BVwG W268 2240876-1

BVwGW268 2240876-125.1.2022

AsylG 2005 §7 Abs1
AsylG 2005 §7 Abs3
B-VG Art133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W268.2240876.1.00

 

Spruch:

 

W268 2240876-1/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Iris GACHOWETZ als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.02.2021, Zl. 732503200/191187348, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 7 Abs. 1 und Abs. 3 AsylG 2005 idgF aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I. Verfahrensgang

 

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, reiste am 25.08.2002 unter Umgehung der Grenzbestimmungen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 26.08.2002 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.01.2003, Zl. 02 23.560-BAG, wurde der Asylantrag vom 26.08.2002 gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen und gemäß § 8 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in sein Herkunftsland zulässig sei. Dieser Bescheid erwuchs am 24.01.2003 in Rechtskraft.

 

3. Am 14.08.2003 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.01.2005, Zl. 03 25.032-BAL, wurde der zweite Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

 

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 17.02.2005 fristgerecht Berufung.

 

6. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 20.06.2005, Zl. 234.839/6-VIII/23/05, wurde der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

 

7. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.06.05, Zl. 03 25.032-BAL, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 7 AsylG 1997 in Österreich Asyl gewährt und gemäß § 12 AsylG festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Dieser Bescheid erwuchs am 20.07.2005 in Rechtskraft.

 

8. Am 09.08.2017 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Kontrollmitteilung über Reisebewegungen des Beschwerdeführers von FRONTEX am Grenzübergang Terespol (Polen/Weißrussland) ein. Der Beschwerdeführer wurde dabei am 22.07.2017 bei diesem Grenzübergang kontrolliert und legte dabei seinen russischen Auslandsreisepass XXXX gültig von 28.06.2017 bis 28.06.2027, vor. Aus der im Akt befindlichen Mitteilung geht weiters hervor, dass der Beschwerdeführer seit Ausstellung seines österreichischen Konventionsreisepasses am 06.06.2017 bereits zum vierten Mal innerhalb von sechs Wochen die EU Richtung Russische Föderation verlassen hat.

 

9. Am 20.11.2019 leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Verfahren zur Aberkennung des Status als Asylberechtigter ein.

 

10. Am 04.09.2020 langte erneut beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Kontrollmitteilung über Reisebewegungen des Beschwerdeführers von FRONTEX am Grenzübergang Terespol (Polen/Weißrussland) ein. Der Beschwerdeführer wurde dabei am 02.09.2020 bei diesem Grenzübergang kontrolliert und legte dabei seinen russischen Auslandsreisepass XXXX vor.

 

11. Auch am 13.10.2020 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine weitere Kontrollmitteilung über Reisebewegungen des Beschwerdeführers von FRONTEX am Grenzübergang Terespol (Polen/Weißrussland) ein. Der Beschwerdeführer wurde dabei am 12.10.2020 bei diesem Grenzübergang kontrolliert und legte dabei seinen russischen Auslandsreisepass XXXX vor.

 

12. Am 17.11.2020 fand eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Am selben Tag wurde weiters ein Sohn des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Am 18.11.2020 wurden die Exfrau sowie zwei Töchter des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen.

 

13. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.02.2021 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG wurde gemäß § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG als unzulässig erkannt und dem Beschwerdeführer gemäß § 58 Abs. 2 und 3 AsylG iVm § 55 AsylG eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Abs. 2 AsylG erteilt (Spruchpunkt IV.).

 

14. Am 24.02.2021 erging ein Aktenvermerk des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 und 2 AsylG.

 

15. Mit Verfahrensanordnung vom 24.02.2021 wurde ihm ein Rechtsberater für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

 

16. Am 22.03.2021 erhob der Beschwerdeführer gegen Spruchpunkte I. und II. des Bescheides vom 22.02.2021 Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den Beschwerdeführer günstigerer Bescheid erzielt worden wäre.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation und trägt die im Spruch ersichtlichen Personalien. Er ist Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe und muslimischen Glaubens.

 

Der Beschwerdeführer wurde in Wedeno, Russland, geboren, ist geschieden und hat sechs Kinder. Mit einem Sohn wohnt der Beschwerdeführer im selben Haushalt, zwei Kinder wohnen bei der Mutter, welche ebenso im Bundesgebiet aufhältig ist, zwei weitere Kinder sind in einer anderen Unterkunft in Wien aufhältig und ein Sohn befindet sich in Weißrussland.

 

Die Eltern sowie drei Brüder und zwei Schwestern des Beschwerdeführers sind bereits verstorben. Der Beschwerdeführer verfügt über einen Bruder in der Ukraine, welcher verheiratet ist, fünf Kinder hat und als Hilfsarbeiter tätig ist. Ein weiterer Bruder lebt und arbeitet ebenso als Hilfsarbeiter in Moskau, ist verheiratet und hat vier Kinder. Zwei Schwestern des Beschwerdeführers leben in Tschetschenien. Beide sind verheiratet und Hausfrauen. Eine davon hat zwei und die andere drei Kinder. Weitere Geschwister sind nicht in Tschetschenien aufhältig.

 

In Österreich sind ferner drei Cousinen und ein Cousin des Beschwerdeführers wohnhaft.

 

Der Beschwerdeführer spricht Russisch, weitere Sprachkenntnisse kann er nicht aufweisen, jedoch besucht er Deutschkurse.

 

Bevor der Beschwerdeführer im Jahr 2003 nach Österreich reiste, war er bis zum Jahr 1999 als Gelegenheitsarbeiter tätig. Anschließend wurde er von seinen Eltern finanziert.

 

Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht auch keine Mindestsicherung. Er wird von seinen in Österreich lebenden Kindern finanziert.

 

Der Beschwerdeführer verfügt über keinen österreichischen Freundeskreis und ist auch in keinem Verein aktiv tätig.

 

Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines russischen Auslandsreisepasses und reiste damit bereits mehrmals in die russische Föderation ein.

 

Der Beschwerdeführer leidet an keiner schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankung und ist arbeitsfähig.

 

Der Beschwerdeführer ist im Bundesgebiet strafgerichtlich unbescholten.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.06.2005, 03 25.032-BAL, wurde ihm der Status des Asylberechtigten zuerkannt.Im Zeitraum vom 07.09.2018 bis 06.08.2019 war der Beschwerdeführer obdachlos gemeldet. Von 07.08.2019 bis 08.06.2020 lag keine Meldung im Zentralen Melderegister vor. Von 09.06.2020 bis 23.12.2020 hatte der Beschwerdeführer nur einen Nebenwohnsitz in Österreich. Seit 23.12.2020 ist der Beschwerdeführer wieder hauptwohnsitzgemeldet in Österreich.

 

Es liegen keine Hinweise auf eine Verständigung der nach dem NAG zuständigen Aufenthaltsbehörde durch das Bundesamt vor. Dem Beschwerdeführer kommt kein Aufenthaltstitel nach dem NAG zu.

 

 

2. Beweiswürdigung:

 

2.1. Zum Verfahrensgang:

 

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

 

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers, seiner Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie zu seinem Geburtsort ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt. Dem Akt liegt eine Kopie des russischen Reisepasses des Beschwerdeführers (AS 7) bei.

 

Die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen des Beschwerdeführers und dem Aufenthalt seiner Kinder beruhen auf dem unstrittigen Akteninhalt sowie seinen Angaben in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 17.11.2020 (AS 125ff).

 

In Bezug auf die Feststellungen zu den Aufenthaltsorten der Familienmitglieder des Beschwerdeführers ist ebenso auf seine Ausführungen in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 17.11.2020 zu verweisen (AS 127ff).

 

Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen des Beschwerdeführers stützen sich auf seine Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 17.11.2020 (AS 129).

 

Die Feststellungen zu seinem Leben im Herkunftsland ergeben sich aus seinen Angaben vor dem Bundesasylamt am 03.12.2002 (AS 57).

 

Die Feststellungen zur Finanzierung des Lebensunterhalts des Beschwerdeführers und zu seinem Leben in Österreich ergeben sich aus seinen eigenen Angaben (AS 129).

 

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich ebenso aus seinen Angaben in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 17.11.2020 (AS 123).

 

Die Feststellungen zu seinen Reisen in den Herkunftsstaat ergeben sich aus den im Akt ersichtlichen Kontrollmitteilungen über seine Reisebewegungen.

 

Dass der Beschwerdeführer einen russischen Auslandsreisepass besitzt, bestätigte er in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (AS 131).

 

Die Feststellungen zu der strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers gründen auf der Einsichtnahme in einen aktuellen Strafregisterauszug.

 

Die Feststellungen zur Meldung des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem zentralen Melderegister.

 

Aus dem Akt ergibt sich, dass dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel nach dem NAG zukommt. Ebenso wurde im Bescheid selbst angeführt, dass keine Meldung der zuständigen NAG-Behörde erfolgt sei.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A)

 

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Aberkennung):

 

3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 AsylG ist der Status des Asylberechtigten einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

 

1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;

 

2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder

 

3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

 

Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und Z 2 AsylG 2005 mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen.

 

Gemäß Art. 1 Abschnitt C der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), wird dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet werden, wenn sie

 

1. sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt hat; oder

 

2. die verlorene Staatsangehörigkeit freiwillig wieder erworben hat; oder

 

3. eine andere Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz des neuen Heimatlandes genießt; oder

 

4. sich freiwillig in den Staat, den sie aus Furcht vor Verfolgung verlassen oder nicht betreten hat, niedergelassen hat; oder

 

5. wenn die Umstände, aufgrund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen.

 

6. staatenlos ist und die Umstände, aufgrund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen, sie daher in der Lage ist, in ihr früheres Aufenthaltsland zurückzukehren.

 

3.1.2. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde die amtswegig durchgeführte Aberkennung auf § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 gestützt und dies damit begründet, dass der in Art. 1 Abschnitt C Z 5 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführte Endigungsgrund eingetreten sei, da sich der BF durch die Ausstellung eines Reisepasses seines Heimatlandes sowie durch oftmalige Heimreisen unter dessen Schutz gestellt hätte.

3.1.3. Gemäß § 7 Abs. 3 AsylG 2005 kann das Bundesamt einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3), den Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 nicht aberkennen, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt – wenn auch nicht rechtskräftig – nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teilt diese dem Bundesamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 aberkannt werden.

3.1.4. Im gegenständlichen Fall erfolgte die Erlassung des angefochtenen Bescheides, mit welchem die Aberkennung des Asylstatus ausgesprochen wurde, mehr als fünf Jahre nach der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten im Jahr 2005. Der Beschwerdeführer ist unbescholten, hatte seinen Hauptwohnsitz jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl im Bundesgebiet und trifft dies auch nach wie vor zu. Dem Beschwerdeführer wurde am 22.02.2021 aufgrund der langen Aufenthaltsdauer und der daraus folgenden Aufenthaltsverfestigung amtswegig der Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK gem. § 55 Abs. 1 und 2 AsylG erteilt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 16.12.2015, Ro 2014/03/0083, festgehalten, dass das Verwaltungsgericht, wenn es in der Sache selbst entscheidet, seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten hat. Gleiches gilt auch für den Fall, dass ein Verwaltungsgericht nicht in der Sache selbst entscheidet, zumal andernfalls die für einen solchen Fall angeordnete Bindung der Verwaltungsbehörde an die Begründung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung konterkariert würde (vgl. § 28 VwGVG, insbesondere Abs. 3 und 4 sowie aus der gefestigten Rechtsprechung VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076; VwGH 29.1.2015, Ro 2014/07/0105; VwGH 18.2.2015, Ra 2015/04/0007; VwGH 27.5.2015, Ra 2014/12/0021; VwGH 23.6.2015, Ra 2014/22/0199; VwGH 27.7.2015, Ra 2015/11/0055; VwGH 20.10.2015, Ra 2015/09/0035). Allfällige Änderungen des maßgeblichen Sachverhalts und der Rechtslage seit der erstinstanzlichen Entscheidung sind daher zu berücksichtigen.

Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 liegen im gegenständlichen Verfahren zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr vor, da der unbescholtene Beschwerdeführer aktuell in Österreich (wieder) mit einem Hauptwohnsitz gemeldet ist und keine Hinweise darauf vorliegen, dass er das Verlassen des Bundesgebietes beabsichtigt. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel nach dem NAG zukommen würde. Dass das BFA dem Beschwerdeführer amtswegig der Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK gem. § 55 Abs. 1 und 2 AsylG erteilt hat, ersetzt nicht die Titelerteilung durch die NAG-Behörde. § 7 Abs. 3 AsylG 2005 steht daher einer Aberkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 entgegen.

Es deutet auch nichts darauf hin, dass der Beschwerdeführer sonstige Aberkennungstatbestände nach § 7 Abs. 1 Z 1 oder 3 AsylG 2005 verwirklicht hätte.

 

3.1.5. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der gegenständliche Bescheid aufzuheben ist, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu B)

 

Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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