European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0080OB00144.24W.0227.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Konsumentenschutz und Produkthaftung
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
[1] Der Kläger zeichnete im Mai 2018 aufgrund einer Empfehlung seines Finanzberaters ein von einer GmbH (Emittentin) begebenes Nachrangdarlehen über 20.000 EUR. Die beklagte Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hatte den Verkaufsprospekt als Prospektkontrollorin nach § 8 Abs 2 KMG 1991 (BGBl 1991/625) kontrolliert. Über das Vermögen der Emittentin wurde am 8. 7. 2022 das Insolvenzverfahren eröffnet.
[2] Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung von 20.000 EUR sA, in eventu die Feststellung der Haftung der Beklagten für Schäden aus der Veranlagung. Im Kapitalmarktprospekt bestünden zahlreiche Ungereimtheiten, die der Beklagten als Prospektkontrollorin hätten auffallen müssen. Die Beklagte hätte keinen Kontrollvermerk erteilen dürfen und hafte daher nach § 11 KMG 1991 für die unvollständige Kontrolle. Der Kläger habe das Investment im Vertrauen auf die Prospektangaben getätigt und sich auf die Angaben im Prospekt bzw auf die Angaben seines Beraters verlassen. Ein Kapitalanleger müsse sich grundsätzlich auf die sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit der im Prospekt enthaltenen Angaben verlassen dürfen.
[3] Die Beklagte bestritt und beantragte Klagsabweisung. Sie habe den Prospekt gesetzeskonform und sorgfältig kontrolliert und hafte nicht für die Spekulationsverluste des Klägers, der voll risikobewusst gewesen sei. Im Kapitalmarktprospekt werde mehrfach auf die Möglichkeit eines Totalverlusts hingewiesen. Der Kläger habe die Zeichnung des Nachrangdarlehens auch nicht aufgrund der Prospektangaben durchgeführt, sodass kein Kausalzusammenhang zwischen den Angaben im Kapitalmarktprospekt und dem Anlageentschluss vorliege.
[4] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil dem Kläger der Beweis der Kausalität der Prospektangaben für seine Veranlagung nicht gelungen sei.
[5] Das Berufungsgericht hob das klagsstattgebende Urteil des Erstgerichts auf und trug ihm eine Verfahrensergänzung auf. Es ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zur Frage zu, ob Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Haftung des Abschlussprüfers auf Fälle der Haftung des Prospektkontrollors nach § 11 KMG übertragbar und insbesondere ob der erforderliche Kausalitätszusammenhang bei einer im Vertrauen auf den Kontrollvermerk getroffenen Anlageentscheidung oder einer durch ihn beeinflussten Beratung gegeben sei.
[6] Der Rekurs der Beklagten beantragt die Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts im die Entscheidung des Erstgerichts wiederherstellenden Sinne; hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt. Für einen Kausalzusammenhang zwischen den unrichtigen bzw unvollständigen Prospektangaben und der Veranlagungsentscheidung reiche ein bloßes Vertrauen auf den Kontrollvermerk bzw die Beeinflussung der positiv auf die Veranlagungsentscheidung einwirkenden Beratung durch den Kontrollvermerk nicht aus. Rechtsprechung zur Abschlussprüferhaftung könne nicht auf die Frage der Haftung des Prospektkontrollors übertragen werden.
[7] Der Kläger beantragt, den Rekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[8] Der Rekurs ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nur hinsichtlich der Begründung des Aufhebungsbeschlusses auch berechtigt.
[9] 1. Unstrittig ist, dass sich eine allfällige Haftung der Beklagten aus der Anspruchsgrundlage der fehlerhaften Prospektkontrolle wegen des im November 2015 (bzw Februar 2018) erteilten Kontrollvermerks und der im Mai 2018 erfolgten Veranlagung des Klägers nach dem KMG 1991 richtet (RS0008715).
[10] 2. Zu den sich hier wie auch in zahlreichen gleichgelagerten Parallelverfahren hierzu stellenden Rechtsfragen liegt umfangreiche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor. Der Senat hat diese Rechtslage unlängst wie folgt zusammengefasst (8 Ob 130/24m):
[11] 2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bestehen Prospekthaftungsansprüche, wenn ein Anleger durch falsche, unvollständige oder irreführende Prospektangaben zur Zeichnung einer Kapitalanlage bewogen wird. Es handelt sich dabei um eine typisierte Vertrauenshaftung aus Verschulden bei Vertragsabschluss. Der Prospekt bildet im Regelfall die Grundlage für den wirtschaftlich bedeutsamen und mit Risiken verbundenen Beteiligungsentschluss. Aus diesem Grund muss sich der potenzielle Kapitalanleger grundsätzlich auf die sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit der im Prospekt enthaltenen Angaben verlassen dürfen (RS0107352). An diesem Zweck orientieren sich auch Inhalt und Umfang der in § 8 Abs 2 KMG 1991 (in den maßgeblichen Fassungen BGBl I 2013/184 bzw BGBl I 2017/149) geregelten Prüfpflicht: Der Prospektkontrollor hat den Prospekt auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit zu kontrollieren und bei deren Vorliegen mit der Beifügung „als Prospektkontrollor“ zu unterfertigen, was die unwiderlegliche Vermutung begründet, dass er den Prospekt kontrolliert und für richtig und vollständig befunden hat; er haftet gemäß § 11 KMG (in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 2012/83) aber gerade nicht für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts, sondern nur für dessen unrichtige oder unvollständige Kontrolle (RS0107352 [T5, T15]; 10 Ob 35/24f Rz 10 mwN).
[12] 2.2. Die für eine solche Haftung notwendige Kausalität wird von der Rechtsprechung bejaht, wenn sich der Anleger im Vertrauen auf den ihm bekannten Prospekt zum Kauf entschließt, wenn also unrichtige, unvollständige oder irreführende Angaben des Prospekts, welcher unrichtig oder unvollständig kontrolliert wurde, tatsächlich zur Grundlage seiner schadensauslösenden Disposition gemacht wurden; maßgeblicher Zeitpunkt für diesen Ursachenzusammenhang ist der des Vertragsabschlusses in Ansehung der konkreten Anlageentscheidung (vgl RS0108626).
[13] 2.3. Den Kausalzusammenhang zwischen der Sorgfaltsverletzung und dem Schaden hat – wie nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen auch – der Geschädigte zu behaupten und zu beweisen (vgl RS0108626 [T4, T7]; 10 Ob 35/24f Rz 18 mwN). In der zuletzt genannten Entscheidung wurde zur Prospekthaftung erwogen, eine durch den Berater vermittelte (mittelbare bzw indirekte) Kenntnis (wie sie zur Haftung des Abschlussprüfers anerkannt ist: vgl 4 Ob 145/21h Rz 31) als ausreichend anzusehen; auch bei Bestätigungsvermerken müsse das Vertrauen zwar nicht durch die Kenntnis des konkreten Vermerks geschaffen werden, sondern es wäre auch denkbar, dass die auf die Anlageentscheidung positiv einwirkende Beratung von erteilten Vermerken beeinflusst war, jedoch nur wenn statt des Anlegers der Berater diese gekannt oder sonst von deren Erteilung erfahren hat (vgl RS0108627 [T2]). Ein Rückgriff auf Grundsätze des Anscheinsbeweises in der Frage des Kausalitätszusammenhangs zwischen mangelhaften Prospekt‑angaben und dem Anlageentschluss eines Anlegers (wie er sich bei der Ansicht ergäbe, dass bereits ein am Markt vorhandener fehlerhafter Prospekt zu einer – hypothetischen – „Anlagestimmung“ führen und derart anstelle eines Beweises der konkreten Gründe für die Anlageentscheidung ein prima facie-Beweis zu Gunsten des Anlegers im Sinn einer anzunehmenden Beeinflussung genügen würde) wird dagegen von der ständigen Rechtsprechung abgelehnt (RS0108627; 10 Ob 69/11m; vgl 8 Ob 93/14f Pkt 2.3), was umso mehr für die Haftung aufgrund unrichtiger bzw unvollständiger Kontrolle des Prospekts gilt (4 Ob 119/24i Rz 18; 5 Ob 118/24z Rz 14; 7 Ob 164/24d; 7 Ob 165/24a).
[14] 2.4. Zur Beurteilung solcher Prospekthaftungsansprüche bedarf es – auf der Grundlage ausreichender und konkreter Parteienbehauptungen – der Feststellung einer hinreichend klaren und widerspruchsfreien Tatsachengrundlage, nach welcher die Frage beantwortet werden kann, ob sich der Anleger im Vertrauen auf den Prospekt zum Kauf entschloss; dasselbe gälte im Übrigen auch für die Frage, ob gegebenenfalls eine letztlich zur Zeichnung führende Kaufempfehlung eines Beraters auf die Angaben des Prospekts sowie den Kontrollvermerk oder bloß auf andere Quellen gegründet gewesen wäre.
[15] 3. Das Berufungsgericht verneinte vom Kläger in seiner Berufung gerügte Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens.
[16] 4.1. Es vertrat weiters die Ansicht, der Kläger habe ausreichendes Vorbringen erstattet, dass er sich auf die Angaben seines Beraters verlassen habe, der mitgeteilt habe, dass der Prospekt von der Beklagten als Wirtschaftsprüferin kontrolliert worden sei und diese einen entsprechend positiven Bestätigungsvermerk erteilt habe. Wäre ein solcher Bestätigungsvermerk nicht vorgelegen, so hätte der Kläger die gegenständliche Veranlagung nicht gezeichnet. Zwar sei festgestellt, dass der Berater im Zuge eines der Beratungsgespräche gegenüber dem Kläger erwähnt habe, dass der Kapitalmarktprospekt als solcher geprüft worden sei. Sowohl dem Berater als auch dem Kläger sei die Existenz des von der Beklagten erstellten Kontrollvermerks somit bekannt gewesen. Unter Anwendung der zur Haftung des Abschlussprüfers für den von ihm ausgestellten Bestätigungsvermerk entwickelten Judikatur fehle es jedoch an einer Feststellung dazu, ob dies die Anlageentscheidung des Klägers tatsächlich beeinflusst habe; Voraussetzung dafür, dass die Prospektangaben Grundlage der Disposition des Klägers gewesen sein könnte, sei aber jedenfalls, dass die Beratung des Anlageberaters überhaupt vom erteilten Kontrollvermerk beeinflusst gewesen oder dieser vom Anlageberater als Verkaufsargument verwendet worden sei und sich dies wiederum auf die Anlageentscheidung positiv ausgewirkt habe. Diese Feststellungen seien im fortgesetzten Verfahren nachzutragen.
[17] 4.2. Zwar ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, einem Auftrag des Gerichts zweiter Instanz zur Verfahrensergänzung entgegenzutreten, wenn dieses der Ansicht ist, dass der Sachverhalt in der von ihm dargelegten Richtung noch nicht genügend geklärt ist (RS0042179; RS0043414). Das setzt aber voraus, dass die dem Aufhebungsbeschluss zugrunde liegende Rechtsansicht nicht zu beanstanden ist und das Berufungsgericht nicht irrtümlich einen sekundären Feststellungsmangel angenommen hat (RS0042179 [T14, T17, T21, T22, T24]).
[18] Im Anlassfall vertrat das Berufungsgericht die Rechtsansicht, dass weitere Feststellungen erforderlich seien. Es ging dabei von einer unvollständigen Sachverhaltsfeststellung als Folge unrichtiger rechtlicher Beurteilung, somit von einem sekundärem Verfahrensmangel aus, wonach das Erstgericht keine ausreichenden Feststellungen zu einer Anspruchsgrundlage getroffen habe.
[19] Ein sekundärer Verfahrensmangel ist der Rechtsrüge zuzuordnen, seine Beurteilung ist Teil der rechtlichen Beurteilung (RS0042319). Die eine Aufhebung tragende Rechtsansicht kann per definitionem nur dann richtig sein, wenn nicht alle für die Beurteilung des Sachverhalts erforderlichen Feststellungen vorliegen, wenn sie also nicht getroffen oder vom Berufungsgericht wegen eines primären Verfahrensmangels des Erstgerichts nicht übernommen wurden; der obige Rechtssatz bezieht sich damit nicht auf die Frage, ob weitere Feststellungen erforderlich sind (2 Ob 193/23f Rz 22 f mwN).
[20] 4.3. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts bedarf es der von ihm vermissten Feststellungen gar nicht. § 11 Abs 1 KMG 1991 verlangt, dass dem Anleger im Vertrauen auf die Prospektangaben oder die sonstigen verpflichtenden Angaben, die für die Beurteilung der Veranlagung erheblich sind, ein Schaden entstanden ist. Dementsprechend setzt die Haftung des Prospektkontrollors nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass der Anleger „unrichtige, unvollständige oder irreführende Prospektangaben“ zur Grundlage seiner Disposition gemacht hat (RS0107352; RS0108624; RS0108626). Das ist hier aber nicht der Fall. Der Kontrollvermerk bedeutet nach § 8 Abs 2 KMG 1991 nämlich bloß, dass der Kontrollor den Prospekt kontrolliert und für richtig und vollständig befunden hat, und ist deshalb – nachdem der Beklagte den Prospekt tatsächlich kontrolliert und für richtig und vollständig befunden hat – als solcher weder unrichtig noch irreführend.
[21] Das Berufungsgericht stützt seine Rechtsansicht, wonach auch das Vertrauen auf einen zu Unrecht erteilten Kontrollvermerk Schadenersatzansprüche begründen könne, auf die Rechtsprechung zum Abschlussprüfer, die eine Haftung schon dann bejaht, wenn ein Anleger im Vertrauen auf die Verlässlichkeit eines unrichtig erteilten Bestätigungsvermerks disponiert und dadurch einen Schaden erleidet (RS0116077; RS0129123). Diese Rechtsprechung erklärt sich aus dem Umstand, dass ein ohne Einschränkung erteilter Bestätigungsvermerk Anlegern das Bild eines formal makellos organisierten und dokumentierten Unternehmens vermittelt, dessen Jahresabschluss für richtig und vollständig befunden wurden, sodass sie darauf vertrauen dürfen, dass der Sicherheit ihrer Investition wenigstens in dieser Hinsicht keine Gefahr droht (RS0130435). Demgegenüber sagt der Kontrollvermerk im Prospekt nichts über die Qualität einer Veranlagung aus, sodass der Kontrollvermerk für sich genommen dem Anleger auch nicht bei der Prüfung der Frage helfen kann, ob er in dieses Wertpapier investieren soll oder nicht (Kalss/Oppitz/Zollner,Kapitalmarktrecht2 § 12 Rz 81). In der Literatur wurde deshalb bereits darauf hingewiesen, dass der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers aufgrund der besonderen Signalfunktion der darin enthaltenen Informationen nicht mit dem Kontrollvermerk des Prospektkontrollors vergleichbar ist, sodass sich auch die dazu ergangene Rechtsprechung nicht auf die Prospekthaftung übertragen lässt (Schopper, Keine Prospekthaftung ohne Vertrauen auf Prospektangaben, VbR 2014/127, 203; Kalss/Oppitz/Zollner,Kapitalmarktrecht2 § 12 Rz 81 f; Zivny, Kapitalmarktgesetz2 § 11 Rz 62 sowie Zivny/Mock, EU‑ProspektVO/KMG 20193 § 22 KMG Rz 72).
[22] 4.4. Aufgrund eines rechtswidrigen Verhaltens ist nur für jene verursachten Schäden zu haften, welche die übertretene Verhaltensnorm nach ihrem Schutzzweck gerade verhindern soll (RS0027553; RS0022933; RS0031143). Die Prüfung durch den Prospektkontrollor soll nach § 8 Abs 2 KMG 1991 sicherstellen, dass die im Prospekt enthaltenen Angaben zur Veranlagung richtig und vollständig sind, sodass ein Anleger seine Investitionsentscheidung danach ausrichten kann. Ein Verlust, den ein Anleger erleidet, der gar nicht auf die im Prospekt enthaltenen Angaben zur Veranlagung vertraut hat, ist damit nicht vom Schutzzweck des § 8 KMG 1991 erfasst. Daraus ergibt sich, dass nur ein Vertrauen auf die im Prospekt enthaltenen Angaben zur Veranlagung, nicht aber ein Vertrauen auf den Kontrollvermerk eine Haftung des Prospektkontrollors nach § 11 Abs 1 KMG 1991 begründen kann.
[23] 4.5. Der vom Berufungsgericht angenommene Feststellungsmangel liegt damit nicht vor und vermag die Aufhebung des erstgerichtlichen Urteils nicht zu tragen.
[24] 5.1. Allerdings hat das Berufungsgericht auch der Beweisrüge des Klägers teilweise Folge gegeben, einzelne Feststellungen des Erstgerichts als nicht hinreichend präzise nicht übernommen und die Beweiswürdigung des Erstgerichts zu diesen Feststellungen als ungenügend erachtet; auch hierauf stützte das Berufungsgericht die Aufhebung und trug dem Erstgericht auf, Feststellungen und Beweiswürdigung neu zu fassen. Konkret betraf dies die Konstatierungen, wonach nicht festgestellt werden konnte, ob der Kläger Informationen, die im Prospekt enthalten waren, seiner Anlageentscheidung zugrunde legte; dass der Berater und der Kläger im Rahmen des Beratungsgesprächs den Prospekt und seine Inhalte, insbesondere die vom Kläger als unrichtig oder unvollständig bezeichneten Stellen, konkret besprachen; und ob der Kläger von der Zeichnung der klagsgegenständlichen Veranlagung Abstand genommen hätte, wenn er diese Informationen erhalten hätte.
[25] 5.2. Soweit das Berufungsgericht das Verfahren für ergänzungsbedürftig und getroffene entscheidungswesentliche Feststellungen für nicht hinreichend begründet hält, kann der Oberste Gerichtshof als reine Rechtsinstanz (vgl RS0123663) einem solchen – in den, den Tatsacheninstanzen vorbehaltenen, Bereich der Beweiswürdigung fallenden (vgl 6 Ob 177/15w; 1 Ob 35/18f) – Auftrag nicht entgegentreten (vgl RS0043414).
[26] 5.3. Bereits das Berufungsgericht hat darauf hingewiesen, dass es dem pflichtgemäßen Ermessen des Erstgerichts überlassen bleibt, ob es das Verfahren insofern als ergänzungsbedürftig erachtet oder sogleich zur neuerlichen Urteilsschöpfung schreitet (vgl RS0117140).
[27] 5.4. Die oben zu Pkt 4 erörterten Fragen sind jedoch als abschließend erledigte Streitpunkte anzusehen (RS0042031), sodass es hierzu keiner weiteren Feststellungen bedarf.
[28] 5.5. Sollte allerdings aufgrund der insofern und auch unter Beachtung der oben in Pkt 2 dargelegten Anforderungen der Rechtsprechung zu verbreiternden Tatsachengrundlage (vgl nochmals 8 Ob 130/24m) die Kausalität des Prospekts als Grundlage der schadensauslösenden Disposition des Klägers nicht von vornherein zu verneinen sein, wären – wie das Berufungsgericht ebenfalls bereits dargelegt hat – im Rahmen der Prozessbehauptungen der Parteien auch Feststellungen zu treffen, ob und in welcher Weise der Beklagten konkret eine Verletzung der sie treffenden Kontrollorspflichten anzulasten wäre, um auch in diesem Lichte sodann beurteilen zu können, ob und in welcher Weise eine solche Pflichtverletzung tatsächlich aufgrund des darauf gegründeten Vertrauens zur Veranlagung geführt hat.
[29] 6. Ein vom Berufungsgericht unter Rechtskraftvorbehalt gefällter Aufhebungsbeschluss kann auch nur hinsichtlich seiner Begründung bekämpft werden (RS0043848). Der Rekurs der Beklagten ist dahin berechtigt, dass das bloße Vertrauen auf den Kontrollvermerk keine Haftung begründen kann, sodass dazu keine Feststellungen getroffen werden müssen. Wohl aber muss das Erstgericht Feststellungen dazu treffen, ob die Anlageentscheidung des Klägers aufden sonstigen im Kapitalmarktprospekt enthaltenen Angaben beruhte. Da sich somit an der Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils nichts ändert, kann der Spruch nur dahin lauten, dass dem Rekurs nicht Folge gegeben wird (RS0007094 [T7]; RS0043848 [T2]; Musger in Fasching/Konecny 3 § 519 ZPO Rz 99).
[30] 7. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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