Normen
AVG §13 Abs7
BVergG 2006 §319
BVergG 2018 §341 Abs1
BVergG 2018 §341 Abs2 Z2
BVergG 2018 §342 Abs1
LVergKG Slbg 2018 §11 Abs1
LVergKG Slbg 2018 §11 Abs2 Z2
LVergKG Slbg 2018 §12 Abs1
VwGG §47
VwRallg
ZPO §41
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RO2021040036.J00
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 1. Zur zugrundeliegenden Ausgangskonstellation wird zunächst auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Ro 2021/04/0035, Rn. 1 bis 7, verwiesen, mit dem die außerordentliche Revision der (auch hier revisionswerbenden) T GmbH (Auftraggeberin) gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (ebenfalls) vom 30. August 2021, Zl. 405‑5/86/1/67‑2021, zum Kostenersatz gemäß § 76 AVG im auch hier gegenständlichen Vergabenachprüfungsverfahren als unbegründet abgewiesen wurde.
2 2. Mit dem hier angefochtenen Beschluss vom 30. August 2021, Zl. 405‑5/86/1/68‑2021, stellte das Verwaltungsgericht das über Antrag der Mitbeteiligten eingeleitete, gegenständlich zugrundeliegende Nachprüfungsverfahren infolge Zurückziehung des Nachprüfungsantrages ein (Spruchpunkt I.). Unter einem wurde die Auftraggeberin verpflichtet, der Mitbeteiligten Pauschalgebühren in der Höhe von insgesamt € 1.945,50 zu ersetzen (Spruchpunkt II.). Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt (Spruchpunkt III.).
3 Die vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Feststellungen entsprachen im Wesentlichen denjenigen des in Rn. 1 genannten Beschlusses zum Kostenersatz (siehe die Darstellung in VwGH Ro 2021/04/0035, Rn. 9).
4 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht zum hier revisionsgegenständlichen Spruchpunkt II. Folgendes aus: Die Mitbeteiligte sei durch den seitens der Auftraggeberin vorgenommenen Widerruf des Vergabeverfahrens klaglos gestellt worden. Selbst wenn man einen Anspruch auf Pauschalgebührenersatz nicht aufgrund des Widerrufs annehmen würde, sei die Mitbeteiligte schon aufgrund der zuvor erfolgten Berichtigung der Ausschreibung als teilweise obsiegend anzusehen. Die Voraussetzungen des § 11 S.VKG 2018 für eine Verpflichtung der Auftraggeberin zum Pauschalgebührenersatz lägen somit vor.
5 Den weiteren Einwendungen der Auftraggeberin, wonach der Nachprüfungsantrag unzulässig gewesen sei, trat das Verwaltungsgericht wie bereits in dem in Rn. 1 genannten Beschluss zum Kostersatz entgegen; auch die Zulassung der Revision erfolgte mit der gleichen Begründung wie in jenem Beschluss (siehe die Darstellung in VwGH Ro 2021/04/0035, Rn. 11 und 12).
6 3. Gegen Spruchpunkt II. dieses Beschlusses richtet sich die vorliegende ordentliche Revision.
7 Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurückweisung, in eventu die Abweisung dieser Revision beantragt.
8 Die Revisionswerberin erstattete dazu ihrerseits eine Replik.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 4. Die Revisionswerberin erachtet in ihrer Zulässigkeitsbegründung ua. die Frage als grundsätzlich, ob dem Antragsteller ein Gebührenersatz auch dann zuzuerkennen sei, wenn der Antrag ‑ wäre nicht eine Einstellung des Verfahrens erfolgt ‑ zurückzuweisen bzw. abzuweisen gewesen wäre.
10 Die Revision erweist sich im Hinblick darauf als zulässig.
11 5. Die maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Vergabekontrollgesetzes 2018 (S.VKG 2018), LGBl. Nr. 63, lauten auszugsweise:
„Gebühren
§ 10
Für Anträge gemäß den §§ 12 Abs 1, 20 Abs 1 und 23 Abs 1 und 2 hat der Antragsteller bzw die Antragstellerin nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen jeweils eine Pauschalgebühr zu entrichten:
[...]
6. Wird ein Antrag vor Kundmachung der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 15 Abs 5 oder, wenn keine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, vor Erlassung eines Erkenntnisses oder Beschlusses durch das Landesverwaltungsgericht zurückgezogen, so ist lediglich eine Gebühr in der Höhe von 50 % der für den jeweiligen Antrag festgesetzten oder gemäß Z 4 reduzierten Gebühr zu entrichten. Wird ein Antrag nach Kundmachung der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 15 Abs 5, aber vor Durchführung der mündlichen Verhandlung zurückgezogen, so ist lediglich eine Gebühr in der Höhe von 80 % der für den jeweiligen Antrag festgesetzten oder gemäß Z 4 reduzierten Gebühr zu entrichten. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind rückzuerstatten.
[...]
Gebührenersatz
§ 11
(1) Der bzw die vor dem Landesverwaltungsgericht wenn auch nur teilweise obsiegende Beschwerdeführer bzw Beschwerdeführerin hat Anspruch auf Ersatz seiner bzw ihrer gemäß § 10 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw die Auftraggeberin. Der Beschwerdeführer bzw die Beschwerdeführerin hat ferner Anspruch auf Ersatz seiner bzw ihrer gemäß § 10 entrichteten Gebühren, wenn er bzw sie während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.
(2) Ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf einstweilige Verfügung besteht nur dann, wenn
1. dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird oder wenn der Antragsteller bzw die Antragstellerin während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird und
2. dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben wurde bzw im Fall der Klaglosstellung stattzugeben gewesen wäre oder der Antrag auf einstweilige Verfügung nur wegen einer Interessenabwägung abgewiesen wurde oder im Fall der Klaglosstellung abzuweisen gewesen wäre.
(3) Über den Gebührenersatz hat das Landesverwaltungsgericht spätestens drei Wochen ab jenem Zeitpunkt zu entscheiden, ab dem feststeht, dass ein Anspruch auf Gebührenersatz besteht.
[...]
Fristen für Nachprüfungsanträge
§ 13
(1) Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung sind bei einer Übermittlung der Entscheidung bzw Bereitstellung der Entscheidung auf elektronischem Weg sowie bei einer Bekanntmachung der Entscheidung binnen zehn Tagen einzubringen, bei einer Übermittlung über den Postweg oder einem anderen geeigneten Weg binnen 15 Tagen. Die Frist beginnt mit der Übermittlung bzw der Bereitstellung der Entscheidung bzw mit der erstmaligen Verfügbarkeit der Bekanntmachung.
[...]
(3) Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibung ‑ mit Ausnahme der Bekanntmachung bei einer Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung ‑ können über den in Abs 1 genannten Zeitraum hinaus bis spätestens sieben Tage vor Ablauf der Angebotsfrist, der Frist zur Vorlage der Wettbewerbsarbeiten oder der Teilnahmeantragsfrist eingebracht werden, sofern diese Frist mehr als 17 Tage beträgt. Wenn die Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen nicht auf elektronischem Weg zur Verfügung gestellt, übermittelt bzw bereitgestellt werden, tritt die Verlängerung der Nachprüfungsfrist erst ein, wenn die Angebotsfrist, die Frist zur Vorlage der Wettbewerbsarbeiten oder die Teilnahmeantragsfrist mehr als 22 Tage beträgt.“
12 6. Die Revisionswerberin bringt in einem ersten Schritt vor, sie dürfe nicht zum Gebührenersatz verpflichtet werden, wenn der Antragsteller (wie hier der Fall) seinen Antrag zurückgezogen habe.
13 Der Verwaltungsgerichtshof hat (zu der mit § 11 Abs. 1 zweiter Satz S.VKG 2018 inhaltlich vergleichbaren Regelung des § 319 Abs. 1 zweiter Satz BVergG 2006) festgehalten, der Umstand, dass eine Partei den Nachprüfungsantrag aufgrund der (dort: vermeintlichen) Klaglosstellung zurückzieht, ändert nichts am Anspruch auf Gebührenersatz (vgl. VwGH 2.10.2012, 2008/04/0132; weiters VwGH 17.9.2014, 2013/04/0082, zur entsprechenden Regelung nach dem Tiroler Vergabenachprüfungsgesetz 2006). In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist somit bereits klargestellt, dass die Zurückziehung des Nachprüfungsantrags durch den Antragsteller nach einer Klaglosstellung der Verpflichtung des Auftraggebers zum Gebührenersatz nicht entgegensteht. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin steht dies auch mit dem Wortlaut der hier zugrundeliegenden Regelung nicht in Widerspruch, weil Anspruchsgrundlage die Klaglosstellung (und nicht die nachfolgende Antragszurückziehung) ist.
14 7.1. Die Revisionswerberin bringt weiters vor, sie dürfe nicht zum Pauschalgebührenersatz verpflichtet werden, wenn der Nachprüfungsantrag (wäre das Nachprüfungsverfahren nicht eingestellt worden) zurückzuweisen oder abzuweisen gewesen wäre.
15 Vorliegend habe die Mitbeteiligte ausdrücklich nur die Ausschreibung angefochten, nicht jedoch die erst später erfolgte Aufforderung zur Angebotsabgabe, mit der das von der Mitbeteiligten als vergaberechtswidrig erachtete Leistungsverzeichnis zur Verfügung gestellt worden sei. Das Leistungsverzeichnis sei nicht Bestandteil der Ausschreibung und daher vorliegend nicht zu prüfen gewesen. Die Ausschreibung sei im zweistufigen Verhandlungsverfahren der Inhalt der Bekanntmachung und hätte daher gemäß § 13 Abs. 3 S.VKG 2018 bis spätestens sieben Tage vor Ablauf der Teilnahmefrist angefochten werden müssen. Diese Frist sei bei Einbringung des Nachprüfungsantrags bereits abgelaufen gewesen, weshalb der Antrag zurückzuweisen gewesen wäre. Der „Abschnitt Ausschreibung“ ende bei einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung mit der gesondert anfechtbaren Entscheidung „Nichtzulassung zur Teilnahme“ bzw. „Aufforderung zur Angebotsabgabe“. In den weiteren Phasen könnten die Ausschreibungsunterlagen (etwa durch das Leistungsverzeichnis) konkretisiert werden, das bedeute aber nicht, dass diese Unterlagen bis sieben Tage vor Ablauf der Angebotsfrist bekämpft werden könnten. Des Weiteren enthält die Revision Vorbringen dazu, weshalb der Nachprüfungsantrag der Mitbeteiligten (nicht nur zurückzuweisen, sondern auch) abzuweisen gewesen wäre.
16 7.2. Die Mitbeteiligte bringt in ihrer Revisionsbeantwortung vor, es komme für den Gebührenersatzanspruch lediglich auf den objektiven Umstand der Klaglosstellung an, nicht jedoch auf die (vorliegend ohnehin vorgeschobene) Begründung für die Klaglosstellung. Weiters sei es nicht erheblich, ob der Antragsteller mit seinem Antrag tatsächlich vollständig durchgedrungen wäre. Die aufgeworfenen Fragen, die auf die theoretischen Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrages abstellen würden, seien für die gegenständliche Gebührenentscheidung daher nicht präjudiziell.
17 Darüber hinaus seien die Ausführungen der Revisionswerberin zu den Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrages aber auch inhaltlich unzutreffend. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin fielen (schon im Hinblick auf die Definition des § 2 Z 7 BVergG 2018) unter den Begriff „Ausschreibung“ nicht nur die Bekanntmachung, sondern auch die Ausschreibungsunterlagen. Für die Beurteilung eines Nachprüfungsantrages sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes maßgeblich, ob der Wille des Antragstellers darauf gerichtet sei, die Festlegung des Auftraggebers zu bekämpfen, welche Leistung er zu welchen Bedingungen erhalten wolle (Verweis auf VwGH 11.12.2014, Ra 2014/04/0045). Der hier zugrundeliegende Nachprüfungsantrag sei gegen einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses und damit eindeutig gegen die Ausschreibung (als richtige gesondert anfechtbare Entscheidung) gerichtet gewesen. Aus der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergebe sich auch, dass die verlängerte Frist (hier) des § 13 Abs. 3 S.VKG 2018 für die Anfechtung der Ausschreibung bei zweistufigen Verfahren auch zweimal zur Anwendung kommen könne, wenn (wie hier) sowohl mit der Bekanntmachung als auch mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe Ausschreibungsunterlagen zur Verfügung gestellt würden.
18 7.3. § 11 S.VKG 2018 (der inhaltlich mit der Regelung des § 341 BVergG 2018 deckungsgleich ist) knüpft in seinem Abs. 1 beim Gebührenersatz betreffend die Gebühr für einen Nachprüfungsantrag an das teilweise Obsiegen oder die Klaglosstellung während des anhängigen Verfahrens an. Nach den Erläuterungen zu § 341 BVergG 2018 (RV 69 BlgNR 26. GP 195) ist der Antragsteller insbesondere dann klaglos gestellt, wenn der Auftraggeber die angefochtene Entscheidung beseitigt. Ein ausdrücklicher Hinweis auf allfällige Erfolgsaussichten des Antrags findet sich insoweit nicht.
19 Die (auf Landesebene durch LGBl. Nr. 63/2018 in § 11 Abs. 2 Z 2 S.VKG 2018, auf Bundesebene durch BGBl. I Nr. 65/2018 in § 341 Abs. 2 Z 2 BVergG 2018 erstmals eingeführte) Regelung betreffend die Gebühr für einen Antrag auf einstweilige Verfügung macht den Gebührenersatz hingegen schon nach dem Gesetzeswortlaut davon abhängig, dass dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben wurde oder „im Fall der Klaglosstellung stattzugeben gewesen wäre“ (oder der Antrag auf einstweilige Verfügung nur wegen einer Interessenabwägung abgewiesen wurde oder „im Fall der Klaglosstellung abzuweisen gewesen wäre“). Es ist somit eine hypothetische Prüfung des Ausgangs des Verfahrens über den Antrag auf einstweilige Verfügung vorzunehmen. Die Erläuterungen zur hier gegenständlichen Regelung (RV 11 BlgLT 16. GP 20) verweisen diesbezüglich auf die Vorbildregelung des § 341 BVergG 2018 (vgl. zu dieser Regelung RV 69 BlgNR 26. GP 196) sowie das hg. Erkenntnis VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0045, und halten fest, der (gemeint wohl:) Antragsgegner (somit der Auftraggeber) sollte nicht gezwungen sein, die Kosten zu tragen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der behauptete Sicherungsanspruch des Antragstellers nicht berechtigt war.
20 Da somit lediglich beim Gebührenersatz für den Antrag auf einstweilige Verfügung, nicht jedoch bei demjenigen für den Nachprüfungsantrag auf die Erfolgsaussichten abgestellt wird, ist bei der Beurteilung des Gebührenersatzanspruches für einen Nachprüfungsantrag jedenfalls nicht zu prüfen, ob diesem Antrag stattzugeben bzw. ob der Antrag inhaltlich abzuweisen gewesen wäre.
21 Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings (zunächst im Zusammenhang mit einer ‑ im damals einschlägigen § 319 BVergG 2006 nicht ausdrücklich geregelten ‑ teilweisen Klaglosstellung) festgehalten, auch in diesem Fall bestehe ein Anspruch auf Gebührenersatz, wenn der Nachprüfungsantrag für die Vorgehensweise des Auftraggebers (fallbezogen die Berichtigung der Ausschreibung) ursächlich und die Entrichtung der Pauschalgebühr zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen ist (vgl. VwGH 26.11.2010, 2008/04/0023; 2.10.2012, 2008/04/0132). In der Folge hat der Verwaltungsgerichtshof diese Voraussetzung allgemein für einen Anspruch auf Pauschalgebührenersatz wegen Klaglosstellung postuliert (VwGH 9.4.2013, 2010/04/0105). Im bereits zitierten Erkenntnis VwGH Ra 2016/04/0045 hat der Verwaltungsgerichtshof zudem ausgesprochen, dass die Beurteilung der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung hinsichtlich Nachprüfungsantrag und Antrag auf einstweilige Verfügung getrennt zu erfolgen hat.
22 Fraglich könnte vor diesem Hintergrund sein, ob ein von vornherein bzw. offenkundig unzulässiger Antrag als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig (im Sinn der dargestellten hg. Rechtsprechung) angesehen werden kann. Dafür könnte zwar ins Treffen geführt werden, dass der Entrichtung von Gebühren für einen Antrag dann nicht die Erforderlichkeit abgesprochen werden kann, wenn der Antrag für die Klaglosstellung ursächlich war und somit der Zweck der Rechtsverfolgung erreicht wurde (demgegenüber würde wohl insoweit keine notwendige Gebührenentrichtung vorliegen, wenn nach einer Klaglosstellung von der Möglichkeit der Antragszurückziehung und der damit [gemäß hier § 10 Z 6 S.VKG 2018] verbundenen Reduktion der zu entrichtenden Pauschalgebühren kein Gebrauch gemacht wird). Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit dem Aufwandersatz nach den §§ 47 ff VwGG die Erforderlichkeit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bei unzulässigem Vorbringen fallbezogen abgelehnt (vgl. VwGH 24.10.1996, 95/18/0902). Auch in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) werden (zumindest teilweise) die Kosten für ein unzulässiges Rechtsmittel nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Kosten angesehen (vgl. OGH 18.5.2022, 1 Ob 62/22g, Rn. 26, mwN; vgl. weiters in der Literatur Obermaier, in Höllwerth/Ziehensack [Hrsg.], ZPO [2019] § 41 Rn. 5, der als zweckentsprechend jede „verfahrensrechtlich zulässige“ Prozesshandlung ansieht, die zum prozessualen Ziel der Partei führen kann; weiters Fucik, in Rechberger/Klicka [Hrsg.], ZPO [2019] § 41 Rn. 5, der auf die Kosten eines zulässigen Schriftsatzes abstellt; sowie Bydlinski, in Fasching/Konecny [Hrsg.], Zivilprozessgesetze3 II/1, § 41 ZPO, Rn. 25, der davon spricht, dass ausnahmsweise auch formell unzulässige Schriftsätze als zweckmäßig angesehen werden können). Zwar beziehen sich diese Aussagen in der Regel nicht auf den verfahrenseinleitenden Schriftsatz und haben insoweit daher eine andere Konstellation vor Augen; das allein hindert nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes aber nicht, einen Konnex zwischen der Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs und der Notwendigkeit für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung anzunehmen.
23 Auch wenn die Prüfpflicht des Verwaltungsgerichtes bei der Beurteilung der Frage, ob eine Gebührenentrichtung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen ist, nicht überspannt werden darf, kann die Frage der (offenkundigen) Unzulässigkeit eines Nachprüfungsantrags für die Beurteilung des Gebührenersatzanspruchs infolge Klaglosstellung somit nicht außer Acht bleiben. Daraus ist im vorliegenden Fall für die Revisionswerberin aber nichts zu gewinnen.
24 Zu der von der Revisionswerberin behaupteten Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags der Mitbeteiligten kann nämlich gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Ausführungen im bereits zitierten hg. Erkenntnis VwGH Ro 2021/04/0035, Rn. 31 bis 33, verwiesen werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat darin festgehalten, das Verwaltungsgericht sei gemessen an den seiner Entscheidung zugrunde gelegten Feststellungen zutreffend davon ausgegangen, dass der (auch hier gegenständliche) Nachprüfungsantrag der Mitbeteiligten nicht zurückzuweisen gewesen wäre.
25 Ergänzend ist schließlich noch darauf hinzuweisen, dass sich zumindest dem Grunde nach in Zweifel ziehen ließe, ob ein (von vornherein) unzulässiger Antrag für ein Vorgehen des Auftraggebers (bzw. die damit allenfalls einhergehende Klaglosstellung des Antragstellers) ursächlich (im Sinn der in Rn. 21 dargestellten hg. Rechtsprechung) sein kann (vgl. ‑ dies verneinend ‑Reisner, in Gölles [Hrsg.], BVergG 2018, § 341 Rz. 11). Auch darauf muss vorliegend mangels Unzulässigkeit des hier gegenständlichen Nachprüfungsantrags aber nicht näher eingegangen werden.
26 Soweit die Revisionswerberin darüber hinaus noch meint, das Vergabeverfahren sei „wegen absehbarer Budgetüberschreitung“ widerrufen worden, vermag sie mit diesem nicht näher ausgeführten Vorbringen nicht aufzuzeigen, dass der zugrundeliegende Nachprüfungsantrag der Mitbeteiligten für die Klaglosstellung nicht ursächlich gewesen sei. So hat das Verwaltungsgericht festgehalten, dass die Mitbeteiligte mit ihrem Nachprüfungsantrag schon aufgrund der (vor dem Widerruf erfolgten) Berichtigung der Ausschreibung durch die Auftraggeberin (in Form der Streichung einzelner von der Mitbeteiligten im Nachprüfungsantrag monierter Positionen des Leistungsverzeichnisses) teilweise durchgedrungen ist. Aber auch hinsichtlich des Widerrufs des Vergabeverfahrens vermag die Revisionswerberin das Fehlen eines Konnexes zu der im (aufgrund des Nachprüfungsauftrags der Mitbeteiligten in Auftrag gegebenen) Sachverständigengutachten festgestellten Vergaberechtswidrigkeit des Leistungsverzeichnisses nicht darzulegen.
27 8. Die Revision zeigt somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Spruchpunktes II. des Beschlusses auf. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
28 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 28. März 2023
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