European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0020OB00118.24B.0910.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Erbrecht und Verlassenschaftsverfahren
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Der Kläger macht Pflichtteilsansprüche gegen die Beklagte als Alleinerbin des im Jahr 2022 in Ungarn verstorbenen Erblassers geltend. Das Nachlassverfahren in Ungarn wurde bereits abgeschlossen.
[2] Die Vorinstanzen wiesen die Klage übereinstimmend wegen internationaler Unzuständigkeit nach Art 4 EuErbVO zurück.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers, der das Vorliegen erheblicher Rechtsfragen nicht aufzeigt:
[4] 1. Für die österreichische internationale Zuständigkeit in Verlassenschaftssachen ist seit ihrem Inkrafttreten am 17. 8. 2015 die EuErbVO maßgeblich. Diese hat ein für die Mitgliedstaaten zwingendes Zuständigkeitsregime ausschließlicher Zuständigkeiten geschaffen. Ihr Anwendungsbereich erstreckt sich nach ihrem Art 1 und ErwGr 9 auf alle zivilrechtlichen Aspekte der Rechtsnachfolge von Todes wegen. Diese Zuständigkeits-konzentration gilt für streitige und nicht streitige Erbverfahren (2 Ob 59/18t Punkt 1. mwN). Vor diesem Hintergrund hat der Senat bereits ausgesprochen, dass (streitige) Klagen auf Zahlung des Fehlbetrags gegen den Geschenknehmer nach § 789 ABGB (2 Nc 32/23p) oder Zahlung eines (Geld‑)Vermächtnisses (2 Nc 36/22z), aber auch Erbschaftsklagen (2 Nc 16/24m) dem Zuständigkeitsregime der EuErbVO unterfallen. Das gilt – worauf bereits ErwGr 47 und Art 23 Abs 2 lit h EuErbVO deutlich hinweisen – auch für die hier zu beurteilende Pflichtteilsklage (so bereits 2 Ob 150/21d Rz 15; vgl auch Simotta in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze3 I § 77 JN Rz 34 mwN).
[5] 2. Für die vorliegende Pflichtteilsklage sind damit nach Art 4 EuErbVO die ungarischen Gerichte zuständig. Dass das dortige Nachlassverfahren bereits beendet ist, ändert daran nichts, weil sich der EuErbVO kein Anhaltspunkt dafür entnehmen lässt, dass das dort normierte Zuständigkeitsregime nur zeitlich beschränkt – nämlich für die Dauer eines anhängigen (außerstreitigen) Nachlassverfahrens – zur Anwendung käme. Eine solche zeitliche Beschränkung stünde auch im Widerspruch zu den Zielen der Vermeidung einer Nachlassspaltung und der Schaffung einer einheitlichen Regelung für Erbfälle mit grenzüberschreitendem Bezug (EuGH 21. 6. 2018, Rs C‑20/17 , Oberle, Rn 56). Wegen Fehlens jedes Auslegungszweifels („acte clair“) war die Anregung auf Vorlage nach Art 267 AEUV nicht aufzugreifen (RS0082949).
[6] 3. Insgesamt war der außerordentliche Revisionsrekurs damit zurückzuweisen.
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