VwGH Ra 2017/06/0036

VwGHRa 2017/06/003623.3.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Dr. Bayjones und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Revision 1. des Mag. C L, 2. des R L, beide in W, 3. des M E in Z, 4. des R H in B und 5. des R G in B, alle vertreten durch Dr. Andreas Ladstätter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jasomirgottstraße 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 9. Jänner 2017, Zl. LVwG- 2016/32/2604-1, betreffend Feststellung nach § 29 Tiroler Bauordnung 2011 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bürgermeister der Gemeinde St. Jakob in Defereggen; weitere Partei: Tiroler Landesregierung, Eduard-Wallnöfer-Platz 3, 6020 Innsbruck), den Beschluss gefasst:

Normen

BauO Tir 2001 §29 Abs1;
LBauO Tir §45;
BauO Tir 2001 §29 Abs1;
LBauO Tir §45;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Schreiben vom 29. Mai 1961 übermittelte der Rechtsvorgänger der Revisionswerber mit dem Betreff "Bauanzeige" eine Eingabe an das Gemeindeamt St. Jakob i.D., in der er zur Kenntnis brachte, dass er "in der (O.-alpe) ca. 200 m nord-östlich der Alphütte eine kleine Jagdhütte aufstelle." Die Zustimmung der Agrargemeinschaft O. hab er bereits eingeholt. Dieses Schreiben enthält den Eingangsvermerk der Gemeinde St. Jakob i.D. vom 29. Mai 1961 sowie den weiteren Vermerk "Zur Kenntnis genommen:

Der Bürgermeister:" und die Unterfertigung durch den Bürgermeister.

2 Mit Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht vom 27. September 2016 wurde über Antrag der Revisionswerber gemäß § 29 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 2011 (TBO 2011) festgestellt, dass das Vorliegen der Baubewilligung für die (oben genannte) bauliche Anlage auf Grundstück Nr. X EZ A und Grundstück Nr. Y EZ B, KG S., welcher als Freizeithütte verwendet werde, nicht zu vermuten sei.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol (LVwG) vom 9. Jänner 2017 wurde die von den Revisionswerbern gegen den Bescheid vom 27. September 2016 erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und eine ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis für unzulässig erklärt.

4 Den insoweit unbekämpften Feststellungen des LVwG zufolge handelt es sich beim gegenständlichen Gebäude um ein im Eigentum der Revisionswerber stehendes Superädifikat an der Grenze der beiden im Flächenwidmungsplan als Freiland ausgewiesenen und jeweils im Alleineigentum zweier Agrargemeinschaften stehenden Grundstücke Nr. X und Y, allenfalls ist die Grundgrenze durch das gegenständliche Gebäude auch überbaut. Es handelt sich um ein erdgeschossig errichtetes Holzhaus im Ausmaß von 6,0 m mal 8,7 m. Abzüglich des südostseitigen Gebäuderücksprunges ergibt sich für das Gebäude eine geschätzte Bruttogrundfläche von ca. 40 bis 45 m2. Die maximale Gebäudehöhe beträgt ca. 3,0 bis 3,5 m. Die Hütte wird von den Eigentümern des Gebäudes (Revisionswerber) genutzt.

5 In seiner rechtlichen Begründung hielt das LVwG mit näheren Ausführungen u.a. fest, dass für das in Rede stehende, zum Zeitpunkt seiner Errichtung und auch zum jetzigen Zeitpunkt bewilligungspflichtige Gebäude keine Baubewilligung vorliege bzw. kein Baukonsens zu vermuten sei.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 § 29 TBO 2011, LGBl. Nr. 57/2011, lautet:

"§ 29

Feststellungsverfahren

(1) Die Behörde hat hinsichtlich jener bewilligungspflichtigen baulichen Anlagen, für die die Baubewilligung nicht nachgewiesen werden kann, im Zweifel von Amts wegen oder auf Antrag des Eigentümers mit Bescheid festzustellen, ob das Vorliegen der Baubewilligung zu vermuten ist oder nicht. Das Vorliegen der Baubewilligung ist zu vermuten, wenn aufgrund des Alters der betreffenden baulichen Anlage oder sonstiger besonderer Umstände davon auszugehen ist, dass aktenmäßige Unterlagen darüber nicht mehr vorhanden sind, und überdies kein Grund zur Annahme besteht, dass die betreffende bauliche Anlage entgegen den zur Zeit ihrer Errichtung in Geltung gestandenen baurechtlichen Vorschriften ohne entsprechende Bewilligung errichtet worden ist. Anlässlich der Feststellung, wonach das Vorliegen der Baubewilligung zu vermuten ist, ist weiters der aus der baulichen Zweckbestimmung der betreffenden baulichen Anlage hervorgehende Verwendungszweck festzustellen.

(...)"

10 § 45 der im Zeitpunkt der Bauanzeige im Jahr 1961 geltenden Tiroler Landesbauordnung 1901 (TLBO 1901) idF LGBl. Nr. 10/1960 lautet (Anmerkung: Zur unrichtigen Zitierung dieser Bestimmung in der Revision als "§ 44" TLBO 1901 wird auf die mit LGBl. Nr. 11/1928 erfolgte Änderung der Bezeichnung hingewiesen):

"§ 45

Bauten, zu welchen eine Bewilligung erforderlich ist.

Zur Führung von Neubauten, Zubauten und Umbauten, sowie zur Vornahme wesentlicher Abänderungen an bestehenden Gebäuden ist die Bewilligung des Gemeindevorstehers erforderlich.

Zu den wesentlichen Abänderungen werden diejenigen gerechnet, wodurch in irgendeiner Weise auf die Festigkeit und Feuersicherheit des Gebäudes, wie bei Neuanlagen oder Abänderung von Feuerstätten, Oefen und Rauchleitungen, auf die Gesundheit seiner Bewohner oder auf die Rechte der Nachbarn Einfluss geübt wird.

Ausbesserungen und Abänderungen geringerer Art sind ohne Einholung einer Baubewilligung dem Gemeindevorsteher bloß anzuzeigen, bevor sie in Angriff genommen werden. Diesem bleibt es jedoch vorbehalten, erforderlichen Falles die Ausführung dieser Ausbesserungen und Abänderungen von der Vorlegung und Genehmigung eines Planes abhängig zu machen. Ausbesserungen einzelner schadhafter baulicher Gegenstände, wodurch der allgemeine Baustand keine Änderung erleidet, bedürfen auch keiner Anzeige."

11 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zu ihrer Zulässigkeit ausgeführt, es seien die grundsätzlichen Rechtsfragen zu lösen, "ob

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte