AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:I405.2129740.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. Kamerun, vertreten durch die RA Mag. Nadja LORENZ in 1070 Wien, Burggasse 116, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.06.2016, Zl. 1038874909-140086792, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.01.2018, zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG
2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellte nach seiner Einreise ins Bundesgebiet am 20.10.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Er wurde am 22.10.2014 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 29.04.2014 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Als Fluchtgrund brachte der BF dabei im Wesentlichen vor, dass er als Mitglied der Southern Cameroons National Council (SCNC) von Soldaten der Brigade d'intervention rapide (BIR) 2010 verhaftet und gefoltert worden sei. Nachdem er im Februar 2014 erneut verhaftet und gefoltert worden sei, habe er seinen Herkunftsstaat verlassen.
3. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des BFA vom 13.06.2016 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde ihm nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Kamerun gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG bestimmt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage ( (Spruchpunkt IV.).
4. Der Bescheid des BFA wurde dem BF samt einer Verfahrensanordnung vom 13.06.2016, mit welcher dem BF eine Rechtsberaterin amtswegig zur Seite gestellt wurde, am 14.06.2016 zugestellt.
5. Mit dem am 28.06.2016 beim BFA eingebrachten Schriftsatz erhob die damals bevollmächtigte Vertretung des BF fristgerecht Beschwerde und machte darin die inhaltlich falsche Entscheidung und die mangelhafte Verfahrensführung geltend.
6. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungs- und Gerichtsakten wurden vom BFA am 11.07.2016 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
7. Mit Schriftsatz vom 24.03.2017 brachte der BF durch seine nunmehrige rechtsfreundliche Vertretung eine Beschwerdeergänzung beim Bundesverwaltungsgericht ein.
8. Am 12.01.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, an welcher der BF, seine rechtsfreundliche Vertretung sowie eine Dolmetscherin für die Sprache Englisch teilnahmen. Das BFA hatte mit Schreiben vom 02.01.2018 mitgeteilt, dass auf die Durchführung und Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung verzichtet werde.
9. Mit Gutachten vom 25.02.2018 eines allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen für Allgemeinmedizin und Gerichtsmedizin wurden die Angaben des BF bezüglich seiner behaupteten Folterung verifiziert. Das Gutachten wurde an den BF und das BFA zum Parteiengehör verschickt, Stellungnahmen wurden allerdings nicht eingebracht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des BF:
Der BF ist Staatsangehöriger von Kamerun und Angehöriger der Volksgruppe der Meta. Er bekennt sich zum christlichen Glauben, ist verheiratet und Vater einer Tochter. Seine Identität steht fest.
Der BF reiste legal in das Bundesgebiet ein und stellte am 20.10.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz, über welchen wie oben ausgeführt mit Bescheid des Bundesamtes vom 13.06.2016 negativ entschieden wurde.
Der BF befindet sich in einem arbeitsfähigen Alter und leidet an keinen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Der BF steht mit seiner Ehefrau, seiner Mutter sowie mit Freunden in Kontakt, welche in Kamerun aufhältig sind.
Der BF wurde in Kamerun aufgrund seiner Mitgliedschaft bei der Southern Cameroons National Council (SCNC) von staatlichen Exekutivbeamten verhaftet und gefoltert.
Im Fall der Rückkehr hat der BF - auch wegen seines exilpolitischen Engagements in Österreich - wohlbegründete Furcht, wegen seiner Mitgliedschaft bei der Southern Cameroons National Council (SCNC) landesweit nach wie vor verfolgt zu werden.
Eine innerstaatliche Fluchtalternative liegt nicht vor. Es liegen keine Asylausschlussgründe im Sinne des § 6 Asylgesetz vor; der BF ist strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zur Lage in Kamerun:
1. Politische Lage
Kamerun ist eine Präsidialrepublik. Zwar kann die Staatsform als semipräsidentiell bezeichnet werden, d.h. es gibt neben dem Präsidenten als zweite Exekutivgewalt den Regierungschef (= Premierminister), dessen Regierung dem Parlament verantwortlich ist, aber die Verfassung sichert dem Staatspräsidenten - seit 1982 ist dies Paul Biya - eine überragende Stellung (GIZ 2.2017a; vgl. USDOS 3.3.2017). Legislative und Justiz haben nur geringe Kontrolle über die Exekutive (BS 2016).
Das Land wird seit 1966 von der Partei "Rassemblement Démocratique du Peuple Camerounais" (RDPC, bis 1985 "Union Nationale Camerounaise") regiert. Staatspräsident Paul Biya (82 Jahre) regiert seit 1982. Die nächsten Präsidentenwahlen finden turnusgemäß 2018 statt. Nach Einführung des Mehrparteiensystems fanden 1992 zum ersten Mal Parlaments- und Präsidentenwahlen statt. Diese und nachfolgende Wahlen verliefen nicht ganz regulär. Die seit 1996 geltende Verfassung ist eine Präsidialverfassung nach französischem Vorbild und sieht die Schaffung eines Verfassungsgerichts vor, was allerdings bis heute nicht geschehen ist. Das politische System Kameruns ist auf den Präsidenten ausgerichtet, der die verschiedenen politischen, ethnischen und regionalen Kräfte im Lande so an der Macht beteiligt, dass sie in einer effizient austarierten Balance verharren (AA 9.12.2016).
Die jetzt gültige Verfassung ist die 3. seit dem Erlangen der Unabhängigkeit im Jahr 1960. Diese 3. Verfassung wurde unter Biya inzwischen dreimalig einer Revision unterzogen: 1984, in der Phase der Machtkonsolidierung Biyas, wurde der Staat in "Republik Kamerun" umbenannt und die Provinzgrenzen neu gezogen. 1996 wurden die Weichen für eine moderate Dezentralisierung gestellt. So wurde die Einrichtung einer zweiten Parlamentskammer (Senat) beschlossen und die Amtszeit des Staatspräsidenten auf sieben Jahre, mit einmaliger Möglichkeit der Wiederwahl, festgesetzt. 2008 kam es zur vorläufig letzten Verfassungsänderung: die RDPC /CPDM nutzte ihre breite Parlamentsmehrheit und beschloss sowohl eine unbeschränkte Amtszeit des Präsidenten, als auch dessen Immunität über die Zeit der Präsidentschaft hinaus (GIZ 2.2017a).
Bei den letzten Präsidentschaftswahlen Anfang Oktober 2011 wurde Paul Biya mit deutlicher Mehrheit im Amt bestätigt und bleibt damit kamerunischer Präsident für die nächsten sieben Jahre. Paul Biya erhielt 78% der Stimmen. Gemäß offiziellen Angaben soll die Wahlbeteiligung bei 65% gelegen haben (GIZ 2.2017a; vgl. BS 2016). Mit ihren 22 Präsidentschaftskandidaten landete die Opposition weit abgeschlagen. Der Ausgang dieser Wahl war kaum überraschend, im Land herrscht Resignation hinsichtlich eines demokratischen Wandels vor, scharfe Kritik wird vor allem von den im Ausland lebenden Kamerunern geäußert (GIZ 2.2017a).
Parlaments- und Kommunalwahlen werden zeitgleich mit den Präsidentschaftswahlen abgehalten. Nach wiederholter Wahlterminverlegung (die Opposition hatte immer wieder Reformen des Wahlverfahrens angemahnt) fanden am 30. September 2013 die bislang letzten Parlaments- und Kommunalwahlen statt; - mit wenig überraschendem Ergebnis: Die RDPC/CPDM behauptete sich mit Abstand (GIZ 2.2017a). Ihr gehören 148 (zuvor 152) der 180 Abgeordneten an. Als größte Oppositionspartei stellt die SDF (Mitglied der Sozialistischen Internationale) 18 Abgeordnete, während 5 kleinere Parteien insgesamt 14 Sitze erhielten. Die Kommunalwahlen entschied die RDPC ebenfalls klar für sich: Sie kann in 305 Kommunen allein regieren, die Oppositionsparteien lediglich in 24 (AA 9.12.2016).
Am 14.4.2013 wurden zum ersten Mal Senatoren für die 2.Kammer gewählt - 17 Jahre nach Schaffung der verfassungsrechtlichen Grundlagen. Großer Gewinner war die RDPC/CPDM (GIZ 2.2017a; vgl. AA 9.12.2016). Senatspräsident ist der 81-jährige Marcel Niat Njifendji, ex-Vizepremierminister. Er würde im Falle der Amtsunfähigkeit des Staatspräsidenten übergangsweise dessen Amtsgeschäfte führen (AA 9.12.2016).
Die über 200 Parteien bieten kaum politische Alternativen: Die meisten Oppositionsparteien, so auch die SDF, kranken an ähnlich überkommenen Strukturen wie die Regierungspartei RDPC. Parteigründer sind oftmals gleichzeitig ewige Vorsitzende (in einigen Fällen inzwischen deren Söhne) und führen ihre Partei in autokratischem Stil. Zudem stützen sich die meisten Oppositionsparteien auf eine regionale Hochburg (meist der Herkunftsort des Vorsitzenden). So auch die SDF: 13 ihrer 18 Parlamentssitze errang sie in der anglophonen Region Nord-West, aus der Parteigründer und Vorsitzender John Fru Ndi (74 Jahre) stammt (AA 9.12.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Cameroon Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Cameroon.pdf , Zugriff 9.3.2017
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017a): Kamerun - Geschichte Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/ , Zugriff 9.3.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html , Zugriff 9.3.2017
2. Sicherheitslage
Für den Großteil des Staatsgebiets Kameruns wird seitens des französischen Außenministeriums bzgl. Reisen nicht abgeraten. Abgeraten wird lediglich von Reisen in die Grenzgebiete zu Nigeria, dem Tschad und der zentralafrikanischen Republik; in die Provinz Extrême-Nord und den nördlichen Teil der Provinz Nord. Reisen in die Provinzen Nord und Adamoua sollten nur unternommen werden, wenn diese dringend notwendig sind (FD 17.3.2017b). In den englischsprachigen Regionen um die Städte Bamenda und Buea kommt es nach Streiks von Teilen der anglophonen Bevölkerung zu gewalttätigen Demonstrationen und Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften, die bereits mehrere Todesopfer und Verletzte gefordert haben. Das österreichische Außenministerium warnt ausdrücklich vor Reisen in den Norden des Landes. Reisen in die Grenzgebiete zum Tschad und zur zentralafrikanischen Republik sollen nur unternommen werden, wenn diese dringend notwendig sind. Die Lage ist gespannt und unsicher und kann sich innerhalb kürzester Zeit verschlechtern. Das Risiko von Überfällen durch gewalttätige Straßenräuber sowie Entführungen ist besonders hoch. In den letzten Jahren wurden mehr als 20 ausländische Staatsangehörige im Norden des Landes entführt (BMEIA 17.3.2017).
Derzeit steht Kamerun vor großen Herausforderungen, da sich das Umfeld in den Nachbarländern Zentralafrikanische Republik und Nigeria destabilisiert hat. An der Grenze zur Zentralafrikanischen Republik ist es seit Ausbruch der Seleka-Rebellion im Dezember 2012 mehrfach zu bewaffneten Übergriffen auf kamerunische Orte gekommen. Seit Beginn der Rebellion sind über 259.000 Flüchtlinge aus der Zentralafrikanischen Republik in Kamerun eingetroffen (AA 9.12.2016). Das Grenzgebiet mit der Zentralafrikanischen Republik gilt wegen dieser grenzüberschreitender Übergriffe bewaffneter Gruppen der dortigen Rebellen als unsicher (AA 17.3.2017; vgl. FH 2016). Es kam dort auch zu Gefechten zwischen zentralafrikanischen Rebellen und kamerunischen Kräften (FH 2016).
In der Provinz Extrême-Nord, die an die Hochburg der Boko Haram in Nigeria grenzt, kommt es zu wiederholten Einfällen der Extremisten (FH 2016). Im Norden Kameruns, besonders in der Region Extreme-Nord, bedrohen Übergriffe von Boko Haram die Stabilität. Die Regierung geht u. a. mit Militäreinsätzen gegen die Bedrohung vor. Vor allem in der Region Extrême -Nord sind fast 59.000 Menschen aus Nigeria geflüchtet (AA 9.12.2016).
In der Provinz Extrême-Nord besteht ein hohes Entführungsrisiko für Ausländer. An der Grenze zu Nigeria und in Maroua, der Hauptstadt der Region Extrême-Nord, ist es zu Selbstmordanschlägen mit zahlreichen Todesopfern gekommen (AA 17.3.2017; vgl. FD 17.3.2017a). Auch in den Grenzgebieten zu Nigeria in den Provinzen Nord und Adamaoua können terroristische Aktivitäten vorkommen (FD 17.3.2017b). Laut einem Bericht der International Crisis Group wurden im Zuge der Angriffe durch Boko Haram, seit März 2014, 1.500 Menschen getötet und 155.000 verdrängt (IRIN 11.1.2017). Boko Haram war vor allem in der Region Extrême-Nord für Menschenrechtsverstöße verantwortlich (AI 22.2.2017).
Gewarnt wird darüber hinaus vor Reisen zur Halbinsel Bakassi und Umgebung aufgrund fortdauernder Sicherheitsprobleme. Im gesamten Golf von Guinea gibt es Bandenunwesen. In der Vergangenheit gab es Überfälle und Geiselnahmen auf Küstenorte, Fischkutter, Öltanker oder Ölplattformen (AA 17.3.2017; vgl. BMEIA 17.3.2017).
Die allgemeine Sicherheitslage ist vor allem in den Städten bzw. auf den Überlandstraßen von zunehmender Gewaltkriminalität gekennzeichnet (GIZ 2.2017a). In den Regionen Nord und Adamaoua sowie in den Grenzgebieten zu Nigeria und Tschad kommt es vermehrt zu gewalttätigen Raubüberfällen (AA 17.3.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 17.3.2017
- AA - Auswärtiges Amt (17.3.2017): Kamerun: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/KamerunSicherheit_node.html , Zugriff 17.3.2017
- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Cameroon, https://www.ecoi.net/local_link/336459/479100_de.html , Zugriff 17.3.2017
- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (17.3.2017): Reiseinformation Kamerun, http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kamerun/ , Zugriff 17.3.2017
- FD - France Diplomatie (17.3.2017a): Cameroun - Conseils aux voyageurs - Dernière minute,
http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/cameroun/#derniere , Zugriff 17.3.2017
- FD - France Diplomatie (17.3.2017b): Cameroun - Conseils aux voyageurs - Sécurité,
http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/cameroun/#securite , Zugriff 17.3.2017
- FH - Freedom House (2016): Freedom in the World 2016 - Cameroon, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2016/cameroon , Zugriff 19.8.2015
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017a): Kamerun - Geschichte Staat, http://liportal.giz.de/kamerun/geschichte-staat/ , Zugriff 17.8.2015
- IRIN - Integrated Regional Information Network (10.8.2015): Boko Haram still a threat to refugees in Cameroon, http://www.irinnews.org/feature/2017/01/11/boko-haram-still-threat-refugees-cameroon , Zugriff 17.3.2017
3. Rechtsschutz/Justizwesen
Das kamerunische Rechtssystem ist uneinheitlich. Neben der traditionellen Rechtsprechung, die für jede Volksgruppe spezifisch ist, existiert das moderne Recht, das bis vor kurzem, sowohl von der britischen (common law) als auch von der französischen Rechtskultur (Code Napoléon) bestimmt worden war, bis das Parlament 2006 eine Harmonisierung des Strafgesetzbuchs verabschiedete. Moderne Gerichte gibt es auf Arrondissements-Ebene (tribunal de première instance) und Départements-Ebene (tribunal de grande instance), Berufungsgerichte auf Provinzebene (cour d¿appel). Probleme bereiten der absolute Mangel an Gerichten, die Bestechlichkeit von Richtern, die Konzentration der Rechtsanwaltsbüros auf Douala und Yaoundé, die mangelnde Unabhängigkeit der Gerichte von der Exekutive und die Blockierung der Gerichte in Douala und Yaoundé aufgrund von Richtermangel (GIZ 2.2017).
Das Justizsystem ist überlastet; manche Richter und Staatsanwälte sind unterqualifiziert oder infolge ihrer geringen Gehälter bestechlich. Rechtsstaatliche Verfahren sind nicht durchgängig gewährleistet. Allerdings hat sich der Justizminister in den vergangenen Jahren mit Informationskampagnen und Fortbildungsseminaren um die Weiterbildung der Richter bemüht. In der Praxis wird das neue Strafprozessrecht jedoch von den Behörden zumeist nur angewendet, wenn die Betroffenen dies einfordern. Dies setzt einen gewissen Kenntnisstand der Gesetzeslage voraus, den jedoch nur eine Minderheit der Bevölkerung aufweist (AA 9.12.2016).
Die gravierenden Schwächen des Rechtssystems betreffen alle Bürger gleichermaßen und sind vor allem in Korruption, mangelhafter Aus- und Fortbildung sowie Überlastung begründet. Sippenhaft ist nicht vorgesehen. Der Justizapparat ist in Kamerun schwerfällig und zeigt wenig Einsatzbereitschaft; dies gilt auch bei Ermittlungen zu Menschenrechtsverletzungen. Manche Staatsanwälte und Richter sind bestechlich und beeinflussbar. Am 1.1.2007 trat das erstmals landesweit einheitliche Strafprozessrecht in Kraft, das die Rechte der Beschuldigten präzisiert und stärkt. Darüber hinaus wurde ein Recht auf Entschädigung im Fall unangemessen langer Untersuchungshaft eingeführt. Viele Betroffene scheuen jedoch den - insbesondere für Laien komplizierten - administrativen Aufwand (AA 9.12.2016).
Die vor allem in den ländlichen Gegenden praktizierte Justiz traditioneller Autoritäten ist weder verfassungsrechtlich legitimiert, noch unterliegen die daraus folgenden Entscheidungen und Handlungen einer staatlichen Kontrolle. Dieses traditionelle Rechtssystem benachteiligt vor allem Frauen und Kinder. Häufig gibt es Machtmissbrauch der traditionellen Autoritäten (Clanchefs usw.). Im Norden des Landes unterhalten einige "Könige" ("Lamido") Privatgefängnisse, in denen mutmaßliche Kriminelle bis zum Abtransport in staatliche Gefängnisse in Haft genommen und dabei mitunter misshandelt werden. Diese "Könige" sind zudem traditionelle Gerichtsherren, die auch eine körperliche Bestrafung anordnen können (AA 9.12.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017a): Kamerun - Geschichte Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/ , Zugriff 15.3.2017
4. Sicherheitsbehörden
Die Gendarmerie Nationale ist die nationale Polizei. Sie hat militärischen Charakter und ist Teil der Streitkräfte. Sie interveniert im nichtstädtischen Bereich, also auf dem Lande. Dagegen untersteht die Police Nationale dem Innenministerium (GIZ 2.2017a). Verhaftungen werden von der Gendarmerie und den verschiedenen Untergliederungen der Polizei ausgeführt: allgemeine Polizei (Sécurité publique), Inlandsgeheimdienste (Renseignements Généraux, Surveillance du Territoire), Kriminalpolizei (Police Judiciaire), Grenzpolizei (Police des Frontières) sowie von der Spezialeinheit GSO (Groupement Spécial d'Opérations) (AA 9.12.2016). Letztere ist eine Eliteeinheit der Polizei. Es gibt auch Spezialeinheiten zur Bekämpfung von Straßenräubern, wie die im März 1998 gegründete Brigade Anti-Gang (auch: Groupement mobile d'intervention GMI, unités antigangs), das 2000 gegründete Commandement Opérationnel (CO, auch: special oder operational command) oder die seit 2006 im Einsatz befindliche Brigade d'intervention rapide (BIR) (GIZ 2.2017a). Auch die Militärpolizei darf Verhaftungen durchführen, wenn sie im Rahmen von Unruhen eingesetzt wird. Der Auslandsgeheimdienst DGRE, der auch im Inland eingesetzt wird, nimmt in Einzelfällen ebenfalls Verhaftungen vor (AA 9.12.2016).
Probleme der Polizeikräfte sind zunehmende Gewalt und Banditentum auf der einen, Korruption, willkürliche Verhaftungen und Folter auf der anderen Seite (GIZ 2.2017a). Die Sicherheitskräfte sind zum Teil schlecht ausgebildet, bezahlt und ausgerüstet (AA 9.12.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017a): Kamerun - Geschichte Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/ , Zugriff 9.3.2017
5. Folter und unmenschliche Behandlung
Das Gesetz vom 10.1.1997 hat den Straftatbestand Folter mit Todes- oder Gesundheitsfolgen in das Strafgesetzbuch eingeführt (Art. 132 ff). Unmenschliche und erniedrigende Strafen sind weder im Strafgesetzbuch vorgesehen, noch werden sie verhängt bzw. vollstreckt (AA 9.12.2016).
In der Praxis kommen Misshandlungen (AA 9.12.2016) und Folter (USDOS 3.3.2017) vor. Dabei handelt es sich meist um Schikanen durch Gefängniswärter, Polizisten oder Angehörige der Geheimdienste und der Gendarmerie (AA 9.12.2016; vgl. USDOS 3.3.2017). In schwer verifizierbaren Einzelfällen soll es zu Misshandlungen zwecks Erpressung von Geständnissen gekommen sein. Über ein derartiges systematisches Vorgehen der Sicherheitsbehörden oder des Gefängnispersonals liegen keine Erkenntnisse vor (AA 9.12.2016).
Es kommt zu willkürlicher und unverhältnismäßiger Gewaltanwendung durch die Sicherheitskräfte. Übergriffe der Sicherheitskräfte werden in der Regel nicht angemessen verfolgt. Systematische Gewaltanwendung gegen bestimmte Gruppen ist allerdings nicht feststellbar (AA 9.12.2016). Auch wenn die Regierung einige Schritte ergriffen hat, um Täter zu verfolgen und zu bestrafen, so agieren diese auch weiterhin meist ungestraft (USDOS 3.3.2017).
Im Rahmen des Kampfes gegen Boko Haram werden den kamerunischen Sicherheitskräften massive Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen (AA 9.12.2016). Vor allem in Zusammenhang mit dem Kampf gegen Boko Haram sind Sicherheitskräfte für Menschenrechtsverletzungen einschließlich außergerichtlicher Hinrichtungen, Verschwinden lassen, willkürlicher Festnahmen sowie Inhaftierungen ohne Rechtsgrundlage verantwortlich (AI 22.2.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Cameroon, https://www.ecoi.net/local_link/336459/479100_de.html , Zugriff 15.3.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html , Zugriff 9.3.2017
6. Korruption
Zwar gibt es Gesetze gegen Korruption, diese werden aber weder effektiv noch einheitlich umgesetzt (USDOS 3.3.2017). Es herrscht systematische Korruption. Bestechung ist in allen Sektoren und Ebenen gängig (FH 2016; vgl. USDOS 3.3.2017). 1998 und 1999 galt Kamerun gar als korruptestes Land der Welt. In den letzten Jahren wurde Kamerun durch andere Länder von dieser Stelle verdrängt. Korruption bzw. deren Bekämpfung bleibt nach wie vor Thema in Kamerun. Die 2006, nach diversesten Anti-Korruptionskampagnen, gegründete Commission Nationale Anti-Corruption (CONAC) tut ihre Arbeit und veröffentlicht jährliche Berichte (GIZ 2.2017a).
Im von Transparency International 2015 veröffentlichten Korruptionswahrnehmungsindex liegt Kamerun auf dem 130. Platz von 168 bewerteten Ländern (AA 11 .2016b; vgl. FH 2016) Angehörige der Sicherheitskräfte missbrauchen in vielen Fällen ihre Machtposition zum persönlichen Vorteil. Die Bevölkerung hat zu wenig Vertrauen in das Gerichtswesen, um den Rechtsweg gegen solche Übergriffe zu beschreiten. Symptomatisch ist das Vorgehen von Straßenverkehrspolizisten, die von vielen Verkehrsteilnehmern an Kontrollpunkten und Straßensperren wegen tatsächlicher oder angeblicher Vergehen Bestechungsgelder kassieren. Willkürliche Polizeiaktionen bis hin zu Verhaftungen zwecks Erpressung von Bestechungsgeldern und unverhältnismäßige Gewaltanwendung kommen weiterhin vor (AA 9.12.2016; vgl. USDOS 3.3.2017). Manchmal werden Polizisten wegen Korruption bestraft (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
- AA - Auswärtiges Amt (11.2016b): Kamerun - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kamerun/Wirtschaft_node.html , Zugriff 15.3.2017
- FH - Freedom House (2016): Freedom in the World 2016 - Cameroon, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2016/cameroon , Zugriff 15.3.2017
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017a): Kamerun - Geschichte Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/ , Zugriff 15.3.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html , Zugriff 9.3.2017
7. Nichtregierungsorganisationen (NGOs)
Es existiert eine Vielzahl von unabhängigen kamerunischen Menschenrechtsorganisationen (AA 9.12.2016; vgl. USDOS 3.3.2017), die jedoch zumeist am finanziellen Tropf der internationalen Geber hängen (AA 9.12.2016; FH 2016).
Die Bestimmungen zur Gründung einer NGO sind komplex, und nicht alle Antragsteller werden gleich behandelt. Daher optieren die meisten Menschenrechtsorganisationen für die Gründung gemeinnütziger Vereine, wodurch sie sich in einer rechtlichen Grauzone bewegen. Dies gilt insbesondere für Menschenrechtsorganisationen, die sich für LGBTI-Rechte einsetzen (AA 9.12.2016).
Internationale Menschenrechtsbeobachter können weitgehend unabhängig agieren und ermitteln. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) konnte seiner Tätigkeit im Land nach den üblichen Standards nachgehen und auch unangekündigte Besuche in Gefängnissen durchführen. Es kommt mitunter zu Verboten oppositionsnaher Veranstaltungen mit der Begründung, dass diese eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellten (AA 9.12.2016). NGO-Vertreter berichteten wiederholt von Drohungen, willkürlichen Verhaftungen, vereinzelt auch von Folter und menschenunwürdiger Behandlung (AA 9.12.2016; vgl. AI 22.2.2017; USDOS 3.3.2017). Die Regierung kritisierte die Berichte von internationalen Menschenrechtsorganisationen (USDOS 3.3.2017).
Menschenrechtsverteidiger beklagen, dass Sicherheitskräfte nicht auf Anzeigen (z. B. wegen Drohungen, Einbrüchen) reagieren (AA 9.12.2016).
Im Jahr 2010 hat sich mit Hilfe der EU-Mitgliedstaaten ein Netzwerk zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern zusammengeschlossen, im Jahr 2011 konnte dieses Netzwerk weitere Mitglieder gewinnen und sich auch regional stärker vernetzen. Mit Hilfe des United Nations Development Programme (UNDP) haben sich ebenfalls 2010 etwa 50 Menschenrechtsorganisationen zu einem nationalen Netzwerk der Menschenrechtsvereine zusammengeschlossen, das vor allem in der Hauptstadt präsent war. In Kamerun besteht ein zentraler Bedarf an Aufklärung über Menschenrechte insbesondere bei Frauen und Kindern, die sich ihrer Rechte oft gar nicht bewusst sind (AA 9.12.2016).
Im Berichtszeitraum konnten internationale Menschenrechtsbeobachter weitgehend unabhängig agieren und ermitteln. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) konnte seiner Tätigkeit im Land nach den üblichen Standards nachgehen und auch unangekündigte Besuche in Gefängnissen durchführen. Der Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung führte im Juli 2012 einen Länderbesuch durch (AA 9.12.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Cameroon, https://www.ecoi.net/local_link/336459/479100_de.html , Zugriff 15.3.2017
- FH - Freedom House (2016): Freedom in the World 2016 - Cameroon, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2016/cameroon , Zugriff 15.3.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html , Zugriff 9.3.2017
8. Ombudsmann
Die Nationale Kommission für Menschenrechte und Freiheiten (CNDHL - das Comité National des Droits de l'Homme et des Libertés) verfolgt Menschenrechtsverletzungen und prangert Haftbedingungen an. Im Rahmen ihrer begrenzten Spielräume veröffentlicht sie einen jährlichen Bericht (AA 9.12.2016) Insgesamt wird die Kommission unter Berücksichtigung der ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen als effektiv beschrieben (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html , Zugriff 9.3.2017
9. Wehrdienst
Eine Wehrpflicht besteht nicht (AA 9.12.2016; vgl. CIA 12.1.2017). Im Alter von 18-23 Jahren kann freiwilliger Militärdienst mit einer Dauer von vier Jahren abgeleistet werden (CIA 12.1.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
- CIA - Central Intelligence Agency (12.1.2017): The World Factbook
- Cameroon,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/cm.html , Zugriff 16.3.2017
10. Allgemeine Menschenrechtslage
Das Bewusstsein für Menschenrechte und Menschenrechtsverletzungen ist in der Gesellschaft nur eingeschränkt ausgeprägt, obwohl sich zahlreiche Menschenrechtsorganisationen für eine Sensibilisierung von Bevölkerung und Regierung in diesem Bereich engagieren. Der Justizapparat ist schwerfällig und zeigt wenig Einsatzbereitschaft. Dies gilt auch bei Ermittlungen bezüglich Menschenrechtsverletzungen und beim Schutz von Menschenrechtsverteidigern (AA 9.12.2016).
Die Verfassung von 1996 garantiert die Grundrechte im Sinne der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948, der Charta der Vereinten Nationen vom 26.06.1945 und der Banjul Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker vom 26.06.1981. Kamerun ist an folgende Menschenrechtsabkommen gebunden:
* Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vom 7.3.1966, ratifiziert am 24.6.1971;
* Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19.12.1966, ratifiziert am 27.9.1984;
* Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 1966, ratifiziert (durch Beitritt) am 27.6.1984;
* Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau vom 18.12.1979, ratifiziert am 23.8.1994;
* Fakultativprotokoll zum Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, ratifiziert am 7.1.2005;
* Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20.11.1989, ratifiziert am 11.1.1993;
* Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vom 10.12.1984, ratifiziert am 19.12.1986;
* Banjul Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker vom 26.6.1981, ratifiziert am 21.10.1981 (AA 9.12.2016).
Kamerun durchlief am 01.05.2013 nach 2009 zum zweiten Mal das Universelle Periodische Überprüfungsverfahren des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen in Genf. Diese bezogen sich auf das Verbot von weiblicher Genitalverstümmelung, die Verbesserung der Situation in Haftanstalten, die Realisierung einer faktischen Gleichheit aller Bürger insbesondere im Arbeitsmarkt und eine Reform des rechtlichen Rahmenwerks im Mediensektor. Das dritte Überprüfungsverfahren für Kamerun ist für das Frühjahr 2018 geplant. Staatliche Repressionen aufgrund Nationalität, Religion oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder Ethnie sind nicht bekannt. Diskriminierung aufgrund von Rasse, Sprache, Geschlecht oder sozialem Status ist durch die Verfassung verboten. Die freie sexuelle Orientierung zählt in Kamerun nicht zu den Grundrechten (AA 9.12.2016).
Die wichtigsten Menschenrechtsprobleme im Land sind Folter und Misshandlungen durch die Sicherheitskräfte (AI 22.2.2017; FH 2016; vgl. USDOS 9.12.2016), vor allem von Häftlingen; Mangel an fairen und schnellen Gerichtsverfahren und lebensbedrohliche Haftbedingungen. Andere bedeutende Menschenrechtsmissachtungen sind willkürliche Festnahmen, überlange Untersuchungshaft und Verstöße gegen die Privatsphäre. Die Regierung belästigt Journalisten und schränkt die Bewegungs-, Meinungs- und Pressefreiheit ein (AI 22.2.2017; vgl. USDOS 9.12.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Cameroon, https://www.ecoi.net/local_link/336459/479100_de.html , Zugriff 15.3.2017
- FH - Freedom House (2016): Freedom in the World 2016 - Cameroon, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2016/cameroon , Zugriff 15.3.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html , Zugriff 9.3.2017
11. Meinungs- und Pressefreiheit
Obwohl das Gesetz die Meinungs- und Pressefreiheit vorsieht, werden Medienvergehen unter Strafe gestellt und die Regierung schränkt diese Freiheiten ein. Allerdings gab es im Jahr 2014 weniger diesbezügliche Berichte, als in den Jahren zuvor. Beamte bedrohen, schikanieren und inhaftieren Personen oder Organisationen, welche die Politik der Regierung kritisieren oder gegensätzliche Ansichten vertreten (USDOS 3.3.2017). Im kamerunischen Strafrecht findet sich bei bestimmten Straftatbeständen ein für Journalisten verschärftes Strafmaß, etwa bei rassistischer Diffamierung und bei Geheimnisverrat im Strafverfahren, das aber selten zur Anwendung kommt. Ein systematisches Vorgehen des Staates gegen die Pressefreiheit ist nicht festzustellen. Journalisten werden teilweise in ihrer Arbeit behindert. Einschüchterungsversuche sind schwer einer Person oder Institution zuzuordnen, werden aber von den Betroffenen häufig im Umfeld der Regierungspartei RDPC oder im Präsidialamt verortet. Bei der Berichterstattung über bestimmte Themen, etwa Spekulationen über den Gesundheitszustand des Präsidenten oder seine sexuelle Orientierung, laufen Journalisten Gefahr, wegen Diffamierung vor Gericht gebracht zu werden (AA 9.12.2016; vgl. FH 2016). Im Jahr 2014 wurden mehrere Journalisten verhaftet, (FH 2016), manche wurden misshandelt (USDOS 3.3.2017).
Die kamerunische Medienlandschaft ist vielfältig.
Regierungskritische und oppositionelle Meinungen werden veröffentlicht. Der staatliche Rundfunk und die über 70 lokalen privaten Radiosender sind von vorherrschender Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung. In den großen Städten laufen die drei privaten Fernsehsender dem staatlichen Fernsehsender CRTV den Rang ab. Sie befassen sich zunehmend mit sensiblen Themen wie Korruption und Arbeitslosigkeit, bei denen Versäumnisse der Regierung deutlich werden. Zeitungen haben in Kamerun einen geringeren Einfluss auf die öffentliche Meinung, erreichen jedoch Multiplikatoren wie Journalisten, Funktionsträger und Intellektuelle (AA 10.2.2015).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
- FH - Freedom House (2016): Freedom in the World 2016 - Cameroon, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2016/cameroon , Zugriff 15.3.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html , Zugriff 9.3.2017
12. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition
Obwohl die Verfassung Versammlungsfreiheit garantiert, schränkt die Regierung dieses Recht in der Praxis ein (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 9.12.2016; vgl. FH 2016). Die Rechte auf Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit wurden nach wie vor unterdrückt (AI 22.2.2017). Versammlungen werden zum Teil nicht genehmigt bzw. gewaltsam aufgelöst. In diesem Zusammenhang kommt es auch zu vorübergehenden Festnahmen. Im Wahljahr 2013 wurden mehrere Veranstaltungen regierungskritischer Organisatoren (Podiumsdiskussionen, Pressekonferenzen) verboten und vereinzelt gewaltsam aufgelöst. Als Grund wurde zumeist die Gefährdung der öffentlichen Ordnung angeführt (AA 9.12.2016).
Organisatoren von öffentlichen Versammlungen, Demonstrationen oder Prozessionen sind gesetzlich dazu verpflichtet, Behördenvertreter vorab darüber zu informieren. Gesetzlich ist eine vorherige Zustimmung der Regierung jedoch nicht vorgesehen. Amtsträger behaupten dennoch regelmäßig, dass das Gesetz implizit eine behördliche Bewilligung von öffentlichen Veranstaltungen erfordert. Folglich verweigert die Regierung häufig die Bewilligung von Veranstaltungen bzw. wendet sie Gewalt an, um nicht genehmigte Veranstaltungen zu unterbinden (USDOS 3.3.2017).
Obwohl die Verfassung Vereinigungsfreiheit garantiert (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 9.12.2016), schränkt die Regierung dieses Recht in der Praxis ein (USDOS 3.3.2017; vgl. AA 9.12.2016; vgl. BS 2016). Vereinigungsfreiheit ist in der Praxis besser garantiert als Versammlungsfreiheit (BS 2016). Gesetzlich sind Organisationen nicht zulässig, die sich gegen die Verfassung, die Gesetzte, die Moral richten; oder sich gegen die territoriale Integrität, die nationale Einheit, die nationale Integration oder die Republik stellen (USDOS 25.6.2015).
Trotz Mehrparteiensystems - Kamerun weist einen außerordentlichen Parteienreichtum auf - und mehr oder minder ordentlichen Wahlen, wird die kamerunische Politik durch den Präsidenten und 'seine' Partei, die RDPC/ CPDM, die ehemalige Einheitspartei, dominiert (GIZ 2.2017a; vgl. BS 2016). Die meisten Oppositionsparteien sind desorganisiert und taktisch schwach (BS 2016). Politische Auseinandersetzungen finden kaum im parlamentarischen Rahmen statt, da die Assemblée Nationale/National Assembly inzwischen weitgehend von der RDPC/CPDM beherrscht wird (GIZ 2.2017a).
Beliebig datierte Partei- und Mitgliedsausweise können günstig auf dem Markt erworben werden. Parteiregister belegen nur die Zahlung des Mitgliedsbeitrages; von einem politischen Engagement kann allein aufgrund eines Mitgliedsausweises oder eines Parteiregisterauszugs nicht ausgegangen werden (AA 9.12.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Cameroon, https://www.ecoi.net/local_link/336459/479100_de.html , Zugriff 15.3.2017
- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Cameroon Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Cameroon.pdf , Zugriff 9.3.2017
- FH - Freedom House (2016): Freedom in the World 2016 - Cameroon, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2016/cameroon , Zugriff 15.3.2017
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017a): Kamerun - Geschichte Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/ , Zugriff 15.3.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html , Zugriff 9.3.2017
12.1. Opposition
Systematische politische Verfolgung findet in Kamerun nicht statt, jedoch können sich Oppositionsparteien nur schwer entfalten. Es sind vereinzelte Fälle bekannt, in denen wegen der bloßen Mitgliedschaft in einer Oppositionspartei oder im SCNC staatliche Repression ausgeübt wurde. In einigen Fällen ist es vereinzelt und vorübergehend zu Festnahmen oder Gewaltanwendung der Sicherheitskräfte gegen Oppositionelle, in der Regel im Zusammenhang mit der Planung bzw. Durchführung von nicht genehmigten Demonstrationen gegen die Regierung, gekommen. (AA 9.12.2016).
Kamerun hat einen anglophonen und einen frankophonen Teil. Die Frankophonen machen 80 % der Bevölkerung aus und dominieren die Regierung. 1994 wurde der separatistische "Southern Cameroons National Council" (SCNC) gegründet. Der SCNC setzt sich aus mehreren Splitterfraktionen zusammen, die das Ziel eint, den anglophonen Teil Kameruns vom frankophonen Teil abzuspalten. Der SCNC steht damit außerhalb der Verfassung und ist nicht als politische Partei anerkannt. Am 1.10.1996 hat der SCNC die Unabhängigkeit der Region "Southern Cameroons" verkündet: Seitdem versucht sie, jedes Jahr am 1. Oktober Protestmärsche zu veranstalten, die von den Behörden jedoch stets verboten werden. Der Einfluss des SCNC ist minimal. Die Mitglieder werden nicht systematisch verfolgt (AA 9.12.2016). Einige SCNC-Aktivisten wurden im Jahr 2013 inhaftiert (BS 2016). Es gibt außerparlamentarische Winkelzüge von staatlicher Seite gegen Versammlungen oder Aktionen der englischsprachigen Separatistenbewegung SCNC und deren Sympathisanten. Aktuell kommt es seit Oktober 2016 in der anglophonen Region zu verschiedensten Protestaktionen. Was mit Streiks von Rechtsanwälten und Lehrern begann wuchs sich inzwischen zu einer allgemeinen Bewegung von anglophonen Bürgerprotesten aus. Der Staat schickt Militär und Polizei und sperrt die Internetleitungen in den anglophonen Provinzen (GIZ 2.2017a).
Der kamerunische Staat widmet den Aktivitäten der Exilorganisationen wenig Aufmerksamkeit. Eine staatliche Verfolgung kamerunischer Staatsangehöriger wegen oppositioneller Tätigkeit im Ausland ist bis auf einen Einzelfall aus dem Jahr 2008 nicht bekannt (AA 9.12.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017n
- BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Cameroon Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Cameroon.pdf , Zugriff 9.3.2017
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017a): Kamerun - Geschichte Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/ , Zugriff 15.3.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html , Zugriff 9.3.2017
13. Haftbedingungen
Die Haftbedingungen in kamerunischen Gefängnissen sind sehr schlecht (AA 9.12.2016; vgl. FH 2016; vgl. USDOS 3.3.2017) und lebensbedrohlich (FH 2016; vgl. USDOS 3.3.2017), unterscheiden sich aber nach Einkommen bzw. Vermögen der Inhaftierten (AA 10.2.2015). Sie sind durch Mangel an sauberem Trinkwasser, Nahrungsmitteln, Hygiene und medizinischer Versorgung geprägt (AA 9.12.2016; vgl. USDOS 3.3.2017), wodurch es auch zu Todesfällen kommt (USDOS 3.3.2017). Die Gefängnisse sind zum Teil um ein Vielfaches ihrer eigentlichen Kapazität überbelegt (AA 10.2.2015; vgl. FH 2016; vgl. USDOS 3.3.2017). Zwei Drittel der Insassen sind Untersuchungshäftlinge (AA 9.12.2016).
In kleineren Gefängnissen drohen Unterernährung und mangelnde medizinische Versorgung. Die Unterbringung ist dort jedoch insgesamt besser als in den größeren Zentralgefängnissen (AA 9.12.2016). Allerdings sind in den kleineren Gefängnissen Frauen und Jugendliche nicht von den übrigen Gefangenen getrennt untergebracht; dies kann auch in großen Gefängnissen vorkommen (AA 9.12.2016; vgl. USDOS 3.3.2017). Misshandlungen und Vergewaltigungen von Häftlingen - in der Mehrzahl der Fälle durch Mithäftlinge, jedoch auch durch das Gefängnispersonal - kommen immer wieder vor (AA 9.12.2016; vgl. FH 2016). Frauengefängnisse, wie etwa in Nfou, sind manchmal mit mehr Männern als Frauen unter den Häftlingen fehl-, immer jedoch überbelegt. Für die Versorgung der Gefangenen mit Nahrungsmitteln sind die Familienangehörigen verantwortlich. Das Lebensmittelbudget für Gefängnisse wurde 2011 vom Justizministerium um 40 % gesenkt (AA 9.12.2016).
Die Regierung gestattet nationalen und internationalen humanitären Organisationen wie etwa dem IKRK den Zugang zu Gefängnisinsassen (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
- FH - Freedom House (2016): Freedom in the World 2016 - Cameroon, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2016/cameroon , Zugriff 15.3.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html , Zugriff 9.3.2017
14. Todesstrafe
Mord (Artikel 276) sowie drei Staatssicherheitsdelikte (Artikel 102:
Feindseligkeiten gegenüber der Republik; Artikel 103: Spionage, Anstacheln zum Krieg gegen Kamerun; Handlungen, die die Sicherheit oder den Bestand der Republik gefährden; Verrat militärischer Geheimnisse; Artikel 112: Anstacheln zum Bürgerkrieg) sind mit der Todesstrafe belegt, die auch verhängt wird (AA 9.12.2016).
Der Präsident begnadigt allerdings regelmäßig alle zum Tode Verurteilten. Laut Angaben von Amnesty International und Menschenrechtsverteidigern ist 1997 das letzte Jahr, in dem die Vollstreckung einer Todesstrafe bekannt wurde (AA 9.12.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
15. Religionsfreiheit
In Kamerun gibt es keine Staatsreligion. Die kamerunische Verfassung garantiert ihren Bürgern Religionsfreiheit (GIZ 2.2017b; vgl. USDOS 10.8.2016) und in aller Regel respektiert der Staat dieses Grundrecht (GIZ 2.2017b; vgl. AA 9.12.2016; vgl. FH 2016). Es gibt keine Berichte über gesellschaftliche Diskriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit, dem Glauben oder der Religionsausübung (USDOS 10.8.2016). Das Verhältnis und der Umgang der Religionen untereinander war lange Zeit von gegenseitigem Respekt und Toleranz geprägt. Der interreligiöse Dialog funktionierte ganz gut. Zwar wurden Anhänger traditioneller Religionen im muslimischen Norden oft verächtlich angesehen, auch wurde vereinzelt von kleineren Konflikten zwischen Christen und Moslems berichtet, aber Kamerun kannte bisher, im Gegensatz zu den Nachbarländern, keine religiöse Gewalt (GIZ 2.2017b).
Nachdem, aufgrund der letzten Anschläge, die islamische Ganzkörperverschleierung in den Regionen Extreme-Nord, Nord, Ost und Littoral verboten wurde, kommt es immer wieder zu Übergriffen gegenüber Musliminnen, selbst wenn diese nur ein Kopftuch tragen (GIZ 2.2017b).
Die Aktivitäten islamistischer Terroristen im Nachbarland Nigeria und die Terroranschläge in Kamerun seit Juli 2015 haben zu einer stärkeren staatlichen Überwachung von muslimischen Predigern und Versammlungsorten in Kamerun geführt. Staatliche Behörden, traditionelle Herrscher bzw. Eliten und islamische Geistliche arbeiten eng zusammen (AA 9.12.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
- FH - Freedom House (2016): Freedom in the World 2016 - Cameroon, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2016/cameroon , Zugriff 15.3.2017
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017b): Kamerun - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/ , Zugriff 16.3.20175
- USDOS - US Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Cameroon, https://www.ecoi.net/local_link/328311/469090_de.html , Zugriff 16.8.2017
15.1. Religiöse Gruppen
Etwa 69-70% der kamerunischen Bevölkerung sind Christen, 20-21% Muslime und 6-10% Anhänger von traditionellen Religionen bzw. anderen Religionsgemeinschaften (AA 9.12.2016; GIZ 2.2017b; vgl.
USDOS 10.8.2016). . Letztendlich sind diese Zahlen aber mit Vorsicht
zu genießen, da religiöse "Mischformen" weit verbreitet sind. Das afrikanische Phänomen des zunehmenden Sekten(un)wesens ist auch in Kamerun verbreitet und findet unter den verarmten Bevölkerungsschichten immer mehr Anhänger (GIZ 2.2017b).
Traditionell ist der Islam in Kamerun sufistisch und hier vor allem durch den Tidschaniya-Orden geprägt. Er zeichnet sich durch große Toleranz aus. Seit den 90er-Jahren begann sich Saudi-Arabien stärker in Kamerun zu engagieren und der Einfluss der konservativen islamischen Glaubensrichtung wurde nach und nach größer (GIZ 2.2017b).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017b): Kamerun - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/ , Zugriff 16.3.2017
- USDOS - US Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Cameroon, https://www.ecoi.net/local_link/328311/469090_de.html , Zugriff 16.8.2017
16. Ethnische Minderheiten
In Kamerun leben über 250 ethnische Gruppen mit unterschiedlichen Traditionen (AA 9.12.2016). In diesem völkerreichen Land treffen somit unterschiedlichste Kulturen, Lebensformen, Sprachen und Religionen - deren Grenzen teilweise auch Ethnien-übergreifend verlaufen - aufeinander (GIZ 2.2017b). Gegensätze und Interessenskonflikte zwischen verschiedenen Ethnien, Nomaden und Sesshaften bzw. Viehhaltern und Ackerbauern, allochthonen und autochthonen Bevölkerungsgruppen, Frankophonen und Anglophonen, Stadt- und Landbevölkerung, "Nordisten" und "Südisten", Christentum und Islam führten und führen manchmal auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen (GIZ 2.2017b), die jedoch lokal begrenzt bleiben (AA 9.12.2016). Teilweise werden diese Konflikte auch von einzelnen Eliten oder politischen Parteien instrumentalisiert, auch wenn Kamerun bisher zu einem der vergleichsweise stabilsten Länder der Region zählte (GIZ 2.2017b).
Eine nach ethnischer Zugehörigkeit diskriminierende Gesetzgebung oder Verwaltungspraxis gibt es nicht. Aufgrund ihrer einfachen Lebensweise wird die Volksgruppe der Baka (Pygmäen) sozial ausgegrenzt; sie erhalten für die gleiche Arbeit häufig niedrigeren Lohn als
andere (AA 9.12.2016). Die Baka sehen sich der Diskriminierung ausgesetzt (FH 2016), nehmen aber etwa als Kandidaten bei Wahlen Teil - wiewohl sie im Senat, der Nationalversammlung oder in höheren Regierungsämtern nicht repräsentiert sind (USDOS 3.3.2017).
Den wirtschaftlich überdurchschnittlich erfolgreichen Bamiléké wird mit Sozialneid begegnet, der sich in der Regel auf verbale Angriffe beschränkt. Gesellschaftliche Diskriminierung von Albinos soll vereinzelt vorkommen (AA 9.12.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
- FH - Freedom House (2016): Freedom in the World 2016 - Cameroon, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2016/cameroon , Zugriff 15.3.2017
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017b): Kamerun - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/ , Zugriff 16.3.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html , Zugriff 9.3.2017
16.1. Minderheitengruppen
Bantuvölker (z.B. Ewondo, Bulu, Bassa) und Pygmäen (Baka) besiedeln vorwiegend den Süden; Semibantu (z.B. Bamilekevölker) vorwiegend den Westen; und Sudanvölker, Peul/Fulbé und sogar Araber sind im Norden Kameruns vertreten. Die Städte Kameruns bieten einen ethnischen Querschnitt, da dort alle Bevölkerungsgruppen des Landes anzutreffen sind. Über die Anzahl der in Kamerun lebenden Völker gehen die Zahlen auseinander. Während in der SIL (Summer Institut of Linguistics) Sprachenliste für Kamerun insgesamt 278 Sprachen verzeichnet sind, mit Sprecherzahlen zwischen einigen wenigen bis zu mehreren 100.000 Personen, findet man in anderen Quellen die Angabe "über 200 Landessprachen" (GIZ 2.2017b).
Quellen:
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017b): Kamerun - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/ , Zugriff 16.3.2017
17. Bewegungsfreiheit
Die Verfassung und weitere Gesetze gewährleisten die Bewegungsfreiheit im Land, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung. Diese Rechte werden jedoch manchmal eingeschränkt. Sicherheitskräfte fordern an Straßensperren und Kontrollpunkten Bestechungsgelder und schikanieren Reisende. Die Polizei hielt häufig Reisende auf, um Identifikationsdokumente, Fahrzeugregistrierungen und Steuereinnahmen als Sicherheits- und Einwanderungsbekämpfungsmaßnahmen zu überprüfen. Das Gesetz verbietet das Zwangsexil und die Regierung setzt es auch nicht ein. Allerdings bleiben einige Bürger im freiwilligen Exil, weil sie die Regierung fürchten (USDOS 3.3.2017).
Jedoch könnte nach Personen auch landesweit gefahndet werden, was im Regelfall aber nicht geschieht. Bürger, die auf Veranlassung lokaler Behörden hin verfolgt werden, können dem durch Umzug in die Hauptstadt oder in die Stadt eines entfernten Landesteils Kameruns entgehen (AA 9.12.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html , Zugriff 9.3.2017
18. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge
In Kamerun lebten im Oktober 2016 nach Angaben des UNHCR fast 320.000 Flüchtlinge. Im Zuge einer massiven Fluchtbewegung aus der Zentralafrikanischen Republik sind laut UNHCR seit Ausbruch der Krise fast 260.000 Personen nach Kamerun geflohen. Flüchtlinge sind in Kamerun keiner staatlichen Diskriminierung ausgesetzt. Auch Diskriminierungen im nicht-staatlichen Bereich sind nicht als signifikant oder systematisch bekannt. Das Parlament hat am 12.07.2005 ein spezielles Flüchtlingsgesetz verabschiedet. Kamerun selbst wird zum Schutz und zur Versorgung der Flüchtlinge nicht aktiv, sondern überlässt dies den humanitären Organisationen (AA 9.12.2016). Die Gesetze sehen Mechanismen zur Gewährung von Asyl bzw. zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft vor. UNHCR spielt eine bedeutende Rolle (USDOS 3.3.2017). Abschiebungen aus Kamerun sind nicht bekannt (AA 9.12.2016).
Nach den von den Behörden getroffenen Sicherheitsmaßnahmen in der Region Extrême-Nord, um Boko Haram zu begegnen, wurden laut Berichteten von Organisationen der Zivilgesellschaft über Fälle von Zwangsrückkehr, einschließlich Einzelpersonen nigerianischer Abstammung berichtet (USDOS 3.3.2017).
Das Minawao-Flüchtlingslager liegt in der Extrême-Nord Region, die eine der ärmsten und am wenigsten entwickelten Provinzen in Kamerun ist. Aufgrund des Boko-Haram-Konflikts ist es das Zuhause für rund 60.000 Flüchtlinge aus Nigeria. In seinem Regional Refugee Response Plan für 2017 stellt UNHCR fest, dass das Lager überlastet ist, und das die Bereitstellung von Unterstützung, die mit internationalen humanitären Standards in Einklang steht, eine zentrale Herausforderung ist. Es gibt keine psychosoziale Unterstützung für Flüchtlinge, die Opfer der Gewalt von Boko Haram geworden sind. Kinderschutz und Maßnahmen gegen geschlechtsspezifische Gewalt sind schwach. UNHCR ist sich auch der Frustration der Flüchtlinge gegenüber einer Regierungspolitik bewusst, die sie daran hindert, sich frei aus dem Lager zu bewegen, um Arbeit in der lokalen Wirtschaft zu finden (IRIN 11.1.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
- IRIN - Integrated Regional Information Network (10.8.2015): Boko Haram still a threat to refugees in Cameroon, http://www.irinnews.org/feature/2017/01/11/boko-haram-still-threat-refugees-cameroon , Zugriff 17.3.2017
- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cameroon, http://www.ecoi.net/local_link/337135/479899_de.html , Zugriff 9.3.2017
19. Grundversorgung/Wirtschaft
Unter den Staaten der zentralafrikanischen Regionalorganisation CEMAC ist Kamerun das wirtschaftlich stärkste Land. Das Bruttoinlandsprodukt erreichte 2015 geschätzte 29,198 Milliarden US-Dollar, pro Kopf ca. 1.330 US-Dollar. Die öffentliche Verschuldung Kameruns liegt bei ca. 24 % des Bruttoinlandsproduktes, steigt aber schnell an. Die Kredite werden vor allem für Infrastrukturprojekte wie Straßenbau und Energieerzeugung sowie die Entwicklung der Landwirtschaft, Telekommunikation, Bergbau und Wasserversorgung eingesetzt. Makroökonomisch wurden in den letzten Jahren Fortschritte erzielt: Kamerun erreichte 2014 ein Wirtschaftswachstum von ca. 3,3 % 2015 lag das Wachstum bei 3,7 %. Neben der Öl- und Gasförderung und den Infrastrukturinvestitionen ist der tertiäre Sektor eine treibende Kraft. Das derzeitige Wirtschaftswachstum reicht nicht aus, um Arbeitsplätze in größerem Umfang zu schaffen und die Armutsrate von circa 39 % nachhaltig zu senken (AA 11 .2016b).
Insbesondere der primäre und tertiäre Sektor tragen derzeit zum Wachstum bei. Rohöl und Holz sind die wichtigsten Exportprodukte. Einnahmen aus der Ölförderung konnte Kamerun zuletzt wieder steigern. In der Landwirtschaft wurde die Produktion von Schlüsselprodukten (Kakao, Kaffee, Bananen, Rohkautschuk) durch erleichterten Zugang zu Finanzierung, Ausbildung und Forschung gesteigert. In der Folge erwartet die Regierung künftig weitere Produktionssteigerungen. Weitere Impulse für das Wirtschaftswachstum kommen aus dem sekundären Sektor und basieren auf der beginnenden Umsetzung der Investitionsprogramme zur Verbesserung der Infrastruktur (AA 11 .2016b).
Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln kann als gesichert angesehen werden. Wer in soziale Not gerät, kann in Kamerun nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen; vielmehr werden Notlagen in der Regel von funktionierenden sozialen Netzen (Großfamilie) aufgefangen. Eine längere Abwesenheit gefährdet diese sozialen Netze. In ganz Kamerun gibt es karitative Einrichtungen, insbesondere Missionsstationen, die in besonderen Notlagen helfen (AA 9.12.2017).
Seriösen Vermutungen zufolge erwirtschaftet der informelle Sektor Kameruns mehr als der formelle. Besonders im urbanen Bereich hält sich ein Großteil der Bevölkerung (Schätzungen sprechen von weit über 50 %) mit Aktivitäten im informellen Sektor über Wasser. Besonders für Frauen und junge Leute bieten sich hier Chancen seinen Lebensunterhalt zu verdienen. 75 % der Bevölkerung legen ihr Geld in informellen Sparvereinen (Tontines) an, die auch ein System sozialer Absicherung darstellen (GIZ 11.2016c).
Über die Hälfte der Kameruner sind von mehrdimensionaler Armut betroffen. Bei den Armutsindikatoren wie die landesspezifische durchschnittlichen Schuljahre (6,0), die Lebenserwartung (55,5) oder die Müttersterblichkeit (590 Sterbefälle auf 100.000 Geburten), dürfen die großen regionalen Unterschiede nicht vergessen werden. Nichtsdestotrotz setzte sich der Aufwärtstrend laut dem UNDP-Bericht zur humanitären Entwicklung im Jahr 2015 fort. Hinsichtlich des Selbstversorgungsgrads mit Lebensmitteln liegt Kamerun weit unterhalb seiner Möglichkeiten. Die bäuerliche Landwirtschaft wird vernachlässigt (GIZ 11.2016c).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (11.2016b): Kamerun - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kamerun/Wirtschaft_node.html , Zugriff 17.3.2017
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (11.2016c): Kamerun - Wirtschaft Entwicklung, https://www.liportal.de/kamerun/wirtschaft-entwicklung/ , Zugriff 17.3.2017
20. Medizinische Versorgung
Seit den 90er Jahren befindet sich das staatliche Gesundheitssystem Kameruns in der Umstrukturierung. Ziele sind Dezentralisierung, Qualitätskontrolle und die Einbindung der Bevölkerung in Verwaltung und Finanzierung von Gesundheitseinrichtungen. Allerdings lassen die Ergebnisse der staatlichen Gesundheitspolitik weiterhin zu wünschen übrig. Absoluter Ärztemangel aufgrund mangelnder Ausbildungsplätze und die wenigen Ärzte lassen sich vorwiegend in den städtischen Zentren nieder, unzulängliche Infrastruktur und knappe Arzneimittel sind nur einige der Missstände, die die medizinische Versorgungslage Kameruns kennzeichnen. Verschärft wird die Situation durch die Abwanderung von Gesundheitspersonal ins Ausland (GIZ 2.2017b).
Kostenlose Gesundheitsversorgung besteht in Kamerun nicht. Für bestimmte Berufsgruppen (z. B. Militär) gibt es staatliche oder halbstaatliche Versorgungseinrichtungen mit geringem Kostenbeitrag. Der Abschluss einer privaten Krankenversicherung ist möglich. Generell übernimmt die Familie medizinische Behandlungskosten. In den Städten gibt es Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden können. Die Behandlung chronischer Krankheiten, insbesondere in den Bereichen Innere Medizin und Psychiatrie, wird in den öffentlichen Krankenhäusern der größeren Städte vorgenommen. Für HIV-Infizierte gibt es seit 1997 ein von ausländischen Gebern (WHO/Weltbank, Frankreich, Deutschland) unterstütztes kostenloses staatliches Programm der Heilfürsorge (AA 9.12.2016).
Die Versorgung mit Medikamenten erfolgt überwiegend aus Frankreich, Indien und Nigeria; grundsätzlich wird hierdurch ein weites Spektrum abgedeckt. Die gezielte Einfuhr von Medikamenten aus Deutschland - ausgenommen zum persönlichen Gebrauch - ist problematisch, da Medikamente aufgrund von Erfahrungen mit Medikamentenspenden an medizinische Einrichtungen ohne französischen und englischen Beipackzettel nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen (AA 9.12.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1481894779_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2016-09-12-2016.pdf , Zugriff 15.3.2017
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2017b): Kamerun - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kamerun/gesellschaft/ , Zugriff 9.3.2017
21. Behandlung nach Rückkehr
Es sind keine Fälle bekannt, in denen kamerunische Staatsangehörige nach ihrer Rückkehr festgenommen oder misshandelt worden sind. Eine staatliche Verfolgung allein wegen der Stellung eines Asylantrags erfolgt nicht. Freiwillige Rückkehrer, deren Asylantrag abgelehnt wurde, können sich an ein spezielles Reintegrationsprojekt des Malteserordens wenden (AA 9.12.2016).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun,
22. Dokumente und Dokumentensicherheit
Es gibt praktisch für jede Urkunde und jedes Dokument professionelle Fälschungen. Die Fälschung von Dokumenten wird in der Bevölkerung oft als Notwendigkeit betrachtet, die Dokumentenlage an die aktuelle Lebenssituation anzupassen. Von den Behörden geht keine Initiative aus, diese Praktiken einzudämmen. Beliebig datierte Partei- und Mitgliedsausweise können günstig auf dem Markt erworben werden. Parteiregister belegen nur die Zahlung des Mitgliedsbeitrages; von einem politischen Engagement kann allein aufgrund eines Mitgliedsausweises oder eines Parteiregisterauszugs nicht ausgegangen werden. Selbst bei echten Dokumenten kann nicht von der inhaltlichen Richtigkeit ausgegangen werden, da Dokumente auch bei offiziellen Stellen gekauft werden können. Personenstandsurkunden wie Geburtsurkunden können außerdem auf legalem Weg neu beschafft werden, wenn sich die betreffende Person an ein Gericht wendet und um eine Anordnung zur Nachbeurkundung nachsucht. Die Quote überhaupt nicht beurkundeter Geburten wird auf etwa 30% geschätzt. Von den Behörden wird wenig Sorgfalt auf die formal korrekte Ausstellung von Urkunden und Dokumenten verwandt (AA 9.12.2016).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt Deutschland (9.12.2016): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun,
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Asyl und Fremdenwesen (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes, insbesondere durch das eingeholten Sachverständigengutachten vom 25.02.2018 und dem Verhandlungsprotokoll vom 12.01.2018. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
2.1. Zur Person des BF:
Die Feststellung zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des BF beruht auf dem im Administrativverfahren vorgelegten Führerschein des BF.
Die Feststellungen zu den persönlichen und familiären Verhältnissen des BF beruhen zum einen auf der im Administrativverfahren vorgelegten Geburtsurkunde der Tochter des BF sowie seinen glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung.
Die Feststellung bezüglich der strafgerichtlichen Unbescholtenheit entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des BF ergeben sich aus den Aussagen des BF in der mündlichen Verhandlung.
2.2. Zum Vorbringen des BF:
Die Feststellung, wonach der BF in Kamerun aufgrund seiner Mitgliedschaft bei der Southern Cameroons National Council (SCNC) inhaftiert und gefoltert worden war, ergibt sich aus den Angaben des BF vor der belangten Behörde, in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie des eingeholten medizinischen Gutachtens vom 25.02.2018.
Der BF konnte in der Beschwerdeverhandlung seine Festnahmen bzw. Inhaftierungen sowie Folterungen durch Sicherheitskräfte detailreich und überzeugend schildern. Neben dieser anschaulichen Schilderung unter emotionaler Beteiligung konnte die erkennende Richterin auch den persönlichen Eindruck gewinnen, dass der BF die geschilderten Ereignisse tatsächlich erlebt hat. Hinzu kommt, dass der BF seine individuellen Erlebnisse, die zu seiner Flucht führten, im Wesentlichen gleichbleibend bzw. ohne schwerwiegende Abweichungen darstellen konnte. Er konnte in diesem Zusammenhang auch überzeugend und somit glaubhaft seine oppositionelle Gesinnung dartun, der er auch in Österreich weiterhin aktiv nachgeht.
Diese Einschätzung der erkennenden Richterin findet auch Deckung in dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten vom 25.02.2018, in welchem der allgemein beeidete und gerichtliche Sachverständige für Allgemeinmedizin und Gerichtsmedizin nach Untersuchung des BF zusammengefasst festhält, dass die vom BF geschilderten Foltermethoden aufgrund der Lokalisation und des Verteilungsmusters der festgestellten Hautveränderungen sowie Narbenbildungen durchaus mit diesen in Einklang zu bringen sind. Dieses Gutachten vom 25.02.2018 wird vom Bundesverwaltungsgericht als vollständig, schlüssig, plausibel und widerspruchsfrei befunden. Dem Gutachten wurde auch von Seiten des BF und insbesondere von Seiten des BFA nicht entgegengetreten.
Die Feststellung zur exilpolitischen Aktivität des BF in Österreich ergibt sich aus seinen glaubhaften Angaben und den vorgelegten Fotos.
Es ist zusammengefasst davon auszugehen, dass der BF aufgrund seiner politischen Einstellung eine asylrelevante Verfolgung im Falle einer Rückkehr nach Kamerun zu erleiden hätte, insbesondere da er bereits vor seiner Flucht Opfer von solcher Verfolgung in Form von Folterungen und Inhaftierung durch die kamerunischen Behörden gewesen war.
2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat
Die von der belangten Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihr in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Die belangte Behörde hat dabei Berichte verschiedener allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Der BF ist in der gegenständlichen Beschwerde den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, nicht substantiiert entgegengetreten.
Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat entscheidungsrelevante Zweifel aufkommen ließen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit:
Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.
Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Zu Spruchpunkt A)
3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. 2004 Nr. L 304/12 [Statusrichtlinie] verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative
(§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Flüchtling i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011).
Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; VwGH 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose.
Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).
Eine Verfolgung, d.h. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann weiters nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (VwGH 27.01.2000, Zl. 99/20/0519, VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256, VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177, VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203, VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0291, VwGH 07.09.2000, Zl. 2000/01/0153, u.a.).
3.3.2. Im gegenständlichen Fall sind die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Grund gegeben. Im gegenständlichen Fall ist das Bundesverwaltungsgericht der Ansicht, dass die Furcht des BF vor Verfolgung wegen seiner politischen Einstellung wohlbegründet ist. Es wäre mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er im Falle einer Rückkehr nach Kamerun mit einer Verfolgung durch den die kamerunischen Behörden zu rechnen hätte. Eine innerstaatliche Fluchtalternative ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht erkennbar, zumal der BF in keinem Landesteil vor einer Verfolgung durch die Behörden sicher wäre.
Das Vorliegen eines Asylausschlussgrundes (Artikel 1 Abschnitt D, F der GFK und § 6 AsylG 2005) oder eines Endigungsgrundes (Artikel 1 Abschnitt C der GFK) ist nicht hervorgekommen.
Dem BF war daher gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Der BF stellte seinen Antrag auf internationalen Schutz am 20.10.2014 und damit vor dem 15.11.2015, wodurch § 2 Abs. 1 Z 15 und § 3 Abs. 4 AsylG 2005 idF des Bundesgesetzes BGBl. I 24/2016 ("Asyl auf Zeit") gemäß § 75 Abs. 24 leg. cit. im konkreten Fall keine Anwendung finden.
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
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