VwGH Ra 2017/10/0083

VwGHRa 2017/10/008327.6.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision 1. der mj. M, vertreten durch die Eltern X und Y (hg. prot. zu Ra 2017/10/0083),

2. des X (hg. prot. zu Ra 2017/10/0084), und 3. der Y (hg. prot. zu Ra 2017/10/0085), alle in Wien, alle vertreten durch Mag. Gernot Steier, Rechtsanwalt in 3040 Neulengbach, Rathausplatz 108, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. November 2016, Zl. W128 2137278- 1/2E, betreffend Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtschulrat für Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Stadtschulrats für Wien vom 9. September 2016, mit dem die Teilnahme der Erstrevisionswerberin am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht im Schuljahr 2016/17 gemäß § 11 Abs. 3 Schulpflichtgesetz 1985 (SchPflG) wegen verspäteter Anzeige untersagt und die Drittrevisionswerberin verpflichtet worden war, im Schuljahr 2016/17 für die Erfüllung der Schulpflicht der Erstrevisionswerberin an einer öffentlichen Schule oder mit dem Öffentlichkeitsrecht auf Dauer ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu sorgen, mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Erstrevisionswerberin ihre Schulpflicht im genannten Schuljahr an einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule gemäß § 5 Abs. 1 SchPflG zu erfüllen habe.

2 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, in der darauf hingewiesen wird, dass die Bundesministerin für Bildung mit (in Kopie der Revision beigelegtem) Bescheid vom 24. April 2017 der betroffenen Privatschule für das Schuljahr 2016/17 das Öffentlichkeitsrecht verliehen habe.

3 Die Revision ist nicht zulässig.

4 Das als Prozessvoraussetzung erforderliche Rechtsschutzbedürfnis besteht im objektiven Interesse des Revisionswerbers an einer Beseitigung der angefochtenen, ihn beschwerenden verwaltungsgerichtlichen Erledigung; das objektive Interesse des Revisionswerbers an der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof gründet in dessen Beschwer. Eine derartige Beschwer liegt vor, wenn das angefochtene verwaltungsgerichtliche Handeln vom Antrag des Revisionswerbers zu dessen Nachteil abweicht (formelle Beschwer) oder mangels Antrags das Verwaltungsgericht den Revisionswerber durch seine Entscheidung belastet (vgl. die hg. Beschlüsse vom 27. Oktober 2014, Zl. 2012/04/0143, und vom 23. Oktober 2013, Zl. 2013/03/0111, jeweils mwN, zur diesbezüglich gleich gelagerten Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012).

5 Dieses Rechtsschutzinteresse wird daher immer dann zu verneinen sein, wenn es (auf Grund der geänderten Umstände) für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrensziels für den Revisionswerber keinen objektiven Nutzen hat, die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen insoweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen. Der Verwaltungsgerichtshof ist somit zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht berufen (vgl. dazu die hg. Beschlüsse vom 29. September 2010, Zl. 2008/10/0029, und wiederum vom 27. Oktober 2014, Zl. 2012/04/0143, jeweils zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012).

6 Nach dem Revisionsvorbringen hat die Bundesministerin für Bildung mit Bescheid vom 24. April 2017 der betroffenen Privatschule für das Schuljahr 2016/17 das Öffentlichkeitsrecht verliehen.

7 Die in § 11 Abs. 2 SchPflG normierte Anzeigepflicht der Teilnahme eines schulpflichtigen Kindes am Unterricht an einer Privatschule bezieht sich nur auf Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht. Da der in Rede stehenden Privatschule nach Erlassung der angefochtenen Entscheidung das Öffentlichkeitsrecht für das Schuljahr 2016/17 zuerkannt wurde, handelt es sich in Bezug auf dieses Schuljahr um eine mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schule iSd § 4 SchPflG, durch deren Besuch gemäß § 5 Abs. 1 leg. cit. die allgemeine Schulpflicht erfüllt ist.

8 Aufgrund der durch die Zuerkennung des Öffentlichkeitsrechts geänderten Sachlage erweisen sich die Anordnungen der angefochtenen Entscheidung als überholt, weil mit dem Besuch der für das betreffende Schuljahr 2016/17 mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Privatschule ohnehin die Schulpflicht erfüllt ist; dass die Erstrevisionswerberin ihre Schulpflicht nur an einer "mit dem Öffentlichkeitsrecht auf Dauer ausgestatteten Schule" erfüllen könne, wie das im Bescheid des Stadtschulrats angeordnet war, wurde bereits vom BVwG verworfen. Es macht für die Revisionswerber vor diesem Hintergrund keinen Unterschied, ob das angefochtene Erkenntnis weiterhin dem Rechtsbestand angehört oder nicht, weil dieses aufgrund der eingetretenen maßgeblichen Sachverhaltsänderung keine Rechtswirkungen mehr zu entfalten vermag. Die Lösung der in der Revision aufgeworfenen Fragen wäre somit nur mehr von theoretischer Bedeutung; zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ist der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht berufen.

9 Die vorliegende Revision war daher mangels Vorliegens eines die Zulässigkeit begründenden Rechtsschutzinteresses der Revisionswerber gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

10 Bei diesem Ergebnis erübrigte sich die Prüfung allfälliger anderer Zurückweisungsgründe.

Wien, am 27. Juni 2017

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