European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0130OS00001.25H.0319.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden * E* und * B* jeweils eines Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 2 erster Satz StGB (A I) sowie jeweils mehrerer Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (A II, B* auch C II), der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB (A III, B* auch C III) sowie der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB (A IV), B* zudem des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1) StGB (C I) und * G* des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.
[2] Danach haben
(A) * E* und * B* im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei weiteren Personen als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) am 17. Juli 2023 in G*
I) J* F*, M* F* und * W* mit Gewalt gegen deren Person fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld, Uhren, Schmuck und weitere Wertgegenstände, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, indem sie, nachdem sie durch Aufzwängen eines Fensters in deren Wohnhaus eingestiegen waren, M* F* (US 8), J* F* und W* unter Anwendung nicht unerheblicher physischer Kraft an den Gliedmaßen fesselten, J* F*auch den Mund mit einem Klebeband zuklebten und W* zudem an den Armen packten, sie zu Boden brachten und dort niederdrückten (US 8 f), wobei die Genannten durch die ausgeübte Gewalt schwer verletzt (§ 84 Abs 1 StGB) wurden, indem J* F* einen Bruch des fünften Mittelhandknochens links, sowie – ebenso wie M* F* – eine Anpassungsstörung mit Angst und Teilsymptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung und W* eine Schürfwunde am rechten Knie, ein Hämatom im linken oberen Brustbereich, Rötungen an den Fuß‑ und Handgelenken, einen schweren Schock im Sinn einer akuten Belastungsreaktion verbunden mit einer vorübergehenden Amnesie, sohin eine schwere Gesundheitsbeeinträchtigung infolge einer Traumafolgestörung mit einer assoziierten Gesundheitsschädigung von mehr als 24 Tagen, erlitten,
II) Urkunden, über die sie nicht verfügen durften, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar eine ÖBB‑Vorteilskarte der W*, je den Führerschein, den Personalausweis und die E-Card von J* F* und M* F* sowie einen Zulassungsschein für den PKW des J* F*,
III) unbare Zahlungsmittel, über die sie nicht verfügen durften, mit dem Vorsatz unterdrückt, deren Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, und zwar zwei Kreditkarten und zwei Bankomatkarten des J* F*, ferner
IV) J* F*, M* F* und W* dadurch geschädigt, dass sie fremde bewegliche Sachen aus deren Gewahrsam dauernd entzogen, ohne die Sachen sich oder einem Dritten zuzueignen, und zwar drei Geldbörsen und eine Umhängetasche, weiters
(B) * G* im Frühjahr 2022 in der Schweiz und in Österreich B* mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz (US 13) zu dem zu A I angeführten Raub bestimmt (§ 12 zweiter Fall StGB), indem er B* mitteilte, dass sich im Wohnhaus des J* F* und der M* F* hohe Bargeldbeträge sowie Gold befänden, ihm die Örtlichkeit auf seinem Mobiltelefon und persönlich zeigte und ihn mehrmals zur Tatausführung aufforderte, ferner
(C) B* in der Nacht zum 1. April 2023 in L* im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem Mittäter (§ 12 erster Fall StGB)
I) fremde bewegliche Sachen * L* und * K* mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Einbruch in deren Wohnstätte weggenommen, und zwar 4.500 Euro Bargeld, Kleidungsstücke und weitere Wertgegenstände, indem sie zunächst auf den Balkon kletterten und sodann die Balkontür aufbrachen,
II) Urkunden, über die sie nicht verfügen durften, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar den polnischen Führerschein und den deutschen Personalausweis der K*, sowie
III) ein unbares Zahlungsmittel, über das sie nicht verfügen durften, mit dem Vorsatz unterdrückt, dessen Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, und zwar die Bankomatkarte der K*.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richten sich die von * E* und * G* auf Z 5 und 10, von G* auch auf Z 5a sowie von * B* auf Z 9 lit a jeweils des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten E*:
[4] Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil dann, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS‑Justiz RS0099431).
[5] Mit dem zum Schuldspruch A I erstatteten Vorbringen der Mängelrüge (Z 5), die Konstatierungen zur Gesundheitsschädigung der W* (US 9) seien „aktenwidrig“, weil „das Fazit des Gutachtens nicht vollständig wiedergegeben“ worden sei, wird gerade kein Fehlzitat behauptet (RIS‑Justiz RS0099431 [T15]). Dass aus dem relevierten Beweisergebnis ein anderer als der im Urteil gezogene Schluss abzuleiten gewesen wäre, kann unter dem Aspekt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes nicht geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0099431 [T13]).
[6] Die Subsumtionsrüge (Z 10) bekämpft die rechtliche Unterstellung der vom Schuldspruch A I umfassten Tat nach § 143 Abs 2 erster Satz StGB.
[7] Soweit sie dabei nicht auf der Basis der Gesamtheit der diesbezüglichen Feststellungen des Erstgerichts (US 9 ff) argumentiert, verfehlt sie den (im Urteilssachverhalt gelegenen) Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).
[8] Die weitere Rügekritik versäumt es, aus dem Gesetz abgeleitet darzulegen (siehe aber RIS‑Justiz RS0116565), weshalb ein Bruch des fünften Mittelhandknochens eine Verschiebung erfordern sollte, um als an sich schwere Körperverletzung im Sinn des § 84 Abs 1 StGB zu gelten (siehe hingegen 13 Os 147/88, RIS‑Justiz RS0092410 [T2] und RS0092611 sowie Burgstaller/Schütz in WK2 StGB § 84 Rz 19 und 23 mwN).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B*:
[9] Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Schuldspruch A und C Feststellungen zur subjektiven Tatseite vermisst und den Einwand des substratlosen Gebrauchs der verba legalia erhebt, lässt sie offen, weshalb es den diesbezüglichen Konstatierungen (US 10 ff) am gebotenen Sachverhaltsbezug fehlen (RIS‑Justiz RS0119090 [T3]), es vielmehr zur rechtsrichtigen Beurteilung noch weiterer Konstatierungen bedurft haben sollte (erneut RIS‑Justiz RS0116565).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten G*:
[10] Indem die Mängelrüge (Z 5) und die Tatsachenrüge (Z 5a) aus Ausführungen in der Gegenäußerung zur Anklageschrift (ON 215) – die übrigens kein Beweismittel darstellt (RIS‑Justiz RS0098016 [T1]) – und aus einem Verfahrensergebnis (ON 225.1 S 72) anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Angeklagten günstigere Schlüsse ableiten als das Erstgericht, wenden sie sich nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).
[11] Im Übrigen übergeht dieses Vorbringen die Gesamtheit der diesbezüglichen beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter (US 19 f, siehe aber RIS‑Justiz RS0119370).
[12] Soweit die Subsumtionsrüge (Z 10) ihre Argumentation nicht auf der Basis der Urteilskonstatierungen (US 12 f) entwickelt, verfehlt sie den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (erneut RIS‑Justiz RS0099810).
[13] Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[14] Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
[15] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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