BVwG W278 2211979-1

BVwGW278 2211979-16.3.2019

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:W278.2211979.1.00

 

Spruch:

W278 2211979-1/10E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HABITZL als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörige Chinas, vertreten durch RA Kanzlei Dr. Blum, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.11.2018, Zahl: 116420701-160873764, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.02.2019 zu Recht:

 

A) I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

1. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge BF), eine weibliche Staatsbürgerin der Volksrepublik China, reiste am 18.06.2016 legal mit gültigem Reisepass XXXX , ausgestellt am 23.12.2015 von der Volksrepublik China und gültigem Schengen Visum Nr. XXXX , ausgestellt am 05.06.2016 in das Bundesgebiet ein. Sie brachte am 22.06.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge Bundesamt) ein.

 

1.2. Die BF wurde am 22.06.2016 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Chinesisch zu ihrem Antrag auf internationalen Schutz erstbefragt. Dabei gab sie im Wesentlichen zum Fluchtgrund an, sie habe in China regelmäßig an religiösen Treffen teilgenommen. Eines Tages sei eine Anhängerin und Freundin der BF grundlos verschwunden. Der Vater dieser Freundin habe daraufhin die Polizei verständigt. Um eine eventuelle Festnahme ihrer Person zu entgehen, habe sie den Entschluss gefasst China zu verlassen, da diese Art von Religion verboten sei.

 

1.3. Am 02.03.2018 wurde die BF vor dem Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Zum Fluchtgrund gab die sie dabei im Wesentlichen an, dass ihre Mutter, Schwester und sie Mitglieder der Gemeinschaft "Quannengshen- Kirche des allmächtigen Gottes" seien. Während ihrer Zeit als Studentin habe sie an Treffen dieser Religionsgemeinschaft teilgenommen. Zu Jahresbeginn 2016 habe eine Freundin der BF, die ebenfalls der Glaubensgemeinschaft angehöre, aus Angst vor polizeilicher Verfolgung, die Uni verlassen und sei untergetaucht. Der Vater dieser Freundin habe gewusst, dass auch die BF der Glaubensgemeinschaft angehöre und habe sie, nachdem sie ihm keine Auskunft über den Verbleib seiner Tochter geben konnte, bei der Polizei verraten. Nachdem die Polizei auf der Universität nach der BF gesucht habe, sei sie zu ihrer Tante gefahren. Nachdem die BF erfahren habe, dass die Polizei nach ihr bei ihrem Vater und auch auf der Universität gesucht habe, fasste sie den Entschluss zur Ausreise. Auch sei die BF bereits vor diesem Ereignis dreimalig von der Polizei zum Verbleib ihrer Mutter befragt worden, die schon 2015 nach einer einwöchigen Polizeihaft untergetaucht sei. Aus diesem Grund habe sie auch Probleme auf der Universität sowie zusätzlich Angst bekommen und den Entschluss zur Ausreise gefasst.

 

1.4. Mit dem gegenständlichen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.11.2018, wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat China (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der BF gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach China zulässig ist (Spruchpunkt V.).

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die BF habe in unglaubwürdiger Weise eine Verfolgung aufgrund ihrer Zugehörigkeit der Glaubensgemeinschaft "Eastern Lightning" behauptet. Beweiswürdigend wurde hierzu zusammengefasst ausgeführt, dass die Glaubwürdigkeit der BF, aufgrund sich widersprechender Angaben zum Fluchtgrund, nicht gegeben sei. Die in der Erstbefragung gegenüber den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemachten Vorbringen zu den Fluchtgründen seien zu den im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt gemachten Angaben differierend. Die Glaubwürdigkeit der BF sei zusätzlich durch den Umstand geschmälert worden, dass sie große Wissenslücken zu der Glaubensgemeinschaft habe und auch den Zeitpunkt der Annahme des Glaubens widersprüchlich angegeben habe. Erst gegen Ende der Befragung vor dem Bundesamt habe die BF die Verhaftung der Mutter vorgebracht und dass sie diesbezüglich dreimalig von der Polizei aufgesucht und befragt worden sei, was vom Bundesamt als Steigerung des Fluchtvorbringens gewürdigt wurde. Ebenso habe die BF in keiner Weise die Verfolgung ihrer Schwester vorgebracht, obwohl diese ebenfalls dieser Glaubensgemeinschaft angehört habe. Die belangte Behörde schlussfolgerte, dass die BF sich zwar mit dieser Glaubensrichtung auseinandergesetzt habe jedoch keine tatsächliche Bedrohung bezüglich dieses Vorbringens gegen die BF festgestellt werden könne. Auch die tatsächliche Zugehörigkeit sei aufgrund der widersprüchlichen Angaben der BF nicht glaubhaft. Es handle sich vielmehr um ein schlecht durchdachtes Rahmenkonstrukt

 

Zur Rückkehrentscheidung wurde zusammengefasst festgestellt, dass die BF keine aktuell drohende Verfolgung zu erwarten habe und in der VR China keiner Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Als gesunde junge Frau sei davon auszugehen, dass sie auch nach der Rückkehr in ihr Heimatland ihren Lebensunterhalt sichern könne. Des Weiteren führte das Bundesamt zusammengefasst aus, dass die BF über Familie in China verfüge, die sie bereits vor ihrer Ausreise unterstützt habe und davon auszugehen sei, dass sie die BF auch im Falle ihrer Rückkehr unterstützen werden.

 

1.5. Gegen diesen Bescheid erhob die BF am 17.12.2018 fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzungen von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhalts. Begründend wurde zusammengefasst vorgebracht, dass die von der belangten Behörde festgestellten Widersprüche zwischen Erstbefragung und Einvernahme vor dem Bundesamt damit aufzuklären seien, dass die BF aus einem Überwachungsstaat komme und daher aus Furcht vor der Polizei ihren Fluchtgrund in der Erstbefragung nicht näher ausgeführt habe. Das im Bescheid ausgeführte mangelnde Wissen der BF über die Religionsgemeinschaft basiere auf einem falschen Verständnis der Glaubensrichtung. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und die Zulässigkeit der Abschiebung nach China sei, aufgrund des Umstandes, dass die Behörden Chinas wiederholt versucht habe die Kirche des allmächtigen Gottes auszulöschen und generell deren Mitglieder bestraft werden, nicht rechtmäßig erfolgt. Dies entspreche auch der im Bescheid zitierten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation. Ebenso habe es die belangte Behörde unterlassen die Beteiligung der BF für die christliche Glaubensbewegung in Österreich in die Entscheidung miteinzubeziehen. Auch wurde in der Beschwerde moniert, dass die von der BF gesetzten Schritte zu ihrer Integration nicht ausreichend gewürdigt wurde. Mit Beschwerdevorlage wurden mehrere Unterstützungsschreiben, das Prüfungszeugnis ÖIF Tests A2, die Kopie des Freiwilligenpasses der BF, eine Kursbestätigung für den Sprachkurs B1, diverse Bestätigungen über Freiwilligentätigkeiten der BF, ein Zeitungsartikel mit einem Bildbericht der die BF zeigt, 3 Fotos vom Aktionstag " XXXX " am 10.12.2018, sowie eine schriftliche Stellungnahme der BF in das Verfahren eingebracht. In dieser schriftlichen Stellungnahme führte die BF im Wesentlichen den bisher geschilderten Fluchtgrund in chronologischer Reihenfolge aus und erläuterte die Situation der Glaubensgemeinschaft von Internet Quellen.

 

Das Bundesamt legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt am 21.12.2018 dem Bundesverwaltungsgericht (in weiterer Folge BVwG) vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

1.6 Für 20.02.2019 wurde vom Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung anberaumt. Am 19.02.2019 brachte die BF eine persönliche Stellungnahme zu den Länderinformationen, eine Bestätigung des Vereins "Kirche des allmächtigen Gottes" aus Deutschland, mehrere Artikel über die Verfolgung der Mitglieder dieser Glaubensgemeinschaft aus diversen Zeitschriften, ein weiteres Unterstützungsschreiben, sowie Screenshots einer Whats App Kommunikation in das Verfahren ein.

 

1.7 Das BVwG führte am 20.02.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein eines Dolmetsches für die Sprache Chinesisch durch, zu der die BF persönlich, ihr Rechtanwalt sowie ein Vertreter des Bundesamtes erschienen. Dabei gab die BF auf richterliche Befragung im Wesentlichen folgendes an:

 

Die BF habe bis 2012 in ihrer Heimatstadt XXXX , von 2012 bis 2016 auf der Universität in XXXX und vor ihrer Ausreise im Juni 2016 bei ihrer Tante in XXXX gewohnt. Die BF habe die Mittelschule abgeschlossen und fast 4 Jahre Medizin studiert. In China leben ihr Vater, ihre Mutter, ihre Schwester und ihr Bruder, sowie weitere Verwandte, wobei Mutter und Schwester untergetaucht seien. Aus Angst vor Telefonüberwachungen bestehe auch kein Kontakt zu den übrigen Familienmitgliedern.

 

Zu ihrer Integration in Österreich führte die BF aus, dass sie einen Sprachkurs besucht habe, derzeit für die B1 Prüfung lerne, regelmäßig in den Gottesdienst der Gemeinde gehe und freiwillig arbeite. Auch habe sie sich für einen Ausbildungskurs für Pflegepersonal angemeldet. Seit August 2016 sei die BF auch Mitglied des Vereins "Kirche des Allmächtigen Gottes" in Deutschland und nehme regelmäßig an Internet Gottesdiensten teil.

 

Zu ihren Fluchtgründen führte die BF aus, dass sie im Juli 2013 der Glaubensgemeinschaft "Kirche des allmächtigen Gottes" beigetreten sei. Auch ihre Mutter und Schwester seien Mitglieder dieser Glaubensgemeinschaft. Ihre Mutter sei aufgrund dieser Mitgliedschaft für eine Woche von der Polizei inhaftiert und misshandelt worden. Dreimal wurde die BF von der Polizei zum Verbleib der Mutter befragt. Nachdem eine Freundin der BF, ebenfalls Mitglied der Glaubensgemeinschaft, aus Furcht vor Verfolgung durch die Polizei untergetaucht sei, verriet der Vater dieser Freundin die BF bei der Polizei. Die Polizei suchte im Anschluss nach der BF auf der Universität und bei ihrem Vater. Die BF hielt sich während dieser Zeit bei ihrer Tante auf und konnte ihre Flucht organisieren, indem sie über ein Vermittlungsbüro ein Visum beantragte und einen Direktflug nach Österreich gebucht habe.

 

2. Feststellungen:

 

Beweis wurde erhoben durch:

 

Einsichtnahme in die Erstbefragung vom 22.06.2016, die Einvernahme vor dem Bundesamt vom 02.03.2018, den gegenständlichen Bescheid vom 22.11.2018, die Beschwerde vom 17.12.2018.

 

Einvernahme der BF im Rahmen der öffentlich mündlichen Verhandlung am 20.02.2019.

 

Einsichtnahme in das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu China (Stand 14.11.2017, letzte Kurzinformation eingefügt am 05.02.2018).

 

Einsichtnahme in die ACCORD Beantwortung vom 25.10.2017, Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 05.06.2018 sowie vom 24.11.2016.

 

Einsichtnahme in mehrere von der BF vorgelegte Unterstützungsschreiben, das Prüfungszeugnis ÖIF Tests A2, die Kopie des Freiwilligenpasses der BF, eine Kursbestätigung für den Sprachkurs B1, diverse Bestätigungen über Freiwilligentätigkeiten der BF, sowie in einen Zeitungsartikel mit Bildbericht der die BF zeigt, sowie in 3 Fotos vom Aktionstag " XXXX " am 10.12.2018 und in eine mit der Beschwerde eingebrachte schriftliche Stellungnahme der BF.

 

Einsichtnahme in eine weitere am 19.02.2019 eingebrachte Stellungnahme der BF zu den Länderinformationen und zur ACCORD Anfrage sowie in diverse eingebrachte Artikel des Magazins " XXXX " und in den Jahresbericht der "Kirche des allmächtigen Gottes"

 

Einsichtnahme in Screenshots in eine Whats App Kommunikation mit

XXXX.

 

Einsichtnahme in eine Bestätigung des Vereins Kirche des allmächtigen Gottes aus Deutschland vom 08.02.2019

 

Einsichtnahme in aktuelle Auszüge aus Strafregister, GVS, IZR und ZMR.

 

Demnach steht folgender Sachverhalt fest:

 

2.1. Die BF führt den im Spruch genannten Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Sie ist Staatsangehörige der Volksrepublik China, gehört der Volksgruppe der Han an, spricht Chinesisch als Muttersprache und Deutsch auf Niveau A2. Die BF lebte bis zu ihrer Ausreise durchgehend in China und hat dort ihre überwiegende Sozialisierung erhalten. Die BF besuchte 5 Jahre die Grundschule, 6 Jahre die Mittelschule, die sie auch abschloss und studierte im Anschluss fast 4 Jahre Medizin. Sämtliche Familienangehörigen der BF leben in China.

 

2.2. Die BF ist gesund, ledig, kinderlos und lebt nicht in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft.

 

2.3. Die BF reiste am 18.06.2016 legal mit gültigem chinesischem Reisepass und gültigem Visum in das Bundesgebiet ein und stellte am 22.06.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Sie hat im Bundesgebiet keine Familienmitglieder oder Verwandte. Die BF verfügt über soziale Kontakte in Österreich, mit denen sie jedoch nicht besonders eng verbunden ist oder zu denen ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Sie ist nicht Mitglied in einem Verein in Österreich, besucht regelmäßig den Gottesdienst in ihrer Wohngemeinde. Die BF wurde für einen zwei semestrigen Vorbereitungslehrgang der Schule für Sozialbetreuungsberufe aufgenommen. Eine ausgeprägte und verfestigte Integration der BF in Österreich kann insbesondere aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer von unter drei Jahren nicht festgestellt werden. Die beschwerdeführende Partei hat familiäre Anknüpfungspunkte in China.

 

2.4. Die BF ist strafgerichtlich unbescholten.

 

2.5. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF aufgrund einer bestimmten Religionszugehörigkeit einer staatlichen Verfolgung im Herkunftsland China ausgesetzt war. Ebenso kann nicht festgestellt werden, dass sie eine konkrete Verfolgung oder Bedrohung in China aufgrund ihrer behaupteten Religionszugehörigkeit im Falle ihrer Rückkehr zu befürchten hätte.

 

2.6. Es können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass die BF im Falle einer Rückkehr nach China Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe, oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden. Es kann ferner nicht festgestellt werden, dass die BF im Falle ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und ihr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

 

2.7 Das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen konnte nicht festgestellt werden.

 

2.8. Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat

 

Aufgrund der in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt in das Verfahren eingeführten und mit der beschwerdeführenden Partei erläuterten Erkenntnisquellen werden folgende Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers getroffen:

 

(Auszug aus dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu China, gekürzt und bereinigt):

 

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation China Volksrepublik

 

Stand Februar 2018

 

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

 

KI vom 05.02.2018: Festnahme des regierungskritischen Anwaltes Yu Wensheng, betrifft Abschnitt 10. Allgemeine Menschenrechtslage.

 

Yu Wensheng, ein regierungskritischer Anwalt, wurde nach Angaben seiner Frau am Morgen des 19.1.2018 festgenommen, als er mit seinem Sohn zur Schule ging (The Guardian 19.1.2018).

 

Wenige Stunden vor seiner Verhaftung forderte Yu Wensheng von Präsident Xi Jinping in einem offenen Brief Verfassungsreformen (DW 19.1.2018).

 

International bekannt wurde der prominente Kritiker, als er 2017 gemeinsam mit fünf anderen Anwälten versuchte, die Regierung seines Landes wegen des gesundheitsschädlichen Smogs zu verklagen (DZ 29.1.2018). Als Anwalt hat Yu mehrere andere Menschenrechtsanwälte und Demonstranten aus Hongkong vertreten, die dort für mehr Demokratie auf die Straße gegangen sind und festgenommen worden waren (DW 1.2.2018).

 

Im Oktober vergangenen Jahres wurde Yu Wensheng vorübergehend inhaftiert, weil er in einem offenen Brief Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping wegen dessen Stärkung des Totalitarismus als für das Amt nicht geeignet bezeichnet hatte (NZZ 1.2.2018).

 

Der Verbleib von Yu Wensheng war zunächst unklar (DP 19.1.2018); nach Angaben von Amnesty International übernahm die Polizei von Xuzhou in der ostchinesischen Provinz Jiangsu den Fall. Der Anwalt werde derzeit unter "Hausarrest an einem ausgesuchten Ort festgehalten, ohne dass dieser Ort bekannt wäre, so Amnesty International (DZ 29.1.2018).

 

Gemäß Amnesty International sei der chinesische Menschenrechtsanwalt der "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" beschuldigt worden (DP 19.1.2018). Der Vorwurf der Subversion ist eine schwerwiegende Anklage, die eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren bedeuten kann. Im vergangenen Dezember war etwa der regierungskritische Blogger Wu Gan deswegen zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden (DZ 29.1.2018).

 

Der kritische Jurist ist das jüngste Opfer der seit mehr als zwei Jahren anhaltenden Verfolgungswelle gegen Anwälte, Mitarbeitern von Kanzleien, Aktivisten und deren Familienmitgliedern. Mehr als 300 wurden nach Angaben von Menschenrechtsgruppen seit Juli 2015 inhaftiert, verhört, unter Hausarrest gestellt oder an der Ausreise gehindert. Vier wurden verurteilt, 16 warten noch auf ihren Prozess (DP 19.1.2018). Mindestens eine Person aus der angeführten Gruppe sei verschwunden (BBC 16.1.2018).

 

Politische Lage

 

Die Volksrepublik China ist mit geschätzten 1,374 Milliarden Einwohnern (Stand Juli 2016) und einer Fläche von 9.596.960 km² der bevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 26.7.2017).

 

China ist in 22 Provinzen, die fünf Autonomen Regionen der nationalen Minderheiten Tibet, Xinjiang, Innere Mongolei, Ningxia und Guangxi, sowie vier regierungsunmittelbare Städte (Peking, Shanghai, Tianjin, Chongqing) und zwei Sonderverwaltungsregionen (Hongkong, Macau) unterteilt. Nach dem Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme", welcher der chinesisch-britischen "Gemeinsamen Erklärung" von 1984 über den Souveränitätsübergang im Jahr 1997 zugrunde liegt, kann Hongkong für 50 Jahre sein bisheriges Gesellschaftssystem aufrecht erhalten und einen hohen Grad an Autonomie genießen. Trotz starker öffentlicher Kritik in Hongkong hält die chinesische Regierung bezüglich einer möglichen Wahlrechtsreform für eine allgemeine Wahl des Hongkonger Regierungschefs (Chief Executive) an den Vorgaben fest, die der Ständige Ausschuss des Pekinger Nationalen Volkskongresses 2014 zur Vorabauswahl von Kandidaten gemacht hat. Dies hat in Hongkong zur Blockade der vorgesehenen Reform geführt und zu einem Erstarken von Bestrebungen nach größerer Autonomie, vereinzelt sogar zu Rufen nach Unabhängigkeit, auf die Peking scharf reagiert. Nach einem ähnlichen Abkommen wurde Macau am 20. Dezember 1999 von Portugal an die Volksrepublik China zurückgegeben. Die Lösung der Taiwanfrage durch friedliche Wiedervereinigung bleibt eines der Hauptziele chinesischer Politik (AA 4 .2017a).

 

Gemäß ihrer Verfassung ist die Volksrepublik China ein "sozialistischer Staat unter der demokratischen Diktatur des Volkes, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht" (AA 4 .2017a). China ist ein autoritärer Staat, in dem die Kommunistische Partei (KP) verfassungsmäßig die höchste Autorität ist. Beinahe alle hohen Positionen in der Regierung sowie im Sicherheitsapparat werden von Mitgliedern der KP gehalten (USDOS 3.3.2017). Die KP ist der entscheidende Machtträger. Nach dem Parteistatut wählt der alle fünf Jahre zusammentretende Parteitag das Zentralkomitee (376 Mitglieder, davon 205 mit Stimmrecht), das wiederum das Politbüro (25 Mitglieder) wählt. Ranghöchstes Parteiorgan und engster Führungskern ist der zurzeit siebenköpfige "Ständige Ausschuss" des Politbüros. Dieser gibt die Leitlinien der Politik vor. Die Personalvorschläge für alle diese Gremien werden zuvor im Konsens der Parteiführung erarbeitet (AA 4 .2017a; vgl. USDOS 3.3.2017).

 

An der Spitze der Volksrepublik China steht der Staatspräsident, der gleichzeitig Generalsekretär der KP und Vorsitzender der Zentralen Militärkommission ist und somit alle entscheidenden Machtpositionen auf sich vereinigt. Der Ministerpräsident (seit März 2013 Li Keqiang) leitet den Staatsrat, die eigentliche Regierung. Er wird von einem "inneren Kabinett" aus vier stellvertretenden Ministerpräsidenten und fünf Staatsräten unterstützt. Der Staatsrat fungiert als Exekutive und höchstes Organ der staatlichen Verwaltung. Alle Mitglieder der Exekutive sind gleichzeitig führende Mitglieder der streng hierarchisch gegliederten Parteiführung (Ständiger Ausschuss, Politbüro, Zentralkomitee), wo die eigentliche Strategiebildung und Entscheidungsfindung erfolgt (AA 4 .2017a).

 

Der 3.000 Mitglieder zählende Nationale Volkskongress (NVK) wird durch subnationale Kongresse für fünf Jahre gewählt. Er wählt formell den Staatspräsidenten für fünf Jahre und bestätigt den Premierminister, der vom Präsidenten nominiert wird (FH 1.2017a). Der NVK ist formal das höchste Organ der Staatsmacht. NVK-Vorsitzender ist seit März 2013 Zhang Dejiang (AA 4 .2017a). Der NVK ist jedoch vor allem eine symbolische Einrichtung. Nur der Ständige Ausschuss trifft sich regelmäßig, der NVK kommt einmal pro Jahr für zwei Wochen zusammen, um die vorgeschlagene Gesetzgebung anzunehmen (FH 1.2017a). Eine parlamentarische oder sonstige organisierte Opposition gibt es nicht. Die in der sogenannten Politischen Konsultativkonferenz organisierten acht "demokratischen Parteien" sind unter Führung der KP Chinas zusammengeschlossen; das Gremium hat lediglich eine beratende Funktion (AA 4 .2017a).

 

Beim 18. Kongress der KP China im November 2012 wurde, nach einem Jahrzehnt, ein Führungswechsel vollzogen (AI 23.5.2013). Bei diesem Parteitag wurden die Weichen für einen Generationswechsel gestellt und für die nächsten fünf Jahre ein neues Zentralkomitee, Politbüro und ein neuer Ständiger Ausschuss bestimmt (AA 4 .2017a). Xi Jinping wurde zum Generalsekretär der KP und zum Vorsitzenden der Zentralen Militärkommission gekürt. Seit dem 12. Nationalen Volkskongress im März 2013 ist Xi Jinping auch Präsident Chinas (AA 4 .2017a; vgl. FH 1.2017a). Er hält damit die drei einflussreichsten Positionen (USDOS 3.3.2017). Die neue Staatsführung soll - wenngleich die Amtszeit offiziell zunächst fünf Jahre beträgt - mit der Möglichkeit einer Verlängerung durch eine zweite, ebenfalls fünfjährige, Amtsperiode bis 2022 (und möglicherweise auch darüber hinaus) an der Macht bleiben (HRW 12.1.2017). Vorrangige Ziele der Regierung sind eine weitere Entwicklung Chinas und Wahrung der politischen und sozialen Stabilität durch Machterhalt der KP. Politische Stabilität gilt als Grundvoraussetzung für wirtschaftliche Reformen. Äußere (u.a. nachlassende Exportkonjunktur) und innere (u.a. alternde Gesellschaft, Umweltschäden, Wohlfahrtsgefälle) Faktoren machen weitere Reformen besonders dringlich. Die Rolle der Partei in allen Bereichen der Gesellschaft soll gestärkt werden. Gleichzeitig laufen Kampagnen zur inneren Reformierung und Stärkung der Partei. Prioritäten sind Kampf gegen die Korruption und Verschwendung, Abbau des zunehmenden Wohlstandsgefälles, Schaffung nachhaltigeren Wachstums, verstärkte Förderung der Landbevölkerung, Ausbau des Bildungs- und des Gesundheitswesens, Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und insbesondere Umweltschutz und Nahrungsmittelsicherheit. Urbanisierung ist und bleibt Wachstumsmotor, bringt aber gleichzeitig neue soziale Anforderungen und Problemlagen mit sich. Erste Ansätze für die zukünftige Lösung dieser grundlegenden sozialen und ökologischen Entwicklungsprobleme sind sichtbar geworden, haben deren Dimension aber zugleich deutlich aufgezeigt (AA 4 .2017a).

 

Sicherheitslage

 

Proteste auf lokaler Ebene haben in ganz China stark zugenommen. Sie richten sich vor allem gegen steigende Arbeitslosigkeit und Vorenthaltung von Löhnen, hauptsächlich von Wanderarbeitern. Bei den bäuerlichen Protesten auf dem Land geht es meistens um die (entschädigungslose oder unzureichend entschädigte) Enteignung von Land und fehlende Rechtsmittel. Auch stellen die chemische Verseuchung der Felder durch Industriebetriebe oder Umweltkatastrophen Gründe für Proteste dar. Nachdem die Anzahl sogenannter. "Massenzwischenfälle" über Jahre hinweg rasch zunahm, werden hierzu seit 2008 (mehr als 200.000 Proteste) keine Statistiken mehr veröffentlicht. Zwei Aktivisten, die seit 2013 durch eigene, über Twitter veröffentlichte Statistiken diese Lücke zu schließen versuchten, wurden im Juni 2016 verhaftet. Die lokalen Behörden verfolgen in Reaktion zumeist eine Mischstrategie aus engmaschiger Kontrolle, die ein Übergreifen nach außen verhindern soll, gepaart mit einem zumindest partiellen Eingehen auf die Anliegen (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 15.12.2016)

 

Tibet

 

China regiert Tibet über die Administration der "Autonomen Region Tibet" (TAR) und 12 autonome Präfekturen bzw. Landkreise in den angrenzenden Provinzen Sichuan, Qinghai, Gansu und Yunnan (FH 1.2017b).

 

Spannungen in tibetischen Gebieten dauerten zwischen ethnischen und religiösen Gruppierungen - insbesondere zwischen Han-Chinesen und Tibetern - ebenso weiter an, wie Auseinandersetzungen zwischen Tibetern und Hui-Muslimen (USDOS 15.8.2017). Die Regierung geht gegen vermeintlich separatistische Kräfte in Tibet mit besonderer Härte vor (AA 15.12.2016).

 

Xinjiang

 

Widerstand gegen die Zentralregierung und die lokale Regierungspolitik wurde 2016 in friedlichen Protesten, aber auch durch Einsatz von Sprengsätzen und andere gewalttätigen Angriffe ausgedrückt. Die chinesische Regierung behauptet, in der Region terroristischen Kräften gegenüber zu stehen und führt Counterterror-Operationen durch (HRW 12.1.2017). Im Namen der Terrorismusbekämpfung kam es zu Belästigungen durch Beamte, zu willkürlichen Festnahmen und zu beschleunigten Gerichtsverfahren gegenüber Personengruppen, welche friedlich ihrem Recht auf Meinungsäußerung nachkamen (HRW 12.1.2017; vgl. USDOS 3.3.2017). Details über Proteste, Gewalt und Terrorismus sind jedoch aufgrund der wenigen unabhängigen Informationsquellen rar. Dies gilt auch für Informationen über die Terrorismusbekämpfung (HRW 12.1.2017).

 

In der Autonomen Region Xinjiang (XUAR) verfolgt die chinesische Zentralregierung einen zweigleisigen Ansatz: zum einen verstärkte Sicherheitsmaßnahmen zur Bekämpfung der Gefährdungs-Triade (religiöser) Extremismus, (ethnischer) Separatismus und (internationaler) Terrorismus, zum anderen Wirtschaftsförderung und Erhöhung des Lebensstandards der Menschen mit dem Ziel der Gewährleistung sozialer Stabilität bzw. Eindämmung von Unruhepotential (AA 15.12.2016). 2013 erfolgte eine Eskalation der Gewalt, bei der ca. 200 Menschen ums Leben kamen. Die Gewaltspirale wird dabei zunehmend auch in andere Regionen Chinas getragen. 2013/2014 kam es zu drei, offenbar von Uiguren verübten Anschlägen, die sich gegen Unbeteiligte richteten (AA 15.10.2014). Die Gewalt in Xinjiang hat sich auch 2015 auf beunruhigend hohem Niveau fortgesetzt. Der letzte (bekannt gewordene) blutige Anschlag großen Ausmaßes ereignete sich im September 2015, als im Bezirk Aksu über 50 Han-chinesische Minenarbeiter nachts in ihrem Schlafsaal ermordet wurden. Darauf antworteten die chinesischen Sicherheitskräfte einige Wochen später mit der Erschießung von 18 uigurischen Tatverdächtigen, darunter auch Frauen und Kinder. Diese harte Reaktion der Sicherheitsbehörden ist Teil der im Mai 2014 gestarteten "strike hard" Kampagne in Xinjiang, über die Schnellverfahren und Massenurteile institutionalisiert wurden. 2015 hat sich nach chinesischen Angaben die Zahl der Verurteilungen wegen Terrorismus und Separatismus auf über 1.400 verdoppelt. Der allergrößte Teil dieser Urteile steht aller Voraussicht nach in Zusammenhang mit Xinjiang, wo im August 2016 das erste provinzeigene Antiterrorgesetz verabschiedet wurde. Seit Beginn des Jahres scheint diese Härte Wirkung zu zeigen. Die Regierung stuft die Lage mittlerweile als "relativ stabil" ein, woraufhin Berichten zufolge auch einige Bewegungsbeschränkungen gelockert worden sein sollen (AA 15.12.2016).

 

Ethnische Diskriminierung, religiöse Repressionen und Erhöhung der kulturellen Unterdrückung durch die Regierung im Namen des "Kampfes gegen Separatismus, religiösen Extremismus und Terrorismus" führen weiterhin zu steigenden Spannungen in Xinjiang (HRW 12.1.2017).

 

China macht seit Jahren im Exil lebende uigurische Separatisten für eine Reihe von Angriffen in Xinjiang verantwortlich (Aljazeera 1.3.2017).

 

Rechtsschutz/Justizwesen

 

Die Führung unternimmt Anstrengungen, das Rechtssystem auszubauen. Dem steht jedoch der Anspruch der Kommunistischen Partei (KP) auf ungeteilte Macht gegenüber. Gewaltenteilung und Mehrparteiendemokratie werden ausdrücklich abgelehnt. Von der Verwirklichung rechtsstaatlicher Normen und einem Verfassungsstaat ist China noch weit entfernt. Im Alltag sind viele Chinesen weiterhin mit Willkür und Rechtlosigkeit konfrontiert (AA 4 .2017a). Eine unabhängige Strafjustiz existiert in China folglich nicht. Strafrichter und Staatsanwälte unterliegen der politischen Kontrolle von staatlichen Stellen und Parteigremien (AA 15.12.2016). Die Kontrolle der Gerichte durch politische Institutionen ist ein verfassungsrechtlich verankertes Prinzip (ÖB 11.2016). Die KP dominiert das Rechtssystem auf allen Ebenen und erlaubt Parteifunktionären, Urteile und Verurteilungen zu beeinflussen. Die Aufsicht der KP zeigt sich besonders in politisch heiklen Fällen durch die Anwendung sog. "Leitlinien". Während Bürger in nicht-politischen Fällen ein gewisses Maß an fairer Entscheidung erwarten können, unterliegen diejenigen, die politisch sensible Fragen oder die Interessen mächtiger Gruppen berühren, diesen "Leitlinien" der politisch-juristischen Ausschüsse (FH 1.2017a). Seit dem vierten Jahresplenum des 18. Zentralkomitees 2014 betont die Führung die Rolle des Rechts und ergriff Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität gerichtlicher Verfahren und zum Aufbau eines "sozialistisches Rechtssystem chinesischer Prägung" unter dem Motto "yi fa zhi guo", wörtlich "den Gesetzen entsprechend das Land regieren". Echte Rechtsstaatlichkeit im Sinne der Achtung des Legalitätsprinzips in der Verwaltung und der Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit wird dabei aber dezidiert abgelehnt. Das in den Beschlüssen reflektierte Verständnis von Recht soll die Macht des Staates, dh. der Partei, keinesfalls einschränken, sondern vielmehr stärken (ÖB 11.2016).

 

Die wichtigste Einrichtung der KP zur Kontrolle des Rechtssystems ist die Kommission des Zentralkomitees für Politik und Recht (ZKPR). Das ZKPR ist in unterschiedlichen Unter-Formaten auf jeder gerichtlichen Ebene verankert, wobei die jeweiligen Ebenen der übergeordneten Ebene verantwortlich sind. Die Macht des Komitees, das auf allen Ebenen auf Verfahren Einfluss nimmt, wurde auch seit den Beschlüssen des Vierten Plenums der KP im Oktober 2014 bewusst nicht angetastet (ÖB 11.2016).

 

Die Richter-Ernennung erfolgt auf Provinzebene durch Rechtskomitees, welchen hochrangige Partei-Funktionäre angehören und welche von einem KP-Inspektorat überwacht werden. Richter sind verpflichtet, über Einflussnahmen seitens lokaler Politiker auf Verfahren Bericht zu erstatten. Es ist für Richter schwierig, zwischen "Unabhängigkeit" von lokalen politischen Einflüssen, und Loyalität zur KP-Linie (welche regelmäßig miteinander und mit einflussreichen Wirtschafts- und Privatinteressen verbunden sind) zu navigieren. Trotz laufender Reformbemühungen gibt es - vor allem auf unterer Gerichtsebene - noch immer einen Mangel an gut ausgebildeten Richtern (ÖB 11.2016).

 

Ein umfassender Regelungsrahmen unterhalb der gesetzlichen Ebene soll "Fehlverhalten" von Justizbeamten und Staatsanwälten in juristischen Prozessen unterbinden. Das Oberste Volksgericht (OVG) unter seinem als besonders "linientreu" geltenden Präsidenten und die Oberste Staatsanwaltschaft haben in ihren Berichten an den Nationalen Volkskongress im März 2014 in erster Linie gefordert, "Falschurteile" der Gerichte zu verhindern, die Richterschaft an das Verfassungsverbot von Folter und anderen Zwangsmaßnahmen bei Vernehmungen zu erinnern und darauf hinzuweisen, dass Verurteilungen sich nicht allein auf Geständnisse stützen dürfen. Die Regierung widmet sowohl der juristischen Ausbildung als auch der institutionellen Stärkung von Gerichten und Staatsanwaltschaften seit mehreren Jahren große Aufmerksamkeit (AA 15.12.2016).

 

Das umstrittene System der "Umerziehung durch Arbeit" ("laojiao") wurde aufgrund entsprechender Beschlüsse des 3. Plenums des ZK im November 2013 offiziell am 28.12.2013 abgeschafft. Es liegen Erkenntnisse vor, wonach diese Haftanstalten lediglich umbenannt wurden, etwa in Lager für Drogenrehabilitation, rechtliche Erziehungszentren oder diese als schwarze Gefängnisse weiter genutzt werden (AA 15.12.2016).

 

Mit der letzten großen Novellierung 2013 sieht die Strafprozessordnung genaue Regeln für Festnahmen vor, führt den "Schutz der Menschenrechte" an und verbietet Folter und Bedrohung bzw. Anwendung anderer illegaler Methoden zur Beweisermittlung. Es besteht jedoch eine teilweise erhebliche Divergenz zwischen den Rechtsvorschriften und deren Umsetzung, und werden diese zum Zwecke der Unterdrückung von politisch unliebsamen Personen instrumentalisiert. Laut Strafprozessordnung müssen auch im Falle einer Festnahme wegen Terrorismus, der Gefährdung der Staatssicherheit oder der schwerwiegenden Korruption die Angehörigen von in Untersuchungshaft sitzenden Personen innerhalb von 24 Stunden über die Festnahme informiert werden, nicht jedoch über den Grund der Festnahme oder über den Aufenthaltsort. Zudem besteht diese Informationspflicht nicht, wenn durch diese Information die Ermittlungen behindert würden - in diesen Fällen müssen Angehörige erst nach 37 Tagen informiert werden. Was eine "Behinderung der Ermittlung" bedeutet, liegt im Ermessen der Polizei, es gibt kein Rechtsmittel dagegen. Da Verdächtige sich formell in Untersuchungshaft befindet, muss der Ort der Festhaltung laut Gesetz auch in diesen Fällen eine offizielle Einrichtung sein. Der Aufenthaltsort kann auch außerhalb offizieller Einrichtungen liegen. Diese Möglichkeit wurde mit der Strafprozessnovelle 2012 eingeführt und von Rechtsexperten wie dem Rapporteur der UN-Working Group on Enforced or Involuntary Disappearances wegen des inhärenten Folterrisikos als völkerrechtswidrig kritisiert (ÖB 11.2016; vgl. AI 22.2.2017).

 

Willkürliche Verhaftungen oder Hausarrest ("soft detention") ohne gerichtliche Verfahren kommen häufig vor. Die Staatsorgane griffen verstärkt auf den "Hausarrest an einem festgelegten Ort" zurück - eine Form der geheimen Inhaftierung ohne Kontakt zur Außenwelt, die es der Polizei erlaubt, eine Person für die Dauer von bis zu sechs Monaten außerhalb des formellen Systems, das die Inhaftierung von Personen regelt, und ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand der eigenen Wahl, zu Familienangehörigen oder anderen Personen der Außenwelt festzuhalten. Dadurch wurden diese Personen der Gefahr ausgesetzt, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden. Diese Inhaftierungspraxis dient dazu, die Tätigkeit von Menschenrechtsverteidigern - einschließlich der von Rechtsanwälten, politisch engagierten Bürgern und Angehörigen von Religionsgemeinschaften - zu unterbinden (ÖB 11.2016; vgl. AA 15.12.2016, AI 22.2.2017).

 

Im Zusammenhang mit verwaltungsstrafrechtlich bewehrten rechtswidrigen Handlungen kann die Polizei zudem "Verwaltungsstrafen" verhängen. Diese Strafen reichen von Ermahnungen über Geldbußen bis hin zu einer "Verwaltungshaft" (ohne richterliche Entscheidung) von bis zu 15 Tagen. Der Aufenthalt in den offiziell nicht existenten "black jails" kann zwischen wenigen Tagen und in einigen Fällen langjährigen Haftaufenthalten variieren (AA 15.12.2016).

 

Das 2013 in Kraft getretene revidierte Strafverfahrensgesetz verbessert v.a. die Stellung des Verdächtigen/Angeklagten und der Verteidigung im Strafprozess; die Umsetzung steht aber in der Praxis in weiten Teilen noch aus. Auch der Zeugenschutz wird gestärkt. Chinesische Experten gehen davon aus, dass die Durchsetzung dieser Regeln viele Jahre erfordern wird (AA 15.12.2016). Der Schutz jugendlicher Straftäter wurde erhöht (ÖB 11.2014).

 

2014 wurden schrittweise weitere Reformen eingeleitet, darunter die Anordnung an Richter, Entscheidungen über ein öffentliches Onlineportal zugänglich zu machen sowie ein Pilotprojekt in sechs Provinzen um die Aufsicht über Bestellungen und Gehälter auf eine höhere bürokratische Ebene zu verlagern. Beim vierten Parteiplenum im Oktober 2014 standen Rechtsreformen im Mittelpunkt. Die Betonung der Vorherrschaft der Partei über das Rechtssystem und die Ablehnung von Aktionen, die die Unabhängigkeit der Justiz erhöhen würden, wurde jedoch beibehalten. Dies führte zu Skepsis hinsichtlich der tatsächlichen Bedeutung der Reform (FH 1.2015a).

 

Das chinesische Strafgesetz hat die früher festgeschriebenen "konterrevolutionären Straftaten" abgeschafft und im Wesentlichen durch Tatbestände der "Straftaten, welche die Sicherheit des Staates gefährden" (Art. 102-114 chin. StG) ersetzt. Danach können vor allem Personen bestraft werden, die einen politischen Umsturz/Separatismus anstreben oder das Ansehen der VR China beeinträchtigen. Gerade dieser Teil des Strafgesetzes fällt durch eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe auf (AA 15.12.2016). Die Regierung hat weitere Gesetze zur nationalen Sicherheit ausgearbeitet und verabschieden lassen, die eine ernste Gefahr für den Schutz der Menschenrechte darstellen. Das massive landesweite Vorgehen gegen Menschenrechtsanwälte und politisch engagierte Bürger hielt das ganze Jahr über an (AI 22.2.2017). Prozesse, bei denen die Anklage auf Terrorismus oder "Verrat von Staatsgeheimnissen" lautet, werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Was ein Staatsgeheimnis ist, kann nach chinesischer Gesetzeslage auch rückwirkend festgelegt werden. Angeklagte werden in diesen Prozessen weiterhin in erheblichem Umfang bei der Wahrnehmung ihrer Rechte beschränkt. U.a. wird dem Beschuldigten meist nicht erlaubt, Verteidiger seiner Wahl zu beauftragen; nur in seltenen Ausnahmefällen wird vom Gericht überhaupt eine Verteidigung bestellt (AA 15.12.2016).

 

Auch 2016 setzten sich die Übergriffe der Behörden auf Menschenrechtsanwälte das ganze Jahr hindurch mit Verhaftungen und strafrechtlichen Verfolgungen fort (FH 1.2017a). Rechtsanwälte, die in kontroversen Fällen tätig wurden, mussten mit Drangsalierungen und Drohungen seitens der Behörden rechnen, und in einigen Fällen wurde ihnen die weitere berufliche Tätigkeit verboten. Dies hatte zur Konsequenz, dass der Zugang der Bürger zu einem gerechten Gerichtsverfahren sehr stark eingeschränkt war. Mangelhafte nationale Gesetze und systemische Probleme im Strafrechtssystem hatten weitverbreitete Folter und anderweitige Misshandlungen sowie unfaire Gerichtsverfahren zur Folge (AI 22.2.2017).

 

Seit der offiziellen Abschaffung der administrativen "Umerziehung durch Arbeit" im Jänner 2014 werden Menschenrechtsaktivisten vermehrt auf Basis der Strafrechtstatbestände der Unruhestiftung oder des Separatismus verurteilt und somit in Strafhaft gesperrt, wobei aufgrund der vagen Tatbestände ein strafrechtsrelevanter Sachverhalt relativ leicht kreiert werden kann (ÖB 11.2016). Häufig wurden Anklagen wegen "Untergrabung der staatlichen Ordnung", "Untergrabung der Staatsmacht", "Anstiftung zum Separatismus" "Anstiftung zu Subversion" oder "Weitergabe von Staatsgeheimnissen", sowie "Weitergabe nachrichtendienstlicher Informationen an das Ausland" erhoben und langjährige Gefängnisstrafen verhängt (ÖB 11.2016; vgl. AI 22.2.2017).

 

Wegen der mangelnden Unabhängigkeit der Justiz wählen viele Betroffene von Behördenwillkür den Weg der Petition bei einer übergeordneten Behörde (z.B. Provinz- oder Zentralregierung). Petitionen von Bürgern gegen Rechtsbrüche lokaler Kader in den Provinzen nehmen zu. Allein in Peking versammeln sich täglich Hunderte von Petenten vor den Toren des staatlichen Petitionsamts, um ihre Beschwerde vorzutragen. Chinesischen Zeitungsberichten zufolge werden pro Jahr landesweit ca. 10 Mio. Eingaben eingereicht. Petenten aus den verschiedenen Provinzen werden häufig von Schlägertrupps im Auftrag der Provinzregierungen aufgespürt und in ihre Heimatregionen zurückgebracht. Zwischen Februar und April 2014 wurden verschiedene Reformen des Petitionssystems verabschiedet, die eine schnellere Bearbeitung und Umstellung auf mehr Online-Plattformen beinhaltet. Das 4. Plenum des Zentralkomitees der KP hat im Oktober 2014 weitere Schritte zur Regelung des Petitionswesens getroffen, deren Umsetzung aber noch aussteht. Diese Reformen werden von Beobachtern dafür kritisiert, dass sie die Effektivität der Bearbeitung der Petitionen kaum steigern, sondern vor allem dazu dienen, Petitionäre von den Straßen Pekings fernzuhalten (AA 15.12.2016).

 

Sicherheitsbehörden

 

Sicherheitsbehörden sind das Ministerium für Staatssicherheit, das Ministerium für Öffentliche Sicherheit, und die Bewaffnete Volkspolizei (BVP) der Volksbefreiungsarmee. Das Ministerium für Staatssicherheit soll vor Staatsfeinden, Spionen und konterrevolutionären Aktivitäten zur Sabotage oder dem Sturz des chinesischen sozialistischen Systems schützen. In die Zuständigkeit dieses Ministeriums fallen auch der Inlands- und Auslandsgeheimdienst. Die BVP ist in 45 Divisionen unterteilt, bestehend aus Innensicherheitspolizei, Grenzüberwachung, Regierungs- und Botschaftsbewachung, sowie Funk- und Kommunikationsspezialisten. Ein wesentlicher Anteil der in den letzten Jahren vorgenommenen Truppenreduktionen in der Volksbefreiungsarmee war in Wahrheit eine Umschichtung von den Linientruppen zur BVP. Darüber hinaus beschäftigen zahlreiche lokale Kader u.a. entlassene Militärangehörige in paramilitärischen Schlägertrupps. Diese Banden gehen häufig bei Zwangsaussiedlung im Zuge von Immobilienspekulation durchaus auch im Zusammenspiel mit der BVP gegen Zivilisten vor. Das Ministerium für Öffentliche Sicherheit beaufsichtigt alle innerstaatlichen Aktivitäten der zivilen Sicherheitsbehörden (außer derjenigen, die in die Zuständigkeit des Staatssicherheitsministeriums fallen), sowie die BVP. Konkret umfassen seine Aufgaben innere Sicherheit, Wirtschaft und Kommunikationssicherheit, neben der Zuständigkeit für Polizeieinsätze und Gefängnisverwaltung. Die Organisationseinheit auf niedrigster Ebene sind die lokalen Polizeikommissariate, die für den alltäglichen Umgang mit der Bevölkerung verantwortlich sind und die Aufgaben von Polizeistationen erfüllen. Darüber hinaus besteht ein enges Netz an lokalen Partei-Büros welche mittels freiwilliger "Blockwarte" die Bewegungen der Bewohner einzelner Viertel überwachen und mit der Polizei zusammenarbeiten (ÖB 11.2016).

 

Die Behörde für Staatssicherheit kann seit Mitte April 2017 Beträge zwischen 10.000 und 500.000 Yuan (etwa 68.000 Euro) für nützliche Hinweise an Informanten auszahlen, welche durch ihre Mitarbeit bei der Enttarnung von ausländischen Spionen helfen. Informationen können über eine speziell eingerichtete Hotline, Briefe oder bei einem persönlichen Besuch bei der Behörde gegeben werden. So sich die Hinweise als zweckdienlichen herausstellen, soll der Informant das Geld erhalten (FAZ 11.4.2017).

 

Zivile Behörden behalten die Kontrolle über Militär- und Sicherheitskräfte bei (USDOS 3.3.2017). Die Zentrale Militärkommission (ZMK) der Partei leitet die Streitkräfte des Landes (AA 15.12.2016). Nach dem Gesetz zur Landesverteidigung von 1997 sind die Streitkräfte nicht dem Staatsrat, sondern der Partei unterstellt (AA 4 .2017a).

 

Für die innere Sicherheit sind zuständig sind (1) Polizei und Staatsanwaltschaften, die Rechtsverstöße des Normalbürgers verfolgen; (2) Disziplinar-Kontrollkommission der KPCh, die gegen Verstöße von KP-Mitgliedern einschreitet; (3) Einheiten des Ministeriums für Verwaltungskontrolle, die für Pflichtverletzungen im Amt zuständig sind; (4) Staatsschutz (Guobao) für die Beobachtung und Verfolgung politischer bzw. als potentiell staatsgefährdend wahrgenommener Aktivitäten von Bürgern und Ausländern (AA 15.12.2016).

 

Für den Bereich der Gefahrenabwehr ist primär das dem Staatsrat unterstehende Ministerium für Öffentliche Sicherheit mit seinen Polizeikräften verantwortlich, das daneben auch noch für Strafverfolgung zuständig ist und in Teilbereichen mit nachrichtendienstlichen Mitteln arbeitet. Aufgaben der Polizei sind sowohl die Gefahrenabwehr als auch die Strafverfolgung, bei der ihr u. a. die Anordnung von Administrativhaft als Zwangsmaßnahme zur Verfügung steht. Im Bereich der Strafverfolgung ist sie für die Durchführung von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren originär zuständig. Bei Delikten, die von Polizisten aufgrund ihrer Amtsstellung begangen werden, ermittelt die Staatsanwaltschaft selbst, während sie sonst primär die Tätigkeit der polizeilichen Ermittlungsorgane beaufsichtigt und auf Grundlage deren Empfehlung über die Erhebung der Anklage entscheidet (AA 15.12.2016).

 

Das Ministerium für Staatssicherheit (MSS) ist u.a. zuständig für die Auslandsaufklärung sowie für die Überwachung von Auslandschinesen und von Organisationen oder Gruppierungen, welche die Sicherheit der VR China beeinträchtigen könnten. Es überwacht die Opposition im eigenen Land, betreibt aber auch Spionageabwehr und beobachtet hierbei vielfach auch die Kontakte zwischen ausländischen Journalisten und chinesischen Bürgern. Darüber hinaus verfügen auch die Streitkräfte über einen eigenen, sorgfältig durchstrukturierten Nachrichtendienst, die 2. Hauptverwaltung im Generalstab. Zudem sind viele Arbeitseinheiten parallel mit der Beschaffung von Informationen bzw. mit Überwachungsaufgaben von in- und ausländischen Bürgern befasst. Vor allem das Internationale Verbindungsbüro unter der politischen 1. Hauptverwaltung des Generalstabs ist zuständig für Informationen aus dem Ausland, für die Entsendung von Agenten in Auslandseinsätze, meist unter diplomatischer "Tarnung", und für die Überwachung des eigenen diplomatischen Personals. Zahlreiche "Think tanks" sind für die Beschaffung von Auslandsinformationen zuständig (AA 15.12.2016).

 

Folter und unmenschliche Behandlung

 

China ratifizierte bereits 1988 die UN-Konvention gegen Folter. Nach Art. 247 und 248 StGB wird Folter zur Erzwingung eines Geständnisses oder zu anderen Zwecken in schweren Fällen mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe, in besonders schweren Fällen mit bis zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe oder Todesstrafe geahndet (AA 15.12.2016). In den letzten Jahren wurden außerdem einige Verordnungen erlassen, die formell für Tatverdächtige im Ermittlungsverfahren einen besseren Schutz vor Folter bieten sollen. Ein großes Problem bleibt jedoch die mangelnde Umsetzung dieser Rechtsinstrumente, die Sicherheitsbehörden genießen weiterhin auch aufgrund des Mangels an Kontrolle und Transparenz einen großen Handlungsspielraum. Sicherheitskräfte setzen sich routinemäßig über rechtliche Schutzbestimmungen hinweg. Für die Polizei stellt Straflosigkeit im Falle von Brutalität und von verdächtigen Todesfälle in Gewahrsam die Norm dar (ÖB 11.2016; vgl. FH 1.2017a).

 

Das Problem der Folter ist nach einem im Dezember 2015 veröffentlichten Bericht eines UN-Komitees gegen Folter "systembedingt": Zwar wurden einige Verbesserungen - wie die breitere Nutzung von Überwachungs-Kameras während der Befragung - anerkannt, doch zeigt der Bericht auch auf, inwieweit Folter in das chinesische Strafrechtsystem eingebettet ist (USDOS 3.3.2017). Die chinesische Führung erklärte am 4. Parteiplenum 2014 zum Ziel, die Rechtsstaatlichkeit zu verbessern und Folter, Misshandlungen und Missstände in der Justiz zu verhindern. Gleichzeitig wird radikal gegen unabhängige Rechtsanwälte, Menschenrechtsverteidiger, und Medien vorgegangen, sodass das Ziel einer Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit in Frage gestellt wird. Neben politischen Absichtserklärungen und einigen wenigen "Vorzeigefällen", in denen Fehlurteile - etwa nach vollzogener Todesstrafe posthum - revidiert wurden, ist jedoch nicht bekannt, dass strukturelle Maßnahmen getroffen werden, um das Risiko von Folter und Misshandlungen zu vermindern (ÖB 11.2016; vgl. AI 22.2.2017).

 

Das revidierte Strafverfahrensrecht schließt die Verwendung unter Folter oder anderweitig mit illegalen Mitteln zustande gekommener Geständnisse und Zeugenaussagen (neuer Art. 53) und illegal erlangter Beweismittel (Art. 54) im Strafprozess ausdrücklich aus. Trotzdem soll Folter in der Untersuchungshaft häufiger vorkommen als in regulären Gefängnissen (AA 15.12.2016). Die Anwendung von Folter zur Erzwingung von Geständnissen ist nach wie vor weit verbreitet und wird eingesetzt, um Geständnisse zu erhalten oder politische und religiöse Dissidenten zu zwingen, ihre Überzeugungen zu widerrufen (FH 1.2017a). Soweit die chinesische Regierung und die staatlich gelenkte Presse Folterfälle einräumen, stellen sie diese als vereinzelte Übergriffe "unterer Amtsträger" dar, gegen die man energisch vorgehe (AA 15.12.2016).

 

In einem seltenen Fall bestätigte ein Berufungsgericht in Harbin, Provinz Heilongjiang, im August 2014 die Schuldsprüche gegen vier Personen wegen Folter. Sie waren zusammen mit drei anderen Personen von einem Gericht der ersten Instanz für schuldig befunden worden, im März 2013 mehrere Straftatverdächtige gefoltert zu haben. Die Täter erhielten Haftstrafen von einem bis zu zweieinhalb Jahren. Nur drei der sieben Personen waren Polizeibeamte; bei den übrigen handelte es sich um "Sonderinformanten" - gewöhnliche Bürger, die der Polizei bei der Aufklärung von Straftaten "behilflich" sein sollen. Eines der Opfer starb in der Haft an den Folgen der Folter (AI 25.2.2015). Im Dezember 2016 entschied ein Gericht, keine Anklage gegen fünf Polizisten zu erheben, welche im Mai 2016 am Tod eines in Gewahrsam befindlichen Verhafteten involviert waren (FH 1.2017a).

 

Korruption

 

Korruption ist auf allen Ebenen weit verbreitet. Die Beamtenschaft der öffentlichen Sicherheit und der städtischen Verwaltung sind an Erpressungen, außergerichtlichen Inhaftierungen, und Übergriffen beteiligt. In vielen Fällen auch in stark von der Regierung regulierten Bereichen wie Landnutzung, Immobilien, Bergbau und Entwicklung der Infrastruktur - die anfällig für Betrug, Bestechung und Schmiergeld sind. Trotz der Bemühungen der Regierung die Korruption zu bekämpfen, bleibt diese bestehen. Die Strafverfolgung ist sehr selektiv und undurchsichtig, sodass persönliche Netzwerke und interne Machtkämpfe innerhalb der Kommunistischen Partei (KP) die Ausgänge der Verfahren beeinflussen (USDOS 3.3.2017; vgl. HRW 12.1.2017).

 

Seit der Übernahme der Führung der KP im Jahre 2012, verfolgte Xi Jinping eine der umfangreichsten Kampagnen zur Korruptionsbekämpfung. Gegen Parteifunktionäre und Beamte der Partei einschließlich des Sicherheits-Apparates, des Militärs, des Außenministeriums, staatlicher Unternehmen und staatlicher Medien wurden bis Ende 2016 Untersuchungen eingeleitet und Strafen verhängt (FH 1.2017a). Während des gesamten Jahres 2014 setzte der Präsident die mit großem Aufwand betriebene Kampagne zur Korruptionsbekämpfung fort, die sowohl niedere als auch ranghohe Staatsbedienstete ins Visier nahm (AI 22.2.2017).

 

Im Jahr 2013 langten bei der Zentralen Kommission für Disziplinaruntersuchungen 1,95 Millionen Korruptionsvorwürfe ein,

172.532 Fälle wurden untersucht und 182.038 Disziplinarverfahren verhängt (USDOS 25.6.2015). Diese Zahlen sind im Jahr 2015 auf 2,8 Millionen eingebrachte Korruptionsvorwürfe, 330.000 untersuchte Fälle und 336.000 Disziplinierungsmaßnahmen gestiegen (USDOS 3.3.2017).

 

Die Regierung ist bestrebt, durch den Abschluss von Rechtshilfe- und Auslieferungsabkommen in Strafsachen die Verfolgung von Tatverdächtigen im Ausland zu erleichtern. Dabei geht es der chinesischen Regierung vor allem darum, ihre Korruptionsbekämpfung im Rahmen der Aktionen "Fuchsjagd" und "Himmelsnetz" auf das Ausland auszuweiten (AA 15.12.2016).

 

NGOs und Menschenrechtsaktivisten

 

Unabhängige Menschenrechtsinstitutionen gibt es in China (mit Ausnahme Hongkongs) nicht. Die bestehenden strengen Regeln für NGOs machen deren Registrierung unmöglich. Die wenigen staatlichen chinesischen Organisationen, die sich mit Menschenrechten befassen, sind im Sinne der Information über und Werbung für das staatliche Konzept der Menschenrechtspolitik aktiv, darunter z.B. die Gesellschaft zur Förderung der Menschenrechte (China Society for Human Rights Studies), die für Außenkontakte zuständig ist, oder die Society for Human Rights Studies, die auch innerhalb Chinas Aufklärungsarbeit leistet. Bei beiden Organisationen handelt es sich um sogenannte "Governmentally Organized NGOs". Laut chinesischen Angaben sind derzeit mehr als 7.000 internationale NGOs - mit einer sehr breiten Definition sogar mehr als 460.000 registrierte NGOs - in China tätig. Davon ein Großteil aus den USA. Nur ein sehr kleiner Teil davon kann als "unabhängig" qualifiziert werden. Unabhängige NGOs erhalten keine staatliche Unterstützung und es besteht keine "Spendenkultur" für solche Organisation (bzw. wären Spender Schikanen ausgesetzt). Unabhängigen und manchen internationalen Organisationen (z.B. UNHCR) ist darüber hinaus das Spendensammeln verboten. In den letzten Jahren wurde es für NGOs aufgrund neuer Auflagen immer schwieriger, Spenden aus dem Ausland zu erhalten. Seit Xi Jinping im Amt ist, sind NGOs vermehrten Repressalien ausgesetzt, z.B. Inhaftierung ihrer Führungskräfte, Durchsuchungen sowie Einfrierung ihrer Konten (AA 15.12.2016; vgl. ÖB 11.2016). In China selbst werden unabhängige Menschenrechts-Organisationen streng kontrolliert und oft unterdrückt. Die Rolle der Zivilgesellschaft wird von der KP nur in kleinteiliger Organisationsform bzw. in Bereichen wie Umwelt und Wohlfahrt dann zugelassen, wenn keine öffentliche Kritik an Behörden, KP oder Politiken geübt wird (ÖB 11.2016).

 

Ein neues Gesetz für eine Verwaltung von ausländischen NGO-Aktivitäten innerhalb des chinesischen Festlandes stellt ausländische NGOs fortan unter die Aufsicht des Ministeriums für öffentliche Sicherheit (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 1.2017a). Nach dem neuen Gesetz müssen alle Finanzierungen durch ausländische NGOs von den chinesischen Sicherheitsbehörden vor Erhalt genehmigt werden und dürfen ausländische NGOs in China nur gewisse Aktivitäten in Partnerschaft mit offiziellen Stellen ausüben. Zahlreiche Fragen zur Umsetzung sind noch offen. Obgleich dieses Gesetz dazu beitragen kann, das nebulose Regelwerk der NGOs zu erhellen, wird befürchtet, dass das Gesetz eine weitere Möglichkeit für die Sicherheitsbehörden darstellt, die Zivilgesellschaft zur Selbstzensur und zu unkritischem Verhalten zu zwingen (ÖB 11.2016; vgl. FH 1.2017a). Durch den großen Ermessensspielraum der Polizei für die Kontrolle und Regulierung der Arbeit ausländischer NGOs erhöhte sich das Risiko, dass das Gesetz dazu missbraucht werden könnte, Menschenrechtsverteidiger und NGO-Mitarbeiter einzuschüchtern und strafrechtlich zu verfolgen (AI 22.2.2017). Viele ausländische NGOs und deren inländischen Partner begannen schon vor dem 1.1.2017 aufgrund der vagen Ausformulierung des Gesetzes, ihre Tätigkeiten vor dem Jahresende zu kürzen (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 1.2017a).

 

Ausländischen Menschenrechts-NGOs wie Human Rights Watch oder Amnesty International ist es nicht erlaubt, die Menschenrechtssituation in der VR China zu beobachten bzw. Einzelfällen nachzugehen. Die meisten Beobachter arbeiten und publizieren daher von Hongkong aus. Größerer Spielraum für zivilgesellschaftliche Akteure im Menschenrechtsbereich besteht immer noch in Internetforen und sozialen Netzwerken - soweit die Zensur umgangen werden kann (AA 15.12.2016).

 

Allgemeine Menschenrechtslage

 

Die VR China erkennt de jure die grundlegenden Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte an. Sie gehört einer Reihe von UN-Übereinkünften zum Schutz der Menschenrechte an und hat den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zwar 1998 gezeichnet, allerdings bis heute nicht ratifiziert (AA 4 .2017a).

 

Die Menschenrechtslage in China bietet weiterhin ein zwiespältiges und trotz aller Fortschritte im Ergebnis negatives Bild. 2004 wurde der Begriff "Menschenrechte" in die Verfassung aufgenommen, die individuellen Freiräume der Bürger in Wirtschaft und Gesellschaft wurden in den letzten Jahren erheblich erweitert. Andererseits bleiben die Wahrung der inneren Stabilität und der Machterhalt der Kommunistischen Partei (KP) oberste Prämisse und rote Linie. Vor diesem Hintergrund geht die chinesische Führung kompromisslos gegen jene vor, die als Bedrohung dieser Prioritäten angesehen werden, wie z. B. regierungskritische Schriftsteller, Blogger, Bürgerrechtsaktivisten, Menschenrechtsanwälte, Petitionäre oder Mitglieder nicht anerkannter Religionsgemeinschaften (Falun Gong, Hauskirchen etc.). Seit dem Führungswechsel im März 2013 ist ein noch einmal verstärkt repressives Vorgehen der chinesischen Behörden gegenüber Kritikern der Regierung oder der Partei zu beobachten. Einschüchterungsmaßnahmen umfassen u.a. Hausarrest, willkürliche Haft in sog. schwarzen Gefängnissen ("black jails" bzw. "legal education center"), Folter, Berufsverbote und Druck auf Familienangehörige; in einigen Fällen wurden lange Haftstrafen verhängt. Personen, die in Opposition zu Regierung und herrschender Ideologie stehen, setzen sich unmittelbar der Gefahr von Repression durch staatliche Stellen aus, wenn sie aus Sicht der Regierung die KP, die Einheit des Staates oder das internationale Ansehen Chinas gefährden. Die Schwelle ist immer dann erreicht, wenn die chinesischen Sicherheitsbehörden annehmen, dass ein - noch so loses - Netzwerk gebildet werden könnte. Aus Sicht der Regierung geht von separatistischen Bestrebungen und Untergrundaktivitäten innerhalb Chinas die größte Gefahr aus (AA 15.12.2016).

 

Es gibt weiterhin besorgniserregende Verletzungen rechtsstaatlicher Mindeststandards in ganz China. So gibt es immer noch Strafverfolgung aus politischen Gründen, Administrativhaft (Haftstrafe ohne Gerichtsurteil), Verletzung von allgemeinen Verfahrensgarantien im Strafverfahren (z.B. Unschuldsvermutung), sehr häufige Verhängung der Todesstrafe sowie Fälle von Misshandlungen und Folter. Daneben gibt es das Bekenntnis der Regierung zu einem an Recht und Gesetz ausgerichteten sozialen Regierungshandeln und vermehrt Reformbemühungen im Rechtsbereich (AA 4 .2017a).

 

Grundlegende Rechte, wie Rede- und Versammlungsfreiheit, sowie Reisefreiheit werden den Bewohner der autonomen Region Tibet (TAR) und anderen tibetischen Gebieten, sowie den Uiguren in der autonomen Region Xinjiang (XUAR) weiter verweigert (HRW 12.1.2017; vgl. USDOS 3.3.2017).

 

Besonders außerhalb der Großstädte werden häufig Fälle gemeldet, in denen von Behörden beauftragte Kräfte, gegen unliebsame Personen vorgehen. Zumeist handelt es sich um Demonstranten bei Fällen mit wirtschaftlichem Hintergrund (illegale Landnahme, Korruption etc.). Auch Journalisten sind von solchen Fällen betroffen, zum Teil werden offen Kopfgelder ausgesetzt, ohne dass dies rechtliche Konsequenz hat (AA 15.12.2016).

 

Petenten, die Vergehen von lokalen Behörden und Kadern anzeigen wollen, werden häufig von angeheuerten Schlägertrupps aufgegriffen und ohne Kontakt zur Außenwelt in Gefängnissen festgehalten, oder illegal in sog. "Black Jails", psychiatrischen Institutionen und anderen Orten inhaftiert, wo sie der Gefahr von Gewalt, psychischem Missbrauch oder sexueller Gewalt ausgesetzt sind. Diese Art des Verschwindenlassens ist eine weit verbreitete, von der Regierung aber stets verleugnete Methode, um Unliebsame aus dem Verkehr zu ziehen (AA 15.12.2016; vgl. FH 1.2017a).

 

Meinungs- und Pressefreiheit

 

Pressefreiheit ist in China nicht gewährleistet. Das in der chinesischen Verfassung theoretisch gewährte Recht wird durch Vorbehalte in der Verfassung selbst sowie durch zahlreiche einfachgesetzliche Regelungen und administratives Vorgehen weitgehend ausgehöhlt. Die Möglichkeiten von Bürgern zur offenen Meinungsäußerung im privaten Kreis und etwas abgestuft in den sozialen Medien ist teilweise gewährleistet. De facto unterliegt die Meinungsfreiheit jedoch nach wie vor strenger Reglementierung. Regierungskritik - v. a. bei Verbreitung über Flugblätter oder (elektronische) Medien - wird immer wieder als Gefährdung der Staatssicherheit verfolgt und drakonisch bestraft. Journalisten, Blogger und Intellektuelle werden regelmäßig bedroht und verhaftet. Die Festlandmedien sind politisch gleichgeschaltet. Ausländische Fernsehsender werden bei China betreffenden Meldungen sensiblen Inhalts in der Regel abgeschaltet, Internetseiten wie Facebook, Twitter und YouTube sind dauerhaft gesperrt, Inhalte mit sensiblen Schlüsselwörtern werden geblockt.

 

Die Privatsphäre und das Briefgeheimnis sind verfassungsrechtlich geschützt. Art. 40 der Verfassung lässt jedoch Ausnahmen zu. Diese Ausnahmetatbestände werden breit ausgelegt. Immer wieder gibt es Hinweise auf staatliche Eingriffe durch Telefon-, Brief-, Fax-, E-Mail-, SMS- und Internetüberwachung (AA 15.12.2016; vgl. ÖB 11.2016).

 

Presse- und Informationsfreiheit in konventionellen Medien (Print, Radio, TV) sind durch zahlreiche Eingriffsmöglichkeiten von Partei und Staat stark eingeschränkt. Partei und Staat dominieren mit eigenen Medien die öffentliche Meinungsbildung; als Informationsquelle genießen sie in der Bevölkerung jedoch wenig vertrauen. Die wachsende Kommerzialisierung der Medien trägt dazu bei, dass bei einer größeren Themenbreite auch eine kritische Kommentierung möglich ist. Bei sensiblen Themen, vor allem im politischen Bereich, sind die Spielräume der Berichterstattung jedoch weiterhin eng begrenzt und nehmen seit einigen Jahren wieder ab (AA 4 .2017a).

 

Die "staatliche Verwaltung für Radio, Film und Fernsehen" hat im Juli 2014 eine Richtlinie erlassen, die verlangt, dass chinesische Journalisten eine Vereinbarung unterzeichnen, die besagt, dass sie unveröffentlichte Informationen nicht ohne vorherige Zustimmung ihres Arbeitgebers veröffentlichen. Weiters wird dabei gefordert, dass sie Prüfungen in politischer Ideologie ablegen, bevor sie einen amtlichen Presseausweis ausgestellt bekommen (HRW 28.1.2015). Im Februar 2016 besuchte Präsident XI drei bedeutende staatliche Medien und forderte Sie auf, der Partei absolute Loyalität zu versprechen (HRW 12.1.2017). Als Sprachrohr von Partei und Staat bleibt es Hauptaufgabe der Medien, die "Einheit von Volk, Staat und Partei" und die politischen Ziele der Staatsführung zu propagieren. Soziale Defizite, Umweltverschmutzung, Wirtschafts- und Bildungspolitik werden offen problematisiert, die Berichterstattung hierüber kann durchaus kontrovers sein und wird geduldet, solange sie nicht als Systemkritik verstanden werden könnte. Demgegenüber unterstehen politische Inhalte, die für den Erhalt des Systems und der Herrschaft zentral sind, weiterhin einer strengen staatlichen Kontrolle (z.B. nationale Sicherheit, Partei und politisches System, Vermögenssituation der Führung, Minderheitenpolitik). Verstöße gegen die Regeln werden teilweise empfindlich bestraft, etwa mit Verlust des Arbeitsplatzes oder gar Inhaftierung (AA 15.12.2016).

 

Allerdings durchläuft die chinesische Gesellschaft radikale und spürbare Wandlungsprozesse. Es hat sich eine immer besser informierte und über die neuen Kommunikationsmedien interaktive chinesische Öffentlichkeit als politischer Akteur etabliert, der hinterfragt und kritisiert und so versucht, die Agenda der Verwaltungen auf allen Ebenen mitzubestimmen. Das Internet (Anfang 2016 rund 688 Mio. Internetnutzer) und soziale Netzwerke sind zu mächtigen Sprachrohren von Frustrationswellen geworden. Mit massiver, flächendeckender staatlicher Zensur, der sog. "Großen Firewall", einer restriktiven Internet-Politik und harten Strafen für die Verbreitung verbotener Inhalte wirken staatliche Stellen dem mit zunehmendem Erfolg entgegen (AA 15.12.2016). Dabei unternahm China 2016 weitere Anstrengungen, um seine bereits repressiven Maßnahmen der Internetzensur weiter auszubauen. Tausende von Webseiten und Angebote der sozialen Medien waren nach wie vor gesperrt, darunter Facebook, Instagram und Twitter. Außerdem mussten Anbieter von Internetdienstleistungen und -inhalten auf ihren Plattformen eine weitreichende Zensur ausüben. Am 7.11.2016 verabschiedete der Nationale Volkskongress das Gesetz über Internetsicherheit, das vorgeblich dem Schutz der personenbezogenen Daten von Internetnutzer vor Hackerangriffen und Diebstahl dienen soll, mit dem jedoch in China tätige Internetunternehmen die Auflage erhielten, Inhalte zu zensieren, Nutzerdaten im Land zu speichern und zwingend ein Registrierungssystem mit Klarnamen einzuführen. Das Gesetz enthält das Verbot für Einzelpersonen und Gruppen, das Internet zu nutzen, um damit "die nationale Sicherheit zu beeinträchtigen", "die Gesellschaftsordnung zu stören" oder "nationalen Interessen zu schaden", was vage und unpräzise Begriffe im geltenden chinesischen Recht sind, die dazu benutzt werden könnten, das Recht auf freie Meinungsäußerung weiter zu beschneiden (AI 22.2.2017). Ein Gesetz vom Juli 2015 ermächtigt die Ermittler zu "allen notwendigen Maßnahmen", um die Sicherheit im Internet zu gewährleisten (Die Presse 19.8.2015). China gehört nach der Evaluierung von "Reporter ohne Grenzen" aus dem Jahr 2015 (Untersuchungszeitraum 2014) weiter zu den Ländern mit den stärksten Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit. Es nimmt dort den

176. Platz von 180 Ländern ein (2011/2012: 174 von 179) (AA 15.12.2016).

 

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

 

Art. 35 der Verfassung gewährt das Recht auf Freiheit der Rede, der Presse, der Versammlung, der Vereinigung und zu Demonstrationen; Art. 41 schützt das Recht der Bürger, Kritik oder Vorschläge hinsichtlich eines jeden Staatsorgans oder Funktionärs zu unterbreiten. Diese Verfassungsrechte sind jedoch für den Einzelnen nicht einklagbar und in der Praxis durch die Regierung stark eingeschränkt. Nach Art. 7 des Versammlungsgesetzes bedürfen Versammlungen, Prozessionen und Demonstrationen der vorherigen behördlichen Genehmigung. Pressekonferenzen von Menschenrechtsaktivisten werden öfters ohne weitere Begründung verhindert. Jeder Anschein von Organisation wird als Bedrohung für die Stabilität verstanden und umfassend unterbunden. Art. 296 des Strafgesetzbuches sanktioniert "rechtswidrige Versammlung" mit bis zu 5 Jahren Haft, was immer wieder als Delikt gegen Aktivisten in Stellung gebracht wird (AA 15.12.2016).

 

Chinas Verfassung schützt das Demonstrationsrecht der Bürger. Doch in der Praxis erhalten Demonstranten selten eine Genehmigung zur Abhaltung von Demonstrationen und riskieren Strafen für Versammlungen ohne Erlaubnis. Die Vereins- und Versammlungsfreiheit ist wesentlich eingeschränkt. Spontane Demonstrationen stellen eine gemeinsame Form des Protestes dar. Ein staatliches Forschungszentrum zählte jährlich 100.000 solcher "Massenansammlungen" in den letzten Jahren, von denen einigen mit polizeilicher Gewalt begegnet wurde (ÖB 11.2016; vgl. FH 1.2017a). Oftmals werden Kundgebungen durch vorab verhängte Hausarreste im Keim erstickt. Auch rund um sensible Jahrestage (4. Juni, Jahrestag der Unruhen in Xinjiang, Internationaler Tag der Menschenrechte) werden "sensible" Personen unter Hausarrest gestellt (ÖB 11.2016).

 

Eine parlamentarische oder sonstige organisierte Opposition gibt es nicht. Beschränkungen von politischen Tätigkeiten betreffen besonders ethnische Minderheiten, einschließlich Tibeter, Uiguren und Mongolen. Selbst eine Organisation scheinbar harmloser gesellschaftlicher Aktivitäten unter solchen Gruppen wird von den Behörden als bedrohlich empfunden (AA 4 .2017a; vgl. FH 1.2017a). Die in der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes organisierten acht "demokratischen Parteien" sind nach ehemals sowjetischem Muster "gleichgeschaltet". Sie werden in Konsultationsprozesse z.B. in den Bereichen Wirtschaft und Gesetzgebung einbezogen, haben aber sehr begrenzte Gestaltungsmöglichkeiten (AA 15.12.2016). Die Kommunistische Partei versucht, alle Formen der politischen Organisation in ihrer Organisation zu konzentrieren (FH 1.2017a).

 

Aufklärung über die und Bekämpfung der von extremen Vertretern der uigurischen Minderheit getragenen Ostturkistan-Bewegung zählen zu den obersten Prioritäten des Staatsschutzes. Anhänger dieser Bewegung werden mit unnachgiebiger Härte politisch und strafrechtlich verfolgt (AA 15.12.2016).

 

Haftbedingungen

 

Es wird geschätzt, dass drei bis fünf Millionen Menschen in chinesischen Hafteinrichtungen einsitzen. Die Haftbedingungen sind im Allgemeinen hart, mit unzureichender Ernährung, regelmäßigen Misshandlungen und Entzug von medizinischer Hilfe (FH 1.2017a). Das Gesetz verbietet den körperlichen Missbrauch und die Misshandlung von Häftlingen und verbietet Wachpersonal, Gefangene zu beleidigen, zu schlagen oder Geständnisse zu erzwingen (USDOS 3.3.2017). In vielen Fällen wurde Inhaftierten in Untersuchungsgefängnissen anfänglich der Zugang zu Rechtsbeiständen verwehrt, was damit begründet wurde, dass die Fälle mit der "Gefährdung der nationalen Sicherheit" in Zusammenhang stünden (AI 22.2.2017).

 

Misshandlungen von Gefangenen durch Strafvollzugs- und Sicherheitsorgane werden selbst von staatlichen Stellen eingeräumt. Diese - zusammen mit zum Teil schwierigen Haftbedingungen - führen bei den Gefangenen nicht selten zu gesundheitlichen Schwierigkeiten. Neben der Freiheitsstrafe existieren verschiedene Formen freiheitsentziehender Maßnahmen als sogenannte Administrativhaft:

"Haft zur Erziehung" (shourong jiaoyu), "Haft zur Umerziehung" und "Zwangsmäßige Drogenrehabilitation in Isolation". Sie zielen häufig auf Prostituierte und Drogenabhängige, aber auch politisch missliebige Personen (z.B. Anti-Falun-Gong-Kampagne) ab. Bereits durch das seit Juni 2008 in Kraft getretene "Anti-Drogengesetz", nach welchem Drogenabhängige nicht mehr durch Laojiao, sondern durch die "Zwangsrehabilitierung in Isolation" bestraft wurden, war die Zahl der (offiziell) in Laojiao befindlichen Personen stark zurückgegangen. Menschenrechtsorganisationen kritisieren, dass diese Maßnahmen weder Rehabilitierungs-/Entzugshilfe bieten noch der Resozialisierung der Drogenabhängigen dienen. Vielmehr stehen der Freiheitsentzug und die Verrichtung unbezahlter Arbeit im Vordergrund. Zugleich haben nach offiziellen Angaben seit der landesweiten Einführung 2009 ca. 1,8 Mio. Menschen an so genannten "Community Correction Programs" teilgenommen (Stand: Anfang 2014). In diesen Programmen sollen primär verurteilte Straftäter in einem sozialen Umfeld wieder an die Gesellschaft herangeführt werden, u.a. durch "freiwillige" Arbeit (AA 15.12.2016).

 

Nach glaubhaften Berichten von NGOs sind mindestens 3.000 politischer Verbrechen Angeklagte in den vergangenen zwei Jahrzehnten in Anstalten für "politisch Anormale" festgehalten worden; ca. 1.000 Mitglieder von Falun Gong wurden gegen ihren Willen psychiatrischer Behandlung unterzogen. Es wird von Zwangsmedikation und Gewaltanwendung (Elektroschocks) berichtet (AA 15.12.2016).

 

Am 1.5.2013 trat das neue "Mental Health Law" in Kraft. Psychiatrische Einweisungen als Bestrafung zu verwenden oder Behandlungen an Menschen ohne geistige Krankheiten sind demnach illegal und es werden für solche Praktiken auch Strafen festgelegt. Eine Behandlung und stationäre Versorgung sollte demnach freiwillig sein - außer in Fällen, in denen Einzelpersonen mit schweren psychischen gesundheitlichen Beschwerden für sich oder andere eine Gefahr darstellen. Die Definitionen für die Voraussetzung für eine Einweisung - "schwere geistige Krankheit" und "Gefahr für sich selbst oder andere" - bleiben vage, sodass die Wahrscheinlichkeit für breitere Interpretationen bleibt. Das Gesetz bringt allerdings die Debatte um unrechtmäßige Verwahrung in psychiatrischen Anstalten vorwärts (Psychiatry online 1.6.2013; vgl. HRW 27.1.2016). Missbräuchliche Einweisungen politisch missliebiger Personen (vor allem Petenten oder Dissidenten) in psychiatrische Anstalten ohne faires Gerichtsverfahren oder aufgrund falscher oder gefälschter medizinischer Gutachten kommen weiterhin vor (AA 15.12.2016). Die Polizei kann in solchen Anstalten Personen nach eigenem Gutdünken ohne zeitliche Begrenzungen festhalten (ÖB 11.2016).

 

Todesstrafe

 

Die Todesstrafe wird immer noch exzessiv verhängt und vollstreckt. Derzeit kann sie für 46 Delikte verhängt werden. 21 dieser Delikte stellen keine Gewaltverbrechen dar (ÖB 11.2016). Die genaue Zahl der Hinrichtungen bleibt Staatsgeheimnis. Man geht davon aus, dass China bei der Anzahl der Hinrichtungen weltweit führt. Experten zufolge wurden 2016 mehrere Tausend Menschen in China hingerichtet. NGOs schätzen aber auch, dass die Zahl der Vollstreckungen seit mehreren Jahren abnimmt (AA 15.12.2016; vgl. FH 1.2017a, AI 11.4.2017).

 

Obwohl die Regierung betont, dass die überwiegende Mehrheit der Chinesen für die Beibehaltung der Todesstrafe wäre, gibt es eine offene Debatte zur Anwendung der Todesstrafe, die in den vergangenen Jahren zu positiven Reformen geführt hat. Durch die verstärkte Praxis der außergerichtlichen Mediation, bei der ein Mörder die Familie des Todesopfers finanziell entschädigen kann, konnten ebenfalls einige Todesurteile abgewendet werden (ÖB 11.2016). Angesichts der Tatsache, dass etwa 90 Prozent der Todesurteile in China für schwere Verbrechen wie Mord, Raubmord, Vergewaltigung oder Drogenschmuggel verhängt werden, wird die Beschränkung der Todesstrafe aber absehbar nicht zu signifikant weniger Todesurteilen in China führen. Todesurteile werden entweder zur sofortigen Vollstreckung oder mit zweijährigem Vollstreckungsaufschub verhängt. In letzterem Fall werden die Urteile nach Ablauf der Frist, falls sich der Delinquent in dieser Zeit straffrei verhalten hat, regelmäßig in lebenslange Strafen umgewandelt. Seit 2007 müssen Todesurteile zur sofortigen Vollstreckung wieder vom Obersten Volksgericht (OVG) bestätigt werden. Offiziellen Angaben zufolge werden etwa 10 Prozent dieser Todesurteile im Rahmen dieses Verfahrens aufgehoben. Zudem sollen nach offiziellen Aussagen bereits durch die Überprüfung der Urteile durch das OVG die erstinstanzlichen Gerichte hinsichtlich des Strafmaßes der Todesstrafe vorsichtiger und genauer geworden sein (AA 15.12.2016). Während die Regierung erklärte, dass sie die Verwendung von Organen hingerichteter Gefangener 2015 beenden würde, hat sich die Zahl von erfolgten Transplantationen nicht verringert und ist auch 2016 Grund internationaler Besorgnis (AA 15.12.2016; vgl. FH 1.2017a).

 

Die Todesstrafe wird derzeit verstärkt wegen "Staatsverbrechen" - insbesondere gegen des Terrorismus beschuldigter Uiguren - verhängt (ÖB 11.2016).

 

Religionsfreiheit

 

Die chinesische Verfassung sieht Glaubensfreiheit vor, jedoch sind die einzig zugelassenen Religionsgemeinschaften Katholizismus, Protestantismus, Buddhismus, Islam und Taoismus (ÖB 11.2016).

 

Ein Plan zur umfassenden Organisation aller religiösen Aktivitäten und Organisationen und die Eingliederung der Religion in China, welche festgelegt wurde, beschränkte den Spielraum für religiöse Freiheiten weiter (FH 1.2017a).

 

Die im September 2016 veröffentlichten Vorschläge zur Änderung der Bestimmungen über religiöse Angelegenheiten sehen eine Ausdehnung der Befugnisse verschiedener Behörden zur Überwachung, Kontrolle und Sanktionierung bestimmter religiöser Praktiken vor. Die Änderungen, welche die nationale Sicherheit betonen und darauf zielen, "Infiltration und Extremismus" zu verhindern, könnten dazu benutzt werden, das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit insbesondere von tibetischen Buddhisten, uigurischen Muslimen und Mitgliedern nicht anerkannter Kirchen zu beschneiden (AI 22.2.2017).

 

Der Art. 36 der Verfassung unterscheidet zwischen der garantierten Glaubensfreiheit und der Freiheit "normaler" Religionsausübung, welche die "öffentliche Ordnung, Gesundheit der Bürger und das staatliche Erziehungssystem nicht beeinträchtigen darf". Sämtliche religiöse Aktivitäten - wie die Abhaltung von Gottesdiensten, der Besuch von Kirchen oder Moscheen und der Bau von Gotteshäusern - unterliegen staatlicher Kontrolle und Genehmigung. Die Einfuhr von Print- und Bildmaterial religiösen Inhalts ist auf den Eigenbedarf beschränkt. Alle religiösen Gruppierungen müssen sich beim Staatlichen Amt für Religiöse Angelegenheiten (SARA) registrieren lassen und sich einer der folgenden offiziell anerkannten kirchlichen Dachverbände unterordnen:

 

* Vereinigung der Buddhisten Chinas,

 

* Chinesische Taoistenvereinigung,

 

* Islamische Gesellschaft Chinas,

 

* Patriotische Vereinigung der chinesischen Katholiken,

 

* Chinesisches Christliches Patriotisches Komitee der "Drei-Selbst-Bewegung" und

 

* Chinesischer Christlicher Verein/Christenrat

 

In einigen Gegenden, vor allem in der Provinz Heilongjiang, ist auch die russisch-orthodoxe Kirche mit stillschweigender Billigung der Behörden aktiv (AA 15.12.2016).

 

Durch die Regierung werden Aktivitäten, Angestellte, Finanzen, Bestellung des religiösen Personals, Publikationen und Unterricht geprüft. Die Regierung bezeichnet religiöse Gruppen außerhalb ihrer Kontrolle als "Teufelskult" (HRW 12.1.2017).

 

Nach offiziellen Angaben ist die Zahl der Gläubigen in China seit den 1980er Jahren stark gestiegen. 67,4 Prozent der Bevölkerung bekennen sich zu den fünf Hauptreligionen bzw. Konfessionen, die übrigen Gläubigen zu traditionellen chinesischen Volksreligionen. Die größte Anzahl machen Buddhisten mit geschätzten 185 Mio. Gläubigen aus. Insbesondere der Protestantismus gewinnt viele Anhänger. Nach Angaben der SARA sind unter der "Drei-Selbst-Bewegung" 23 Mio. Protestanten und mehr als 50.000 Kirchen registriert. Daneben wächst besonders die Zahl der Hauskirchen (Zusammenschlüsse chinesischer Protestanten, die sich nicht den offiziell zugelassenen protestantischen Organisationen anschließen wollen) stetig. Seit Anfang 2014 hat allerdings die staatliche Repression deutlich zugenommen (AA 15.12.2016).

 

Seit dem Abbruch diplomatischer Beziehungen zwischen China und dem Vatikan in den 1950er Jahren ist die katholische Kirche mit insgesamt ca. 10 bis 11 Mio. Gläubigen in China in die "Patriotische Vereinigung der chinesischen Katholischen Kirche" (ca. 6 Mio. Mitglieder), die die religiöse Autorität des Papstes nicht anerkennt, und die katholische Untergrundkirche gespalten, die sich weiterhin in der Gefolgschaft des Papstes sieht. Die Trennlinie zwischen den Gruppierungen verläuft allerdings fließend, da viele Priester der "Patriotischen Vereinigung" auch die Weihen von Rom erhielten (teilweise mit Wissen offizieller Stellen). So sind bereits Untergrundbischöfe zur "Patriotischen Vereinigung" übergetreten (AA 15.12.2016).

 

In tibetischen Gebieten und in der Autonomen Region Xinjiang Uighur (XUAR), wurden Einschränkungen der religiösen Freiheit auch 2016 fortgesetzt (HRW 12.1.2017). Auch Muslime (lt. SARA mehr als 23 Mio.) sind immer wieder Restriktionen und Diskriminierungen ausgesetzt, die Religionsausübung wird insbesondere bei den Uiguren stark reglementiert (AA 15.12.2016).

 

Sonstige Vereinigungen sind also illegal und werden häufig drangsaliert (Hauskirchen müssen mitunter ihre Treffpunkte mehrmals pro Sonntag verlegen) sowie dann systematisch verfolgt, wenn sie in hochrangigen politischen Entscheidungen als staatliche Bedrohung qualifiziert wurden (Falun Gong, Almighty God) (ÖB 11.2016).

 

Religiöse Aktivitäten, die sich der direkten staatlichen Kontrolle entzogen haben, wurden weiter eingeschränkt. Insbesondere in der Uigurischen Autonomen Region Xinjiang und in den von Tibetern bewohnten Gebieten wurde die Religionsausübung im Rahmen von Kampagnen zur Bekämpfung von "Separatismus" und "Terrorismus" weiterhin besonders drastisch unterdrückt (AI 22.2.2017).

 

Bestimmte religiöse oder spirituelle Gruppen sind gesetzlich verboten. Das Strafrecht definiert verbotene Gruppen als "Kult-Organisationen". Angehörige dieser Gruppen können zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt werden. Es gibt keine öffentlich bekannten Kriterien für die Erlangung einer solchen Bezeichnung oder Benennung. Ein nationales Gesetz verbietet explizit "Kult-Organisationen", und die Kommunistische Partei unterhält einen außergerichtlichen parteiamtlichen Sicherheitsdienst für die Beseitigung der Falun-Gong-Bewegung und andere solcher Organisationen (USDOS 15.8.2017). Unnachgiebig ist das Verhalten der Behörden gegenüber religiösen Aktivitäten dort, wo die chinesische Regierung die "drei Bösen" - Terrorismus, Extremismus und Separatismus - im Spiel wähnt. Dies betrifft vor allem Muslime in Xinjiang und Buddhisten in den tibetischen Gebieten. Im Übrigen variiert das Verhalten der Behörden von Provinz zu Provinz stark. Es gibt immer wieder Berichte über den Abriss von angeblich "nicht genehmigten" Gotteshäusern, während andererseits einzelne "offizielle" Kirchen mit teils staatlichen Mitteln renoviert oder gar neu gebaut werden (AA 15.12.2016).

 

Im Juli 2016 begannen die staatlichen Stellen mit dem Abriss eines großen Teils von Larung Gar, das Angaben zufolge das weltweit größte Institut des tibetischen Buddhismus ist und sich in dem Landkreis Seda (Serta) der Tibetischen Autonomen Präfektur Ganzi (Kardze) in der Provinz Sichuan befindet. Örtliche chinesische Behörden verfügten, dass Larung Gar um mehr als die Hälfte der Bewohner auf 5.000 Personen reduziert werden müsse, damit Maßnahmen der "Korrektur und Richtigstellung" durchgeführt werden könnten. Tausende von Mönchen, Nonnen und Laien waren von rechtswidrigen Zwangsräumungen bedroht (AI 22.2.2017).

 

Ethnische Minderheiten

 

Angehörige der 55 nationalen Minderheiten machen insgesamt nur etwa 8 Prozent der Bevölkerung der VR China aus, bewohnen jedoch knapp die Hälfte des Staatsgebietes. Der größte Teil lebt in den fünf Autonomen Regionen (Provinzstatus). Offiziellen Angaben zufolge haben 53 der 55 ethnischen Minderheiten ihre eigene Sprache, 29 eine eigene Schrift. Art. 4 der Verfassung verankert die Gleichheit aller Nationalitäten in der VR China. Er garantiert die Benutzung ihrer Sprache in Wort und Schrift sowie den Erhalt ihrer Sitten und Gebräuche. Eine Diskriminierung und Unterdrückung ist verboten (AA 15.12.2016). Minderheiten kommen in den Genuss diverser positiv diskriminierender Bestimmungen (Quoten bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst, Befreiung von der Ein-Kind-Politik, vereinfachter Universitätszugang etc.). Zugleich ist der Staat zur Beschleunigung der wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung von Minderheitengebieten verpflichtet (AA 15.12.2016; vgl. USDOS 3.3.2017).

 

Trotzdem ist die Diskriminierung ethnischer Minderheiten weit verbreitet (USDOS 3.3.2017). Für ethnische Minderheiten wie Tibeter, Uiguren und Mongolen sind Einschränkungen von politischer Aktivitäten nach wie vor besonders strikt (FH 1.2017a).

 

Da Religion, Kultur und ethnische Zugehörigkeit oft eng miteinander verbunden sind, war es bei vielen Vorfällen schwierig, gesellschaftliche Diskriminierung einzig und allein auf die religiöse Identität zu kategorisieren. Religiöse und ethnische Minderheiten wie tibetische Buddhisten und uigurischen Muslime sind im ganzen Land wegen ihrer religiösen Überzeugungen als auch ihrer Stellung als ethnische Minderheiten wegen ihrer unterschiedlichen Sprachen und Kulturen institutioneller Diskriminierung ausgesetzt (USDOS 15.8.2017).

 

Zur Stabilitätswahrung hat die chinesische Regierung umfangreiche Maßnahmen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung und sozialen Stabilität der von Minderheiten bewohnten Regionen auf den Weg gebracht, von denen die Minderheiten selbst aber nur eingeschränkt profitieren (AA 15.12.2016). Han-Chinesen profitieren überproportional von Regierungsprogrammen und dem wirtschaftlichen Aufschwung. Die Minderheitengruppen in den Grenz- aber auch in anderen Regionen haben weniger Zugang zu Bildung als Han-Chinesen, sind mit Diskriminierung bei der Vergabe von Arbeitsplätzen zugunsten der Han konfrontiert und verdienen im Vergleich zu anderen Gebieten des Landes weniger. Die Entwicklungsprojekte der Regierung hemmen oft die traditionelle Lebensart und sind oftmals mit Zwangsumsiedlungen der Minderheiten verbunden. Die Regierung spielt im Zuge ihrer Herausbildung einer "harmonischen Gesellschaft" Rassismus und institutionelle Diskriminierung von Minderheiten herunter, welche aber Quelle von tiefer Verstimmung in der Autonomen Uigurischen Region Xinjiang, der Innermongolischen Autonomen Region und den tibetischen Gebieten darstellt (USDOS 3.3.2017).

 

Im vermeintlichen Kampf gegen Separatismus und Terrorismus ist zu beobachten, dass es in den Autonomen Regionen Xinjiang (Uiguren) und Xizang (Tibeter) immer wieder zur Ausübung von Repressionsmaßnahmen und Diskriminierungen kommt (AA 15.12.2016). Alle tatsächlichen oder vermeintlichen Bestrebungen, die den chinesischen Herrschaftsanspruch auf die von den Minderheiten bewohnten Gebiete in Frage stellen könnten, wie beispielsweise oppositionelle Meinungsäußerungen oder Autonomieforderungen, insbesondere in den Grenzregionen Tibet und Xinjiang, werden massiv verfolgt (AA 15.10.2014). Die Gesetze zum Schutz des Staates und seiner Einheit bieten hierzu umfangreiche Handhabe (AA 15.12.2016).

 

Relevante Bevölkerungsgruppen

 

Frauen

 

Frauen genießen denselben Rechtsstatus und dieselben Rechte wie Männer (USDOS 3.3.2017). Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern ist seit 1949 erklärtes politisches Ziel der Regierung. Allerdings gibt es noch immer wenige Frauen in gehobenen Positionen, so auch in der Politik (AA 15.12.2016; vgl. USDOS 3.3.2017). Die Regierung ermutigt Frauen in den Dorfkomitees zu wählen und sich zur Wahl aufstellen zu lassen, jedoch sind nur wenige der gewählten Mitglieder Frauen. Das Wahlgesetz sieht Quoten für Frauen vor (USDOS 3.3.2017).

 

Reaktionen der Regierung auf diese Missstände hinsichtlich einer Gleichstellung der Geschlechter bleiben weiterhin unzureichend. Frauen sind in China einer systemisch bedingten Diskriminierung in der Hochschulausbildung und am Arbeitsplatz ebenso ausgesetzt, wie häuslicher Gewalt und sexueller Belästigung (HRW 12.1.2017).

 

Es gibt Gesetze zum Schutz von Frauen, dennoch kommt es zu Diskriminierung von Frauen (USDOS 3.3.2017). In der patriarchalisch veranlagten chinesischen Gesellschaft sind Frauen vor allem in ländlichen Gebieten benachteiligt (AA 15.12.2016).

 

Die Regierung betrachtet häusliche Gewalt gegen Frauen als ernstes Problem und ergreift Maßnahmen zur Verhinderung und Verfolgung von Straftaten. Aktivisten zufolge sind Frauen ethnischer Minderheiten häufiger häuslicher Gewalt ausgesetzt. Die Regierung unternahm Anfang März 2016 einen bedeutenden Schritt, um Frauen gesetzlich vor häuslichem Missbrauch zu schützen. Das Gesetz definiert häusliche Gewalt als Ausdruck körperlicher und geistige Gewalt zwischen Familienmitgliedern. NGOs berichten, dass infolge dieses Gesetzes mehr Frauen bereit waren, Vorfälle häuslicher Gewalt bei der Polizei zu melden. Dennoch bleibt die Umsetzung des Gesetzes im ersten Jahr uneinheitlich, was weitgehend auf mangelnde Sensibilisierung der Behörden für die Durchführungsmaßnahmen des Gesetzes zurückzuführen ist. Auch führt eine Zuordnung häuslicher Gewalt als private Angelegenheit zu Untätigkeit und folglich zu einer hohen Dunkelziffer von Fällen häuslicher Gewalt gegen Frauen (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 1.2017a).

 

Berichten zufolge kommt es in mindestens einem Viertel der Familien zu häuslicher Gewalt, mehr als 85 Prozent der Opfer sind Frauen (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 1.2017a). Die All China Women's Federation berichtete im Jahr 2013 von jährlich 70.000 Beschwerden. Laut der letzten verfügbaren Statistik aus dem Jahr 2008 gibt es landesweit bei der Polizei 12.000 spezielle Kabinen für Anzeigen von häuslicher Gewalt, 400 Schutzhäuser für Gewaltopfer und 350 medizinische Untersuchungszentren für Frauen, die Anzeige erstatten (USDOS 25.6.2015). Einige Gerichte bieten Schutz für die Opfer durch Verhängung einstweiliger Verfügungen an, welche Täter von einer Kontaktaufnahme mit dem Opfer abhalten sollen. Dennoch erreichte die offizielle Unterstützung nicht immer die Opfer. Auch wird häusliche Gewalt durch die öffentlichen Sicherheitskräfte oftmals ignoriert (USDOS 3.3.2017).

 

Vergewaltigung ist illegal, Strafen für Vergewaltigung reichen von drei Jahren Gefängnis bis zur Hinrichtung. Manche Fälle von Vergewaltigung werden durch private Vergleiche beendet. Von 2013 bis 2015 wurden von den Gerichten 66.736 Vergewaltigungsfälle behandelt. In 62.551 Fällen wurden die Angeklagten strafrechtlich verurteilt. Einige Personen, welche wegen Vergewaltigung verurteilt wurden, sind hingerichtet worden. Das Gesetz wird bei Vergewaltigung in der Ehe nicht angewendet (USDOS 3.3.2017).

 

Zwangsprostitution und Menschenhandel werden strafrechtlich verfolgt. Prostitution ist keine Straftat, aber ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, der mit Administrativhaft geahndet wird. Mitte 2014 gab es 116 Umerziehungslager, in denen ca. 118.000 Frauen einsaßen und zu fabrikähnlicher Arbeit gezwungen wurden. Es gibt glaubhafte Berichte, dass lokale Behörden an Einrichtungen, in denen Prostitution ausgeübt wird, beteiligt sind. Nach dem Gesetz über den Schutz und die Rechte von Frauen ist sexuelle Belästigung von Frauen strafbar. Das Gesetz ist jedoch sehr vage formuliert, entsprechende Regelungen im Strafgesetz fehlen (AA 15.12.2016).

 

Bewegungsfreiheit

 

Die Behörden verschärften die Beschränkungen der Bewegungsfreiheit von Personen vor wichtigen Jubiläen, Besuchen ausländischer Würdenträger oder großer politischer Ereignissen, welche als politisch sensibel empfunden werden, um Demonstrationen vorzubeugen (USDOS 3.3.2017; vgl. FH 1.2017a).

 

Repressionen erfolgen landesweit nicht einheitlich. Da wegen der Größe des Landes und der historisch überkommenen Strukturen Einfluss und Kontrolle der Zentralregierung in den einzelnen Landesteilen unterschiedlich ausgeprägt sind, treten staatliche oder dem Staat zurechenbare Übergriffe in den Regionen unterschiedlich häufig auf. Daher kann es im Einzelfall möglich sein, durch einen Ortswechsel Repressalien auszuweichen. So berichten beispielsweise protestantische Hauskirchen von besonders großem Druck in den Provinzen Zhejiang, Hubei, Hebei und Heilongjiang, während sie in Peking relativ ungehindert praktizieren können. Allerdings ist ein Umzug von in der VR China lebenden Chinesen in einen anderen Landesteil durch die restriktive Registrierungspraxis ("Hukou"-System) nur schwer möglich (Verlust des Zugangs zu Bildung und Sozialleistungen). Für Personen aus ländlichen Gebieten ist es schwierig, legal in eine Stadt überzusiedeln. Insbesondere für aus politischen Gründen Verfolgte gibt es nach Ansicht des Auswärtigen Amtes keine sichere Ausweichmöglichkeit innerhalb Chinas (AA 15.12.2016).

 

Ein Untertauchen, also eine nicht registrierte Niederlassung in einen anderen Landesteil als jenem des Melde-Wohnorts, ist schwierig. Sowohl bei Inlandsflügen als auch bei Zugfahrten wird systematisch die Identität überprüft, auch Zugtickets können nur mit Personalausweis gekauft werden und sind nicht übertragbar. KFZ mit Kennzeichen von außerhalb der Stadt oder der Provinz und deren Passagiere werden systematisch überprüft. Es besteht ein sehr effizientes System der Überwachung durch Nachbarschaftskomitees ("Blockwarte"). In der Tibetischen Autonomen Region und in Xinjiang besteht besonders strenge Überwachung unter anderem durch das System der kollektiven Bestrafung von Dorfgemeinschaften und starken Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, wonach Personen, die ihr Dorf oder ihre Region verlassen wollen, hierfür Genehmigungen einholen müssen welche teilweise nur für bestimmte andere Regionen ausgestellt werden. In Xinjiang werden darüber hinaus in von Uiguren bewohnten Gegenden an Straßensperren Identitätskontrollen - vor allem von jungen männlichen Uiguren - durch die bewaffnete Volkspolizei und die Volksbefreiungsarmee durchgeführt (ÖB 11.2016).

 

Trotz fehlender Bedrohungslage wurde 2016 von den Behörden fast allen Bewohner der Region Tibet verboten, Reisen in das Ausland zu unternehmen (HRW 12.1.2017).

 

2012 wurden Hunderte von Tibetern, die sich nach Indien begeben hatten, um an den Kalachakra Belehrungen teilzunehmen, bei ihrer Rückkehr von chinesischen Behörden festgenommen und verhört. Wochen- oder gar monatelang wurden Leute aller Altersgruppen, darunter sogar Achtzigjährige, gezwungen, Kurse für patriotische Umerziehung zu besuchen, weil "ihr Geist durch den Besuch der Kalachakra-Unterweisungen korrumpiert" worden sei. Einige Monate später, im April 2012, gab die Regierung der TAR neue Richtlinien für die Ausstellung von Reisepässen heraus, die es Tibetern sehr erschwerten, an einen Pass zu kommen, ohne den sie nicht ins Ausland reisen können (TCHRD 21.11.2016).

 

Seit 1.6.2016 gibt es für die Einwohner Xinjiangs strenge Auflagen für den Erwerb von Reisedokumenten. Biometrische-Daten, eine DNA-Blutprobe, Fingerabdrücke sowie eine Stimmaufzeichnung und ein dreidimensionales Foto des Körpers müssen bei einem Antrag zur Verfügung gestellt werden (DZ 25.11.2016; vgl. BBC 7.6.2016). Von November 2016 bis Mitte Februar 2017 mussten die Einwohner Xinjiangs ihre Reisepässe bei der Polizei abgeben (DZ 2.4.2017; vgl. DZ 25.11.2016).

 

Einwohner benötigen nun eine spezielle Erlaubnis, um ihre Pässe zurückzubekommen und ins Ausland zu reisen (DZ 2.4.2017). Das Einsammeln der Dokumente diene nach staatlichen Angaben als eine Maßnahme zur "Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung" (DZ 25.11.2016; vgl. BBC 7.6.2016).

 

Human Rights Watch nennt das Vorgehen eine Verletzung des Rechts auf Bewegungsfreiheit und eine Maßnahme kollektiver Bestrafung (DZ 25.11.2016).

 

Die Meldekarte ("Hukou-System") ist weiterhin nötig für die (legale) Aufnahme einer Arbeit oder den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen. Chinesen, die keinen für ihre Zwecke gültigen Hukou haben (z.B. minderjährige Wanderarbeiter, welche offiziell noch nicht arbeiten dürften), verwenden mitunter gefälschte "Hukou-Karten" oder solche von Verwandten (ÖB 11.2016).

 

IDPs und Flüchtlinge

 

China hat das UN-Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und das Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ratifiziert. Eine ausdrückliche Regelung zur Vergabe des Flüchtlingsstatus gibt es jedoch nicht. Der Großteil der Flüchtlinge in der VR China sind die ca. 300.000 Flüchtlinge aus Indochina die Ende der 1970er Jahre aus Vietnam vertrieben wurden. Die Integration der Flüchtlinge, die bis auf die fehlende Staatsangehörigkeit die gleichen Rechte wie Chinesen genießen, ist aus Sicht des UNHCR vorbildlich (AA 15.12.2016).

 

In China halten sich Schätzungen zufolge bis zu 50.000 Nordkoreaner illegal auf. Nordkoreaner werden in China nicht als politische Flüchtlinge anerkannt, sondern als Wirtschaftsmigranten betrachtet. Damit ist ein legaler Aufenthalt mit formellem Flüchtlingsstatus in China nicht möglich. Sie müssen jederzeit mit einer Abschiebung durch die Sicherheitsbehörden rechnen. Die zum Teil sehr schweren Repressionsmaßnahmen, die bei einer Rückführung nach Nordkorea drohen, sind für China kein Abschiebehindernis. 2014 wurden mindestens vier nordkoreanische Familien und ihre Fluchthelfer, insgesamt bestehend aus rd. 29 Personen festgenommen und abgeschoben. Nur 1.516 der geschätzt 20.000 Flüchtlinge aus Nordkorea kamen 2013 in Südkorea an. UNHCR und anderen internationalen Hilfsorganisationen wird kein Zugang zu den Flüchtlingslagern entlang der Grenze zu Nordkorea gewährt. China ist Transitland für Nordkoreaner nach Thailand und in die Mongolei, die relativ unbürokratisch die Weiterreise nach Südkorea oder die USA ermöglichen. Die Regierung in Peking setzt Belohnungen auf die Anzeige "illegaler Immigranten" aus. Personen, die nordkoreanische Flüchtlinge unterstützen, müssen mit Geldstrafen in Höhe von ca. 1.000 Euro oder Gefängnisstrafe rechnen. 2014 wurde die chinesische Grenze zu Nordkorea noch stärker gesichert (AA 15.12.2016; vgl. USDOS 3.3.2017).

 

Grundversorgung und Wirtschaft

 

China ist seit 2010 die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt nach den USA, seit 2014 nach Kaufkraft sogar die größte. Beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt China im Jahr 2016 mit rund

8.261 USD auf Platz 75 im weltweiten Vergleich. Zudem hält China die weltweit höchsten Devisenreserven. Innerhalb des Landes gibt es enorme regionale und soziale Unterschiede (AA 4 .2017b). Die chinesische Gesellschaft hat durch die soziale Dynamik, die durch die wirtschaftlichen Reformen ausgelöst wurde, in den letzten drei Jahrzehnten insgesamt an Offenheit gewonnen. Die Lebensbedingungen haben sich für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung deutlich verbessert und erlauben im wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereich ein höheres Maß an persönlicher Freiheit (AA. 4.2017a).

 

Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln bzw. Gegenständen des täglichen Bedarfs ist trotz starker Disparitäten zwischen Stadt und Land bzw. Ost und West grundsätzlich gegeben. In den letzten Jahren kam es zu einem rasanten Anstieg der Immobilien- und Nahrungsmittelpreise. Viele Städte in China gehören heute im Vergleich zum Einkommen zu den teuersten Immobilienmärkten der Welt (ÖB 11.2016). Der Lebensstandard der Bevölkerung steigt im Allgemeinen kontinuierlich an, wenn auch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit (AA 15.12.2016).

 

Eine andauernde Gefährdung für den sozialen Frieden in der chinesischen Gesellschaft stellt die rasche Entwicklung der chinesischen Wirtschaft und die daraus resultierende Wohlstandsverteilung dar. Besonders gravierend zeigen sich die Unterschiede im Vergleich von (vergleichsweise wohlhabender) Stadt- und (vergleichsweise armer) Landbevölkerung, regulärer Arbeit und Wanderarbeit sowie jüngerer und älterer Menschen. Nur minimal hat sich der Gini-Koeffizient - der Maßstab für die Einkommensungleichverteilung verbessert. Er ist von seinem Höchststand 2008 von 0,49 langsam aber beständig auf 0,462 in 2015 gesunken - allerdings im Jahr 2016 wieder geringfügig auf 0,465 angestiegen. Damit liegt China nach wie vor deutlich über der Grenze, die nach der Definition der Vereinten Nationen eine extreme Ungleichheit anzeigt (0,4). Noch leben mehr als 45 Prozent aller Chinesen auf dem Land, wo die grundlegenden sozialen Sicherungs- und Geldleistungen (Rente, Krankheit, Arbeitslosigkeit) wie auch erweiterte wohlfahrtspolitische Leistungen und Institutionen (Bildung, Wohnung) deutlich schlechter entwickelt sind als in den Städten (AA 4 .2017b).

 

2016 war das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen pro Kopf und Jahr in der Stadt mit 33.616 RMB (ca. 5.060 USD) 2,72-mal so hoch wie in ländlichen Gebieten mit 12.363 RMB (ca. 1.861 USD). Dabei wuchs das Einkommen der Landbevölkerung mit 8,2 Prozent etwas stärker als das der Stadtbewohner mit 7,8 Prozent (AA 4 .2017b).

 

Laut offiziellen Angaben sind 4,1 Prozent der Chinesen mit Haushaltsregistrierung arbeitslos gemeldet. Darin nicht erfasst sind die mittlerweile ca. 275 Mio. "Wanderarbeiter", von denen ca. 168 Mio. außerhalb ihrer Heimatprovinz einer Beschäftigung nachgehen. Die Regierung will bis 2020 mit Hilfe eines entwicklungsorientierten Programms zur Armutsreduzierung in ländlichen Regionen gezielt in die soziale Infrastruktur von besonders zurückgebliebenen Schlüsselregionen investieren (AA 15.12.2016).

 

Trotz des laufenden Ausbaus des Sozialsystems bleibt angesichts des niedrigen Niveaus der Sozialleistungen die familiäre Solidarität in Notfällen ein entscheidender Faktor. Die meisten sozialen Leistungen sind zudem an die Wohnrechtsregistrierung ("Hukou-System") gekoppelt, befindet sich diese auf dem Land, ist mit einem noch niedrigeren Niveau an staatlicher Hilfeleistung zu rechnen. Eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt in den ländlichen Regionen ist oft sehr schwierig (ÖB 11.2016).

 

Seit 2012 geht die chinesische Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter kontinuierlich zurück. Um die Finanzierbarkeit der Pensionen zu gewährleisten, plant China eine Senkung der mit 10 Prozent sehr hohen jährlichen Anpassung der Rentenhöhe und die Erhöhung des Pensionsalters (derzeit generell Männer mit 60 Jahren, Frauen mit 55 Jahren, tatsächliches durchschnittliches Renteneintrittsalter 53 Jahre) (ÖB 11.2016). Provinzen, die nicht über genügend eigene Mittel verfügen, erhalten Subventionen von der Zentralregierung (AA 4 .2017b).

 

Chinas Basis-Krankenversicherung besteht aus einem Basis-Rentenplan für städtische Arbeiter und einem Plan für ländliche Arbeiter (Basic Pension Plan for Urban Employees and a Rural Pension Plan). Der Basis Pension Plan für Arbeiter im urbanen Umfeld deckt alle Arbeitnehmer ab. Für den Rural Pension Plan gilt: Nur wenige Regionen mit den finanziellen Kapazitäten haben einen solchen Rentenplan erlassen (IOM 8.2016).

 

Das chinesische Sozialsystem trifft hauptsächlich Senioren (Personen über 60 Jahre, arbeitsunfähig, ohne Einkommen, ohne Unterhaltszahlungen und Beihilfe oder deren Angehörige sie nicht unterstützen können), Kinder (Waisen ohne Verwandtschaft, ausgesetzte Babys und Kinder, deren biologische Eltern nicht auffindbar sind, profitieren von staatlicher Beihilfe, sowie Erziehung und Pflege von offiziellen Institutionen) und Minderheiten (durch die Provinzen und Städte Chinas wurden unterschiedliche Systeme zur Behandlung von Minderheiten entwickelt) (IOM 8.2016).

 

Das seit 2014 bestehende Programm zur Sicherung des Existenzminimums ("di bao") ähnelt der Sozialhilfe. Derzeit ist eine lokale Wohnmeldung ("Hukou-System") vorausgesetzt, weshalb die Millionen Wanderarbeiter in Städten in der Regel keinen Anspruch haben. Ein nationales Gesetz ist seit Jahren in Planung, bisher jedoch nicht verabschiedet, da unklar ist wie eine überregionale Bedarfsprüfung angesichts der Mobilität der Bevölkerung und der Größe des Landes bewerkstelligt werden kann. Die Höhe des "di bao" wird regional festgelegt und beträgt in Städten durchschnittlich 373 RMB (ca. 52 EUR) und auf dem Land 203 RMB (28 EUR). Ende 2014 gab es in den Städten lediglich 18,8 Mio. und in ländlichen Gebieten nur 52,1 Mio. Bezugsberechtigte (ÖB 11.2016).

 

Laut einem Beschluss des Staatsrats vom 11. Oktober 2016 sollen bis 2020 allerdings 100 Mio. Chinesen, die ohne städtischen "Hukou" (Meldeberechtigung) bereits "ständig" in Städten leben, Zugang zu sozialen Leistungen wie medizinischer Versorgung und Bildung erhalten. Bisher verfügten nur 39,9 Prozent der Stadtbewohner über einen städtischen Hukou mit Zugang zu sozialen Leistungen, dieser Prozentsatz solle in den kommenden 5 Jahren auf 45 Prozent steigen. Entsprechende Durchführungsverordnungen wurden bisher nicht erlassen. Die Maßnahmen betreffen jedoch nicht einmal die Hälfte der derzeit geschätzten 277 Mio. Wanderarbeiter (ÖB 11.2016).

 

Medizinische Versorgung

 

In China gibt es kein System niedergelassener Ärzte. Die Krankenversorgung konzentriert sich daher auf die Krankenhäuser. In den großen Städten finden sich sehr große Klinikzentren mit modernster Ausstattung, wohingegen auf dem Land die Versorgung noch sehr einfach sein kann (AA 17.8.2017). Krankenhäuser sind sowohl in großen, als auch in kleinen Städten zu finden (IOM 8.2016). Die Hygiene mag nicht europäischen Vorstellungen entsprechen (AA 17.8.2017). Elementare medizinische Dienstleistungen sind in abgelegenen ländlichen Gebieten kaum vorhanden, eine zeitnahe ärztliche Versorgung kaum möglich, und die vorhandenen Krankenhäuser sind schlecht ausgestattet (AA 15.12.2016).

 

Von dem neu eingeführten kooperativen medizinischen Versorgungssystem auf dem Lande wurden Ende 2013 nach Angaben des nationalen Büros für Statistik 99 Prozent der Landbevölkerung erfasst. Es handelt sich um eine Basisversorgung. Sie regelt die Teilerstattung von Kosten für die Behandlung (regional unterschiedlich definierter) schwerer Erkrankungen (AA 15.10.2014). Trotzdem herrscht im Gesundheitswesen ein gravierendes Stadt-Land-Gefälle. Obwohl die chinesische Regierung kontinuierlich immer mehr Geld in das Gesundheitswesen investiert, ist die Abdeckung für untere Einkommensschichten oder bei chronischen Krankheiten ungenügend. Für wohlhabende Chinesen gibt es in Peking, Shanghai und anderen Großstädten an der Ostküste eine wachsende Zahl teurer Privatkliniken. Der hohe formale Abdeckungsgrad in der chinesischen Krankenversicherung täuscht darüber hinweg, dass die finanzielle Absicherung im Krankheitsfall nach wie vor ungenügend ist. Obwohl 95 Prozent der Bevölkerung über Krankenversicherungsprogramme abgesichert ist, stellen für Bezieher durchschnittlicher und niedriger Einkommen Krankheiten, die intensive ärztliche und/oder therapeutische Behandlungen erfordern, eine nach wie vor enorme, häufig existenzbedrohende finanzielle Belastung dar (AA 15.12.2016; vgl. ÖB 11.2016). Auch wer in einer städtischen Krankenversicherung versichert ist, muss einen großen Teil der Behandlungskosten selbst tragen, da die Erstattungsbeträge aus der Krankenversicherung in der Regel nicht mehr als 60 Prozent betragen (AA 15.12.2016). Die meisten Versicherten erhalten eine Kostenerstattung bei jährlichen Kosten bis 1.300 RMB (179 EUR), darüber hinausgehende Kosten müssen selbst getragen werden. Allerdings erhalten Bedienstete von Staatsbetriebe nahezu kompletten Kostenersatz (ÖB 11.2016).

 

Der Markt für Medikamente in China ist relativ gut entwickelt. Grundsätzlich sind Medikamente im ganzen Land erhältlich. Während die Kosten für lokal hergestellte Medikamente gering sind, ist importierte Medizin mit besonderen Wirkstoffen sehr teuer (IOM 8.2016).

 

Rückkehr

 

Soweit Rückführungen aus Deutschland erfolgen, konnten die zurückgeführten Personen die Passkontrolle nach einer Identitätsüberprüfung unbehindert passieren und den Flughafen problemlos verlassen bzw. ihre Weiterreise in China antreten. Vereinzelte Nachverfolgungen von Rückführungen durch die Deutsche Botschaft Peking ergaben keinen Hinweis darauf, dass abgelehnte Personen allein deshalb politisch oder strafrechtlich verfolgt werden, weil sie im Ausland einen Asylantrag gestellt haben. Ein Asylantrag allein ist nach chinesischem Recht kein Straftatbestand. Personen, die China illegal, etwa unter Verletzung der Grenzübertritts-Bestimmungen verlassen haben, können bestraft werden. Es handelt sich aber um ein eher geringfügiges Vergehen, das - ohne Vorliegen eines davon unabhängigen besonderen Interesses - keine politisch begründeten, unmenschlichen Repressalien auslöst. Nach Art. 322 StG droht bei Vorliegen schwerwiegender Tatumstände Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr, Gewahrsam oder Überwachung und zusätzlich eine Geldstrafe. Nach bisherigen Erkenntnissen wird das Vergehen in der Praxis aber nur gelegentlich und dann mit Geldbuße geahndet (AA 15.12.2016).

 

Besondere Aufmerksamkeit widmet die chinesische Führung führenden Mitgliedern der Studentenbewegung von 1989, soweit sie noch im Ausland aktiv sind. Dies gilt auch für bekannte Persönlichkeiten, die eine ernst zu nehmende Medienresonanz im westlichen Ausland hervorrufen. Eine Überwachung oder sogar Gerichtsverfahren gegen diese Personen sind bei Rückkehr in die VR China nicht auszuschließen. 2016 kam es in zwei Fällen auch zu Verhaftungen von in China lebenden Familienangehörigen, um im Ausland lebende chinesische Dissidenten unter Druck zu setzen.

 

Aktivitäten der uigurischen Exilorganisationen stehen unter besonderer Beobachtung der chinesischen Behörden (einschließlich der Auslandvertretungen), insbesondere:

 

* der Weltverband der Uiguren,

 

* die Ostturkistanische Union in Europa e.V.,

 

* der Ostturkistanische (Uigurische) Nationalkongress e.V. und

 

* das Komitee der Allianz zwischen den Völkern Tibets, der Inneren Mongolei und Ostturkistans (AA 15.12.2016).

 

Oppositionelle Betätigung im Ausland kann zu Problemen führen, wenn die Behörden der Ansicht sind, dass "Verbrechen gegen die nationale Sicherheit" (etwa Verrat von Staatsgeheimnissen, Separatismus, Terrorismus) begangen wurden (ÖB 11.2016).

 

Mitglieder uigurischer Exilorganisationen haben bei ihrer Rückkehr nach China mit Repressionen zu rechnen (AA 15.12.2016). In den letzten Jahren kam es, vermutlich auf chinesischen Druck, immer wieder zur Abschiebung von uigurischen Asylwerbern aus Nachbarländern, zumeist aus Kambodscha, Thailand, Pakistan und Malaysia. Im Juli 2012 wurden aus Malaysia abgeschobene Uiguren zu bis zu 15 Jahren Haft wegen "separatistischer Tätigkeiten" verurteilt (ÖB 11.2016).

 

Die Rückkehrsituation für mittellose, kinderreiche Personen ohne Aussicht auf einen Arbeitsplatz und ohne familiäre Anbindung in China ist als schwierig zu beurteilen (ÖB 11.2016).

 

Dokumente

 

In ganz China ist die Herstellung oder Beschaffung gefälschter oder formal echter, aber inhaltlich unwahrer Dokumente verschiedenster Art seit langem ohne besondere Schwierigkeiten möglich. Nach Einschätzung internationaler Dokumentenexperten arbeiten in China die meisten und die besten Fälscherwerkstätten weltweit. Viele verfügen über neueste Technik. Von falschen oder gefälschten Dokumenten (vor allem aus den Provinzen Liaoning, Zhejiang und Fujian, hier vor allem der Stadt Changle) wird zu vielfältigen Zwecken Gebrauch gemacht (AA 15.12.2016).

 

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation 05.06.2018 (gekürzt und bereinigt)

 

Organisation von Eastern Lightning, Church of the Almighty God

 

1. Wird in der Provinz Shaanxi der Glaube der Glaubensgemeinschaft "Eastern Lightning" praktiziert?

 

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

 

Zusammenfassung:

 

Einer der nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass chinesische Behörden im Jahr 2012 unter anderem in Nord-Shaanxi gegen Anhänger des Kults vom "Allmächtigen Gott" vorgegangen sind.

 

Eine andere Quelle berichtet, dass Yang Xiangbin, die Frau, die als der weibliche Christus identifiziert wurde, aus Shaanxi stammt.

 

Einzelquellen:

 

Reuters berichtet am 20.12.2012, dass chinesische Behörden rund 1.000 Menschen bei einem verstärkten Vorgehen gegen einen Weltuntergangskult namens "Allmächtiger Gott" festgenommen haben, der das Ende der Welt für Freitag [Anm.: 21.12.2012] vorhergesagt hat.

 

In den vorangegangenen Wochen sind laut Fotos in beliebten Microblogs, hunderte Anhänger von "Allmächtiger Gott" mit der Polizei, manchmal vor Regierungsgebäuden, in den Provinzen Zentral-Henan, Nord-Shaanxi und Südwest-Gansu, zusammengestoßen.

 

Die Regierung erklärt, dass es sich dabei um einen Kult handelt, der zur "entscheidenden Schlacht" aufruft, um den "roten Drachen", die kommunistische Partei, zu vernichten, und der im Zusammenhang mit einem alten Maya-Kalender, der das Ende der Welt für den 21.12.2012 vorhersagte, auch Weltuntergangswarnungen verbreitete.

 

[...]

 

Emily Dunn, eine Wissenschaftlerin am Asien Institute der Universität von Melbourne berichtet im Rahmen des World Religions & Spirituality Projects (WRSP) der Virginia Commonwealth University, dessen Ziel es ist, objektive, zuverlässige und umfassende Informationen über religiöse und spirituelle Gruppen der Welt bereitzustellen, dass chinesischen Medien Ende 2012 den weiblichen Christus als Yang Xiangbin, eine Frau aus Shanxi identifizierten.

 

[...]

 

2. Wie ist der Aufbau der Glaubensgemeinschaft? Gibt es Bischöfe, Priester ect.

 

Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass die Kirchenoberhäupter, der Gründer Zhao Weishan aka Xu Wenshan und seine Gattin Yang Xiangbin, die für die Reinkarnation von Jesus Christus gehalten wird, seit 2010 im US-amerikanischen Exil leben.

 

Die Kirche ist in eine abgestufte Organisation gegliedert, mit einer Aufsichtsstelle (jiancha zu) zur Verwaltung und Übermittlung von Anweisungen von "der Spitze" an die darunter sitzenden Leiter (dailing) und deren Assistenten (peida), die die Kirchengemeinden führen. Weiters gibt es Prediger und Diakone für die Missionierung.

 

Obwohl die Kirche über die Mittel verfügt überprovinzielle, religiöse Netzwerke aufrechtzuerhalten und auszubauen, ist die Tätigkeit an der Basis, insbesondere in Gebieten, in denen gegen sie vorgegangen wird, weitgehend dezentralisiert und informell. Laut der Aussage eines ehemaligen Mitglieds, durften neue Mitglieder keine persönlichen Fragen stellen und war deren Lehrerin nur als "Kleine Rote" bekannt gewesen.

 

Einzelquellen:

 

UNHCR berichtet am 16.10.2014, unter Anführung mehrerer Quellen, dass Zhao Weishan, der auch unter dem Namen Xu Wenshan bekannt ist, der Gründer der Kirche des Allmächtigen Gottes ist. Es wird berichtet, dass Zhao seit über zehn Jahren in den Vereinigten Staaten leben würde. Xinhua (die staatliche chinesische Nachrichtenagentur) spezifiziert, dass Zhao Weishan gemeinsam mit seiner Frau Yang Xiangbin, welche laut der Kirche der Allmächtigen Gottes eine weibliche Inkarnation von Jesus Christus sei, im September 2000 in die Vereinigten Staaten geflohen ist.

 

Emily Dunn, eine Wissenschaftlerin am Asien Institute der Universität von Melbourne berichtet im Rahmen des World Religions & Spirituality Projects (WRSP) der Virginia Commonwealth University, dessen Ziel es ist, objektive, zuverlässige und umfassende Informationen über religiöse und spirituelle Gruppen der Welt bereitzustellen, dass Eastern Lightning wie auch andere religiöse Bewegungen, eine abgestufte Organisation aufweist.

 

Eine Aufsichtsstelle (jiancha zu) dient der Verwaltung und Übermittlung von Anweisungen von "der Spitze" und ist für die halbjährliche Kontrolle und Berichterstattung über die Kirchen zuständig.

 

Leiter (dailing) und ihre Assistenten (peida) leiten Kirchengemeinden auf regionaler (qü), subregionaler (xiaoqü) und kirchlicher (jiaohui) Ebene. Jede Region und Unterregion hat einen Prediger (jiangdao yuan) und verfügt über Diakone für die Missionierungen (chuan fuyin zhishi).

 

Obwohl die Kirche des allmächtigen Gottes über die Mittel verfügt, um überprovinzielle, religiöse Netzwerke aufrechtzuerhalten und auszubauen, ist es wahrscheinlich, dass die Tätigkeit der Kirche des allmächtigen Gottes an der Basis weitgehend dezentralisiert und informell ist, insbesondere in Gebieten, in denen gegen sie vorgegangen wird.

 

[...]

 

Die britische Tageszeitung The Guardian berichtet am 2.2.2015, dass Yang Xiangbin und ihr Geliebter und Kult-Gründer Zhao Weishan, ein ehemaliger Physiklehrer, mit falschen Pässen in die Vereinigten Staaten ausreisten und dort politisches Asyl beantragten, nachdem sie vor 14 Jahren von der chinesischen Polizei auf eine Fahndungsliste gesetzt wurden.

 

Ein 31-jähriges ehemaliges Mitglied des Kults berichtet, dass sie damit begonnen habe zu Treffen zu gehen, nachdem ein enger Freund sie darum gebeten habe. Sie berichtet, dass sie gebeten wurden, mehr Menschen zu bekehren, da Gott ansonsten verärgert wäre. Die Treffen wurden von "Lehrern" geleitet. Neue Mitglieder durften keine privaten Fragen stellen. Sie kannte ihre/-n Lehrer/-in nur als "Kleine/-r Rote/-r". Den richtigen Namen kannte sie nicht.

 

3. Von wem wird die Glaubensgemeinschaft wirtschaftlich gefördert?

 

Nachfolgend zitierter Quelle ist zu entnehmen, dass Mitglieder des Kults Spenden darbringen.

 

Im Jahr 2012 wurde im Zusammenhang mit verstärkter Weltuntergangpropaganda der Church of the Almighty God von imensem finanziellen Aufwand berichtet.

 

[...] Mr Qi is part of a network of thousands of family members who use the internet to share their stories. "There must be 30,000 families in Beijing alone who have been abandoned," he said.

 

"From what people say, the cult is like a pyramid and the members at the bottom do not know the names of the levels above. The purpose is to collect money. They have to give donations," he said. [...]

 

China Source, eine Informationsplattform für chinesische christliche Gemeinschaften in China und der ganzen Welt, die sich in den Dienst der Zusammenarbeit der chinesischen Kirche und Gesellschaft verschrieben hat, berichtet, dass EL (Anm. Eastern Lightning) seinen Namen im neuen Jahrtausend zu "Almighty God Church" (AGC) änderte.

 

2012 belebte der Kult seine Weltuntergangs-Taktik wieder, indem er der Bevölkerung Gespräche über die Maya-Apokalypse präsentierte. Obwohl die Prophezeiung nicht erfüllt wurde, verstärkte AGC seine Propaganda durch die Veröffentlichung ganzseitiger Anzeigen in über vierzehn Wochenzeitschriften und Tageszeitungen in Hongkong und Taiwan. An über achtzehn stark belebten Orten wie U-Bahn-Stationen und Einkaufszentren wurden Straßenstände eingerichtet, um ihr Booklet "The Last Ticket after 2012" zu verteilen.

 

Dieses Unterfangen dauerte mehrere Monate und war für andere Kirchen angesichts des damit verbundenen immensen finanziellen Aufwands und der damit verbundenen Arbeitskraft schockierend.

 

[...]

 

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 23.11.2016 gekürzt und bereinigt

 

1. Es wird ersucht, sämtliche Informationen zu dieser Religionsrichtung zu übermitteln.

 

Zusammenfassung:

 

Nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass Eastern Lightning (Dongfang Shandian), eine junge, chinesische, christlich orientierte Glaubensgemeinschaft ist. Der offizielle Name lautet Kirche des Allmächtigen Gottes (Church oft the Almighty God/ Quánnéng Shén Jiàohuì). Die Glaubensgemeinschaft wurde 1990 in Henan durch "Hohepriester" Zhao Weishan auch Xu Wenshan gegründet.Zhao Weishan ist gemeinsam mit Yang Xiangbin, welche für die weibliche Inkarnation Jesu Christi gehalten wird, im September 2000 in die USA geflohen, von wo beide ihre Kirche weiterhin führen.

 

Den nachfolgend zitierten Quellen zufolge ist das bedeutendste Buch dieser Glaubensgemeinschaft "The Word Appears in the Flesh", welches zur neuen heiligen Schrift erhoben wird. Sie propagieren den Kampf gegen den Satan, den "Großen Roten Drachen" in Form der Kommunistischen Partei Chinas. Den angeführten Quellen zufolge wird vermutet, dass die Bewegung zwischen einigen Hunderttausend bis zu einer Millionen Mitglieder hat, die daran glauben, dass Gott in Reinkarnation einer chinesischen Frau namens Yang Xiangbin auch genannt Lightning Deng auf die Erde zurückgekehrt ist um die Menschen als "zweiter Christus" in das Dritte und letzte Zeitalter zu führen. Die Heilige Dreifaltigkeit wird abgelehnt und stattdessen von drei Zeitaltern der Menschheit gesprochen, in denen Gott unterschiedliche Namen verwendet.

 

Den nachfolgend zitierten Quellen zufolge arbeitet Gott nun in der Gestalt des weiblichen Christus, Frau Yang Xiangbin aka Lightning Deng an der Umwandlung der menschlichen Natur, was auch als Arbeit der Eroberung oder Arbeit der Vervollkommnung bezeichnet. Ihre Inkarnation dient dazu die Menschheit zu richten, zu reinigen und Satan zu besiegen. Als Satan identifiziert Eastern Lightning die Kommunistische Partei Chinas, die nach den Offenbarungen des Johannes als "Großer Roter Drache" bezeichnet wird. Der Drache wird durch die zum Kampf gegen ihn aufgerufenen Gläubigen, welche "die Gerechten " genannt werden, überwunden werden.

 

Den zitierten Quellen zufolge wird der Gruppe aggressive Rekrutierung unter Verwendung von Drohungen, Einschüchterung, Entführung, Folter und Gehirnwäsche vorgeworfen. Die Gruppe glaubt, dass Jesus Christus in einer chinesischen Frau wiedergeboren wurde.

 

Die Dui Hua Foundation erklärt, dass die Gruppe daran glaubt, dass göttliche Enthüllung einen weiblichen Christus identifiziert haben, welcher über das neue Zeitalter herrschen werde, in dem die Menschheit gerichtet werde und nur die Gläubigen überleben.

 

Die Kirche des Allmächtigen Gottes glaubt daran, dass die Bibel veraltet ist und jene, welche die Offenbarungen nach wie vor nur auf die Bibel beschränken würden, seien wie die Pharisäer, die nur an der Lehre des Alten Testaments festgehalten hatten und Jesus daher ablehnten. Gläubige werden aufgefordert die Wahrheiten der Vergangenheit abzulegen und ihr Glaubensfundament auf dem heutigen Wort des Heiligen Geists, den Schriften des weiblichen Christus, Gottes neuer Botschaft zu errichten.

 

Die Lehre der Kirche des Allmächtigen Gottes umfasst folgendes:

 

Die Heilige Dreifaltigkeit ist eine falsche Lehre. Stattdessen hat ein Gott einfach verschiedene Namen in den drei Zeitaltern verwendet.

 

Er hieß "Jehova/Jahwe" im Zeitalter des Gesetzes, der Periode des Alten Testaments.

 

Er hieß "Jesus" im Zeitalter der Gnade der Periode des Neuen Testaments bis vermutlich zu den frühen 1990 als Eastern Lightning aufkam.

 

Er wird "der Allmächtige Gott" in diesem, dem letzten Zeitalter (und gegenwärtig ist der Allmächtige Gott eine spezielle chinesische Frau).

 

Im Kontakt mit der Nachforschungsabteilung erklärt Dunn [Anmerkung:

eine Wissenschaftlerin am Asien Institut der Universität von Melbourne], die Gruppe glaube daran, dass Gottes Interaktion mit der Menschheit durch drei Zeitalter gekennzeichnet ist:

 

Das erste davon ist das Zeitalter des Gesetzes (the Age of Law/ lüfa shidai), welches übereinstimmt mit den Ereignissen des Alten Testaments. Eastern Lightning übernimmt die Chronologie basierend auf der wortwörtlichen Interpretation der Bibel und glaubt, dass sich die Ereignisse des Zeitalters des Gesetzes (sprich seit der Erschaffung der Erde bis zur Geburt Christus) über 4000 Jahre ziehen. In dieser Zeit offenbarte sich Gott als "Jehova/Jahwe". Seine Hauptwerke waren die Erschaffung der Welt und die Israeliten aus Ägypten zu führen sowie ihnen seine Gebote zu geben.

 

Die Geburt Jesu markiert das Ende des Zeitalters des Gesetzes und den Beginn des Zeitalters der Gnade (Age of Grace/ endian shidai), welches sich bis zur Ankunft des weiblichen Christus hinzieht. Jesus war mitfühlend und liebevoll und hatte während seiner Zeit die göttliche Aufgabe am Kreuz zu sterben für die Erlösung der Menschheit. Aber Eastern Lightning lehrt, dass Jesus nur ein gewöhnlicher Mensch war bis er im Alter von 29 Jahren seine Missionstätigkeit begann, also 3 Jahre bevor er gekreuzigt wurde. Diese Lehre wird unter Bezugnahme auf das Matthäusevangelium 3:16 unterstützt, wo festgehalten wird, dass "Kaum war Jesus getauft und aus dem Wasser gestiegen, da öffnete sich der Himmel, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen und aufleuchten auf ihm".

 

Eastern Lightning lehrt auch, dass Jesus sein Erlösungswerk nur zum Teil abschließen konnte. Obwohl er sich selbst als Opfer für die Sünden der Menschen angeboten hatte, wurden die Menschen weiterhin durch Satan korrumpiert. Während Jesu Tod zwar die Vergebung der Sünden ermöglichte, bleibt die sündhafte menschliche Natur grundsätzlich unverändert.

 

Es ist die Umwandlung der sündhaften Natur der Menschen an der der Allmächtige Gott in Gestalt des weiblichen Christus im aktuellen Zeitalter des Königreichs (Age of The Kingdom/ guodu shidai) arbeitet. So wie Jesus Arbeit über das Alte Testament ausführte, so dehnt der weibliche Christus seine Arbeit über das Neue Testament hinaus aus mit der Mission die "Natur der Menschheit zu verändern" (bianhua ren de benxing). Diese Aufgabe wird auch als Arbeit der Eroberung (the work of conquering/ zhengfu de zuogong) oder Arbeit der Vervollkommnung (the work of perfecting/ chengquan de zuogong) bezeichnet.

 

Obwohl immer wieder auf die Bibel berufen wird um die Lehren zu unterstützen, meint Eastern Lightning, dass diese überholt sei, da die Arbeit des weiblichen Christus in der Jetztzeit nicht vorhergesagt wurde.

 

Die Chinesische Kommunistische Partei ist der "Große Rote Drache" aus dem Buch der Offenbarung - eine Inkarnation Satans, welche Gottes Auserwählte verfolgt. Dieser Drache wird überwunden werden. Ungläubige, wozu auch Mainstream Christen zählen, werden in der Hölle landen und können auch zu Lebzeiten bestraft werden durch Blitzeinschläge, Krankheit, Unfälle oder andere Formen von Unglück.

 

UNHCR berichtet zum Thema "Eastern Lightning" unter Anführung verschiedener Quellen, dass der Gründer der Kirche des Allmächtigen Gottes Zhao Weishan ist, der auch als Xu Wenshan bekannt ist. Er wird berichtet, dass Zhao seit über zehn Jahren in den Vereinigten Staaten leben würde. Xinhua spezifiziert, dass Zhao Weishan gemeinsam mit seiner Frau Yang Xiangbin, welche laut der Kirche der Allmächtigen Gottes eine weibliche Inkarnation von Jesus Christus sei, im September 2000 in die Vereinigten Staaten geflohen ist.

 

Dem Bericht zufolge ruft die Kirche ihre Mitglieder dazu auf gegen die Kommunistische Partei Chinas zu kämpfen.

 

Einerseits wäre die Gruppe nicht für ihre Gewalttätigkeit bekannt, anderen Berichten zufolge werden den Mitgliedern der Gruppe Gewalttaten, unter anderem Mord, vorgeworfen.

 

Angeführt wird auch, dass die Gruppe für ihre aggressiven Rekrutierungsmethoden bekannt ist. Die Gruppe habe angeblich Menschen entführt, gefoltert und einer Gehirnwäsche unterzogen, um sie zu konvertieren. Die Gruppe setzt auch Drohungen, Gewalt, Entführungen und Einschüchterungen und andere illegale Maßnahmen ein, um Mitglieder zu werben und wendet sich bei der Rekrutierung an Personen in prekären Situationen.

 

The Telegraph, eine britische Tageszeitung berichtet, dass die Kirche des Allmächtigen Gottes seinen Anhängern lehrt ihre Familien zu verlassen und die kommunistische Partei zu hassen.

 

Shandong, ihre Heimatprovinz ist das Herz der Kirche des Allmächtigen Gottes, eines Kults, der glaubt, dass Jesus in der Form einer etwa 40 jährigen chinesischen Frau namens Yang Xiangbin, auch bekannt als Lightning Deng, wiedergekehrt ist.

 

Nachdem sie vor 14 Jahren [Anmerkung: 2012] durch die chinesische Polizei auf die Fahndungsliste gesetzt wurden ist Yang Xiangbin gemeinsam mit ihrem Liebhaber und früherem Physik Lehrer Zhao Weishan mit gefälschten Pässen in die Vereinigten Staaten gereist und hat dort um politisches Asyl angesucht.

 

Peng Baoshun, dessen Ehefrau sich dem Kult angeschlossen hat, erzählt: "Sie wollen, dass du immer wieder wiederholst, dass du Gott gehorchst, ihr zuhörst und dich nicht wehrst. Und es werden Drohungen gegen jene ausgesprochen die darüber nachdenken auszusteigen. Nach sechs Monaten kann ein neues Mitglied gehirngewaschen sein."

 

Die Kirche des Allmächtigen Gottes, welche auch als Eastern Lightning bekannt ist betreibt eine Website in Chinesisch und Englisch mit professionell produzierten Videos und hat auch eine doppelseitige Werbung in der Times geschalten.

 

In 22 seitigen Instruktionen, die im Juni und Juli 2014 von den Vereinigten Staaten verschickt wurden, predigen die Oberhäupter des Kults, dass die Auserwählten bereit sein sollten ihre Leben zu opfern, und dass das ultimative Ziel ist die Kommunistische Partei zu zerstören, welche in den Lehren als "der Große Rote Drache" bezeichnet wird. Laut dem Material, würden Kultisten nicht länger vom Geist des Großen Roten Drachen besessen sein, wenn sie Mitglieder der kommunistischen Partei ermorden würden.

 

Gemäß dem folgenden Bericht von CNN lehrt die Gruppe die auch als Eastern Lightning ("Dongfang Shandian"), bekannt ist, dass Christus als Frau aus Zentralchina wiedergeboren wurde, und dass die Rechtschaffenen in einem apokalyptischen Kampf gegen die Kommunistische Partei Chinas, welcher als "Großer Roter Drache" bezeichnet wird, verstrickt sind.

 

Eastern Lightning, in der Tradition andersgläubiger, quasi christlicher, religiöser Bewegungen in China, dürfte zwischen mehreren hunderttausende bis zu einer Millionen Mitglieder haben.

 

Es gab Berichte von Morden, körperlichen Angriffen durch die Gruppe, aber auch im generellen von sehr aggressiver Missionierung, Belästigung und Gehirnwäsche, erklärt Dunn [Anmerkung:

Wissenschaftlerin am Asien Institut der Universität von Melbourne]. Diese Anschuldigungen sind sehr regelmäßig.

 

Eastern Lightning wurde in den frühen 1990ern durch den ehemaligen Physiklehrer Zhao Weishan gegründet, der eine Geschichte der Mitgliedschaft bei radikalen, quasi Christlichen Sekten hat. Er predigt von einem weiblichen Christus, der aus China kommt, erklärt Dunn.

 

Der Spitzname der Gruppe wird von einem Vers der Neuen Testaments abgeleitet "Denn wie der Blitz hervorbricht im Osten und leuchtet bis Westen, so wird es mit der Ankunft des Sohnes des Menschen sein." [Anmerkung Matthäus 24:27]

 

Der Bericht erwähnt, dass die Gruppe im Oktober und November 1998 für eine Welle von Raubüberfällen und Angriffen in China verantwortlich gewesen sei, bei denen den Opfern Arme und Beine gebrochen sowie die Ohren abgeschnitten wurden.

 

2002 habe die Gruppe angeblich 34 evangelische christliche Führer, die zur "China Gospel Fellowship" gehören, entführt, indem sie sich als Vertreter eines theologischen Instituts aus Singapur ausgaben. Sie haben sie zwei Monate lang festgehalten mit dem Zweck sie zu konvertieren. Der Entführungsvorfall spiegelt eine lange Strategie von Eastern Lightning wider, mit dem Versuch ganze Glaubensgruppen, im Untergrund existierende Haus-Kirchen oder zugelassene protestantische und katholische Kichern, zu vereinnahmen, indem sie deren Führer konvertieren. Um das zu erreichen wird ihnen nachgesagt, dass sie Taktiken wie Verführung, Erpressung und Drohungen von Priestern anwenden.

 

2. Welche Haltung vertritt die chinesische Regierung gegenüber dieser religiösen Glaubensrichtung bzw. deren Anhängern? Wie stellt sich die Situation im Allgemein in China dar?

 

Zusammenfassung:

 

Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass die chinesische Regierung, Eastern Lightning als einen von 14 "bösen Kulten", ansieht und Mitglieder strafrechtlich verfolgt werden. Gemäß Artikel 300 des chinesischen Strafrechts können Mitglieder von Kulten zu Haftstrafen von 15 Jahren bis Lebenslang verurteilt werden. Als Grund für Einschränkungen und Aktionen gegen Glaubensgemeinschaften werden den nachfolgend zitierten Berichten zufolge von der Chinesischen Regierung die "Drei Bösen" angeführt:

Separatismus, Extremismus und Terrorismus. Den zitierten Quellen zufolge ist kann schon durch die Weitergabe von Informationsmaterial zu Haftstrafen führen.

 

Auf seiner eigenen Homepage bezeichnet Eastern Lightning China als das Land, das vom großen roten Drachen bewohnt wird und das Gott widersteht und ihn am stärksten verurteilt. China gleiche einer Festung der Dämonen und einem undurchdringlichen, wasserdichten Gefängnis, das vom Teufel kontrolliert wird. Die Regierung des großen roten Drachens überwacht alle Ebenen und verteidigt über jeden Haushalt.

 

[...]

 

USDOS berichtet, dass spezielle religiöse oder spirituelle Gruppen per Gesetzt verboten sind. Das Strafgesetz definiert verbotene Gruppen als "Kult Organisationen", und jene die diesen angehören können zu Gefängnisstrafen verurteilt werden. Eine rechtliche Erklärung hält fest, dass dieser Begriff auf jene illegale Gruppierungen anzuwenden ist, welche Religion, quigong [Anmerkung:

eine traditionelle chinesische Bewegungsübung], oder anderes als Tarnung benutzen, welche ihre Anführer vergöttlichen und Mitglieder rekrutieren, kontrollieren und Menschen betrügen indem sie abergläubische Ideen formen und verbreiten und die Gesellschaft gefährden.

 

Die Regierung betrachtet auch einige christliche Gruppen, wie Eastern Lightning als "böse Kulte".

 

Ein nationales Sicherheitsgesetz, das im Juli [Anmerkung 2015] durch den Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses erlassen wurde, verbietet explizit "Kult Organisationen". Ein Zusatzartikel zum Strafrecht erhöht das maximal mögliche Strafmaß für die "Organisation und Nutzung eines Kultes zur Untergrabung des Gesetzes" von 15 Jahren auf lebenslange Haft.

 

Berichten zufolge werden Mitglieder von registrierten und nichtregistrierten religiösen Gruppen wegen Aktivitäten und Praktiken die mit ihrem Glauben zu tun haben von Regierungsbehörden körperlich misshandelt, einsperrt, gefoltert, oder belästigt. Als Grund für Einschränkungen und Aktionen gegen Glaubensgemeinschaften werden von der Chinesischen Regierung die "Drei Bösen" angeführt:

Separatismus, Extremismus und Terrorismus genannt.

 

[...]

 

Amnesty International berichtet, folgendes:

 

Menschen, die eine staatlich verbotene Religion ausübten, oder deren Religionsausübung nicht staatlich genehmigt war, mussten mit Schikanen, willkürlicher Inhaftierung, Gefängnisstrafen, Folter und anderen Misshandlungen rechnen. [...]

 

In der Provinz Zhejiang wurde eine groß angelegte Kampagne gegen Kirchenbauten durchgeführt. Unter dem Vorwand, die Gebäude würden nicht den Bauvorschriften entsprechen, ließen die Behörden Kirchen abreißen und entfernten Kreuze und Kruzifixe. Im Mai 2014 wurde ein Gebäude der Xiaying-Kirche der heiligen Liebe in Ningbo Berichten zufolge abgerissen, weil es "zu viel Aufmerksamkeit auf sich gelenkt" habe. Personen, die verbotene Religionen ausübten, wie z.B. Gottesdienstbesucher von Hauskirchen oder Falun-Gong-Anhänger, wurden nach wie vor strafrechtlich verfolgt.

 

Gemäß dem folgenden Bericht von CNN, in dem auch ein Video der chinesischen Polizei erwähnt wird, wird die mit Entführungen, Gewalt und Erpressung in Zusammenhang stehende Gruppe Eastern Lightning ("Dongfang Shandian"), seit 1995 durch Chinas Ministerium für Öffentliche Sicherheit unter 14 verbotenen religiösen Gruppen geführt.

 

Ihr illegaler Status hat sie paranoid und geheimnistuerisch werden lassen. Mitglieder kennen einander oft nur anhand von Aliase, damit sie einander nicht gegenseitig beschuldigen können, sollten sie von den Behörden festgehalten werden.

 

Die Chinesische Polizei hat Material veröffentlicht um christliche Priester vor den Aktivitäten der Gruppe zu warnen. In einem Video wird die Gruppe als klassisches Beispiel eines bösen Kults bezeichnet, der den Namen einer religiösen Imitation annehmen um Aktionen zu setzen, die für andere schädlich sind. Es wird der Gruppe vorgeworfen Lügen zu verbreiten, Geld zu erschwindeln, Leben zu gefährden, die Öffentlichkeit zu betrügen, die Regierung anzugreifen und die soziale Stabilität zu untergraben.

 

Auch in einem von der Chinesischen Polizei produzierten Video wird vor der Gruppe gewarnt. Es wird behauptet, dass Zhao 1987 zuerst Mitglied einer radikalen religiösen Bewegung bekannt als die "Rufer" war. Es wird erklärt, dass er dort seine Kenntnisse der religiösen Betrügereien verbessert habe, bevor er 1989 eine neue Bewegung mit sich selbst als Objekt der Verehrung, mit Basis in der Heilongjiang Provinz gegründet habe.

 

Das Polizeivideo berichtet, dass Zhao 2000 in die Vereinigten Staaten geflüchtet ist.

 

Im Dezember 2012, nachdem die Gruppe während laute öffentliche Proteste das nahende Ende der Welt verkündeten, haben chinesische Behörden mehrere hundert Eastern Lightning Mitglieder festgenommen.

 

[...]

 

Laut einem Bericht von UNHCR - unter Berufung auf verschiedene Quellen - ist die Kirche des Allmächtigen Gottes einer von 14 "Bösen Kulten", welche von der Chinesischen Regierung verboten sind. Xinhua spezifiziert, dass laut chinesischem Recht ein Kult eine illegale Organisation ist, welche versucht Menschen zu kontrollieren durch die Vergöttlichung ihrer Anführer, welche ihre Mitglieder unter dem Deckmantel von Religion täuscht und sich in für die Gesellschaft schädlichen Handlungen ergeht. Artikel 300 des chinesischen Strafrechts führt Strafen ein für die Verwendung von Organisationen, welche als Sekten angesehen werden.

 

Behörden haben wiederholt versucht die Kirche des Allmächtigen Gottes auszulöschen. Mitglieder der Kirche des Allmächtigen Gottes bezichtigen die Behörden der Verfolgung.

 

Einem im Bericht zitierten Strafverteidiger zufolge sind die Aktionen der Behörden gegen die Gruppe politisch motiviert und man versuche die gesamte Glaubensbewegung zu beseitigen, nicht nur jene, die Verbrechen begangen haben.

 

The Telegraph, die Wochenausgabe der britischen Tageszeitung "The Daily Telegraph" berichtet, dass die chinesische Regierung langsam dabei war, das Ausmaß des Kults zu erfassen, aber nach der McDonalds Attacke im Mai [Anmerkung 2014], laut staatlichen Medien über 1000 Mitglieder von der Polizei festgenommen wurden. Als Resultat sind viele Anhänger in den Untergrund gegangen und bleiben bei "Gast-Familien" am Land.

 

[...]

 

ACCORD Anfragebeantwortung vom 25.10.2017 gekürzt und bereinigt:

 

[...]

 

1) Wie erfolgt der Beitritt zur Glaubensgemeinschaft (Aufnahme- bzw. Weiherituale)?

 

Emily Dunn schreibt in ihrem im Jahr 2015 veröffentlichten Buch "Lightning from the East", das auf ihrer Doktorarbeit an der Universität Melbourne basiert, dass sich die religiöse Bewegung "Eastern Lightning" (auch: "Church of Almighty God"; Mandarin (in Umschrift): "Quanneng Shen Jiaohui") vier Methoden bediene, um ihren Glauben zu verbreiten. Diese würden in vier verschiedenen Texten beschrieben: Erstens würden sich Mitglieder von Eastern Lightning in Gegenden in China begeben, wo die Gruppe nicht oder kaum präsent sei, um dort neue Gemeinden zu gründen. Zweitens würden Anwerber geheim operieren und Informationen über mögliche künftige Konvertiten sammeln sowie diese Personen über eigens aufgebaute soziale Beziehungsnetze anlocken. Drittens würden sie schriftliches religiöses Material verteilen. Viertens würden manche Mitglieder Entführungen durchführen und Gewalt anwenden [...]

 

Diese Methoden werden in Kapitel 6 des Buches detailliert beschrieben. Weiters erläutert Dunn, dass der Glaubensübertritt zu Eastern Lightning in einer einfachen Erklärung des persönlichen Glaubens bestehe. Es gebe keine Quellen, die etwas von Initiationsriten erwähnen würden. Laut Beschreibungen von Zeugen würden die Betreffenden kurze, sachliche Sätze sprechen wie etwa "Ich habe endlich verstanden"[...]

 

Die US-Tageszeitung New York Times (NYT) schreibt, dass Kritiker der Gruppe Eastern Lightning vorwerfen würden, Zwangsbekehrungen durchzuführen und Gehirnwäsche zu betreiben, die Gruppe jedoch nicht für Gewaltanwendung bekannt sei. Bei der Tötung einer Frau durch missionierende Anhänger von Eastern Lightning im Mai 2014 habe es sich Experten zufolge um die Tat einer "gestörten Einzelperson" gehandelt. (NYT, 11. Juni 2014)

 

Ein Artikel des US-Nachrichtensenders CNN vom Februar 2015 zitiert Emily Dunn mit der Aussage, dass Eastern Lightning Leute dazu anhalte, von Tür zu Tür zu gehen und auf jeden, den sie kennen würden, Druck auszuüben, sich der Bewegung anzuschließen. Eastern Lightning entsende Missionare in alle Teile Chinas, und diese würden vermitteln: "Wenn du dich uns nicht anschließt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass du in die Hölle kommst oder durch Gottes Urteil an Krebs oder an etwas anderem stirbst [...]

 

2) Wie wird der Glaube praktiziert?

 

Die britische Tageszeitung The Telegraph schreibt unter Berufung auf ein weibliches ehemaliges Mitglied von Eastern Lightning, dass die Strategie dieser Gruppe darin bestehe, Mitglieder in einem Prozess, der dem Unterricht an einer Schule gleiche, allmählich "hineinzuziehen". Religiöse Treffen würden von "Lehrern" geleitet. Neue Mitglieder dürften diesen keine persönlichen Fragen stellen. Das Ex-Mitglied habe angegeben, ihr sei ihre Lehrerin nur als "Kleine Rote" bekannt gewesen [...]

 

Es konnten keine weiteren Informationen zu dieser Teilfrage gefunden werden.

 

3) Inhalte und Struktur des Glaubensbuches "Das fleischgewordene Wort" bzw. "Das Wort ist zu Fleisch geworden") (Verkündigung durch Yang Xiangbin; Gibt es andere bekannte AutorInnen?)

 

Emily Dunn schreibt in ihrem Buch "Lightning from the East", dass der Bestand der Schriften der religiösen Bewegung Eastern Lightning verschiedene Textsorten umfasse. Der heiligste aller Texte sei das zwischen 1991 und 1997 verfasste Buch "Das Wort erscheint im Fleisch" (Englisch: "The Word Appears in the Flesh", Mandarin: "Hua zai roushen xianxian"). Anhänger würden das Buch für das "Wort des Allmächtigen Gottes" (Englisch: "Word of the Almighty God", Mandarin (in Umschrift): "Quannengshen de huayu") halten und seien der Auffassung, dass es die Lehren des "Weiblichen Christus" enthalte, so wie sie von diesem verkündet bzw. aufgeschrieben worden seien. Es sei in regelmäßigen Abständen unter verschiedenen Titeln veröffentlicht worden, um eine Aufdeckung durch die staatlichen Sicherheitsorgane oder argwöhnische Protestanten zu verhindern. Frühere Teilveröffentlichungen des Werks hätten Titel getragen wie "Blitz vom Osten" (Englisch: "Lightning from the East", Mandarin (in Umschrift): "Dongfang fachu de shandian") oder "Der Heilige Geist spricht zu den Kirchen" (Englisch: "The Holy Spirit Speaks to the Churches", Mandarin (in Umschrift): "Shengling xiang zhong jiaohui shuohua").

 

Das Werk "Das Wort erscheint im Fleisch" werde allgemein dem "Allmächtigen Gott" ("Almighty God") und den "Weiblichen Christus" zugeschrieben. Abgesehen davon enthalte das Werk keine Angaben zu Verfassern bzw. Schreibern. Manche Abschnitte seien aus der Sicht "Gottes" geschrieben, während andere in der dritten Person verfasst seien, was darauf hindeute, dass mehrere Autoren an dem Werk beteiligt gewesen seien. Das gesamte Werk sei in moderner chinesischer Prosa verfasst, teilweise auch in umgangssprachlichem Stil, sehr polemisch und mit klar erkennbarem nordchinesischem Einschlag geschrieben. Unter Verweis auf "Das Wort erscheint im Fleisch" schreibt Dunn, dass Eastern Lightning die Sicht vertrete, dass Gott China als Ort seines "Zweiten Kommens" gewählt habe, und dass die derzeitige Inkarnation Gottes weiblich sei.

 

Allerdings spreche das Werk "Das Wort erscheint im Fleisch" weitaus öfter vom "Allmächtigen Gott" als vom "Weiblichen Christus" und beziehe sich auf Gott in der Regel in männlicher Form. Der Aspekt der Weiblichkeit komme in Kommentaren zu den Schriften von Eastern Lightning stärker zum Ausdruck als in den Schriften selbst.

 

Nach der Teleologie von Eastern Lightning, wie sie auch im Werk "Das Wort erscheint im Fleisch" niedergelegt sei, habe es drei göttliche Fügungen gegeben: das "Zeitalter des Gesetzes", das "Zeitalter der Gnade" und das (gegenwärtige) "Zeitalter des Reiches". Das Zeitalter des Gesetzes falle mit den Ereignissen des Alten Testaments zusammen und erstrecke sich über einen Zeitraum von viertausend Jahren. Die "Zeit der Gnade" beginne mit der Geburt Jesu und ende mit dem Erscheinen des Weiblichen Christus. Laut Eastern Lightning sei Jesus jedoch "nur ein normaler Mann" gewesen, bis er seinen Dienst im Alter von 29 Jahren, drei Jahre vor seiner Kreuzigung, begonnen habe. Obwohl er sich für die Sünden geopfert habe und die Sünden durch seinen Tod vergeben worden seien, habe sich an der sündhaften Natur des Menschen nichts Grundlegendes geändert. Um diese Sündhaftigkeit zu transformieren, wirke der Allmächtige Gott über den Weiblichen Christus im gegenwärtigen Zeitalter des Reiches. Eastern Lightning lehne sich zwar an die Bibel an, behaupte jedoch, dass diese "veraltet" sei, da sie die Tätigkeit des Weiblichen Christus nicht prophezeie. Wunder würden in den formalen Lehren von Eastern Lightning nur eine relativ untergeordnete Rolle spielen. Gemäß den Schriften vollbringe der Weibliche Christus keine Heilungen, Exorzismen und andere Wunder, da diese zum Zeitalter der Gnade gehören würden, das nun vorbei sei. Ebenso würden Himmel und Hölle in den Schriften von Eastern Lightning nur selten genannt. So fänden sich im Werk "Das Wort erscheint im Fleisch", das 1.231 Seiten umfasse, nur 45 Erwähnungen von "Hölle", und es werde kaum näher auf diesen Begriff eingegangen. Der Fokus von Eastern Lightning liege vielmehr auf der Idee eines kommenden "Tausendjährigen Reichs":

 

[...]

 

Auf der christlichen Website Faith & Self Defense findet sich ein gegenüber Eastern Lightning kritischer Beitrag, demzufolge "Das Wort erscheint im Fleisch" die "heilige Schrift" von Eastern Lightning bilde. Das Datum der ursprünglichen Abfassung des Werks sei der 28. Februar 1992. Zwar betrachte Eastern Lightning Yang Xiangbin, eine Frau, die mit dem mutmaßlichen Begründer der Bewegung, Zhao Weishan, in die USA geflohen sei und derzeit in New York lebe, als den "Weiblichen Christus". Allerdings verwende das Werk "Das Wort erscheint im Fleisch" Yangs Namen nicht, sondern spreche von "Gott" und "Christus", obwohl Eastern Lightning mit "Christus" Yang meine.

[...]

 

China Source, eine auf China spezialisierte christliche Website, schreibt in einem Beitrag vom März 2014, dass Eastern Lightning mehr als 30 religiöse Bücher veröffentlicht habe. Der Autor der meisten, wenn nicht aller Bücher seien vorgeblich Christus und der Allmächtige Gott. Im Regelfall spreche der Autor von Gott in der dritten Person, teilweise aber auch in der ersten Person. Zwar gebe es keine Bestätigung dafür, aber es sei wahrscheinlich, dass die meisten Texte ursprünglich von Yang Xiangbin ausgehen würden. Laut Zhang Dakai, einem christlichen Autor, sei anzunehmen, dass zahlreiche Anhänger an der Überarbeitung und Fertigstellung der Texte mitgewirkt hätten [...]

 

Das Immigration and Refugee Board of Canada (IRB), eine unabhängige kanadische Verwaltungseinrichtung, die sich mit Fällen von Asyl und Migration befasst, zitiert in einer Anfragebeantwortung Emily Dunn mit der Aussage, dass "Das Wort erscheint im Fleisch" der bekannteste aller Texte von Eastern Lightning sei und daher in ganz China bekannt sein sollte. Allerdings sei es möglich, dass manche Anhänger den Text nicht genau lesen würden. Religionswissenschaftler würden oft beobachten, dass chinesische Glaubensanhänger dazu neigen, zu glauben, was ihnen als sinnvoll erscheine. Sie würden sich nicht immer für die Feinheiten einer Doktrin bzw. eines religiösen Textes interessieren, und viele hätten Berichten zufolge schlechte Lesefähigkeiten [...]

 

4) Werden in der Glaubensgemeinschaft christliche Feiertage wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten gefeiert oder gibt es eigene Festtage (Wann finden diese ggf. statt und was wird dabei zelebriert?)?

 

Zu dieser Teilfrage konnten keine Informationen gefunden werden.

[...]

 

Es wird festgestellt, dass die chinesische Regierung, Eastern Lightning/Kirche des allmächtigen Gottes als einen von 14 "bösen Kulten", ansieht und Mitglieder strafrechtlich verfolgt werden.

 

3. Beweiswürdigung:

 

Der unter Punkt 1. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie aus der Einvernahme der BF im Zuge der mündlichen Verhandlung vom 20.02.2019.

 

3.1. Die Identität der BF steht aufgrund des von ihr im Verfahren vorgelegten Reisepass der VR China fest (Kopie im Akt). Aufgrund der in der Erstbefragung, der niederschriftlichen Einvernahme und bei der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (in weitere Folge BVwG) dargelegten Sprachkenntnisse kann festgestellt werden, dass die BF Chinesisch spricht. Die Feststellung, dass die BF Deutsch auf Niveau A2 spricht, ergibt sich aus dem von ihr vorgelegten ÖIF Zertifikat vom 01.12.2017 sowie durch die vom erkennenden Richter in der mündlichen Verhandlung festgestellten Sprachkenntnisse. Die Feststellung zu den Lebensumständen der BF im Herkunftsstaat und zu ihrer Schulbildung gründen sich ihren glaubhaft gemachten Angaben im Verfahren.

 

3.2. Die Feststellung, dass die BF an keiner lebensbedrohlichen Krankheit leidet ergibt sich aufgrund ihrer glaubwürdigenden Angaben im Zuge der Einvernahme in der mündlichen Verhandlung, sowie aufgrund der Tatsache, dass im Verfahren nichts diesbezüglich vorgebracht wurde. Auch befinden sich im vorliegenden Gerichtsakt keine Befunde, medizinische Unterlagen o.ä., die auf das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung schließen lassen würden. Dass die BF ledig und kinderlos ist, sowie nicht in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft lebt, ergibt sich aus ihren glaubhaften widerspruchsfreien Angaben im Zuge des Verwaltungsverfahrens und der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG.

 

3.3. Die Feststellung, dass die BF am 18.06.2016 legal in das Bundesgebiet eingereist ist, ergibt sich aus den Kopien der Reisepassseiten mit Visum und Einreisestempel. Die Feststellung, dass die BF in Österreich keine Verwandte oder Familienangehörige hat, ergibt sich aus ihren glaubhaften und widerspruchsfreien Angaben, die sie sowohl bei der Erstbefragung, im Zuge ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG gemacht hat. Ebenso gab die BF selbst an, keinem Verein in Österreich anzugehören. Die Zusage für die Teilnahme an einem zweisemestrigen Vorbereitungslehrgang ergibt sich aufgrund der von der BF vorgelegten Bestätigung des XXXX vom 11.02.2019. Dass die BF über soziale Kontakte in Österreich verfügt ergibt sich aus den vorgelegten Unterstützungsschreiben und aus dem von ihr eingebrachten Whats App Chatverlaufs. Für das erkennende Gericht besteht kein Grund an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Die in China festgestellten familiären Anknüpfungspunkte der BF ergeben sich aus ihren Angaben vor dem Bundesamt sowie ihrer im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG gemachten Angaben. Trotz der vorgelegten Unterstützungsschreiben und der Freiwilligentätigkeiten kann jedoch insbesondere aufgrund ihres relativ kurzen Aufenthalts von weniger als drei Jahren nicht vor einer ausgeprägten und verfestigten Integration der BF ausgegangen werden.

 

3.4. Aufgrund eines amtswegig eingeholten Auszugs aus dem Strafregister kann festgestellt werden, dass die BF in Österreich strafgerichtlich unbescholten ist. Die strafrechtliche Unbescholtenheit in ihrem Herkunftsstaat ergibt sich aus ihren glaubwürdigen widerspruchsfreien Angaben im Verfahren.

 

3.5. Festzuhalten ist, dass die Verfolgungsgründe der BF aufgrund der behaupteten Zugehörigkeit zur "Kirche des allmächtigen Gottes" nicht bewiesen worden sind. Daher ist zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen sind, auf die persönliche Glaubwürdigkeit der BF und das Vorbringen zu den Fluchtgründen abzustellen.

 

Die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit der BF hat vor allem zu berücksichtigen, ob diese außerhalb des unmittelbaren Vortrags zu ihren Fluchtgründen die Wahrheit gesagt hat; auch ist die Beachtung der in § 15 AsylG normierten Mitwirkungspflichten gemäß § 18 Abs. 2 AsylG und die sonstige Mitwirkung der BF im Verfahren zu berücksichtigen.

 

Es obliegt der BF, die in ihrer Sphäre gelegenen Umstände ihrer Flucht einigermaßen nachvollziehbar und genau zu schildern. Aus ihren Angaben lässt sich jedoch keine lineare Handlung erkennen, die objektiv geeignet wäre, einen asylrelevanten Verfolgungsgrund zu verwirklichen.

 

Der BF wurde bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG ausreichend Zeit und Gelegenheit eingeräumt, ihre Fluchtgründe umfassend und im Detail darzulegen sowie allfällige Beweismittel und geeignete Nachweise zur Untermauerung ihres Vorbringens vorzulegen. Sie wurde mehrmals zur umfassenden und detaillierten Schilderung ihrer Fluchtgründe aufgefordert. Wie bereits die belangte Behörde zutreffend aufzeigt, sind Unschlüssigkeiten, Diskrepanzen und Widersprüche in den von ihr im gegenständlichen Verfahren gemachten Angaben geeignet, ihre Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen. Ebenso ist aus ihren Angaben während den Einvernahmen und der von ihr mit Vorlage der Beschwerde schriftlich eingebrachten Stellungnahme eine eindeutige Steigerung des Fluchtvorbringens zu erkennen:

 

Im Zuge der polizeilichen Erstbefragung im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Chinesisch vom 22.06.2016 führte die BF als Fluchtgrund ausschließlich aus, an religiösen Treffen teilgenommen zu haben und nach dem grundlosen Verschwinden einer Freundin, aus Furcht vom Vater dieser Freundin bei der Polizei verraten worden zu sein, aus China geflüchtet zu sein. Gänzlich unerwähnt ließ die BF im Zuge dieser Erstbefragung die später vorgebrachte Inhaftierung und Misshandlung ihrer Mutter durch die Polizei. Auch das Untertauchen ihrer Schwester blieb gänzlich unerwähnt. Vielmehr machte sie im Zuge dieser Erstbefragung die Angaben, dass ihr Vater, ihre Mutter, ihre Schwester und ihr Bruder in ihrer Heimatstadt leben und sie mit dem Zug von ihrer Heimatstadt zum Flughafen reiste.

 

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 02.03.2018 führte die BF zunächst aus, dass ihr Vater in einer Logistikfirma und ihre Mutter in einem Supermarkt arbeiten und sie letztmalig im Februar 2016 bei ihren Eltern zu Hause gewesen sei. Im Anschluss schilderte sie die bereits in der Erstbefragung gemachten Ausführungen zum Fluchtgrund. Erst gegen Ende der Einvernahme vor dem Bundesamt berichtete die BF von einer einwöchigen Inhaftierung (im März 2015) und dem anschließenden Untertauchen ihrer Mutter, um sich der ständigen Kontrolle der Polizei zu entziehen, was im Widerspruch zu ihren zuvor gemachten Angaben zum Beruf der Eltern und zum Zeitpunkt des letzten Kontakts zwischen BF und ihren Eltern steht. Ebenso widersprach die BF in ihren Ausführungen zum Fluchtweg. Im Zuge der Ersteinvernahme gab sie an von ihrem Heimatort mit dem Zug zum Flughafen gefahren zu sein, im weiteren Verfahren gab sie jedoch an, vom Wohnort ihrer Tante aus geflüchtet zu sein, da die Polizei bereits auf der Universität und bei ihrem Vater nach ihr gesucht habe. Auch steigerte die BF im Zuge des Verfahrens kontinuierlich ihr Fluchtvorbringen. In der Einvernahme vor dem Bundesamt erwähnte sie lediglich die Inhaftierung ihrer Mutter für eine Woche. In ihrer mit der Beschwerde eingebrachten schriftlichen Stellungnahme vom 15.03.2018 (AS 502 ff) führte sie zusätzlich aus, dass ihre Mutter geschlagen und gefoltert wurde. Im Zuge der vom BVwG durchgeführten mündlichen Verhandlung am 20.02.2019 steigerte die BF das Vorbringen auch noch insofern, als dass ihrer Mutter aufgrund dieser Misshandlungen die Haare ausgefallen seien. Diese kontinuierliche Steigerung des Fluchtgrundes lässt die Angaben der BF nicht glaubwürdig erscheinen. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde die BF vom erkennenden Richter befragt, ob ihre in den bisherigen Einvernahmen getätigten Angaben der Wahrheit entsprechen und es wurde der BF ausreichend Möglichkeit geboten Angaben richtig zu stellen. Von dieser Möglichkeit machte die BF Gebrauch, sie brachte aufgrund von Schwierigkeiten bei der Übersetzung ein anderes Datum für den Beitritt zu der Glaubensgemeinschaft vor. Die oben aufgezeigten Widersprüche blieben allesamt unerwähnt. Auf Nachfrage des Richters in der mündlichen Verhandlung am 20.02.2019 machte die BF weitere Angaben, durch die die Glaubwürdigkeit ihres Fluchtgrundes in Zweifel zu ziehen waren.

 

Die Frage des Richters detailgetreu die von der BF behaupteten dreimaligen polizeilichen Befragungen zum Untertauchen ihrer Mutter zu schildern, beantwortete die BF lediglich auf Nachfrage in einzelnen kurzen Sätzen.

 

[...]

 

R: Wie lange war Ihre Mutter in Haft?

 

BF: Eine Woche, im März 2013. An das genaue Datum kann ich mich nicht erinnern.

 

R: Wann ist Ihre Mutter von zu Hause weggelaufen?

 

BF: Auch im März.

 

R: Sie haben angegeben, dass Sie 3 Mal von der Polizei aufgesucht wurden auf der Uni und zum Verbleib Ihrer Mutter befragt wurden. Können Sie mir bitte sehr detailgetreu sagen, wie das stattgefunden hat?

 

BF: Es hat im Büro meines Lehrers stattgefunden.

 

R: Jedes Mal?

 

BF: Ja.

 

R: Bitte beschreiben Sie die einzelnen Situationen.

 

BF: Die Polizei hat mich gefragt, ob ich weiß, wo meine Mutter sich befindet. Die Polizei hat mich bedroht, sie wusste nicht, dass ich in der Glaubensgemeinschaft bin, ich darf nicht beitreten, wenn ja, werde ich von der Uni rausgeworfen.

 

R: Wie lange haben diese einzelnen Termine mit der Polizei gedauert?

 

BF: Ungefähr eine halbe oder eine Stunde.

 

R: Die waren immer alle ganz gleich?

 

BF: Ja. Ungefähr.

 

R: Welche Fragen wurden da genau gestellt?

 

BF: Die Frage: Wissen Sie, wo Ihre Mutter sich befindet? Sie haben gesagt, dass ich nicht beitreten soll in diese Glaubensgemeinschaft, wenn ja, werde ich von der Uni geschmissen.

 

[...]

 

Auch der von der BF auf Nachfrage angegebene Zeitrahmen dieser Befragungen von einer halben Stunde bis Stunde für eine einzige Frage, sowie die Drohung nicht zu der Glaubensgemeinschaft beizutreten ist als unglaubwürdig zu bewerten, da bei lebensnaher Betrachtung hierfür deutlich weniger Zeit aufzuwenden wäre. Die BF konnte keine Details zu diesen Befragungen machen, obwohl ihr ausreichend Zeit dazu gegeben wurde und der erkennende Richter mehrmals nachfragte. Ebenso konnte die BF keine glaubwürdigen Angaben zum Verschwinden ihrer Schwester machen. Die Nachfrage in der mündlichen Verhandlung beantwortete sie mit einem kurzen Satz, obwohl die Schwester im Kontext ihres Fluchtvorbringens bei lebensnaher Betrachtung eine wesentliche Rolle spielen müsste. Durch den Ehemann der Schwerster habe laut der BF die Verfolgung der Mutter begonnen. In weitere Folge brachte die BF vor, dass nachdem sie verraten worden war, die Polizei auf der Universität, als auch bei ihrem Vater nach ihr suchte. Wenn der Verfolgungsdruck der chinesischen Behörden auf die BF bereits derart groß war, ist es bei lebensnaher Betrachtung nicht nachvollziehbar, dass die BF zu diesem Zeitpunkt über ein Vermittlungsbüro ein Visum für Österreich beantragt und im Anschluss mit einem auf sie ausgestellten Reisepass legal aus China ausreisen konnte.

 

Das Bundesamt hat im gegenständlichen Bescheid beweiswürdigend folgerichtig ausgeführt, dass die BF sich zwar mit dieser Glaubensrichtung auseinandergesetzt habe jedoch keine tatsächliche Bedrohung bezüglich dieses Vorbringens gegen die BF festgestellt werden könne. Auch die tatsächliche Zugehörigkeit sei aufgrund der widersprüchlichen Angaben der BF nicht glaubhaft. Zusammengefasst konnte auch vom erkennenden Richter keine Verfolgung aufgrund ihrer behaupteten Zugehörigkeit zur "Kirche des allmächtigen Gottes" in ihrem Herkunftsland China festgestellt werden, obgleich die BF im Zuge der Einvernahme in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG und in den von ihr eingebrachten Stellungnahmen deutlich mehr Wissen über die Kirche des Allmächtigen Gottes - verglichen zu ihren Angaben im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt am 02.03.2018 - einbrachte.

 

Das von der BF am 19.02.2019 eingebrachte und mit 08.02.2019 datierte Bestätigungsschreiben des deutschen Vereins "Kirche des allmächtigen Gottes" in dem die Mitgliedschaft der BF seit Juli 2013 in China, sowie ihre Aufnahme in den Verein in Deutschland mit August 2016 bestätigt wird, wird folgendermaßen gewürdigt. Im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG würde die BF vom erkennenden Richter befragt:

 

[...] Warum haben Sie bei Ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt erwähnt, dass sie nunmehr hier zur Kirche gehen, da es Ihre Kirche in Österreich nicht gibt? Obwohl sie bereits August 2016 wieder in dieser wieder in Kontakt stehen?

 

BF: Niemand hat mich gefragt. [...]

 

Es ist nicht nachvollziehbar, wieso die BF nicht bereits in ihrer Einvernahme aus eigenem vor dem Bundesamt die Zugehörigkeit zu diesem Verein "Kirche des allmächtigen Gottes" erwähnt und belegt hat. Auch ist die Glaubwürdigkeit der Bestätigung an sich nicht gegeben, da es denkunmöglich erscheint, dass der deutsche Verein über einen Kontakt in China zweifelsfrei feststellen kann, dass die BF " XXXX " bereits seit 2013 Mitglied der "Kirche des allmächtigen Gottes" in XXXX war. Es erscheint völlig lebensfremd, wenn Mitglieder einer Religionsgemeinschaft, die sich untereinander aus Furcht vor Verfolgung nicht einmal mit eigenem Namen kennen, durch eine Rückfrage eines deutschen Vereins in China mit richtigem Namen identifiziert werden können. Die BF konnte daher ihren tatsächlichen Beitritt zu der "Kirche des allmächtigen Gottes" im Juli 2013 auch durch diese Bestätigung in keiner Weise glaubhaft machen.

 

Zur Nichtfeststellung eines Nachfluchtgrundes:

 

Die BF schickte zumindest seit 05.07.2017 Whats App Nachrichten mit Texten, die der Lehre der"Kirche des allmächtigen Gottes" entstammen an XXXX . Dies geht aus dem am 19.02.2018 von der BF in das Verfahren eingebrachten Whats App Chatverlauf mit XXXX hervor. Ebenso erwähnte die BF die regelmäßige Teilnahme an Online Versammlungen mittels Skype bei dem deutschen Verein "Kirche des allmächtigen Gottes". Ebenso legte die BF mit der Beschwerde Lichtbilder vor, die sie am 10.12.2018 bei der Teilnahme am " XXXX " in Wien zeigt. Auf den drei Lichtbildern kann die BF auf einem vom erkennenden Richter identifiziert werden. Bei diesem XXXX handelte es sich laut der Homepage der katholischen Hochschulgemeinde Wien um einen XXXX von der Wiener Staatoper über die Kärtnerstraße zum Stephansdom, wo die Veranstaltung in einem Wortgottesdienst endete. Die Veranstalter wollen auf das Leid von Millionen von Christen auf allen Kontinenten aufmerksam machen. Weder kann dieser XXXX als regimekritische Veranstaltung angesehen werden, noch hat sich die BF hier außenwirksam in Szene gesetzt. Vielmehr gibt es nur ein Lichtbild, wo sie erkennbar vor einem Plakat mit der Aufschrift "Solidarität mit verfolgten Christen", in einer Menschenmenge in der Wiener Innenstadt zu sehen ist. Auch brachte die BF in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG vor, über die Kirche des Allmächtigen Gottes im Zuge ihrer Besuche der Sonntagsgottesdienste in ihrem Wohnort mit anderen Kirchengängern zu besprechen.

 

Beweiswürdigend ist hier festzuhalten, dass weder die Teilnahme an Skype Online Versammlungen des deutschen Vereins "Kirche des allmächtigen Gottes", noch die Teilnahme an dem oben beschriebenen XXXX oder die Diskussion mit von der BF nicht näher benannten Besuchern des Sonntagsgottesdienstes ihrer Wohngemeinde geeignet sind, in das Visier der Chinesischen Behörden in Wien zu geraten. Aus diesem Grund ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht davon auszugehen, dass der BF im Falle ihrer Rückkehr eine Verfolgung aufgrund ihrer behaupteten Religion drohe. Eine Rückkehr in ihr Heimatland ist somit gefahrlos möglich.

 

Aufgrund dieser Ausführen ist auch mit dem Verweis in der Beschwerde auf die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 23.11.2016 nichts gewonnen, dass die Chinesische Behörde wiederholt versucht die Kirche des allmächtigen Gottes auszulöschen und generell deren Mitglieder vom Staat bestraft werden. Auch die von der BF in das Verfahren eingebrachten Magazinartikel, die vom einem dem Gericht nicht bekannten Autoren verfasst wurden, vermögen daran nichts zu ändern. Wie zuvor ausgeführt konnte die BF keinerlei Verfolgung aufgrund ihrer behaupteten Religionszugehörigkeit in ihrem Herkunftsstaat glaubhaft machen, noch ist in irgendeiner Weise feststellbar, dass die chinesischen Behörden auf die BF in Österreich aufgrund der von ihr getätigten Vorbringen aufmerksam geworden seien könnten.

 

3.6. Zu den Feststellungen zur Situation der BF im Falle ihrer Rückkehr ist folgendes auszuführen:

 

Die BF ist jung, gesund und arbeitsfähig, verfügt über eine abgeschlossene Mittelschulausbildung und hat mehrere Jahre Medizin studiert. Es ist davon auszugehen, dass sie im Falle einer Rückkehr in der Lage sein wird, sich durch eigene Arbeitsleistung selbst zu erhalten. Die BF wurde im Zuge ihres Studiums vor ihrer Ausreise von ihrer Familie finanziell unterstützt. Es ist davon auszugehen, dass ihr diese Unterstützung auch im Falle einer Rückkehr zuteilwerden wird. Es kann aufgrund der Aktenlage, ihren Angaben im Zuge der mündlichen Verhandlung in Zusammenschau mit den dieser Entscheidung zugrundeliegenden relevanten Informationen zum Herkunftsstaat nicht festgestellt werden, dass die BF im Fall einer Rückkehr in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre.

 

3.7. Es sind im gesamten Verfahren keine Hinweise hervorgekommen, die darauf schließen lassen würden, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen vorliegen und dies wurde auch seitens der BF nicht vorgebracht.

 

3.8. Die diesem Erkenntnis zugrunde gelegten Länderfeststellungen gründen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes und schlüssiges Gesamtbild der Situation im Herkunftsland ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem BVwG von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation fallrelevant nicht wesentlich geändert haben. Aus den Länderberichten geht hervor, dass in China die Kirche des "Allmächtigen Gottes/Eastern Lightning" als eine von 14 bösen Kulten angesehen wird und Mitglieder strafrechtlich verfolgt werden. Aufgrund der Feststellung, dass die BF jedoch keinerlei individuelle Verfolgung glaubhaft machen konnte und auch wie oben angeführt keine Nachfluchtgründe gesetzt hat, sind auch diese Berichtsteile nicht geeignet, einen asylrelevanten Fluchtgrund aufzuzeigen. Ebenso verhält es sich mit den von der BF eingebrachten Artikel, die hauptsächlich aus Quellen der Glaubensgemeinschaft beruhen und von Verfolgungshandlungen der chinesischen Behörden gegenüber Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft sprechen.

 

Die Feststellung, dass die chinesische Regierung, Eastern Lightning/Kirche des allmächtigen Gottes als einen von 14 "bösen Kulten", ansieht und Mitglieder strafrechtlich verfolgt werden, ist der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 23.11.2016 sowie der allgemeinen Länderinformation der Staatendokumentation zu entnehmen.

 

Aus den herangezogenen Berichten ergibt sich des Weiteren im Wesentlichen, dass keine bürgerkriegsähnlichen Zustände oder Kampfhandlungen in der Volksrepublik China bestehen und es auch sonst zu keinen nennenswerten sicherheitsrelevanten Vorfällen gekommen ist. Auch herrscht in der Volksrepublik China kein Klima ständiger latenter Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbarer Einschränkung, durch welche alle Einwohner einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind. Obwohl Korruption in China auch bei Behörden und Gerichten verbreitet ist, lässt sich daraus nicht ableiten, dass der Schutz vor Übergriffen durch kriminelle Personen nicht gewährleistet wäre und in China hinsichtlich krimineller Aktivitäten generell ein unverhältnismäßig hohes Sicherheitsrisiko bestehen würde. Auch im Hinblick auf die allgemeine Versorgungslage ergibt sich kein Anhaltspunkt, wonach die BF im Herkunftsstaat in eine ausweglose Situation (Verpflegung/Unterkunft) geraten würde oder, dass Personen in China allein deshalb politisch oder strafrechtlich verfolgt werden, weil sie im Ausland einen Asylantrag gestellt haben. Allfällige Einschränkungen der Bewegungsfreiheit durch eine restriktive Registrierungspraxis ("Hukou"-System) in der Volksrepublik China bewirken jedoch keine exzeptionellen Umstände, die von Art. 3 EMRK erfasst werden.

 

4. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A)

 

4.1. Zur Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

 

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Da das von der BF behauptete Fluchtvorbringen nicht festgestellt werden konnte, ist zunächst folgendes festzuhalten:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 liegt es auch am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd § 274 ZPO zu verstehen. Ausgehend von § 274 Abs. 1 letzter Satz ZPO eignet sich nur eine Beweisaufnahme, die sich sofort ausführen lässt (mit Hilfe so genannter "parater" Bescheinigungsmittel) zum Zwecke der Glaubhaftmachung (VwGH 27.05.2014, 2014/16/0003 mwN), wobei der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner asylrechtlichen Spruchpraxis von dieser Einschränkung abweicht.

 

Mit der Glaubhaftmachung ist auch die Pflicht der Verfahrenspartei verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der behaupteten Voraussetzungen spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzung liefern. Insoweit trifft die Partei eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Allgemein gehaltene Behauptungen reichen für eine Glaubhaftmachung nicht aus (vgl. VwGH 17.10.2007, 2006/07/0007).

 

Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252). Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen.

 

In diesem Zusammenhang ist der Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 337, 9, (Statusrichtlinie), maßgeblich:

 

"Artikel 4 Prüfung der Tatsachen und Umstände

 

(1) - (4) [...]

 

(5) Wenden die Mitgliedstaaten den Grundsatz an, wonach der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz begründen muss, und fehlen für Aussagen des Antragstellers Unterlagen oder sonstige Beweise, so bedürfen diese Aussagen keines Nachweises, wenn

 

a) der Antragsteller sich offenkundig bemüht hat, seinen Antrag zu begründen;

 

b) alle dem Antragsteller verfügbaren Anhaltspunkte vorliegen und eine hinreichende Erklärung für das Fehlen anderer relevanter Anhaltspunkte gegeben wurde;

 

c) festgestellt wurde, dass die Aussagen des Antragstellers kohärent und plausibel sind und zu den für seinen Fall relevanten, verfügbaren besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen;

 

d) der Antragsteller internationalen Schutz zum frühestmöglichen Zeitpunkt beantragt hat, es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war; und

 

e) die generelle Glaubwürdigkeit des Antragstellers festgestellt worden ist."

 

Unter diesen Maßgaben ist das Vorbringen eines Asylwerbers also auf seine Glaubhaftigkeit hin zu prüfen. Dabei ist v.a. auf folgende Kriterien abzustellen: Zunächst bedarf es einer persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers, die insbesondere dann getrübt sein wird, wenn sein Vorbringen auf ge- oder verfälschte Beweismittel gestützt ist oder er wichtige Tatsachen verheimlicht respektive bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert. Weiters muss das Vorbringen des Asylwerbers - unter Berücksichtigung der jeweiligen Fähigkeiten und Möglichkeiten - genügend substantiiert sein; dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. Das Vorbringen hat zudem plausibel zu sein, muss also mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen; diese Voraussetzung ist u.a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen. Schließlich muss das Fluchtvorbringen in sich schlüssig sein; der Asylwerber darf sich demgemäß nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

 

Vor diesem Hintergrund geht der zur Entscheidung berufene Richter auf Grund seines in der mündlichen Verhandlung erhaltenen persönlichen Eindrucks sowie der im erstbehördlichen Verwaltungsakt einliegenden niederschriftlichen Erstbefragung und Einvernahme der BF davon aus, dass ihren Ausführungen keine Glaubwürdigkeit zukommt.

 

Zu den in der Beweiswürdigung ausgeführten differierenden Angaben zwischen der Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 22.06.2016 und den Angaben der BF im weiteren Verfahrenslauf wird explizit ausgeführt: Das erkennende Gericht übersieht nicht, dass gemäß § 19 Abs. 1 AsylG die Erstbefragung zwar "insbesondere" der Ermittlung der Identität und der Reiseroute eines Fremden dient und sich nicht auf die "näheren" Fluchtgründe zu beziehen hat (vgl. hierzu auch VfGH 27.06.2012, U 98/12). Eine Erhebung der allgemeinen Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates ist jedoch zulässig und es besteht dahingehend kein Beweisverwertungsverbot. Die Verwaltungsbehörde bzw. das BVwG können im Rahmen ihrer Beweiswürdigung die Ergebnisse der Erstbefragung in ihre Beurteilung miteinbeziehen, weshalb die dargelegten eindeutigen Widersprüche ein Indiz von vielen für ein insgesamt unglaubwürdiges Fluchtvorbringen darstellt.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005; AsylG 2005) BGBl I 100/2005 idgF hat die Behörde Fremden, die in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, den Status der Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd Zivilprozessordnung (ZPO) zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der Beschwerdeführer die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45, Rz 3, mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargestellt, kommt der BF hinsichtlich ihres Vorbringens zu ihrem Fluchtgrund (betreffend die Gefahr, in China aufgrund ihres Glaubens der Inhaftierung und der Folter ausgesetzt zu sein) keine Glaubwürdigkeit zu. Der BF ist es insgesamt nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen ihre Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der GFK genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Auch nach Durchsicht der aktuellen Länderberichte zur Herkunftsregion der BF (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 14.11.2017, letzte Kurzinformation vom 05.02.2018, die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 05.06.2018 und 25.11.2016, sowie die ACCORD Anfragebeantwortung vom 25.10.2017,) und unter Berücksichtigung der von der BF ins Verfahren eingebrachten Auszüge des Magazins " XXXX ", diverser Internet Artikel und des Jahresbericht der Kirche des Allmächtigen Gottes, die allesamt von systematischer behördlicher Verfolgung der Mitglieder der Kirche des allmächtigen Gottes sprechen, erlaubt es dennoch nicht anzunehmen, dass gegenständlich Gründe für die Befürchtung einer entsprechenden Verfolgungsgefahr der BF vorliegen. Sohin kann nicht erkannt werden, dass der BF aus den von ihr ins Treffen geführten Gründen im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz vom 22.06.2016 war daher hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abzuweisen.

 

4.2. Zur Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten:

 

Wird Fremden der Status der Asylberechtigten nicht zuerkannt, hat die Behörde von Amts wegen zu prüfen, ob ihnen der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist.

 

§ 8 Abs. 3 iVm. § 11 Abs. 1 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Teil des Herkunftsstaates der Antragsteller, in dem für die Antragsteller keine begründete Furcht vor Verfolgung und keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht. Gemäß § 1 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter dem Herkunftsstaat der Staat zu verstehen, dessen Staatsangehörigkeit die Fremden besitzen oder im Falle der Staatenlosigkeit, der Staat ihres früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.

 

Wird der Antrag der Fremden auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen, ordnet § 8 Abs. 1 AsylG 2005 an, dass den Fremden der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist, wenn eine mögliche Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in ihren Herkunftsstaat für sie eine reale Gefahr einer Verletzung in seinem Recht auf Leben (Art. 2 EMRK iVm den Protokollen Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe) oder eine Verletzung in ihrem Recht auf Schutz vor Folter oder unmenschlicher Behandlung oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Art. 3 EMRK) oder für die Fremden als Zivilpersonen eine reale Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ihrer Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH 19.02.2004, 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass die Fremden einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wären, wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation der Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH 31.02.2005, 2002/20/0582). Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR 06.02.2001, 44599/98, Bensaid gg. Vereinigtes Königreich; VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443).

 

Nach der Judikatur des EGMR obliegt es den betroffenen Personen, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle einer Abschiebung behaupten, so weit als möglich Informationen vorzulegen, die den innerstaatlichen Behörden und dem Gericht eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlauben (vgl. EGMR 05.07.2005, 2345/02, Said gg. Niederlande). Bezüglich der Berufung auf eine allgemeine Gefahrensituation im Heimatstaat, haben die betroffenen Personen auch darzulegen, dass ihre Situation schlechter sei, als jene der übrigen Bewohner des Staates (vgl. EGMR 26.07.2005, 38885/02, N. gg. Finnland).

 

Das Vorliegen eines tatsächlichen Risikos ist von der Behörde im Zeitpunkt der Entscheidung zu prüfen (vgl. EKMR 15.11.1996, 22414/93, Chahal gg. Vereinigtes Königreich).

 

Das Bundesverwaltungsgericht hatte somit zu klären, ob im Falle der Verbringung der BF in ihren Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würden.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass die Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen haben, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person der Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (vgl. VwGH 26.06.1997, 95/18/1291). Diese Mitwirkungspflicht der Antragsteller bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre der Asylwerber gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.

 

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen.

 

Weder aus den Angaben der BF zu den Gründen, die für die Ausreise aus dem Herkunftsstaat maßgeblich gewesen sein sollen, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene, gemäß der Judikatur des EGMR geforderte, Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung der BF im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443).

 

Eine Perspektivenlosigkeit für die BF für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat kann nicht erkannt werden. Bei ihr handelt es sich um eine junge, gesunde und arbeitsfähige Frau, der es zuzutrauen ist, ihr Leben mittels eigener Erwerbstätigkeit zu finanzieren. Es ist daher davon auszugehen, dass der Lebensunterhalt der BF im Falle einer Rückkehr nicht gefährdet sein wird. Ebenso ist davon auszugehen, dass sie im Falle ihrer Rückkehr - wie schon vor ihrer Ausreise - durch ihre Familie - finanziell unterstützt werden würde. Weiters gilt es zu bedenken, dass die BF im Herkunftsstaat aufgewachsen ist, die Mittelschule abgeschlossen hat und fast 4 Jahre Medizin studiert hat und somit den Großteil ihres Lebens dort verbracht hat. Sie spricht die Landesprache Chinesisch und wird sich abermals gut in China integrieren können.

 

Für den erkennenden Richter des Bundesverwaltungsgerichtes haben sich unter diesen Aspekten keine Hinweise ergeben, wonach die BF für den Fall ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Situation geraten würde.

 

Ziel des Refoulementschutzes ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen, wie es die Rückkehr nach China sein wird, zu beschützen, sondern einzig und allein, Schutz vor exzeptionellen Lebenssituationen zu geben.

 

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF in China eine mit Todesstrafe bedrohte strafbehördliche Verfolgung droht.

 

Da sich der Herkunftsstaat der BF nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden; ebenso kann daher nicht festgestellt werden, dass für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht. Dass China in einem Zustand wäre, in dem keine funktionierende Ordnungsmacht mehr gegeben sei, ist aus den Länderinformationen nicht ersichtlich.

 

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat der beschwerdeführenden Partei in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch jeder, der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält, schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter Art. 2 oder Art. 3 EMRK subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist. Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter Art. 2 oder Art. 3 EMRK subsumierbaren Sachverhalts abgeleitet werden.

 

Weitere, in der Person der BF begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden. Es ist aus den Länderberichten auch nicht erkennbar, dass die BF im Falle einer Rückkehr allein aufgrund ihrer Eigenschaft als Rückkehrerin Repressionen oder Verfolgungsmaßnahmen zu befürchten hätte.

 

Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann daher ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden, weshalb die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids gemäß abzuweisen war.

 

4.3. Rückkehrentscheidung:

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

"1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist."

 

Die BF befindet sich seit ihrer Einreise durchgehend im Bundesgebiet, doch stützt sich ihr Aufenthalt seit 22.06.2016 lediglich auf das Asylverfahren. Sie ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen oder Opfer von Gewalt geworden. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in den Beschwerden auch nur behauptet wurde.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen Drittstaatsangehörige unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn deren Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihnen kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

Die BF ist keine begünstigte Drittstaatsangehörige und es kommt ihr kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

 

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

 

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen.

 

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entfernte verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hierfür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 190.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen also dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 21.04.2011, 2011/01/0093).

 

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (EGMR, Maslov/Österreich, 23.06.2008, 1638/03, RN 63). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration der Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu. Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration ist erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua. mwH).

 

Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

 

Die BF hält sich zum Entscheidungszeitpunkt seit weniger als drei Jahre im österreichischen Bundesgebiet auf, wobei sich dieser Aufenthalt - bis auf den Zeitraum 18.06. bis 22.06.2016 - ausschließlich auf das Asylverfahren stützt.

 

Die BF verfügt im Bundesgebiet über keine Familienangehörigen. Ein Eingriff in ihr Recht auf Familienleben liegt daher nicht vor.

 

Es ist weiters zu prüfen, ob mit einer Rückkehrentscheidung in das Privatleben der BF eingegriffen wird und bejahendenfalls, ob dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist (Art. 8 Abs. 2 EMRK).

 

Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung wird auf die oa. Feststellungen verwiesen. Die BF hat sich in Österreich einen Bekanntenkreis aufgebaut, spricht und versteht dem Niveau A2 entsprechendes Deutsch und hat im Verfahren auch Beweise für Bemühungen für ihre Integration vorgelegt. Sie gehört zwar keinem österreichischen Verein an, hat jedoch ehrenamtliche Tätigkeiten verrichtet und einen Sprachkurs besucht. Dass die beschwerdeführende Partei strafgerichtlich unbescholten ist, vermag hingegen weder ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (zB VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253). Darüber hinaus ist der Zeitraum des Aufenthalts der BF von unter 3 Jahren als im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwH) und der oben getroffenen Ausführungen als relativ kurz zu werten.

 

Die Integration der BF in Österreich ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes somit nicht außergewöhnlich ausgeprägt.

 

Das Bundesverwaltungsgericht vermag somit keine unzumutbaren Härten in einer Rückkehr der BF in ihren Herkunftsstaat zu erkennen. Insbesondere führt ein Vergleich zwischen den Lebensverhältnissen der BF in Österreich mit jenen in China, zu dem Schluss, dass sie in ihrem Herkunftsstaat über weit mehr Anknüpfungspunkte verfügt, als dies in Österreich der Fall ist, zumal sie dort den Großteil ihres Lebens zubrachte und dort ihre Hauptsozialisierung erfahren hat. Ebenso lebt ihre Familie im Herkunftsstaat und es ist davon auszugehen, dass diese sie im Falle einer Rückkehr unterstützen werden. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass sie ihrem Herkunftsstaat und den dort herrschenden Gepflogenheiten und Lebensumständen nicht derart entrückt und entfremdet wäre, dass ihr eine Rückkehr und Wiedereingliederung in die dortige Gesellschaft unzumutbar oder unmöglich wäre.

 

Den privaten Interessen der BF an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251).

 

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen nach den dargelegten Erwägungen schwerer als das Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

 

Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang auch, dass es der BF bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG auch nicht verwehrt ist, wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren (so auch VfSlg. 19.086/2010 unter Hinweis auf Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 861).

 

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der beschwerdeführenden Partei im Bundesgebiet ihrem persönlichen Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordneten Rückkehrentscheidungen eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, wonach im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

 

Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Herkunftsstaat letztlich auch als Folge des Verlassens des Heimatlandes ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von subsidiären Schutz rechtfertigenden) Grund für eine Flucht nach Österreich im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen (vgl. VwGH 29.04.2010, 2009/21/0055).

 

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung der BF in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist daher ebenfalls nicht geboten.

 

Die Voraussetzungen des § 10 AsylG 2005 liegen vor: Da der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, ist die Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 zu erlassen. Es ist auch - wie bereits ausgeführt - kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen.

 

§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG setzt weiters voraus, dass der beschwerdeführenden Partei kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Die BF gab nicht an, über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens zu verfügen.

 

Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. in einen bestimmten Staat zulässig ist.

 

4.4 Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG 2005. Das Vorliegeneines dementsprechenden Sachverhaltes wird mit der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verneint (siehe oben).

 

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG 2005. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wird mit der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verneint (siehe oben).

 

Die Zulässigkeit der Abschiebung der BF in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den tragenden Gründen des gegenständlichen Erkenntnisses betreffend die Abweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberichtigten und des Status der subsidiär Schutzberechtigten keine Umstände vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung nach China im Sinne des § 50 FPG ergeben würden. Die Abschiebung wäre nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für China nicht.

 

Die Abschiebung der beschwerdeführenden Partei nach China ist daher zulässig.

 

4.5 Lediglich ergänzend ist festzuhalten, dass das Bundesamt entgegen der in § 55 Abs. 1 FPG normierten Bestimmung nicht über die Frist zur freiwilligen Ausreise abgesprochen hat. Dem Bundesverwaltungsgericht kommt eine derartige Absprache nicht zu.

 

Zu Spruchteil B)

 

Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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