OGH 8Ob19/25i

OGH8Ob19/25i27.2.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Tarmann-Prentner als Vorsitzende sowie die Hofräte MMag. Matzka, Dr. Stefula, Dr. Thunhart und Mag. Dr. Sengstschmid als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M* W*, vertreten durch Dr. Walter Schuhmeister und Mag. Franz Haydn, Rechtsanwälte in Schwechat, gegen die beklagte Partei S* GmbH, *, vertreten durch die Draskovits Unger Rechtsanwälte GmbH in Wien, und die Nebenintervenientinnen auf Seiten der beklagten Partei 1. F*-GmbH, *, vertreten durch Dr. Volker Riepl, Rechtsanwalt in Linz, 2. H* KG, *, und 3. H* P*, beide vertreten durch DDr. Heinz-Dietmar Schimanko, Rechtsanwalt in Wien, wegen 31.627,35 EUR sA, über die ordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse: 29.092,95 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Oktober 2024, GZ 3 R 110/24d‑66.1, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 6. April 2024, GZ 33 Cg 8/23k-56, zum Teil bestätigt und zum Teil abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0080OB00019.25I.0227.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und der ersten Nebenintervenientin binnen 14 Tagen die jeweils mit 2.261,40 EUR (darin 367,90 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger kaufte von der Beklagten eine Wohnung. Laut einem rechtskräftigen Urteil (Vorprozess) haftet die Beklagte dem Kläger für die Sanierungskosten sowie für den normgerechten Einbau der Kunststoffhebeschiebetüre (samt Fixglaselement) in seiner Wohnung.

[2] Nachdem die Reparatur der Türe durch die Beklagte (im Wege der Nebenintervenientinnen) scheiterte, begehrt der Kläger nach § 933a ABGB von ihr als Deckungskapital einen Betrag von 31.627,35 EUR zur Sanierung des Mangels durch einen von ihm geplanten Türentausch.

[3] Das Verfahren ergab, dass ein Austausch der Türe nicht zwingend erforderlich ist, sondern mit einer (viel kostengünstigeren) Reparatur die Mangelfreiheit erreicht werden kann. Nach den Feststellungen würde die Reparatur der Türe bei einer Drittfirma üblicherweise 8.400 EUR kosten. Es steht aber auch fest, dass zwei (von der ersten Nebenintervenientin ausfindig gemachte) Drittfirmen angeboten haben, die Türe um 2.534,40 EUR bzw 2.508 EUR zu reparieren, wobei beide Anbote auf das gegenständliche Verfahren Bezug nehmen und bis drei Monate nach dessen rechtskräftigem Abschluss gültig sind.

[4] Das Berufungsgericht sprach dem Kläger nur den Betrag von 2.534,40 EUR sA zu und begründete dies damit, dass es ihm zumutbar sei, eine der beiden Drittfirmen zu beauftragen; im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, „inwieweit von Beklagtenseite eingeholte Angebote von Drittfirmen den Anspruch des Bestellers auf Deckungskapital vermindern können, wenn die Beklagte ihre eigene Chance auf Verbesserung bereits vergeben hat“.

Rechtliche Beurteilung

[5] Dieser Frage kommt aber keine erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu, weil der Streitfall bereits mit Hilfe vorhandener Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung gelöst werden kann (RS0042656 [T48]) und das Berufungsurteil mit diesen im Einklang steht:

[6] 1. Hat der Übergeber die Verbesserung nicht in angemessener Frist vorgenommen, kann der Übernehmer wegen des Mangels Geldersatz verlangen (§ 933a Abs 2 Satz 3 Fall 2 ABGB). Der Übernehmer hat nach Schadenersatzrecht Anspruch auf Ersatz des Nichterfüllungsschadens, somit auf das Erfüllungsinteresse, das die Kosten der Verbesserung umfasst (RS0018239 [T3, T5]; RS0086353; 8 Ob 9/17g [Pkt 4.2]).

[7] Da die Schadensbehebungskosten nicht unverhältnismäßig sein dürfen, sind nur angemessene Kosten ersatzfähig (1 Ob 77/23i [Rz 43]). Es besteht damit, wenn der Übernehmer das Deckungskapital für die Mängelbehebungskosten fordert, nur ein Anspruch auf Ersatz der objektiv notwendigen Behebungskosten (RS0115060). Der Übernehmer kann – bei Reparaturabsicht (RS0115059; RS0124491) – mit anderen Worten vor Beauftragung eines Fremdunternehmens mit den Verbesserungsarbeiten nur das dafür erforderliche Deckungskapital einfordern (RS0018753 [T6]; RS0086353 [T4]; 8 Ob 144/17k [Pkt 4.]). Er unterliegt hierbei nach der Rechtsprechung einer Schadensminderungspflicht (1 Ob 77/23i [Rz 43]). Deshalb muss er in der Regel die kostengünstigste Sanierungsvariante wählen (8 Ob 72/16w [Pkt 2.3.]).

[8] Die Kosten der Mangelbeseitigung sind für jenen Zeitpunkt zu ermitteln, in dem die Verbesserung nach den Umständen des Einzelfalls frühestens möglich und dem Gewährleistungsberechtigten auch zumutbar ist (Reischauer in Rummel/Lukas, ABGB4 [2018] § 933a Rz 153; idS bereits RS0018728).

[9] Dass es im vorliegenden Fall dem Kläger nicht zumutbar ist, eine der beiden Drittfirmen mit der Reparatur der Türe zu beauftragen, ist nicht ersichtlich; der bloße Umstand, dass diese von der ersten Nebenintervenientin auf Seiten der Beklagten im Zuge des Verfahrens ausfindig gemacht wurden, macht die Beauftragung für den Kläger nicht unzumutbar.

[10] 2. Auch abseits der Zulassungsbegründung des Berufungsgerichts ist keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ersichtlich. Wenn der Kläger in der Revision den Standpunkt vertritt, nur ein Austausch würde den Mangel sicher beheben, und deshalb weiterhin jenen Betrag fordert, den er für den Austausch aufwenden müsste, so scheitert dies an der Feststellung, dass ein Austausch der Türe nicht zwingend erforderlich ist, sondern mit einer (viel kostengünstigeren) Reparatur die Mangelfreiheit erreicht werden kann. Eine behauptete Unrichtigkeit in der Beweiswürdigung kann nicht mit Revision bekämpft werden (RS0069246 [T2]).

[11] 3. Zumal der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO, ob die Revision zulässig ist, nicht gebunden ist (§ 500a Abs 1 ZPO), ist diese hier mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

[12] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte und die erste Nebenintervenientin haben in den Revisionsbeantwortungen auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (RS0035979 [T16]).

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