Spruch:
Das Gesetz kennt keine Verwirkung des Unterhaltsanspruches der Kinder.
Entscheidung vom 8. Mai 1963, 1 Ob 75/63.
I. Instanz: Bezirksgericht Mödling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Erika K. ist die eheliche Mutter der mj. Hannelore N., geboren 2. Dezember 1942, und des mj. Peter N., geboren 31. Jänner 1944. Der eheliche Vater ist gestorben. Die Mutter lebt in V., die beiden Kinder bei der mütterlichen Großmutter in M. Vormund der Kinder ist F. M. Das Erstgericht bemaß mit Beschluß vom 14. Dezember 1962 den von der Mutter zu leistenden Unterhalt.
Das Rekursgericht änderte die Unterhaltsbeträge ab.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Mutter nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Revisionsrekurs der Mutter ist nur insoweit zulässig, als er sich mit dem Grund des Unterhaltsanspruches beschäftigt, aber nach § 14 (2) AußStrG. unzulässig, soweit er die Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes durch die zweite Instanz bekämpft.
In ihrem Rekurs gegen die Entscheidung der ersten Instanz hat sie vorgebracht, daß auch zu berücksichtigen sei, daß sich beide Kinder in einmalig feindseliger Weise gegen ihre Mutter benommen haben. Erst im Revisionsrekurs wird Verwirkung behauptet und ausgeführt, daß eine Unterhaltspflicht der Mutter nicht bestehe, wenn die unterhaltsberechtigten Kinder ohne den Willen der Unterhaltsverpflichteten bzw. ohne genügenden Grund außer Haus leben.
Zur Frage der "Verwirkung" des Unterhaltsanspruches der Kinder kann auf die übereinstimmende Lehre und Rechtsprechung (Ehrenzweig, System[2] II/2 S. 241 f., Bartsch in Klang[1] I/1 S. 854, Wentzel - Pleßl in Klang[2] I/2 S. 193, SZ. XIX 276, 153 und 125, XVII 62, XV 160, IX 129, GlUNF. 4538 u. a.) verwiesen werden, wonach eine Beschränkung des gesetzlichen Unterhaltsanspruches des Kindes auf das Maß des notdürftigen Unterhalts eintritt, wenn das Kind eine Handlung begeht, die die Entziehung des Pflichtteils rechtfertigt (§§ 786 ff. und § 795 ABGB.). Eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs des Kindes kennt das Gesetz überhaupt nicht.
Zum weiteren Vorbringen im Revisionsrekurs, die Kinder hätten den Unterhalt verwirkt, weil sie ohne bzw. gegen den Willen der Mutter nicht bei ihr gewohnt haben, kann auf das eben Gesagte verwiesen werden. Überdies ist dieses Vorbringen aktenwidrig.
Das übrige Vorbringen im Revisionsrekurs betrifft nur Fragen der Unterhaltsbemessung, wozu im Sinne des erwähnten Judikats 60 neu auch die Beurteilung der Bedürfnisse der Unterhaltsberechtigten, die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten und auch die Frage gehört, ob und wieweit Selbsterhaltungsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten vorliegt. Diesbezüglich ist der Revisionsrekurs nach § 14 (2) AußStrG. unzulässig.
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