European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0140OS00132.24D.0225.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Suchtgiftdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht Wien zu.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – * L* jeweils eines Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz, Abs 2 SMG (I) und nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (II/B) sowie des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (II/A) sowie eines Vergehens der Entziehung von Energie nach § 132 Abs 1 und 2 erster Fall StGB (III) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er
I/ zwischen Oktober 2023 und dem 4. Juni 2024 in O* im bewussten und gewollten Zusammenwirken (§ 12 erster Fall StGB) mit dem zugleich rechtskräftig verurteilten * B* (nach der zu II/A/ beschriebenen Ernte [US 7]) Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung von Suchtgift in einer das 15‑Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz angebaut, dass dieses in Verkehr gesetzt werde, indem die beiden eine Cannabisindoorplantage betrieben und dort 900 Cannabispflanzen zur Gewinnung von Cannabiskraut (mit einem Wirkstoffgehalt von 0,75 % Delta‑9‑THC und 9,71 % THCA) ansetzten und bis zur Blüte am 4. Juni 2024 aufzogen;
II/ vorschriftswidrig Suchtgift,
A/ in einer das 25‑Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge erzeugt, und zwar zwischen Oktober 2023 und dem 4. Juni 2024 im bewussten und gewollten Zusammenwirken (§ 12 erster Fall StGB) mit B* mehr als 16 Kilogramm Cannabiskraut (Reinsubstanz: 92 Gramm Delta-9-THC und 1.205 Gramm THCA), indem sie dieses in der zu I/ genannten Plantage angebaute Cannabiskraut abernteten;
B/ bis zum 4. Juni 2024 in W* in einer das 15‑Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz erworben und besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, und zwar „1.169,2 Gramm Kokain“ (Reinsubstanz: 144,1 Gramm Cocain) und „793 Gramm Cannabisharz“ (Reinsubstanz: 39,8 Gramm Delta-9-THC und 522 Gramm THCA);
III/ vom 1. Dezember 2023 bis zum 3. Juni 2024 in O* mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz dadurch, dass er eine Stromleitung (ohne Zählervorrichtung) anzapfte, elektrische Energie aus einer Anlage, die deren Zuführung dient, im 5.000 Euro übersteigenden Wert von 44.439,27 Euro entzogen.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen aus den Gründen der Z 5, 9 lit a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten L* ist nicht im Recht.
[4] Die zu Punkt II/B des Schuldspruchs Unvollständigkeit (nominell Z 5 zweiter Fall) reklamierende Mängelrüge spricht keine entscheidende Tatsache an, die allein den gesetzlichen Bezugspunkt des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes bildet (RIS‑Justiz RS0117499).
[5] Das Erstgericht stellte insoweit nämlich (in objektiver und subjektiver Hinsicht hinreichend deutlich) fest, dass der Beschwerdeführer bis zum 4. Juni 2024 nicht nur 1.169,2 Gramm Kokain und 793 Gramm Cannabisharz, sondern darüber hinaus auch mehr als 16 Kilogramm Cannabiskraut (Reinsubstanz: 92,3 Gramm Delta-9-THC und 1.205 Gramm THCA) mit Inverkehrsetzungsvorsatz besessen habe (US 6, 10 und 13 f). Damit enthält das Urteil – ungeachtet des Umstandes, dass diese Suchtgiftmenge im Referat der entscheidenden Tatsachen im Urteilstenor (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) zu II/B/ nicht angeführt wurde – jedenfalls eine ausreichende Sachverhaltsgrundlage für den kritisierten Schuldspruch (zu echter Konkurrenz von § 28a Abs 1 erster Fall SMG und in weiterer Folge in Bezug auf dasselbe Suchtgift verwirklichtem § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG vgl RIS‑Justiz RS0119509; 15 Os 71/18g), weshalb die Einwände mangelhafter Begründung der Feststellungen zu Besitz und Reinheitsgehalt des übrigen am 4. Juni 2024 sichergestellten Suchtgiftes (Kokain und Cannabisharz) keinen Einfluss auf die Schuld- oder die Subsumtionsfrage haben.
[6] Entgegen der weiteren Mängelrüge hat das Erstgericht die in diesem Zusammenhang getroffenen Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 8) nicht offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall). Denn ihre Ableitung aus den äußeren Umständen der Tat, konkret aus der „enormen Menge“ sichergestellten Suchtgiftes (US 14), begegnet unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit keinen Bedenken (RIS‑Justiz RS0098671).
[7] Die zu Punkt III/ ausgeführte Mängelrüge vernachlässigt mit dem Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) die gebotene Bezugnahme auf die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (vgl aber RIS-Justiz RS0119370). Die dazu getroffene Feststellung, der Beschwerdeführer (selbst) habe Energie entzogen (US 7), stützt das Erstgericht nämlich nicht – wie behauptet – ausschließlich auf die „nachvollziehbaren Berechnungen“ des dadurch geschädigten Energieanbieters (ON 101.3). Sie ergibt sich vielmehr bei vernetzter Betrachtung aus den weiteren Urteilsannahmen, der Beschwerdeführer habe die gegenständliche Cannabisplantage nicht nur gemeinsam mit dem Mitangeklagten betrieben, sondern diese vielmehr schon vor dessen Beteiligung selbst (mit unbekannten Helfern) eingerichtet, weshalb er wegen des zu erwartenden großen Bedarfs an Strom diesen widerrechtlich angezapft habe (US 6 iVm US 10, 12 und 13).
[8] Da die Tatrichter die Verantwortung des Beschwerdeführers im insoweit leugnenden Umfang mit mängelfreier Begründung als unglaubhaft verwarfen (US 11 und 12 f), stellt es auch keine Unvollständigkeit dar, dass sie sich mit seiner Aussage zu diesem Vorwurf nicht näher auseinandersetzten (RIS‑Justiz RS0098642 [T1]; vgl auch RS0098778).
[9] Die Feststellung des Wertes der entzogenen Energie stützte sich gerade auf die erwähnte Berechnung des Energieanbieters (US 13 f), weshalb der auch insoweit erhobene Vorwurf der Unvollständigkeit zufolge unterbliebener Erörterung von Einzelheiten dieser Aufstellung – nicht zuletzt wegen des Gebots zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) – ins Leere geht. Unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) begegnet die Ableitung der bekämpften Feststellung aus dieser, teilweise als „Schätzung“ bezeichneten Berechnung keinen Bedenken (zum Begründungsmaßstab vgl RIS‑Justiz RS0118317).
[10] Die Kritik der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu Punkt III/ legt nicht dar, weshalb die zur subjektiven Tatseite getroffene Feststellung, der Beschwerdeführer habe durch die inkriminierte Handlung „widerrechtlich Energie in einem EUR 5.000,-- weit übersteigenden Wert von EUR 44.439,27 entziehen und sich dadurch unrechtmäßig bereichern“ wollen (US 7), den Schuldspruch nicht trage und welche weiteren Konstatierungen dafür konkret erforderlich gewesen wären (RIS‑Justiz RS0099620). Insbesondere wird nicht klar, weshalb diese Formulierung eine vom Vorsatz umfasste – von der Rüge indes nicht deutlich und bestimmt als Erfordernis behauptete – Schädigung des Energieanbieters nicht ohnehin zum Ausdruck bringe (vgl Rebisant in WK2 § 132 Rz 30 und 32; Hajszan, SbgK § 132 Rz 5).
[11] Die Subsumtionsrüge (Z 10) vermisst zu Punkt I/ des Schuldspruchs die Feststellung, „welche konkrete Suchtgiftmenge“ durch den inkriminierten Anbau „hergestellt werden sollte“. Sie legt indes nicht dar, warum die ohnehin getroffene Konstatierung des Zwecks „der Gewinnung einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge“ Suchtgift im Zusammenhalt mit dem festgestellten Anbau von 900 Cannabispflanzen, der weiteren Urteilsannahme zum „gerichtsnotorischen Ertrag von zumindest 20 Gramm Cannabiskraut pro angebauter Cannabispflanze“, woraus sich ein „ein Gesamtertrag von 18.000 Gramm“ ergebe, bei zugleich konstatiertem Reinheitsgehalt von 0,75 % Delta-9-THC und 9,71 % THCA (US 7 und 13) keine ausreichende Grundlage der bekämpften Subsumtion (§ 28 Abs 2 SMG) darstelle.
[12] Entgegen der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) hat das Erstgericht die „vom Gesetzgeber vorgegebenen und hier auch angezogenen Strafdrohungen“ (insbesondere wegen Suchtgifthandels) nicht zusätzlich im Rahmen der Strafbemessung erschwerend gewertet, sondern zulässig spezial- und generalpräventive Erfordernisse als Argument gegen eine Reduzierung der als schuldangemessen erachteten Strafe angeführt (US 18 f; vgl RIS‑Justiz RS0090592 [T1]; zum Ganzen Riffel in WK2 StGB § 32 Rz 23 ff).
[13] Weshalb die aggravierende Berücksichtigung des Handelns „aus reiner Gewinnsucht“ (US 17) gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 erster Fall StGB) verstoße, wird mit dem bloßen Hinweis auf eine zu § 12 SGG in der Qualifikation gewerbsmäßiger Tatbegehung ergangene Entscheidung (RIS‑Justiz RS0088028 [T4]) nicht deutlich und bestimmt vorgebracht (vgl im Übrigen RIS‑Justiz RS0106649).
[14] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[15] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
[16] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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