Normen
Vierte Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §14
Vierte Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §14
Spruch:
Zur Auslegung des § 14 Abs. 1 der 4. DVzEheG.
Entscheidung vom 1. Dezember 1954, 3 N 25/54.
Text
Das Bezirksgericht Hietzing (früher Abteilung Purkersdorf) hat für die mj. deutsche Staatsangehörige Haide W., wohnhaft in Bonn am Rhein, ein von der Durchführung der Verlassenschaftssachen A 353/50 und A 43/51 angesondertes Kuratelsverfahren geführt. In der Verlassenschaftssache nach dem am 16. November 1950 gestorbenen Dr. Walter W. wurde ein Erbteilungsübereinkommen geschlossen, das vom genannten Gericht mit Punkt 4 des in Rechtskraft erwachsenen Beschlusses vom 27. März 1951 für die mj. Erbin Haide W. mit Bezugnahme auf § 27 AußstrG. kuratelsbehördlich genehmigt wurde. Mit dem Erbteilungsübereinkommen, bei dessen Abschluß die mj. Haide W. durch eine besondere Sachwalterin vertreten war, wurde die Ablöse des der Minderjährigen durch gesetzliche Erbfolge angefallenen Kommanditanteiles der Firma T. & Co. Kg. gegen einen Bargeldbetrag vereinbart.
In der Verlassenschaftssache nach dem am 20. Jänner 1951 verstorbenen Jakob W. wurde ebenfalls ein Erbteilungsübereinkommen geschlossen, mit dem die Ablöse des der Minderjährigen durch gesetzliche Erbfolge angefallenen weiteren Kommanditanteiles der oben genannten Firma gegen einen Bargeldbetrag vereinbart wurde. Dieses Erbteilungsübereinkommen wurde mit Punkt 3 des genannten Gerichtes vom 27. März 1951 für die mj. Erbin Haide W. kuratelsbehördlich genehmigt.
Auf Antrag des Bundesministeriums für Justiz hat der Oberste Gerichtshof gemäß § 42 Abs. 2 JN. die Nichtigkeit der beiden Beschlüsse über die kuratelsbehördliche Genehmigung des Erbteilungsübereinkommens ausgesprochen.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Dem Bezirksgericht Hietzing wäre eine Kuratelsgerichtsbarkeit über die Minderjährige gemäß § 14 Abs. 1 der 4. DVzEheG. nur zugestanden, wenn sie nach den Gesetzen ihres Heimatstaates der Fürsorge bedurft und dieser Heimatstaat die Fürsorge nicht übernommen hätte. Ein solches Fürsorgebedürfnis bestand aber nach den deutschen Gesetzen nicht, weil nach § 1684 I 1 BGB. die elterliche Gewalt, die zunächst dem ehelichen Vater gemäß § 1627 BGB. allein zustand und die gemäß § 1630 auch die Vertretung der Person der Minderjährigen umfaßt, nach dem Ableben des Vaters auf die eheliche Mutter überging. Ein Fall, in dem nach deutschem Recht ein Vertreter für die Minderjährige zu bestellen gewesen wäre, ist somit nicht eingetreten. Die inländische Gerichtsbarkeit zur Führung einer Vormundschaft oder Kuratels für die mj. Haide W. war schon aus diesem Gründe nicht gegeben.
Gemäß § 27 AußstrG. ist die Genehmigung der Vormundschafts- oder Kuratelsbehörde erforderlich, wenn bei der Erbteilung in Rücksicht der Übernahme unbeweglicher Güter oder in anderen wichtigen Punkten von der Anordnung des Gesetzes oder des Erblassers durch besondere Übereinkunft abgegangen oder über zweifelhafte Rechte, ein Vergleich geschlossen werden soll.
Durch die gegenständlichen Übereinkommen wurde in wichtigen Punkten, nämlich hinsichtlich der Erbfolge in die Kommanditanteile der Verstorbenen von den Anordnungen des Gesetzes abgegangen (§ 177 HGB.). Die kuratelsbehördliche Genehmigung der Erbteilungsübereinkommen wäre dem Bezirksgericht Hietzing somit nicht als Verlassenschaftsgericht, sondern nur in Ausübung einer vormundschafts- oder kuratelsgerichtlichen Tätigkeit zugekommen. Wie sich aus den früheren Ausführungen ergibt, war jedoch die inländische Gerichtsbarkeit hiefür nicht gegeben. Insoweit das Bezirksgericht Hietzing in den Beschlüssen A 353/50-11 und A 43/51-5 in Ausübung einer ihm nicht zustehenden kuratelsgerichtlichen Tätigkeit die Genehmigung der beiden Erbteilungsübereinkommen erteilt hat, war daher die Nichtigkeit der vorgenannten Beschlüsse auszusprechen.
Da die Beschlüsse A 353/50-11 und A 43/51-5 in Rechtskraft erwachsen sind, ist eine Anfechtung der beiden ohne Zustimmung der gesetzlichen Vertreterin der Minderjährigen abhandlungsbehördlich genehmigten Erbteilungsübereinkommen sowie der sich daraus ergebenden weiteren abhandlungsbehördlichen Verfügungen nur mehr im Prozeßweg möglich.
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