2. mwN). Für eine Ausübung des Wahlrechts im zuletzt genannten Sinn gibt es allerdings im Verfahren keine Anhaltspunkte.

[24] 8. Aus diesen Grundsätzen zur Berechnung des Verdienstentgangs folgt, dass das Erreichen des Regelpensionsalters durch den Geschädigten im Anlassfall nicht unberücksichtigt bleiben kann. Dass der Geschädigte ohne den Unfall ab März 2017 eine (unfallkausal verunmöglichte) Korridorpension (§ 4 Abs 2 APG) in Anspruch genommen hätte, führt nicht dazu, dass der bis zum Erreichen des Regelpensionsalters in voller Höhe der entgangenen Korridorpension entstandene Verdienstentgang ungeachtet der zur Inanspruchnahme einer regulären Alterspension (§ 4 Abs 1 APG) berechtigenden Vollendung des 65. Lebensjahres nach März 2020 in unveränderter Höhe weiter bestünde. Vielmehr ist davon auszugehen, dass ab Erreichen des Regelpensionsalters im Allgemeinen kein Verdienstentgang – und damit im hier interessierenden Zusammenhang kein Deckungsfonds – mehr anzunehmen ist. In Betracht kommt ab diesem Zeitpunkt nur mehr Verdienstentgang in Form eines „Pensionsschadens“ (oben Punkt 7.; vgl 2 Ob 239/18p Punkt 3. [zu Anspruch nach § 1327 ABGB und Witwenpension]).

[25] Das Berufungsgericht hat damit zutreffend betont, dass ab dem Zeitpunkt des Erreichens des Regelpensionsalters durch den Geschädigten aufgrund der schon vor dem Unfall jedenfalls in ausreichendem Umfang erworbenen Versicherungsmonate bei wertender Gesamtbetrachtung die dem Geschädigten mögliche Beantragung der Alterspension nach § 4 Abs 1 APG nicht außer Betracht bleiben kann. Da der Geschädigte nach den Feststellungen ohne den Unfall bereits ab März 2017 Korridorpension (§ 4 Abs 2 APG) bezogen hätte, besteht sein (allfälliger) Verdienstentgang (unter Ausblenden der tatsächlich bezogenen Sozialversicherungsleistungen) ab dem Erreichen des Regelpensionsalters im März 2020 (nur) in einer (allfälligen) Differenz zwischen der dem Geschädigten aufgrund der vor dem Unfall tatsächlich erworbenen Versicherungsmonate gebührenden regulären Alterspension und der nach den Feststellungen ohne den Unfall (fiktiv) bezogenen Korridorpension. Diese (allfällige) Pensionslücke stellt den unfallkausalen Verdienstentgang dar und bildet damit ab März 2020 den Deckungsfonds.

[26] 9. Das Berufungsgericht hat die Ausführungen zum Vorliegen einer Pensionslücke im Rechtsmittelverfahren zu Unrecht als Neuerungen qualifiziert. Auch wenn die Klägerinnen im erstinstanzlichen Verfahren konsequent den (unrichtigen) Standpunkt verfolgt hatten, die ohne den Unfall ab 1. März 2017 fiktiv bezogene, tatsächlich aber unfallkausal entgangene Korridorpension würde auch nach Erreichen des Regelpensionsalters durch den Geschädigten in voller Höhe den Deckungsfonds – also den Verdienstentgang des Geschädigten – bilden, haben sie hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass auch bei Bezug einer regulären Alterspension durch den Geschädigten jedenfalls eine unfallkausale Pensionslücke verbleiben würde. Da zu diesem prozessentscheidenden Vorbringen Feststellungen fehlen, liegt ein bei Behandlung der Rechtsrüge aufzugreifender sekundärer Feststellungsmangel vor, der zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen im noch strittigen Umfang führt.

[27] 10. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht mit den Streitteilen die dargestellten Grundsätze zur Berechnung des Deckungsfonds zu erörtern und den Klägerinnen präzises Vorbringen zur Höhe des Deckungsfonds nach den dargelegten Parametern zu ermöglichen haben. Mit der Zweitklägerin wird auch zu erörtern sein, worin der von ihr behauptete, aber nicht näher definierte „eigene Deckungsfonds“ für von ihr bezahlte Krankenversicherungsbeiträge bestehen soll.

[28] 11. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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