COVID-19-MaßnahmenG 2020 §8 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.49.0338.5
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Außerlechner über die Beschwerde des AA, Adresse 1, **** Z, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 2, **** Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X (belangte Behörde) vom 27.01.2022, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von Euro 100,00 zu leisten.
3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahren
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als nach § 9 Abs 1 VStG 1991 idgF zur Vertretung nach außen berufene Person der CC GmbH mit Sitz in **** Z, Adresse 3, als InhaberIn des Arbeitsortes, nämlich der Betriebsstätte DD, **** Z, Adresse 3, zu verantworten, dass am 22.12.2021, um 15:58 Uhr nicht dafür Sorge getragen wurde, dass ArbeitnehmerInnen gemäß § 11 Abs 2 der 6. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung den oa Arbeitsort, sofern physische Kontakte zu anderen Personen nicht ausgeschlossen werden können, nur betreten, wenn sie über einen 3G-Nachweis im Sinne des § 2 Abs 2 Z 4 6. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung verfügen, da die Arbeitnehmerin EE den oben angeführten Arbeitsort betreten hat bzw dort verweilte, ohne über einen 3G-Nachweis zu verfügen. Dies sei durch Polizeibeamte der PI W festgestellt worden. Der Inhaber/Die Inhaberin des Arbeitsortes sei jedoch verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass ArbeitnehmerInnen den Arbeitsort nicht entgegen den in der Verordnung festgelegten Voraussetzungen oder Auflagen betreten, dh der Inhaber/die Inhaberin müsse dafür Sorge tragen, dass die ArbeitnehmerInnen über einen 3G-Nachweis verfügen. Als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Inhaberin habe er es zu verantworten, dass dieser Verpflichtung nicht nachgekommen wurde.
Dadurch habe der Beschwerdeführer die Rechtsvorschrift des § 11 Abs 2 iVm § 2 Abs 2 Z 4 der 6. COVID-19-SchuMaV, BGBl II Nr 537/2021 idF BGBl II Nr 568/2021 iVm § 8 Abs 4 und § 3 Abs 1 Z 2 COVID-19-MG, BGBl I Nr 12/2020 idF BGBl I Nr 204/2021, verletzt, weshalb über ihn gemäß § 8 Abs 4 COVID-19-MG, BGBl I Nr 12/2020 idF BGBl I Nr 204/2021, eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 500,00 (Ersatzfreiheitsstrafe: 67 Stunden) verhängt wurde. Den Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens hat die belangte Behörde mit Euro 50,00 bestimmt.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde und führte darin im Wesentlichen aus, dass die Arbeitnehmerin EE für das Buffet zuständig sei und damit im Rahmen ihrer Tätigkeit körperlichen Kontakt zu Mitarbeitern und Gästen vermeiden könne. Demnach sei ein 3G-Nachweis gar nicht nötig. Zudem sei es im Einklang mit den Arbeitszeiten der Dienstnehmer betrieblich unmöglich, COVID-19-Tests bei „befugten Stellen“, die zum Teil weit entfernt vom Arbeitsort liegen, zu organisieren. Aus diesem Grund habe der Dienstgeber für ungeimpfte und nicht genesene ArbeitnehmerInnen vor Ort Selbsttests angeboten und durchgeführt. Es sei nicht einzusehen, Selbsttests vorübergehend vom 01.11.2021 bis 21.01.2021 nicht mehr anzuerkennen. Dies entbehre jeglicher sachlichen Grundlage und sei Willkür.
Mit Schriftsatz vom 04.02.2022, Zl ***, legte die belangte Behörde dem Landesverwaltungsgericht Tirol den Akt zur Entscheidung vor.
Am 08.06.2022 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol statt.
II. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der CC GmbH mit Sitz in **** Z, Adresse 3 und damit Inhaber der Betriebsstätte DD, **** Z, Adresse 3.
Am 22.12.2021 um 15:58 Uhr wurde durch Polizeibeamte der PI W festgestellt, dass in der Betriebsstätte DD die Arbeitnehmerin EE ohne entsprechendem 3G-Nachweis im Sinne der 6. COVID-19-SchuMaV am Arbeitsort angetroffen wurde. Sie war als Buffetdame beschäftigt. Im Hotel hielten sich zu diesem Zeitpunkt sowohl Gäste als auch andere MitarbeiterInnen auf, sodass ein physischer Kontakt im Buffetraum als auch im Backoffice, wo die Speisen zubereitet wurden, nicht ausgeschlossen werden konnte.
III. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Strafakt der belangten Behörde, insbesondere aus der Anzeige der PI W vom 23.12.2021, Zl ***, und den glaubhaften Aussagen des als Zeugen einvernommen Polizisten.
Im Übrigen wird das Fehlen eines 3G-Nachweises im Sinn der 6. COVID-19-SchuMaV vom Beschwerdeführer selbst nicht bestritten. Vielmehr wird auch vom einvernommenen Rezeptionisten als Zeuge ausgeführt, dass Kontakt zu Gästen im Buffetraum bzw im Backoffice-Bereich zu anderen Mitarbeitern bestanden habe, wenngleich auch nur flüchtig.
Der Sachverhalt steht somit unbestritten fest.
IV. Rechtslage
COVID-19-Maßnahmengesetz (COVID-19-MG), BGBl I Nr 12/2020 idF BGBl I Nr 204/2021:
„Betreten und Befahren von Betriebsstätten und Arbeitsorten sowie Benutzen von Verkehrsmitteln
§ 3.
(1) Beim Auftreten von COVID-19 kann durch Verordnung
(…)
2. das Betreten und das Befahren von Arbeitsorten oder nur bestimmten Arbeitsorten gemäß § 2 Abs. 3 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) durch Personen, die dort einer Beschäftigung nachgehen, und
(…)
geregelt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.
(2) In einer Verordnung gemäß Abs. 1 kann entsprechend der epidemiologischen Situation festgelegt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit oder unter welchen Voraussetzungen und Auflagen Betriebsstätten oder Arbeitsorte betreten und befahren oder Verkehrsmittel benutzt werden dürfen. Weiters kann das Betreten und Befahren von Betriebsstätten oder Arbeitsorten sowie das Benutzen von Verkehrsmitteln untersagt werden, sofern gelindere Maßnahmen nicht ausreichen.
Strafbestimmungen
§ 8.
(…)
(4) Wer als Inhaber einer Betriebsstätte oder eines Arbeitsortes, als Betreiber eines Verkehrsmittels, als Betreiber eines Alten- und Pflegeheimes oder einer stationären Wohneinrichtung der Behindertenhilfe oder als gemäß § 4 hinsichtlich bestimmter privater Orte, nicht von Abs. 2 erfasster Verpflichteter nicht dafür Sorge trägt, dass die Betriebsstätte, der Arbeitsort, das Verkehrsmittel, das Alten- und Pflegeheim oder die stationäre Wohneinrichtung der Behindertenhilfe oder der bestimmte private Ort nicht entgegen den in einer Verordnung gemäß §§ 3 bis 4a festgelegten Personenzahlen, Zeiten, Voraussetzungen oder Auflagen betreten oder befahren wird, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 3 600 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu vier Wochen, zu bestrafen.
(…)“
6. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung (6. COVID-19-SchuMaV), BGBl II Nr 537/2021 idF BGBl II Nr 568/2021:
„Allgemeine Bestimmungen
§ 2.
(…)
(2) Als Nachweis über eine geringe epidemiologische Gefahr im Sinne dieser Verordnung gilt ein:
1. „1G-Nachweis“: Nachweis über eine mit einem zentral zugelassenen Impfstoff gegen COVID-19 erfolgte
a) Zweitimpfung, wobei diese nicht länger als 270 Tage zurückliegen darf und zwischen der Erst- und Zweitimpfung mindestens 14 Tage verstrichen sein müssen,
b) Impfung ab dem 22. Tag nach der Impfung bei Impfstoffen, bei denen nur eine Impfung vorgesehen ist, wobei diese nicht länger als 270 Tage zurückliegen darf,
c) Impfung, sofern mindestens 21 Tage vor der Impfung ein positiver molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 bzw. vor der Impfung ein Nachweis über neutralisierende Antikörper vorlag, wobei die Impfung nicht länger als 270 Tage zurückliegen darf, oder
d) weitere Impfung, wobei diese nicht länger als 270 Tage zurückliegen darf und zwischen dieser und einer Impfung im Sinne der
aa) lit. a oder c mindestens 120 Tage oder
bb) lit. b mindestens 14 Tage
verstrichen sein müssen;
2. „2G-Nachweis“: Nachweis gemäß Z 1 oder ein
a) Genesungsnachweis über eine in den letzten 180 Tagen überstandene Infektion mit SARS-CoV-2 oder eine ärztliche Bestätigung über eine in den letzten 180 Tagen überstandene Infektion mit SARS-CoV-2, die molekularbiologisch bestätigt wurde, oder
b) Absonderungsbescheid, wenn dieser für eine in den letzten 180 Tagen vor der vorgesehenen Testung nachweislich mit SARS-CoV-2 infizierte Person ausgestellt wurde;
3. „2,5G-Nachweis“: Nachweis gemäß Z 1 oder 2 oder ein Nachweis einer befugten Stelle über ein negatives Ergebnis eines molekularbiologischen Tests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 72 Stunden zurückliegen darf;
4. „3G-Nachweis“: Nachweis gemäß Z 1 bis 3 oder ein Nachweis einer befugten Stelle über ein negatives Ergebnis eines Antigentests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 24 Stunden zurückliegen darf.
(…)
Ort der beruflichen Tätigkeit
§ 11.
(…)
(2) Arbeitnehmer, Inhaber und Betreiber dürfen Arbeitsorte, an denen physische Kontakte zu anderen Personen nicht ausgeschlossen werden können, nur betreten, wenn sie über einen 3G-Nachweis verfügen. Nicht als Kontakte im Sinne des ersten Satzes gelten höchstens zwei physische Kontakte pro Tag, die im Freien stattfinden und jeweils nicht länger als 15 Minuten dauern.
(…)“
V. Erwägungen
Gemäß § 11 Abs 2 der 6. COVID-19-SchuMaV dürfen Arbeitnehmer, Inhaber und Betreiber Arbeitsorte, an denen physische Kontakte zu anderen Personen nicht ausgeschlossen werden können, nur betreten, wenn sie über einen 3G-Nachweis verfügen.
Die Arbeitnehmerin EE hielt sich am 22.12.2021 um 15:58 Uhr am Arbeitsort im Hotel DD auf, ohne über einen entsprechenden 3G-Nachweis gemäß § 2 Abs 1 der 6. COVID-19-SchuMaV zu verfügen. Es konnte zu diesem Zeitpunkt entsprechend den Sachverhaltsfeststellungen ein physischer Kontakt zu anderen Personen, sprich zu Hotelgästen und anderen Mitarbeitern, nicht ausgeschlossen werden. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass die Arbeitnehmerin als Buffetdame beschäftigt war und sich überwiegend im Backoffice-Bereich zur Zubereitung des Buffets aufhielt. Sowohl im Buffetraum als auch im Backoffice-Bereich war es nicht ausgeschlossen, dass sich ein Kontakt zu anderen Personen ergibt. Diesbezüglich geht das Vorbringen des Beschwerdeführers und auch des einvernommenen Rezeptionisten ins Leere, wonach lediglich flüchtiger Kontakt mit anderen Personen bestand. Gerade in einem Hotelbetrieb ist nach allgemeiner Erfahrung davon auszugehen, dass ein Kontakt mit anderen Personen aus Sicht des Personals nicht ausgeschlossen werden kann. Selbst wenn die Arbeitnehmerin als Buffetdame weniger unmittelbaren Kontakt zu Hotelgästen hatte, so bestand jedenfalls auch Kontakt zu anderen Arbeitskollegen. Dieser Umstand wird auch nicht bestritten. Entsprechend dem § 11 Abs 2 der 6. COVID-19-SchuMaV reicht für die Notwendigkeit eines 3G-Nachweises am Arbeitsplatz bereits aus, wenn physische Kontakte zu anderen Personen nicht ausgeschlossen werden können. Dieser Umstand ist nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts Tirol bei einem Hotelbetrieb jedenfalls als gegeben anzunehmen und reicht auch ein vermeintlich flüchtiger Kontakt zu anderen Personen, der allenfalls nur durch Vorbeigehen an anderen Personen gegeben ist, jedenfalls aus. Dem diesbezüglichen Beweisantrag auf Einholung eines Gutachtens aus dem Fach Epidemiologie zur Klärung der Frage, ob auch ein flüchtiger Kontakt zu anderen Personen ein relevantes Infektionsrisiko darstellt, war daher keine Folge zu geben. In Innenräumen und unter Anwesenheit von mehreren Personen besteht zweifelsfrei ein entsprechendes Ansteckungsrisiko. Die Einholung eines Gutachtens war daher nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts Tirol gegenständlich nicht erforderlich.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Arbeitnehmerin EE ohne entsprechenden 3G-Nachweis, der aufgrund der vorigen Ausführungen jedenfalls erforderlich gewesen wäre, am verfahrensgegenständlichen Arbeitsort als Buffetdame tätig war.
Dem Beschwerdeführer ist als handelsrechtlicher Geschäftsführer der CC GmbH mit Sitz in **** Z, Adresse 3, und damit als Inhaber der Betriebsstätte DD, **** Z, Adresse 3, die Nichterbringung eines 3G-Nachweises der Arbeitnehmerin EE gemäß § 9 Abs 1 VStG zuzurechnen.
Die Übertretung des § 11 Abs 2 der 6. COVID-19-SchuMaV steht somit in objektiver Hinsicht fest.
Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" – als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt – tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Gemäß § 5 Abs 2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Die Verbotsunkenntnis ist vorwerfbar, wenn sich der Täter trotz Veranlassung über den Inhalt der einschlägigen Normen nicht näher informiert hat. Es besteht also insoweit eine Erkundigungspflicht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat sich jedermann mit den einschlägigen Normen seines Betätigungsfeldes ausreichend vertraut zu machen (vgl VwGH 14.01.2010, 2008/09/0175). Eine derartige Erkundigungspflicht ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Existenz einschlägiger Regeln für die jeweilige Tätigkeit erkennbar ist. Dies trifft im vorliegenden Fall zu, da für Arbeitnehmer und Inhaber einer Betriebsstätte bzw eines Arbeitsortes schon allein aufgrund der medialen Berichterstattung jedenfalls Anlass bestanden hat, sich mit den einschlägigen Regeln zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 vertraut zu machen. Der Beschwerdeführer hat jedoch nichts vorgebracht, was Zweifel an seinem Verschulden aufkommen lässt.
Das Vorbringen, wonach die Durchführung eines COVID-19-Tests bei einer befugten Stelle aus betrieblichen und organisatorischen Gründen nicht möglich gewesen sei und aufgrund der am Arbeitsort durch den Arbeitgeber durchgeführten Selbsttests von einer geringen epidemiologischen Gefahr auszugehen gewesen sei, vermag ein mangelndes Verschulden nicht darzulegen. Für einen Betrieb dieser Größe ist die Organisation einer den COVID-19-rechtlichen Bestimmungen entsprechenden Teststruktur jedenfalls zumutbar. Der Verweis auf eine nicht zumutbare 14 km entfernte Testmöglichkeit bzw lange Wartzeiten und nicht betriebskonforme Öffnungszeiten bei den ortsansässigen Ärzten zur Durchführung offiziell anerkannter COVID-19-Tests reicht nicht aus.
Zudem wurden von Seiten der belangten Behörde und der Polizei bereits an den Vortagen Kontrollen im Hotel DD durchgeführt. Dabei wurde der Beschwerdeführer entsprechend den Ausführungen der belangten Behörde in der öffentlichen mündlichen Verhandlung aufgefordert, die COVID-Bestimmungen einzuhalten. Des Weiteren wurde vom Beschwerdeführer öffentlich und medienwirksam kundgetan, dass die COVID-rechtlichen Bestimmungen im Hotel nicht kontrolliert und damit auch nicht eingehalten werden würden. Die Übertretung steht daher auch in subjektiver Hinsicht fest, wobei beim Ausmaß des Verschuldens von grober Fahrlässigkeit auszugehen ist.
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Über den Beschwerdeführer wurde bei einem gemäß § 8 Abs 4 COVID-19-MG zur Verfügung stehenden Strafrahmen in der Höhe von Euro 3.600,00 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 500,00 und damit im Ausmaß von ca. 13,90 % des vorgesehenen Strafrahmens verhängt. Die Behörde ist dabei von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen ausgegangen. Hinsichtlich der spezialpräventiven Wirkung verwies die belangte Behörde auf die bereits dritte Anzeige in diesem Zeitraum und die festgestellte Resistenz gegenüber der Einhaltung der COVID-19-Bestimmunge. Generalpräventiv verwies die belangte Behörde auf diw medienwirksame bzw medienöffentliche Kundgabe der Meinung des Beschwerdeführers zu den COVID-19-Schutzbestimmungen. In Anbetracht der Ausführungen zur Strafbemessung seitens der belangten Behörde und aufgrund des Umstandes, dass ein Hotelbetrieb mit vielen Gästen und Mitarbeitern ein relevantes Infektionsrisiko dargestellt hat und, dass das Verhalten des Beschwerdeführers somit zu einer Erhöhung des epidemiologischen Gefahrenmomentes beigetragen hat, kommt eine Herabsetzung der ohnehin im unteren Bereich des Möglichen verhängten Strafe nicht in Betracht. Die von der belangten Behörde festgesetzte Geldstrafe erscheint vor diesem Hintergrund schuld- und tatangemessen.
Die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 45 Abs 1 letzter Absatz VStG lag nicht vor. Eine Ermahnung gemäß § 45 Abs 1 letzter Satz VStG scheidet schon wegen der Bedeutung des verletzten Rechtsgutes aus.
Hinsichtlich dem Vorbringen, wonach der Verordnungsgeber willkürlich für den Zeitraum vom 01.11.2021 bis 21.01.2022 SARS-CoV-2-Antigentests zur Eigenanwendung durch den Arbeitgeber am Arbeitsort nicht mehr als 3G-Nachweis gelten ließ, ist auszuführen, dass diesbezüglich seitens des Landesverwaltungsgerichtes Tirol keine Bedenken hinsichtlich einer Gesetzwidrigkeit der 6. COVID-19-SchuMaV unter Verweis auf die rechtlichen Begründungen zur verfahrensgegenständlich anzuwendenden COVID-19-Verordnung bzw zu den Vorgängerverordnungen. Aufgrund der damals stark ansteigenden 7-Tagesinzidenz und der ICU-Betten-Auslastung bedurfte es verschärfter Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie. Insbesondere durch die Einführung einer generellen der 3G-Regel am Arbeitsplatz wurde eine zentrale Infektionsquelle adressiert und in diesem Zusammenhang auf die weniger zuverlässigen SARS-CoV-2-Antigentests zur Eigenanwendung unter Aufsicht des Betreibers einer Betriebsstätte des Gastgewerbes bzw Beherbergungsbetriebes seitens des Verordnungsgebers verzichtet. Diesbezüglich wird auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 03.03.2022, Zl V 231/2021, verwiesen, mit welchem er angesichts des erhöhten Infektionsgeschehens in Einrichtungen der „Nachtgastronomie" den Zutritt nur noch für Personen mit einem PCR-Testergebnis für zulässig erachtete. Zuletzt sprach der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29.04.2022, Zl V 23/2022, auch aus, dass hinsichtlich der verfahrensgegenständlich anzuwendenden 6. COVID-19-SchuMaV dem Grunde keine Verfassungswidrigkeit vorliegt. Vor diesem Hintergrund sah sich das Landesverwaltungsgericht Tirol nicht veranlasst, einen Normprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.
Soweit sich der Beschwerdeführer dennoch wegen der Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt sieht, steht es ihm frei, selbst einen Normprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof einzubringen (Art 144 Abs 1 B-VG). Im Hinblick auf diese Möglichkeit führt die vorliegende Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes auch zu keiner Beschneidung der Rechtsschutzmöglichkeiten des Beschwerdeführers (vgl VwGH 27.02.2015, Ra 2015/06/0009).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist abzuweisen.
Die Vorschreibung der Kosten im Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 52 VwGVG.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen ist, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Außerlechner
(Richter)
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