European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0010OB00107.24B.0325.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiete: Exekutionsrecht, Unterhaltsrecht inkl. UVG, Zivilverfahrensrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, sodass sie insgesamt – einschließlich des bestätigten Teils – lautet:
Die beklagte Partei (Gegner der gefährdeten Partei) ist schuldig, der klagenden und gefährdeten Partei binnen 14 Tagen einen Prozesskostenvorschuss in Höhe von 122.323,49 EUR zu zahlen.
Der Antrag der klagenden und gefährdeten Partei auf Leistung eines weiteren Prozesskostenvorschusses von 87.676,51 EUR wird abgewiesen.
Die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Fällung einer neuen Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz aufgetragen.
Die beklagte Partei (Gegner der gefährdeten Partei) ist schuldig, der klagenden und gefährdeten Partei die mit 496,83 EUR (darin 82,81 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die klagende und gefährdete Partei ist schuldig, der beklagten Partei (Gegner der gefährdeten Partei) die mit 1.922,76 EUR bestimmten anteiligen Barauslagen des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Zwischen den Parteien ist seit 2013 ein Scheidungsverfahren sowie ein Unterhaltsverfahren anhängig. In letzterem wurde der Mann rechtskräftig zur Rechnungslegung verpflichtet. Der Frau wurde bereits mit einstweiliger Verfügung vom 30. 5. 2014 ein Prozesskostenvorschuss von 25.000 EUR und mit einstweiliger Verfügung vom 31. 10. 2018 ein solcher in Höhe von 184.176,66 EUR zuerkannt.
[2] Die Frau beantragt, den Mann zur Zahlung eines weiteren Prozesskostenvorschusses von 210.000 EUR zu verpflichten. Dieser leiste trotz außergewöhnlich hoher Einkünfte und eines außerordentlich hohen Vermögens (er habe aus dem Verkauf seines Unternehmens zumindest 60 Mio EUR lukriert, versuche jedoch, seine finanziellen Mittel vor der Frau zu verheimlichen) bereits seit Jahren keinen Geldunterhalt. Die Frau verfüge über keine ausreichenden Mittel, um die Vielzahl der (hauptsächlich) gegen den Mann geführten Verfahren zu finanzieren. Jene Prozesskostenvorschüsse, zu denen er bisher verpflichtet worden sei, reichten dafür nicht aus.
[3] Konkret begehrte sie zuletzt einen Prozesskostenvorschuss zur Abdeckung folgender bereits entstandener und voraussichtlich in Zukunft anfallender Prozesskosten:
81.000,00 EUR | Angefallene Kosten für die Vertretung der Frau durch ihren ehemaligen Rechtsvertreter, wobei über dessen zuletzt ausstehendes Honorar ein gerichtlicher Vergleich in dieser Höhe abgeschlossen worden sei |
6.670,00 EUR | Wertsicherung aus dem Vergleich |
25.000,00 EUR | Zu erwartende Kosten für ein im Unterhaltsverfahren einzuholendes Gutachten |
15.201,90 EUR | Nach Auflösung des Vollmachtsverhältnisses zum ehemaligen Rechtsvertreter der Frau im Unterhaltsverfahren angefallene Prozesskosten |
2.703,55 EUR | Angefallene Kosten des Ehescheidungsverfahrens |
1.801,51 EUR | Angefallene Kosten des vom Mann eingeleiteten Oppositionsverfahrens betreffend seine Verpflichtung zur Rechnungslegung |
1.735,15 EUR | In diesem Oppositionsverfahren noch zu erwartende Kosten |
4.214,28 EUR | Angefallene Kosten des Rechnungslegungsverfahrens |
20.516,00 EUR | Angefallene und noch zu erwartende Kosten im Verfahren über den Prozesskostenvorschuss |
51.151,10 EUR | Weitere in diversen sonst gegen den Mann geführten Verfahren zu erwartende Kosten |
210.000,00 EUR | SUMME (aufgerundet) |
[4] Mit einstweiliger Verfügung vom 29. 1. 2024 verpflichtete das Erstgericht den Mann zur Zahlung des angestrebten Prozesskostenvorschusses von 210.000 EUR.
[5] Dabei ging es von einem Unterhaltsanspruch der Frau nach § 94 ABGB aus. Das Erstgericht traf Feststellungen zum Einkommen der Frau sowie zur finanziellen Situation des Mannes, der innerhalb weniger Jahre – nachdem er sein Unternehmen verkauft hatte – Immobilientransaktionen in Millionenhöhe getätigt habe. Zu seinen laufenden Einkünften konnte es keine Feststellungen treffen. In Exekutionsverfahren zur Durchsetzung des von der Frau erhobenen und ihr rechtskräftig zuerkannten Rechnungslegungsanspruchs seien über den Mann bereits rund 400.000 EUR an Beugestrafen verhängt worden.
[6] Dem ehemaligen Rechtsvertreter der Frau stünden noch offene Honorare zu, wobei sich die Frau mit gerichtlichem Vergleich vom 9. 6. 2022 zur Bezahlung eines Betrags von 81.000 EUR verpflichtet habe. In diesem Vergleich sei eine Wertsicherung nach dem VPI 2020 vereinbart worden, aus der sich mittlerweile eine Forderung von 6.670 EUR ergebe. Im Scheidungsverfahren seien noch 2.703,55 EUR an Vertretungskosten offen, im Unterhaltsverfahren 15.201,90 EUR und im Verfahren über den Rechnungslegungsanspruch 4.214,28 EUR. In einem vom Mann (hinsichtlich seiner Rechnungslegungspflicht) eingeleiteten Oppositionsverfahren seien Kosten in Höhe von 1.801,51 EUR angefallen und es sei in diesem Verfahren mit weiteren Kosten von 1.735,16 EUR zu rechnen. Im Unterhaltsverfahren würden voraussichtlich noch Sachverständigenkosten von 25.000 EUR anfallen, im Verfahren über den Prozesskostenvorschuss voraussichtlich noch Kosten von 20.516 EUR; darüber hinaus sei mit weiteren künftigen Kosten in diversen Verfahren von 51.151,10 EUR zu rechnen.
[7] Die Frau habe aufgrund ihrer bereits seit Jahren (vorwiegend gegen den Mann) geführten Gerichtsverfahren, die auch noch in Zukunft andauern würden, einen besonderen Unterhaltsbedarf. Dieser sei durch ihr laufendes Einkommen nicht gedeckt. Die Pflicht zur Deckung dieses Sonderbedarfs sei Teil der Unterhaltspflicht des Mannes. Aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse sei es ihm (leicht) zumutbar, den angestrebten Prozesskostenvorschuss zu zahlen.
[8] Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.
[9] Die Frau habe ausreichende Umstände behauptet und bescheinigt, aus denen sich ein Unterhaltsanspruch gegen den Mann sowie dessen Unterhaltspflichtverletzung ergebe. Sekundäre Feststellungsmängel dazu lägen nicht vor. Dass die Frau ihren Unterhaltsanspruch ohne Prozesskostenvorschuss nicht durchsetzen könne, sei bereits in den Verfahren über die ersten beiden Prozesskostenvorschüsse bescheinigt worden. Das Erstgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Frau die hohen Verfahrenskosten nicht aus ihrem eigenen Einkommen decken könne, wohingegen dem Mann die Erbringung dieser zusätzlichen Leistungen aufgrund seiner außergewöhnlichen finanziellen Verhältnisse zugemutet werden könne. Die Frau habe auch die Höhe der bereits entstandenen aber noch nicht bezahlten sowie der künftig zu erwartenden Prozesskosten bescheinigt. Für die Berücksichtigung bereits entstandener (aber noch nicht bezahlter) Kosten sei nur maßgeblich, ob diese – wovon das Erstgericht zutreffend ausgegangen sei – notwendig gewesen seien. Dass das Erstgericht die der Frau voraussichtlich erst entstehenden Verfahrenskosten in der von ihr behaupteten Höhe als bescheinigt annahm, könne im Provisorialverfahren nicht bekämpft werden.
[10] Durch den Vergleich mit ihrem ehemaligen Rechtsvertreter über 81.000 EUR hätten sich dessen Honorarforderungen gegenüber der Frau reduziert. Der Vergleich sei daher – ebenso wie die darin vereinbarte Wertsicherung der Vergleichsforderung – „sinnvoll“ gewesen. Die Notwendigkeit jener Leistungen des ehemaligen Rechtsvertreters der Frau, die dem Vergleich zugrunde gelegen seien, habe das Erstgericht geprüft und zutreffend bejaht. Auch darin enthaltene Kosten der Unterhaltsverfahren der Kinder hätten die Frau – da sie diese Kosten getragen habe – „betroffen“. Im Übrigen widerspräche es dem Wesen des Prozesskostenvorschusses und könne nicht Aufgabe des Sicherungsverfahrens sein, sämtliche vom Vergleich umfassten Vertretungshandlungen in einem umfangreichen „Beweisverfahren“ auf ihre Zweckmäßigkeit hin zu prüfen.
[11] Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO (iVm § 78 und § 402 Abs 4 EO) nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
[12] Der dagegen vom Mann erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch zulässig, weil das Antragsvorbringen der Frau teilweise unschlüssig blieb. Er ist aus diesem Grund auch teilweise berechtigt.
1. Grundsätzliches zum Prozesskostenvorschuss:
[13] 1.1. Die Verpflichtung zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses ist ein Ausfluss der Pflicht zur Leistung des gesetzlichen Unterhalts (RS0005627). Sie ist daher Teil der gesetzlichen Unterhaltspflicht, hängt von den allgemeinen Voraussetzungen des Unterhaltsanspruchs ab und bildet kein davon losgelöstes „Sonderregime“ (Hopf/Kathrein, Eherecht3 [2014] § 382 EO Rz 16 mwN). Die Deckung notwendiger Prozesskosten zählt zum Unterhalt, wenn sich aus einer Prozessgefahr oder Prozessführung ein besonderer Unterhaltsbedarf ergibt, den der Unterhaltsberechtigte aus den laufenden Unterhaltsbeiträgen nicht decken kann. Es ist dann ein Prozesskostenvorschuss zuzusprechen, sofern dies dem Unterhaltspflichtigen – neben einer (allfälligen) laufenden Unterhaltsleistung – zumutbar ist (RS0047386). Nicht entscheidend ist, ob es sich um einen „echten“ Vorschuss für die Kosten eines erst einzuleitenden Verfahrens oder um bereits entstandene Honorarverbindlichkeiten für die Vertretung in einem Verfahren handelt, die aber noch nicht fällig oder zumindest noch nicht bezahlt sind (1 Ob 67/05t = RS0005627 [T2]; 4 Ob 114/06b; vgl auch 4 Ob 106/19w).
[14] 1.2. Die Entscheidung über die Verpflichtung zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses erfordert eine Abwägung der Interessen des Unterhaltsberechtigten und des Unterhaltsverpflichteten, bei der neben der finanziellen Situation des Unterhaltsberechtigten – wie dargelegt – auch zu berücksichtigen ist, inwieweit dem Unterhaltspflichtigen die zusätzliche Leistung zugemutet werden kann (RS0013486).
[15] 1.3. Ein Prozesskostenvorschuss steht als Sonderbedarf nur für „notwendige“ Verfahrenskosten zu (etwa 10 Ob 26/21b [Rz 20]; vgl auch 9 Ob 121/06v, 3 Ob 152/16y [Pkt 3.], 3 Ob 201/19h [Pkt 5.5.]: „für vernünftige und zweckentsprechende Rechtsverfolgungsmaßnahmen“). Ob eine kostenverursachende Maßnahme in diesem Sinn notwendig ist (oder war), hängt davon ab, ob eine vernünftige und sorgfältige Person in vergleichbarer Lage ähnlich handeln – also ebenfalls das kostenverursachende Verhalten setzen – würde oder (bei einem Prozesskostenvorschuss für bereits entstandene, aber noch nicht bezahlte Honorarverbindlichkeiten) ähnlich gehandelt hätte (vgl 4 Ob 106/19w [Pkt 2.1]; 1 Ob 96/23h [Rz 1]).
[16] 1.4. Der Prozesskostenvorschuss kann als einstweiliger Unterhalt gemäß § 382 Z 8 lit a EO geltend gemacht werden. Eine demnach zu erlassende (einstweilige) Unterhaltsverfügung bedarf zwar keiner Bescheinigung einer Gefährdung im Sinn des § 381 EO. Voraussetzung ist aber die Verletzung der Unterhaltspflicht im Antragszeitpunkt oder zumindest bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag (RS0114824). Im Provisorialverfahren nach § 382 Z 8 lit a EO sind demnach grundsätzlich der Unterhaltsanspruch und die Unterhaltsverletzung vom Antragsteller zu behaupten und zu bescheinigen (RS0114824 [T7, T8]). In Ansehung eines einmaligen Sonderbedarfs – wie hier hinsichtlich der Prozesskosten – kommt der Nachweis einer Anspruchsverletzung in der Vergangenheit aufgrund des Ausnahmecharakters (in der Regel) aber nicht in Betracht, vielmehr ist stattdessen – neben dem Bedarf – zu behaupten und zu bescheinigen, dass die laufenden Unterhaltsbeiträge zur Begleichung derartiger Kosten nicht ausreichen (8 Ob 61/21k [Rz 5]).
2. Zum Unterhaltsanspruch der Frau dem Grunde nach:
[17] 2.1. Der Mann behauptet in seinem Rechtsmittel, die Frau habe kein ausreichendes Vorbringen zu ihrem Unterhaltsanspruch erstattet und diesen auch nicht bescheinigt.
[18] 2.2. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass er die überwiegende Haushaltsführung durch die Frau – und somit die Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 94 Abs 2 ABGB, worauf auch das Begehren auf Deckung der notwendigen Prozesskosten beruht (vgl etwa 10 Ob 6/24s [Rz 11]) – (auch) in seinem Revisionsrekurs gar nicht in Abrede stellt.
[19] 2.3. Dass der Mann der Frau seit etwa einem Jahrzehnt keinen Geldunterhalt und insbesondere – soweit er dazu nicht rechtskräftig verpflichtet wurde – auch keinen Zuschuss zu den Kosten der von ihr (vor allem gegen den Mann) geführten Gerichtsverfahren leistete, ist unstrittig. Gegenteiliges behauptet der Mann auch in seinem Rechtsmittel nicht. Soweit er dort das Fehlen einer „Feststellung“ zu seiner Unterhaltsverletzung kritisiert, geht dies daher schon aus diesem Grund fehl. Im Übrigen wäre – wie dargelegt (vgl Pkt 1.4.) – beim Prozesskostenvorschuss wegen dessen Ausnahmecharakters als Sonderbedarf der Nachweis einer Anspruchsverletzung in der Vergangenheit auch gar nicht erforderlich.
[20] 2.4. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Frau die Verfahrenskosten nicht aus ihrem eigenen Einkommen decken könne, wohingegen dem Mann die Leistung des angestrebten Prozesskostenvorschusses (leicht) zumutbar sei, bedarf keiner Korrektur:
[21] 2.4.1. Zwar ist das vom Erstgericht festgestellte (schwankende) Einkommen der Frau von monatlich im Durchschnitt netto etwa 3.600 EUR (wobei sie quartalsweise rund 1.000 EUR an die Ärztekammer zahlen muss) keineswegs gering. Im Hinblick auf den Umfang der bereits angefallenen und in Zukunft noch anfallenden Verfahrenskosten der gegen den Mann geführten Verfahren begegnet es aber keinen Bedenken, dass sich daraus ein besonderer Unterhaltsbedarf ergibt, den die Frau (auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass sie keine Betriebskosten für das von ihr mit den beiden Söhnen bewohnte Haus zahlen muss) nicht aus ihrem laufenden Einkommen (einen Geldunterhalt erhält sie vom Mann nicht) decken kann.
[22] 2.4.2. Dass dem Mann die Leistung des Prozesskostenvorschusses finanziell nicht zumutbar sei, behauptet er in seinem Rechtsmittel gar nicht. Soweit er auf dem Standpunkt steht, die Frau habe zur Deckung der Prozesskosten auch seine Unterhaltszahlungen für den weiterhin bei der Frau wohnenden Sohn heranzuziehen, ist dies jedenfalls verfehlt, weil dieser nur die Bedürfnisse des Kindes abdeckt.
3. Zu den einzelnen Kostenpositionen, für die der vorliegende Prozesskostenvorschuss begehrt wird:
[23] 3.1. Vorauszuschicken ist, dass sich der Revisionsrekurswerber – abgesehen von seinen grundsätzlichen Einwänden gegen die Pflicht zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses (vgl Pkt 2.) – nicht (substanziiert) gegen einen solchen Vorschuss für folgende Kostenpositionen wendet:
25.000,00 EUR | Zu erwartende Kosten für ein Gutachten im Unterhaltsverfahren |
15.201,90 EUR | Nach Auflösung des Vollmachtsverhältnisses zum ehemaligen Rechtsvertreter im Unterhaltsverfahren angefallene Prozesskosten |
2.703,55 EUR | Bereits angefallene Kosten des Ehescheidungsverfahrens |
1.801,51 EUR | Bereits angefallene Kosten des vom Mann eingeleiteten Oppositionsverfahrens (betreffend die Pflicht zur Rechnungslegung) |
4.214,28 EUR | Bereits angefallene Kosten des Rechnungslegungsverfahrens ab 2018 |
20.516,00 EUR | Angefallene und noch anfallende Kosten im Verfahren über den Prozesskostenvorschuss |
[24] Somit blieben Kostenpositionen in Höhe von insgesamt 69.437,24 EUR in dritter Instanz – abgesehen von den grundsätzlichen Einwänden des Mannes gegen seine Unterhaltspflicht – unbekämpft.
[25] 3.2. Zu den prognostizierten Kosten des Oppositionsverfahrens in Höhe von 1.735,15 EUR sowie der weiteren (sonstigen) Verfahren zwischen den Ehegatten in Höhe von 51.151,10 EUR nahm es das Erstgericht als bescheinigt an, dass der Frau diese Kosten in Zukunft entstehen würden. Dies wurde vom Mann in zweiter Instanz erfolglos mit Beweisrüge bekämpft. Soweit er sich dagegen auch in dritter Instanz wendet, ist dies unzulässig (RS0002192).
[26] 3.3. Zu den mit 81.000 EUR verglichenen Honorarforderungen des ehemaligen Rechtsvertreters der Frau weist der Revisionsrekurs zutreffend auf das unschlüssige Antragsvorbringen der Frau hin:
[27] 3.3.1. Um ihren Anspruch auf den angestrebten Prozesskostenvorschuss für die verglichene Honorarforderung in Höhe von 81.000 EUR schlüssig darzustellen, hätte die Frau darlegen müssen, welche konkreten Honorarforderungen ihres ehemaligen Rechtsvertreters (für welche von ihm erbrachten Vertretungsleistungen) durch die ersten beiden Vorschüsse getilgt wurden und welche Forderungen (für welche Leistungen) bei Vergleichsabschluss daher noch offen aushafteten und dem Vergleich zugrunde lagen. Nur auf Basis eines solchen Vorbringens wäre nämlich überprüfbar, ob jenen Forderungen, für die der weitere Prozesskostenvorschuss begehrt wird, notwendige (also der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienende) Prozesshandlungen zugrunde lagen.
[28] Ein nachvollziehbares Vorbringen, welche Honorarforderungen ihres ehemaligen Vertreters durch die ersten beiden Prozesskostenvorschüsse getilgt wurden und welche Forderungen (für welche Vertretungsleistungen) daher bei Abschluss des Vergleichs noch aushafteten, erstattete die Frau in erster Instanz aber nicht. Zwar behauptete sie, dass bestimmte Forderungen ihres ehemaligen Vertreters (in Höhe von insgesamt 115.989,59 EUR) „in der einstweiligen Verfügung vom 31. 10. 2018 [Anm: mit welcher der zweite Kostenvorschuss zuerkannt wurde] berücksichtigt“ und andere Forderungen (in Höhe von insgesamt 174.638,29 EUR) darin „nicht berücksichtigt und somit nachträglich neu abgerechnet“ worden seien. Zur Frage, welche konkreten Vertretungsleitungen dem Vergleich zugrunde lagen, die nicht bereits durch die ersten beiden Prozesskostenvorschüsse getilgt wurden, ergibt sich daraus aber nichts Konkretes, zumal sich auch die Summe der „in der einstweiligen Verfügung vom 31. 10. 2018 nicht berücksichtigten und daher neu abgerechneten“ (und damit möglicherweise gemeint: vom zweiten Kostenvorschuss nicht gedeckten) Forderungen von 174.638,29 EUR nicht mit jenem Betrag von 122.572,25 EUR deckt, der dem Vergleich nach den Antragsbehauptungen angeblich zugrunde gelegen sei.
[29] Somit kann anhand des Antragsvorbringens aber nicht beurteilt werden, welche Forderungen des ehemaligen Rechtsvertreters der Frau (für welche von diesem vorgenommenen Vertretungshandlungen) bei Vergleichsabschluss bereits durch die ersten beiden Prozesskostenvorschüsse getilgt und welche (anderen) Forderungen ihres Vertreters zu diesem Zeitpunkt noch offen waren und daher dem Vergleichsabschluss zugrunde gelegt wurden. Dies wäre aber Voraussetzung für die notwendige Beurteilung, ob jene Leistungen des ehemaligen Rechtsvertreters der Frau, auf die sich dessen mit einem Betrag von 81.000 EUR verglichene Honorarforderungen bezogen, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Wegen des Ausnahmecharakters des Prozesskostenvorschusses als Sonderbedarf wäre die unterhaltsberechtigte Frau aber für die diesen begründenden Umstände behauptungs- und beweis- (hier: bescheinigungs-)pflichtig gewesen (RS0111406).
[30] 3.3.2. Abgesehen davon, dass solche Behauptungen fehlen, ist das Vorbringen aber auch deshalb unschlüssig geblieben, weil die Frau – trotz Einwendungen des Mannes – nicht darlegte, warum die in diesem Betrag (gegebenenfalls) enthaltenen Forderungen „notwendige“ Verfahrenshandlungen betroffen hätten. Die unsubstanziierte Behauptung, dass einzelnen Honorarforderungen ihres ehemaligen Rechtsvertreters „notwendige“ Vertretungsleistungen zugrunde gelegen seien, ersetzt ein konkretes Vorbringen zu diesen Leistungen nicht (vgl wieder RS0111406).
[31] 3.3.3. Da im Provisorialverfahren keine richterliche Anleitung (gemäß § 182 ZPO) zur Behebung von Inhaltsmängeln eines Sicherungsantrags zu erfolgen hat (RS0005452) und der Mann in erster Instanz auf die dargelegten Unschlüssigkeiten weitestgehend hinwies (vgl RS0122365), müssen die ungenügenden (unklaren) Tatsachenbehauptungen zu den mit einem Betrag von 81.000 EUR verglichenen Kosten des ehemaligen Rechtsvertreters der Frau zu einer (Teil‑)Abweisung ihres Begehrens in diesem Umfang führen (RS0005452 [ua T4, T6, T7]; zur einstweiligen Verfügung nach § 382 Z 8 lit a EO vgl 2 Ob 141/10i). Auf die weiteren diesem (Teil-)Begehren entgegengehaltenen Einwände des Revisionsrekurswerbers ist nicht weiter einzugehen.
[32] 3.4. Da für jene Kostenbeträge, die Gegenstand des Vergleichs der Frau mit ihrem ehemaligen Rechtsvertreter waren, wegen Unschlüssigkeit des diesbezüglichen Vorbringens kein Prozesskostenvorschuss zuzusprechen ist, kann ein solcher auch für die vereinbarte Wertsicherung jenes Betrags nicht zugesprochen werden, zu dessen Zahlung sich die Frau in diesem Vergleich verpflichtet hatte. Der Antrag der Frau ist daher im weiteren Umfang von 6.670 EUR abzuweisen.
4. Ergebnis:
[33] 4.1. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden insoweit bestätigt, als der Frau ein Prozesskostenvorschuss in Höhe von 122.323,49 EUR zuerkannt wurde. Dieser Betrag setzt sich aus einem Vorschuss für folgende – entweder der Höhe nach nicht mehr oder nur mit untauglichen Argumenten bestrittene – Prozesskosten zusammen:
25.000,00 EUR | Zu erwartende Kosten für ein Gutachten im Unterhaltsverfahren |
15.201,90 EUR | Nach Auflösung des Vollmachtsverhältnisses zum ehemaligen Rechtsvertreter im Unterhaltsverfahren angefallene Prozesskosten |
2.703,55 EUR | Angefallene Kosten des Ehescheidungsverfahrens |
1.801,51 EUR | Angefallene Kosten des vom Mann eingeleiteten Oppositionsverfahrens (betreffend die Pflicht zur Rechnungslegung) |
1.735,15 EUR | Im Oppositionsverfahren noch zu erwartende Kosten |
4.214,28 EUR | Angefallene Kosten des Rechnungslegungsverfahrens |
20.516,00 EUR | Angefallene und noch anfallende Kosten im Verfahren über den Prozesskostenvorschuss |
51.151,10 EUR | Weitere in den diversen gegen den Mann geführten Verfahren zu erwartende Kosten |
[34] 4.2. Hingegen wird das Antragsbegehren im Umfang von 87.676,51 EUR abgewiesen. Dieser Betrag setzt sich aus dem angestrebten Prozesskostenvorschuss für den Vergleichsbetrag von 81.000 EUR, der aus dem Vergleich abgeleiteten Wertsicherung von 6.670 EUR sowie aus einem Restbetrag von 6,51 EUR, um den die Vorinstanzen ihren Zuspruch ohne Rechtsgrundlage „aufgerundet“ haben, zusammen.
5. Kostenentscheidung
5.1. Kosten des Revisionsrekursverfahrens:
[35] Nach § 393 Abs 1 EO werden einstweilige Verfügungen grundsätzlich auf Kosten der antragstellenden Partei getroffen, unbeschadet eines ihr zustehenden Anspruchs auf Ersatz dieser Kosten. Dies gilt dann nicht, wenn der Provisorialantrag nicht den im Hauptverfahren geltend gemachten Anspruch sichert, die Kosten des Provisorialverfahrens also keinen Annex zum Hauptanspruch bilden. In diesem Fall ist auch über die Kosten der gefährdeten Partei bereits im Provisorialverfahren abzusprechen (etwa 1 Ob 235/11g; 8 Ob 121/12w; 8 Ob 61/21k [Rz 7; dort zu einem Prozesskostenvorschuss]; vgl auch Obermaier, Kostenhandbuch4 [2024] Rz 1.568). Der hier zugesprochene Prozesskostenvorschuss sichert weder den im zwischen den Parteien anhängigen Scheidungsverfahren geltend gemachten Anspruch auf Ehescheidung (8 Ob 61/21k) noch den im ebenfalls anhängigen Unterhaltsprozess – mit Stufenklage – geltend gemachten Anspruch auf laufenden Unterhalt. Ziel des Prozesskostenvorschusses ist unter anderem die Möglichkeit, Streitfragen unter angemessenen Rahmenbedingungen klären zu können. Der unterhaltsberechtigte Ehegatte muss die Möglichkeit haben, in Verfahren, für die der Prozesskostenvorschuss gewährt werden soll, dem Standpunkt des Gegners mit einem vergleichbaren juristischen Aufwand entgegenzutreten (3 Ob 201/19h [Pkt 5.1.]; 10 Ob 26/21b [Rz 22], jeweils mwN). Die Kosten des Provisorialverfahrens bilden damit aber weder einen Annex zum Scheidungs- und Unterhaltsprozess noch zu jenen Verfahren, deren Führung der Prozesskostenvorschuss (darüber hinaus) sichern soll.
[36] Die Kostenentscheidung im Revisionsrekursverfahren beruht somit auf § 43 Abs 1 ZPO iVm §§ 402, 78 EO. Da der Mann mit rund 42 % obsiegte, hat er der Frau 16 % der Kosten ihrer Rechtsmittelbeantwortung zu ersetzen. Umgekehrt hat sie dem Mann 42 % der Pauschalgebühr für das Revisionsrekursverfahren zu ersetzen, wobei diese gemäß Anm 1a zu TP 3 GGG aber nur zur Hälfte (sohin in Höhe von 4.578 EUR) zu entrichten war.
[37] 5.2. Aufgrund der Abänderung der Beschlüsse der Vorinstanzen ist auch eine neuerliche Entscheidung über die Kosten der ersten und zweiten Instanz erforderlich. Da dafür – insbesondere auch aufgrund der mehreren Rechtsgänge – eingehende Berechnungen notwendig sind, wird zur Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz auf die Rechtsprechung verwiesen, wonach die Kostenentscheidung in diesem Fall der ersten Instanz aufgetragen werden kann (RS0124588 [T13]).
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