VwGH Ra 2017/06/0108

VwGHRa 2017/06/010829.6.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision des *****, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 6. April 2017, LVwG- 2016/42/0176-1, betreffend Feststellung gemäß § 29 TBO 2011 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtmagistrat der Landeshauptstadt Innsbruck; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

BauO Tir 2011 §29;
BauRallg;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Der Revisionswerber beantragte die Feststellung gemäß § 29 Tiroler Bauordnung 2011 (TBO 2011), dass für das 1999 "bestehende" Wohnhaus auf einem näher bezeichneten Grundstück in I das Vorliegen einer rechtskräftigen Baubewilligung vermutet werde. Dieser Antrag wurde vom Stadtmagistrat Innsbruck abgewiesen. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis abgewiesen.

Diese Abweisung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Revisionswerber im Jahr 1999 das verfahrensgegenständliche Grundstück samt einem darauf errichteten Gebäude von seinem Vater erworben habe. In der Folge sei das Bestandsobjekt abgerissen und ein Neubau errichtet worden. Durch die vollständige Abtragung des früheren Gebäudes sei ein allenfalls vorgelegener Baukonsens für das Altgebäude untergegangen (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 24. April 2007, 2006/05/0031, und vom 29. März 2001, 99/06/0140). Über "raumordnungsrechtliche Gegebenheiten" sei gemäß § 29 TBO 2011 nicht abzusprechen.

5 In der Zulässigkeitsbegründung wird vorgebracht, die vom LVwG zitierte hg. Judikatur zum Untergang einer Baubewilligung bei vollständigem Abbruch des Bestandsgebäudes sei auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden, weil sich die Widmung als Bauland oder Freiland immer auf das Grundstück beziehe und auch bei Abbruch eines Gebäudes fortbestehe. "Wenn jedoch ein baurechtlicher Konsens bezogen auf das Altgebäude vorhanden war, müsste nach Ansicht des Revisionswerbers der widmungsrechtlich zu betrachtende ‚Altkonsens' auch für das im Jahre 1999 errichtete neue Gebäude weiter gelten." Zu dieser "Differenzierung zwischen einem Konsens betreffend technische Fragen einerseits oder flächenwidmungsrechtliche Fragen andererseits und deren Auswirkungen auf das Fortbestehen eines baurechtlichen Konsenses" fehle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

6 Dem Revisionswerber ist zwar zuzustimmen, dass durch den Abbruch eines Bestandsgebäudes die Widmung des Grundstückes unverändert bleibt. Das Fortbestehen der für das Grundstück festgelegten Widmung ist jedoch vom Vorliegen einer Baubewilligung zu unterscheiden und ersetzt eine solche nicht. Gegenstand einer Feststellung gemäß § 29 TBO 2011 ist ausschließlich die Frage, ob das Vorliegen einer Baubewilligung für ein Gebäude zu vermuten ist, wenn aufgrund seines Alters oder sonstiger besonderer Umstände davon auszugehen ist, dass aktenmäßige Unterlagen darüber nicht mehr vorhanden sind, und auch kein Grund zur Annahme besteht, dass die betreffende bauliche Anlage entgegen den zur Zeit ihrer Errichtung in Geltung gestandenen baurechtlichen Vorschriften ohne entsprechende Bewilligung errichtet wurde. Für die vom Revisionswerber offenbar vertretene Rechtsansicht, das unveränderte Vorliegen der Flächenwidmung für das jeweilige Grundstück nach Abbruch eines Bestandsgebäudes könnte Auswirkungen auf das Fortbestehen eines baurechtlichen Konsenses haben, findet sich weder in den Bestimmungen der TBO 2011 noch in der hg. Rechtsprechung eine Deckung. Es kann daher entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung nicht davon gesprochen werden, dass zu einer "Differenzierung zwischen einem Konsens betreffend technische Fragen einerseits oder flächenwidmungsrechtliche Fragen andererseits und deren Auswirkungen auf das Fortwirken eines baurechtlichen Konsenses" fehle. Diese Frage wurde durch die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Untergang des Baukonsenses durch den Abbruch des Gebäudes im Sinne einer Verneinung dieser vom Revisionswerber zur Diskussion gestellten Differenzierung geklärt. § 29 TBO 2011 bezieht sich auf "Anlagen, für die die Baubewilligung nicht nachgewiesen werden kann", und somit auf den Baukonsens im Sinne der TBO 2011 schlechthin und nicht auf einen vom Revisionswerber vermeinten "flächenwidmungsplanrechtlichen Baukonsens". Darüber hinaus setzt die Anwendung des § 29 TBO 2011 voraus, dass "aufgrund des Alters der betreffenden baulichen Anlage oder sonstiger besonderer Umstände davon auszugehen ist, dass aktenmäßige Unterlagen darüber nicht mehr vorhanden sind" (vgl. dazu zuletzt den hg. Beschluss vom 23. März 2017, Ra 2017/06/0036).

7 Im Hinblick auf diese klare Rechtslage und die dazu ergangene hg. Rechtsprechung zeigt die Revision keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 29. Juni 2017

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