AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W211.2130473.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a SIMMA über die Beschwerden von 1) XXXX , geboren am XXXX , 2) XXXX ,
geboren am XXXX , 3) mj. XXXX , geboren am XXXX , 4) mj. XXXX ,
geboren am XXXX , 5) mj. XXXX , geboren am XXXX , alle StA. Kasachstan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , 1) Zl. XXXX , 2) Zl. XXXX , 3) Zl. XXXX , 4) Zl XXXX , 5) Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführenden Parteien 1) und 2) sind verheiratet und die Eltern der beschwerdeführenden Parteien 3) bis 5). Sie sind Staatsangehörige Kasachstans. Die beschwerdeführenden Parteien 1) bis 3) und 5) stellten am XXXX 2015 Anträge auf internationalen Schutz in Österreich. Für die beschwerdeführende Partei 4) wurde dieser Antrag am XXXX .2016 gestellt.
2. Bei ihrer Erstbefragung am XXXX .2015 gab die beschwerdeführende Partei 1) soweit wesentlich an, Zollbeamtin gewesen und legal ausgereist zu sein. Sie habe bei ihrem Vorgesetzten Anzeige erstattet, weil Personen, die dort gearbeitet hätten, an Geldwäscherei beteiligt gewesen seien. Diese Personen hätten sie dann bedroht.
Die beschwerdeführende Partei 2) berief sich bei ihrer eigenen Erstbefragung am selben Tag auf die Ausreisegründe ihrer Frau.
3. In der Einvernahme vor der belangten Behörde am XXXX 2016 gab die beschwerdeführende Partei 1) an, ein Haus und eine Wohnung gehabt zu haben. Zwei Schwestern würden noch in Kasachstan leben. Sie habe eine Hochschulausbildung und ein gutes Einkommen gehabt. Sie habe lange beim Zoll gearbeitet und sei im November 2014 in die Abteilung für interne Angelegenheiten versetzt worden. Dort habe sie herausgefunden, dass Mitarbeiter in Korruptionsangelegenheiten verwickelt gewesen wären. Im Jänner 2015 habe sie zufällig eine Frau kennen gelernt, weil ihre Kinder in den gleichen Kindergarten gehen würden. Es habe sich heraus gestellt, dass diese beim kasachischen nationalen Sicherheitsdienst (KNB) arbeiten würde. Diese Frau habe ihr eine Zusammenarbeit vorgeschlagen. Sie habe über diese Korruptionsangelegenheit zuerst dem Departmentleiter berichtet. Sie habe später auch jener Frau erzählt, dass sie den Fall entdeckt habe. Nach einiger Zeit habe ihr Departmentleiter gesagt, dass ein Verfahren eingeleitet worden sei, weil sie dem KNB berichtet und damit ihre Vollmachten überschritten habe. Jene Frau habe die beschwerdeführende Partei 1) gebeten, ihr alles schriftlich zu geben, was diese auch getan habe. Danach habe sich herausgestellt, dass ihr Chef ein guter Bekannter des KNB-Chefs gewesen sei. Nach einiger Zeit habe sie eine Ladung von der Staatsanwaltschaft erhalten, der sie nicht habe folgen wollen. Daraufhin seien sie geflüchtet.
Ihr Sohn (die beschwerdeführende Partei 5)) leide an einer zerebralen Kinderlähmung und sei in Kasachstan wie auch in Österreich behandelt worden.
Die beschwerdeführende Partei 2) gab bei ihrer Einvernahme am XXXX .2016 an, noch über ihre Mutter und sechs Geschwister in der Heimat zu verfügen. Sie habe ein Geschäft gehabt. Was ihre Ausreisegründe anging, verwies die beschwerdeführende Partei 2) auf die ihrer Frau.
4. Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Anträge der beschwerdeführenden Parteien bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und die Anträge bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Kasachstan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die beschwerdeführenden Parteien eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Kasachstan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1-3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
Die Behörde stellte fest, dass die beschwerdeführende Partei 1) 14 Jahre im Department für Zollkontrolle im Gebiet XXXX gearbeitet habe und zuletzt in der Abteilung für dienstliche Ermittlungen tätig gewesen sei. Eine Gefährdung oder Verfolgung in der Heimat könne nicht festgestellt werden; die beschwerdeführenden Parteien seien ausgereist, um eine bessere medizinische Versorgung für die beschwerdeführende Partei 5) zu erhalten.
5. Gegen die Bescheide wurde rechtzeitig eine gemeinsame Beschwerde eingebracht, worin unter anderem vorgebracht wurde, dass die beschwerdeführenden Parteien als Staatsangestellte und Angehörige von Staatsangestellten kostenlose medizinische Versorgung auf einem Niveau ähnlich wie in Österreich erhalten hätten.
6. Mit Schreiben vom XXXX .2017 wurden die beschwerdeführenden Parteien 1) und 2), ihr Vertreter und die belangte Behörde zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geladen. Die belangte Behörde verzichtete bereits mit der Beschwerdevorlage auf die Teilnahme an der Verhandlung.
Am XXXX .2017 führte das Bundesverwaltungsgericht unter Anwesenheit einer Dolmetscherin für die russische Sprache und der beschwerdeführenden Parteien 1) und 2) eine mündliche Verhandlung durch, in denen diese zu ihren Fluchtgründen und ihrem Leben in Österreich befragt wurden. Der Vertreter erschien zur Verhandlung nicht und teilte persönlich mit, dass die Vollmacht aufgelöst sei.
7. Eine schriftliche Stellungnahme zu in der Verhandlung ausgegebenen Länderberichten wurde nicht eingebracht. Stattdessen wurde ein russischsprachiges Dokument gefaxt, das nach Übersetzung eine Ladung vom XXXX .2016 darstellen soll.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Feststellungen zu den beschwerdeführenden Parteien:
1.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige Kasachstans. Sie stellten am XXXX .2015 bzw. am XXXX .2016 Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.
1.1.2. Die beschwerdeführenden Parteien 1) und 2) sind verheiratet und die Eltern der beschwerdeführenden Parteien 3) bis 5).
Die beschwerdeführenden Parteien lebten in XXXX ; ihnen gehört ein Haus und eine Wohnung. Diese Liegenschaften stehen nun leer; Verwandte sehen nach dem Rechten. Zwei Schwestern der beschwerdeführenden Partei 1) leben mit ihren eigenen Familien in XXXX . Die Mutter und sechs Geschwister der beschwerdeführenden Partei 2) leben ebenfalls in XXXX ; mit ihren Familienangehörigen stehen die beschwerdeführenden Parteien in Kontakt.
Die beschwerdeführende Partei 1) absolvierte zuerst ein Wirtschaftskolleg in XXXX und dann ein Studium für Buchhaltung und Rechnungswesen an einer agrartechnischen Universität. Die beschwerdeführende Partei 2) besuchte die Grundschule, arbeitete als Bauarbeiter und eröffnete dann eine Boutique.
Die beschwerdeführenden Parteien 1) und 2) besuchen soweit möglich Deutschkurse und verstehen und sprechen bereits ein wenig Deutsch. Die beschwerdeführende Partei 2) absolvierte bereits die A1-Prüfung; ein Zertifikat wurde nicht vorgelegt. Die beschwerdeführende Partei
2) legte eine verbindliche Stellenzusage eines Unternehmers in XXXX vor, bei dem sie zuerst als Bauhelfer anfangen können würde (Bestätigung vom XXXX .2017). Die beschwerdeführende Partei 3) besuchte die erste Klasse einer Volksschule.
Die beschwerdeführenden Parteien beziehen Leistungen aus der Grundversorgung und sind strafgerichtlich unbescholten (Auszüge aus dem Betreuungsinformationssystem und aus dem Strafregister vom XXXX .2017).
1.1.3. Gesundheitszustand:
Die beschwerdeführende Partei 1) ist in regelmäßiger psychotherapeutischer Behandlung wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung (Bestätigung Psychotherapeutin vom 12.05.2017). Sie leidet weiter an einer Schilddrüsendysfunktion und nimmt täglich Thyrex (siehe Bestätigung Nuklearmedizinisches Institut vom 10.04.2017).
Die beschwerdeführende Partei 5) leidet seit Geburt an einer Cerebralparese/Paraparese sowie supraventikulären Tachykardien, wofür sie auf das Medikament Beloc eingestellt wurde (Patientenbrief
XXXX 15.12.2015; siehe zur Behandlungsgenese auch die früheren Befunde zB vom 19.11.2015, vom 12.10.2015, vom 20.07.2015, vom 28.01.2016, vom 12.05.2016, etc.). Später wurde die Therapie um das Mittel Rytmonorma 25mg erweitert (Patientenbrief XXXX , 09.12.2016). Die Bewegungsstörungen wirken sich durch Muskelkettenverkürzungen Hüfte und Knie aus; außerdem besteht eine deutliche Wadenmuskelspastik; Empfehlung einer intensiven Physiotherapie (Kinderorthopädie 02.05.2016).
Aus dem vorgelegten Befund der entwicklungsneurologischen Ambulanz vom 05.04.2016 geht hervor, dass die beschwerdeführende Partei 5) als Folge einer Frühgeburt an einer psychomotorischen Retardierung und spastischen Diplegie leidet und bisher nicht frei gehen kann. Sie kann sich aufrichten und krabbeln; eine Hilfsmittelversorgung ist organisiert. Sie kann sprechen. Aus einem Schädel MRT geht hervor: periventrikuläre Leukomalazie1, Myelinisierungsverzögerung2; betreffend die Wirbelsäule ist der Befund unauffällig. Die Empfehlungen beinhalten orthopädische und kardiologische Kontrollen, Physio- und Ergotherapien sowie die Behandlung mit Beloc 2x 12,5mg.
Beim Befund vom 31.05.2016 wurde festgestellt, dass die kardiologische Kontrolle im Mai [2016] unauffällig war; ein Walker wurde bestellt. Eine Physiotherapie findet nun im Landesklinikum XXXX statt. Empfohlen wurden eine orthopädische Kontrolle in fünf Monaten, Beloc 12,5 mg 2xtäglich, eine Entwicklungskontrolle in sechs Monaten, weitere Physiotherapie, Kontrolle in der Kinderkardiologie im Oktober und jederzeit in der Kinderambulanz bei Verschlechterung. Nach einer stationären Behandlung im Dezember 2016 im Donauspital wird die Therapie um Rytmonorma 25mg 2x täglich erweitert (Patientenbrief, 09.12.2016).
Ein kinderorthopädischer Befund vom 17.01.2017 führt aus, dass die beschwerdeführende Partei 5) an der Hand im Kauergang für kurze Strecken gehfähig ist. Die beschwerdeführende Partei 2) macht regelmäßig Dehnübungen; bei einem nächsten Mal werde Botox in die Kniebeuge und die Wadenmuskulatur mit Therapiegips für 2 Wochen vorgesehen. Die Therapieschuhe werden gut toleriert, sind aber an den Spitzen abgenutzt. Am 20.02.2017 wurde die Botoxtherapie vorgenommen und von der beschwerdeführenden Partei 5) gut vertragen (Ambulanzbefund, XXXX , 21.02.2017).
Die beschwerdeführende Partei 5) wurde in Kasachstan mit Medikamenten, Physiotherapie und Massagen behandelt, wobei die beschwerdeführenden Parteien die Massagen und die Medikamente selbst bezahlt haben. Zweimal im Jahr fuhren sie zur kardiologischen Kontrolle nach Astana; die Behandlung dort war kostenlos.
Die beschwerdeführenden Parteien 2), 3) und 4) sind gesund.
1.2. Feststellungen zum Fluchtvorbringen:
Die beschwerdeführende Partei 1) absolvierte ein Hochschulstudium und arbeitete fast vierzehn Jahre lang beim kasachischen Zollamt.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die beschwerdeführende Partei 1) im Jahr 2014 in die Abteilung für innere Angelegenheiten versetzt wurde.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die beschwerdeführende Partei 1) einen großen Korruptionsfall in der Zollbehörde aufgedeckt und diesen an eine Mitarbeiterin des KNB, die sie beim Kindergarten ihrer Tochter kennen gelernt hat, weitergegeben hat. Auch kann nicht festgestellt werden, dass ihr seitens ihres Vorgesetzten eine Anzeige und strafrechtliche Verfolgung wegen Weitergabe von Information an den KNB angedroht, bzw. eine solche eingebracht oder begonnen wurde.
1.3. Nicht festgestellt werden kann, dass die beschwerdeführenden Parteien im Falle einer Rückkehr nach Kasachstan in eine existenzgefährdende Notlage geraten würden und ihnen die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.
1.4. Nicht festgestellt wird, dass eine maßgeblich ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche private und familiäre Integration der beschwerdeführenden Parteien in Österreich vorliegt.
1.5. Zur entscheidungserheblichen Situation in Kasachstan wird festgestellt, wie folgt:
1. Politische Lage
Das unabhängige Kasachstan hatte sich 1993 seine erste – parlamentarische – Verfassung gegeben. Schon 1995 wurde sie durch eine neue Konstitution ersetzt, die, orientiert an der französischen, einen starken Präsidenten etabliert. Durch mehrere Verfassungsänderungen wurden dessen Kompetenzen auf Kosten von Regierung und Parlament noch erweitert (GIZ 12.2015a).
Die geltende Verfassung räumt dem Präsidenten weitreichende Vollmachten ein: Der Präsident ernennt und entlässt die Regierung, die allein ihm verantwortlich ist. Er ist dem Parlament gegenüber politisch nicht verantwortlich (Präsidentenanklage nur wegen Hochverrats). Bei einem Misstrauensantrag der Legislative gegen die Regierung kann er das Parlament auflösen. Er kann Rechtsverordnungen erlassen. Seine Vollmachten erstrecken sich auch auf die Judikative (u.a. Ernennung von Mitgliedern des Verfassungsrats, Vorsitz des Obersten Gerichts). Er ernennt die Verwaltungschefs (Akime) der Gebiete und der Städte Astana und Almaty. Auch nach dem Ende seiner Amtszeit genießt er umfangreiche Immunitäten und das Recht, auf die kasachische Politik Einfluss zu nehmen ('Führer der Nation' seit Mai 2010). Durch die Verfassungsänderung vom 18.05.2007 wurde die Amtszeit des Präsidenten von sieben auf fünf Jahre reduziert. Die Wiederwahl ist einmalig möglich. Präsident Nasarbajew ist als "Erster Präsident" Kasachstans von dieser Wiederwahlbeschränkung durch eine Ausnahme in der Verfassung befreit. Er ist Vorsitzender der Regierungspartei Nur Otan, die 1999 gegründet wurde und 2005 mit drei anderen Parteien fusionierte. Es gibt innerhalb der gelenkten politischen Opposition keine ernstzunehmenden Gegenkandidaten (AA 3 .2016a).
Jegliche Art der Gewaltenteilung (checks and balances) im Sinne der Kontrolle der Exekutive ist extrem schwach. Die Exekutive beherrscht alle übrigen Bereiche der Regierung und innerhalb der Exekutive wiederum der Präsident mit seiner engsten Entourage und der Präsidialverwaltung. Während das gegenwärtige Regime relativ stabil ist, verhindert es das Entstehen neuer politischer Kräfte, verlangsamt die Entwicklung einer Mittelklasse und schafft auf lange Hinsicht Stabilitätsrisiken (BTI 2016).
Bei den vorgezogenen Präsidentschaftswahlen vom 26.4.2015 wurde Nasarbajew mit 97,75% im Amt bestätigt. Die Wahlbeteiligung lag bei 95%. Das Vorziehen der Wahl, deren regulärer Wahltermin Ende 2016 gewesen wäre, wurde damit begründet, dass der Verfassungsrat die Durchführung der Präsidentschaftswahl und der Parlamentswahl im selben Jahr (2016) für verfassungswidrig hielt (IFES 2016a).
Nach seiner Wiederwahl verkündete Nasarbajew im Mai 2015 einen Plan der 100 (Reform)Schritte in fünf Bereichen: Bildung eines effektiven Staatsapparates, Sicherstellung der Rechtsstaatlichkeit, Förderung von Industrialisierung und Wirtschaftswachstum, Entwicklung von nationaler Identität und Einigkeit sowie Erhöhung der Rechenschaft der Regierung. Die Bevölkerung hat bislang erstaunlich gelassen auf die Krise und ihre Folgen reagiert. Der Staat reagiert dennoch heftig auf jegliche nicht von ihm initiierte Initiative von unten (GIZ 3.2016a).
Senat (Oberhaus) und Mazhilis (Unterhaus) sind die beiden Häuser des Parlaments. Der Senat setzt sich seit der Verfassungsänderung vom 16.05.2007 aus 47 Senatoren zusammen: Je Verwaltungsgebiet (Oblast) werden zwei Senatoren (Amtszeit 6 Jahre) von den örtlichen Vertretungskörperschaften (Maslikhate) gewählt; 15 Senatoren werden vom Präsidenten ernannt. Bei vorgezogenen Unterhauswahlen am 20. März 2016 hat die Präsidentenpartei "Nur Otan" mit 82,15% den erwarteten Wahlsieg errungen. Oppositionsparteien boten keine ernst zu nehmende politische Alternative zur dominierenden Präsidentenpartei. Die Kommunistische Volkspartei (7,14%) und die wirtschaftsliberale Partei 'Ak Zhol' (7,18%) haben neben Nur Otan die 7%-Sperrklausel überwunden. Beide Parteien waren bereits im vorherigen Parlament vertreten (AA 3 .2016a).
Von den 98 Sitzen des Repräsentantenhauses (Unterhaus) fielen 84 auf Nur Otan, und je sieben auf die Kommunistische Volkspartei sowie auf die Demokratische Partei "Ak Zhol" (IFES 2016b).
Die OSZE konstatierte zwar einigen Fortschritt, doch hätte das Land noch Wesentliches vor sich, um die OSZE-Verpflichtungen für die Durchführung demokratischer Wahlen zu erfüllen. Der rechtliche Rahmen schränke die grundlegenden politischen und Bürgerrechte ein, was eine umfassende Reform von Nöten mache. Am Wahltag selbst kam es zu ernsten prozeduralen Fehlern und Unregelmäßigkeiten (OSCE 21.3.2016).
Ende April 2016 kam es zu zahlreichenden Demonstrationen in ganz Kasachstan, die sich gegen eine geplante Landreform richteten, welche von den Gegnern als Ausverkauf kasachischen Bodens vor allem an ausländische Investoren, die nun Landtitel statt 10 Jahre 25 Jahre pachten können, aufgefasst wurde. In mehreren Städten sollen jeweils zwischen 1.000 und 2.000 Personen teilgenommen haben (BBC 28.4.2016). Als Reaktion suspendierte die Regierung die Änderungen des Landrechts (ODF 20.5.2016), nachdem Präsident Nasarbajew am 5.5.2016 sein Veto bis zur "weiteren Klarstellung" eingelegt hatte. Am selben Tag entließ Nasarbajew den Wirtschaftsminister, dessen Stellvertreter sowie den Landwirtschaftsminister, weil sie es verabsäumt hätten, der Bevölkerung die diesbezügliche Regierungspolitik zu erklären (JF 16.5.2016).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt (3.2016a): Kasachstan, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kasachstan/Innenpolitik_node.html , Zugriff 8.6.2016
- BBC.news (28.4.2016): Kazakhstan's land reform protests explained, http://www.bbc.com/news/world-asia-36163103 , Zugriff 16.6.2016
- BTI - Bertelsmann Stiftung: BTI 2016; Kazakhstan Country Report, 2016,
http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Kazakhstan.pdf , Zugriff 8.6.2016
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2016a): Kasachstan, Geschichte, Staat und Politik, http://liportal.giz.de/kasachstan/geschichte-staat/ , Zugriff 8.6.2016
- IFES – International Foundation for Electoral Systems (2016a):
Election Guide: Republic of Kazakhstan, Election for President, http://www.electionguide.org/elections/id/2612/ , Zugriff 8.6.2016
- IFES – International Foundation for Electoral Systems (2016b):
Election Guide: Republic of Kazakhstan, Election for Parliament, http://www.electionguide.org/elections/id/2904/ , Zugriff 8.6.2016
- JF – Jamestown Foundation (16.5.2016): Land Protests Testify to Kazakhstan’s Internal Vulnerability, http://www.jamestown.org/single/?tx_ttnews [swords]=8fd5893941d69d0be3f378576261ae3etx_ttnews[any_of_the_words]=Kazakhstantx_ttnews[tt_news]=45439tx_ttnews[backPid]=7cHash=bee042a2ea97e86cfe3b17a219da5347 - .V1_QkE_ot9A#.V2KbiE_ot9A, Zugriff 16.6.2016
- ODF – Open Dialog Foundation (20.5.2016): Mass arrests and threats on the eve of rallies of 21th May: We urge to prevent recurrence of Zhanaozen tragedy,
http://en.odfoundation.eu/a/7528 ,mass-arrests-and-threats-on-the-eve-of-rallies-of-21th-may-we-urge-to-prevent-recurrence-of-zhanaozen-tragedy, Zugriff 16.6.2016
- OSCE – Organization for Security and Co-operation in Europe (21.3.2016): Republic of Kazakhstan - Early Parliamentary Elections, 20 March 2016; Statement of Preliminary Findings and Conclusions, http://www.osce.org/odihr/elections/kazakhstan/229101?download=true , Zugriff 8.6.2016
2. Rechtsschutz/Justizwesen
Die Justiz wird von der Exekutive eingeschränkt. Überdies dominiert generell der Staatspräsident die Justiz (USDOS 13.4.2016, vgl. BTI 2016). Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofes und jene der lokalen Gerichte sowie die Mitglieder des Obersten Justizrates. Zwar sieht die Verfassung die Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit des Gerichtswesens vor, doch in der Praxis ist sie der Exekutive dienlich und schützt die Interessen der herrschenden Eliten (FH 12.4.2016).
Nach wie vor kommen Korruption und politische Intervention im Rechtsbereich vor. Im Strafverfahren werden häufig Verfahrensregeln verletzt. Reformanstöße von innen und außen werden zögernd angenommen und umgesetzt (AA 3 .2016a).
Obgleich es den Gerichten obliegt, Haftbefehle zu bewilligen oder zu verweigern, werden solche auf Antrag der Staatsanwaltschaft in der überwiegenden Mehrheit der Fälle ausgestellt. Die Staatsanwälte haben die Macht, Untersuchungen und Festnahmen zu autorisieren (USDOS 13.4.2016).
Das Anti-Folter-Komitee (CAT) der Vereinten Nationen befand im November 2015, dass es immer noch eine mangelnde Ausgewogenheit zwischen der Rolle des Staatsanwaltes, der Verteidigung und der Richter gäbe. Die dominante Rolle des Staatsanwaltes im Gerichtsverfahren besteht weiterhin ebenso wie der Mangel der gerichtlichen Kontrolle der Handlungen der Staatsanwälte. Denn die Richter sind infolge ihrer Abhängigkeit von der Regierung allzu sehr den Staatsanwälten untergeben. So können Verteidiger weiterhin keine Beweise sammeln und vorlegen (OMTC 25.2.2016).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt (3.2016a): Kasachstan, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kasachstan/Innenpolitik_node.html , Zugriff 9.6.2016
- BTI - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016; Kazakhstan Country Report, 2016,
http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Kazakhstan.pdf , Zugriff 9.6.2016
- FH - Freedom House (12.4.2016): Nations in Transit 2016 - Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/325004/464791_de.html , Zugriff 9.6.2016
- OMCT World Organisation Against Torture, IPHR; Koalitsiya Protiv Pytok (25.2.2016): Follow-up to the United Nations Committee Against Torture's Concluding Observations on Kazakhstan, (veröffentlicht von OMCT),
http://www.omct.org/monitoring-protection-mechanisms/reports-and-publications/kazakhstan/2016/02/d23634/ , Zugriff 9.6.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/322535/462012_de.html , Zugriff 9.6.2015
3. Sicherheitsbehörden
Die Zentralregierung hält das Gewaltmonopol inne. Das Nationale Sicherheitskomitee (KNB) ist weiterhin die Hauptinstitution, die für die nationale Sicherheit verantwortlich ist und eng mit dem Innenministerium zusammenarbeitet. Dem KNB steht mit Nurtay Abykaev ein enger Vertrauter des Präsidenten vor (BTI 2016).
Das kasachische Innenministerium beaufsichtigt die Polizei, die vor allem für die nationale Sicherheit verantwortlich ist. Weiters gibt es die Agentur für Wirtschaftsverbrechen und Korruption (Finanzpolizei) und das erwähnte KNB. Das KNB spielt eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung der Gesetze, bei der Grenzsicherheit, der inneren Sicherheit, bei Anti-Terror-Maßnahmen und bei der Ermittlung und dem Verbot von illegalen oder nicht registrierten Gruppen, wie z. B. extremistische, militaristische, politische, religiöse Gruppierungen und Gewerkschaften. Das KNB, Syrbar (Auslandsgeheimdienst), die Agentur für die Angelegenheiten des Öffentlichen Dienstes und Anti-Korruption berichten dem Präsidenten direkt (USDOS 13.4.2016).
Korruption unter den Gesetzesvollzugsorganen ist weit verbreitet. Personen, die verhaftet, festgehalten oder beschuldigt werden, ein Verbrechen begangen zu haben, haben von Anfang an das Recht auf einen Anwalt. Seit 1.1.2016 ist die Polizei gesetzlich verpflichtet, die Verhafteten über ihre Rechte aufzuklären. Weiters erlaubt das Gesetz der Polizei, einen Gefangenen bis zu 72 Stunden vor der Anklage festzuhalten. Menschenrechtsbeobachter kritisieren diese Zeitperiode als zu lange und sie sind der Meinung, dass diese Zeit genutzt wird, um Druck auszuüben und ein Geständnis zu erpressen. Anwälte berichten über bestehende Probleme mit willkürlichen Verhaftungen (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
- BTI - Bertelsmann Stiftung: BTI 2016; Kazakhstan Country Report, 2016,
http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Kazakhstan.pdf , Zugriff 9.6.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/322535/462012_de.html , Zugriff 9.6.2015
4. Folter und unmenschliche Behandlung
Das Gesetz verbietet Folter; dennoch existieren Berichte, dass Häftlinge von Polizei- und Strafvollzugsbeamten gefoltert und missbraucht worden wären; meistens um Geständnisse zu erzwingen (USDOS 13.4.2016). Straffreiheit für Folter und andere Formen der Misshandlung werden größtenteils nicht in Frage gestellt (AI 24.2.2016).
Das neue Strafgesetzbuch und das Strafverfahrensrecht beinhalten positive Zusätze. Hierzu gehört die Bestimmung, dass Foltervorwürfe als Straftat automatisch registriert und untersucht werden sollten, und zwar von einer anderen Behörde als jener, welcher der Tatbeschuldigte angehört. Die Verjährungsfrist für Folterfälle wurde abgeschafft und jene, die wegen Folter angeklagt oder verurteilt wurden, wurden von möglichen Amnestien ausgenommen. Die Höchststrafe für Foltervergehen wurde auf zwölf Jahre heraufgesetzt. Rechtsanwälte berichten jedoch, dass zwar die Registrierung von Folteranschuldigungen und Misshandlungen erfolgt, aber eine angemessene Untersuchung immer noch ausbleibt (AI 24.2.2016).
2014 trat der Nationale Präventionsmechanismus gegen Folter (NPM) in Kraft. Manche Beobachter meinen, dass es dem NPM an ausreichend qualifizierten und ausgebildeten Personal mangelt. Der NPM ist Teil der Ombudsmannstelle und somit kein von der Regierung unabhängiges Organ (USDOS 13.4.2016).
2014 erreichten 96 Beschwerden und Einsprüche in Bezug auf Folter und grausame Behandlung die Ombudsmannstelle. 73 Beschwerden betrafen Fälle des Strafvollzuges, wobei hiervon 35 im Rahmen der NPM-Tätigkeiten kundig wurden. Laut Ombudsmann hat sich seit der Unterzeichnung des Zusatzprotokolls zur Anti-Folterkonvention im Jahr 2008 die Zahl der Beschwerden, Untersuchungen und Verurteilungen von Gesetzesvollzugsorganen vervielfacht. 2008 sind lediglich drei Untersuchungen initiiert worden und ein Polizeibeamter verurteilt worden. 2013 waren es 35 Untersuchungen und 31 Verurteilungen (HRC 2015a). Amnesty International berichtet hingegen, dass zwischen 1.1.2015 und 30.11.2015 119 Beschwerden wegen Folter registriert und 465 Fälle abgeschlossen wurden. Elf Fälle kamen vor Gericht und fünf Personen wurden schuldig gesprochen, von denen eine Person eine Gefängnisstrafe erhielt. Diese Zahlen zeigten nicht das tatsächliche Ausmaß des Problems, da viele Opfer zu viel Angst hätten, eine Beschwerde einzulegen (AI 24.2.2016).
Am 25.2.2016 präsentierten die Weltorganisation gegen Folter (OMTC) und kasachische Menschenrechtsorganisationen ein Follow-Up zu den Schlussfolgerungen des UN-Anti-Folter-Komitees (CAT). Demgemäß wurden die Empfehlungen des CAT hinsichtlich der wirksamen Untersuchung von Foltervorwürfen nicht erfüllt: Gesetze und politische Maßnahmen hinsichtlich des staatlichen Schutzes von Menschenrechten und der Folterprävention würden weiterhin nicht konsistent in die Praxis umgesetzt. Die meisten Foltervorwürfe und jene von Misshandlungen würden für vorläufige Untersuchungen jenen Abteilungen übertragen, in denen die Beschuldigten arbeiten. Eine umfassende sowie aufgeschlüsselte Datensammlung von Beschwerden, Untersuchungen, Strafverfolgungen und Verurteilungen durch die Gesetzesvollzugsorgane, das Sicherheits- und Gefängnispersonal fehlen weiterhin (OMCT 25.2.2016).
Quellen:
- AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights – Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/319824/459020_de.html , Zugriff 9.6.2016
- HRC - Human Rights Commissioner in the Republic of Kazakhstan (2015a): REPORT on the activities of the Human Rights Commissioner in the Republic of Kazakhstan in 2014, http://www.ombudsman.kz/upload/file/otchet_2014_en.pdf , Zugriff 9.6.2016
- OMCT World Organisation Against Torture, IPHR; Koalitsiya Protiv Pytok (25.2.2016): Follow-up to the United Nations Committee Against Torture's Concluding Observations on Kazakhstan, (veröffentlicht von OMCT),
http://www.omct.org/monitoring-protection-mechanisms/reports-and-publications/kazakhstan/2016/02/d23634/ , Zugriff 9.6.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/322535/462012_de.html , Zugriff 9.6.2016
5. Korruption
Korruption ist allgemein verbreitet und reicht in alle Bereiche der Regierung hinein (BTI 2016). Nach wie vor kommen Korruption und politische Interventionen im Rechtsbereich vor (AA 3 .2016a, vgl. BTI 2016).
Korruption ist in der Exekutive, in verschiedenen Strafverfolgungsbehörden, in lokalen öffentlichen Verwaltungen, im Bildungssystem und in der Justiz verbreitet. Das Innenministerium, das Komitee für nationale Sicherheit (KNB) und die Disziplinarkommission für den Staatsdienst sind für die Bekämpfung der Korruption verantwortlich. Das Gesetz sieht Strafen für Korruption bei Beamten vor, jedoch hat die Regierung das Gesetz nicht effektiv implementiert, und Beamte wenden häufig ungestraft korrupte Praktiken an. Die Generalstaatsanwaltschaft vermeldete hingegen für die ersten zehn Monate des Jahres 2015, das über 1.000 Beamte wegen Korruptionstatbeständen verurteilt wurden und in über 3.000 Fällen Untersuchungen eingeleitet wurden. Das neue Strafrecht hat die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Sanktionierung von Straftaten in Verbindung mit Korruption verschärft, u.a. lebenslange Sperre für den Öffentlichen Dienst und das Streichen von Verjährungsfristen (USDOS 13.4.2016).
Im Corruption Perceptions Index 2014 von Transparency International lag Kasachstan auf Platz 126 von 175 bewerteten Ländern (TI 2014). 2015 befand sich das Land praktisch unverändert auf Rang 123 von 168 Ländern (TI 2015).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt (3.2016a): Kasachstan, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kasachstan/Innenpolitik_node.html , Zugriff 9.6.2016
- BTI - Bertelsmann Stiftung: BTI 2016; Kazakhstan Country Report, 2016,
http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Kazakhstan.pdf , Zugriff 9.6.2016
- TI - Transparency International (2015): Corruption Perceptions Index 2014, https://www.transparency.org/country/#KAZ , Zugriff 9.6.2016
- TI - Transparency International (2014): Corruption Perceptions Index 2014, http://www.transparency.org/cpi2014/results , Zugriff 9.6.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/322535/462012_de.html , Zugriff 9.6.2016
6. Haftbedingungen
Laut offiziellen Angaben befanden sich mit 1.1.2016 39.179 Personen in Haft, was einer Quote von 221 pro 100.000 Einwohner entspricht [vgl. Österrich: 97]. 14,5% befanden sich in Untersuchungshaft. Die Häftlingszahlen sind rückläufig. Offiziell waren 2014 49.821 und 2012 52.338 Menschen inhaftiert (ICPS o.D.)
Die Haftbedingungen sind rau und manchmal lebensbedrohlich. Die Einrichtungen entsprechen nicht den internationalen Gesundheitsstandards. Gesundheitliche Probleme werden in vielen Fällen nicht behandelt, oder die Haftbedingungen verschärfen diese noch. In den Gefängnissen sind die sanitären und hygienischen Bedingungen unbefriedigend. Es herrscht Knappheit bei der medizinischen Versorgung, sowohl was Medikamente als auch Personal anlangt. Außerdem besteht ein weitverbreiteter Mangel an Heizung und Ventilation. (13.4.2016, vgl. HRC 2015b).
Misshandlungen passieren in Polizeigefängnissen, Untersuchungshaftanstalten und gewöhnlichen Haftanstalten. Die Verbindung zur Außenwelt, wie etwa zur Familie, ist ebenso eingeschränkt wie der Informationsfluss über Häftlingsrechte. Verbesserungen haben sich durch das geänderte Strafrecht ergeben, dass Alternativstrafen, wie Geldbußen und Sozialarbeit, für nicht gewaltbezogene Delikte vorsieht. 2015 wurden derartige Alternativstrafen vermehrt angewandt (USDOS 13.4.2016).
Neben der Ausweitung von Bewährungsstrafen kommen auch elektronische Fesseln vermehrt zur Anwendung. Letzteres gilt für drei Kategorien von Verurteilten: jene, die zu einer Begrenzung der Freiheit oder bedingt verurteilt wurden, bzw. jene, die auf Bewährung freikommen. Offiziell werden die Maßnahmen als Teil der Humanisierung des Strafrechts, aber auch als Mittel zur Reduzierung der Häftlingszahlen und damit verbunden zur Kostenersparnis betrachtet (AT 13.1.2015).
Quellen:
- AT – The Astana Times (13.1.2015): Kazakhstan Increases Use of Electronic Bracelet Monitoring Rather Than Prison, http://astanatimes.com/2015/01/kazakhstan-increases-use-electronic-bracelet-monitoring-rather-prison/ , Zugriff 14.6.2016
- HRC - Human Rights Commissioner in the Republic of Kazakhstan (2015): Consolidated Report on the activities of the Human Rights Commissioner in the Republic of Kazakhstan in 2014, http://www.ombudsman.kz/upload/file/cons_doclad_2014_en.pdf , Zugriff 14.6.2016
- ICPS - International Centre for Prison Studies (13.1.2016): World Prison Brief – Kazakhstan,
http://www.prisonstudies.org/country/kazakhstan , Zugriff 14.6.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/322535/462012_de.html , Zugriff 14.6.2016
7. Frauen/Kinder
Knapp 52% der Bevölkerung Kasachstans sind Frauen. Ihre Stellung in politischen und wirtschaftlichen Führungspositionen ist zwar keineswegs dominant und im sozialen Leben und auf der Einkommensskala nicht gleichberechtigt, doch vor allem im Vergleich mit anderen Staaten der Region relativ gut. Das drücken auch die verschiedenen internationalen Gender Indizes aus. Kasachstan hat eine Reihe internationaler Gender Equality Vereinbarungen unterzeichnet (GIZ 3.2016b).
Auf dem Gender Gap Index des World Economic Forum nahm Kasachstan 2015 Rang 47 von 145 Ländern ein. Überdurchschnittlich war das Abschneiden bei den Subkategorien: "economic participation and opportunity" (mit Ausnahme der Komponente Einkommen, wo lediglich Rang 89 erreicht wurde), "educational attainment" und "health and survival". Unterdurchschnittlich rangierte Kasachstan hinsichtlich der politischen Position von Frauen. Infolge der unterdurchschnittlichen Repräsentanz in politischen Vertretungs- und Regierungsorganen gab es hier bloß Platz 78 (WEF 2016).
Das Europäische Parlament hieß in der Resolution zur Implementierung der EU-Zentralasien Strategie die kasachische Strategie zur Geschlechtergleichstellung willkommen, bedauerte jedoch gleichzeitig die mangelnde Vertretung von Frauen in den kasachischen staatlichen Entscheidungsorganen trotz der gesetzlich festgelegten 30-Prozent-Quote (EP 13.4.2016).
Gewalt gegen Frauen, einschließlich häuslicher Gewalt, stellt ein Problem dar. Das Gesetz über häusliche Gewalt kennt zahlreiche Arten von häuslicher Gewalt, wie physische, psychologische, sexuelle, und ökonomische und beinhaltet die Zuständigkeiten der lokalen und nationalen Regierungen sowie der NGOs bei der Bereitstellung von Unterstützung für Opfer von häuslicher Gewalt. Für häusliche Gewalt können bis zu zehn Jahre Haft verhängt werden. Vergewaltigung ist strafbar, das Strafmaß beträgt zwischen drei und fünfzehn Jahren Haft; Vergewaltigung in der Ehe ist hier ebenfalls inkludiert. Nach dem Gesetz kann ein Anwalt, ohne erschwerte Umstände wie z. B. Gruppenvergewaltigung, keinen Vergewaltigungsfall eröffnen, außer es wird Anzeige erstattet. Sobald aber eine Anzeige erstattet ist, muss die Kriminalpolizei ermitteln, auch wenn das Opfer widerruft oder eine Zusammenarbeit ablehnt. Sexuelle Belästigung bleibt ein Problem, da das Gesetz nur bestimmte Formen verbietet. Rechts- und Genderexperten sehen die Gesetzeslage als unzureichend. Es gibt Berichte über Vorfälle von sexueller Belästigung, aber weder hat das Opfer Schutz durch das Gesetz gefunden, noch gab es Berichte von Strafverfolgungen. Die Polizei greift in Familiendispute nur dann ein, wenn sie glaubt, dass der Missbrauch lebensgefährlich ist. Jede regionale Polizeikommandantur verfügt über einen Spezialisten zu Genderfragen, die in der Regel eine Frau ist. Nachdem 2014 Änderungen am Gesetz zur Prävention von häuslicher Gewalt vorgenommen wurden, öffnete die Regierung Schutzeinrichtungen für Opfer häuslicher Gewalt in Regionen, wo diese noch nicht bestanden hatten. Infolgedessen wurden im Jahr 2014 3.500 Frauen an Krisenzentren verwiesen, um dort rechtliche und psychologische Unterstützung zu erhalten. Laut Innenministerium bestehen 28 Krisenzentren (USDOS 13.4.2016).
Es gibt Berichte von Kindesmissbrauch. NGOs schätzen, dass mehr als die Hälfte aller Kinder unter 14 Jahren zumindest einmal körperlichen oder psychischen Missbrauch durch einen Erwachsenen erfuhr. Missbrauch ist in ländlichen Regionen häufiger anzutreffen. Minderjährige ab 16 Jahren haben das Recht, sich direkt mit einem Ansuchen an das Gericht zu wenden. 2014 gab es 46 strafrechtliche Untersuchungen gegen Eltern oder Betreuer wegen Kindesmissbrauchs. 4.000 Eltern wurden verwaltungsrechtlich belangt, weil sie ihren elterlichen Pflichten nicht nachkamen, wovon 900 ihres Erziehungsrechtes verlustig gingen (USDOS 13.4.2016).
Das UN-Kinderrechtskomitee zeigte sich im Oktober 2015 hinsichtlich der Gewalt gegen Kinder besorgt, wonach es Berichten zufolge noch immer zu Vorfällen von Folter und Misshandlungen von Kindern in Polizeigewahrsam sowie Pflegeeinrichtungen komme. Zwar lobte das Komitee einige positive Gesetzesänderungen, doch es zeigte sich besorgt, dass die Gesetzgebung es verabsäumte, ausdrücklich körperliche Züchtigung zu verbieten. Besorgnis äußerte das Komitee auch hinsichtlich Vorfälle von Gewalt gegen Kinder durch Lehrer mit schwerwiegenden Folgen inklusive des Todes eines Kindes. Weiters gibt es Berichte von steigenden Zahlen von Fällen sexuellen Missbrauches von Kindern und dem Mangel an Schutzeinrichtung für Kindesopfer sexueller Gewalt und Missbrauchs (CRC 2.10.2015).
Das rechtliche Mindestalter für eine Ehe beträgt 18, mit der Möglichkeit einer Senkung auf 16 Jahre im Falle einer Schwangerschaft oder des gegenseitigen Einvernehmens. Die NGO "League of Women of Creative Initiative" geht von 2.000 bis 3.000 Zwangsehen bzw. Ehen von Minderjährigen jährlich aus (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
- CRC - UN Committee on the Rights of the Child (2.10.2015):
Concluding observations on the fourth periodic report of Kazakhstan [CRC/C/KAZ/CO/4],
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1444381667_crc-c-kaz-co-4-21927-e.doc , Zugriff 15.6.2016
- EP – European Parliament (13.4.2016): Implementation and review of the EU-Central Asia Strategy, European Parliament resolution of 13 April 2016 on implementation and review of the EU-Central Asia Strategy (2015/2220(INI)) [P8_TA-PROV(2016)0121], http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML TA P8-TA-2016-0121 0 DOC PDF V0//EN, Zugriff 15.6.2016
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2016b): Kasachstan, Gesellschaft, http://liportal.giz.de/kasachstan/gesellschaft/ , Zugriff 15.6.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/322535/462012_de.html , Zugriff 15.6.2016
- WEF – World Economic Forum (2016): Kazakhstan – Gender Gap Index 2015, Country Score Card,
http://reports.weforum.org/global-gender-gap-report-2015/economies/#economy=KAZ , Zugriff 15.6.2016
8. Bewegungsfreiheit
Das Gesetz garantiert die innere Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Rückwanderung. Trotz einiger Einschränkungen respektiert die Regierung diese Rechte. Emigration ist allerdings durch das Gesetz über nationale Sicherheit eingeschränkt. Geheimnisträger dürfen fünf Jahre nach dem Ausscheiden aus dem Dienst das Land nicht verlassen. Die Regierung verlangt anlässlich der Auswanderung ein permanentes Ausreisevisum, für welches die Überprüfung des Strafregisters und der Kreditwürdigkeit von Nöten ist. Die Regierung kooperiert mit dem Flüchtlingshochkommissariat und anderen humanitären Organisationen, um Binnenflüchtlingen, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu gewähren (USDOS 16.6.2016).
Im Dezember 2013 unterzeichnete der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew ein neues Gesetz zur Vereinfachung der Erteilung von Arbeitsgenehmigungen an ausländische Wanderarbeiter. Die flexibleren Regelungen stehen im Gegensatz zu den zunehmend strengeren arbeitsrechtlichen Bestimmungen in anderen eurasischen Ländern. Eine Verbesserung der internationalen Migration gehört zu den langfristigen Prioritäten der von der Regierung im letzten Jahr beschlossen nationalen Entwicklungsstrategie "Kasachstan 2050" (JF 17.1.2014)
Quellen:
- JF - Jamestown Foundation (17.1.2014): Kazakhstan Adopts New Policy Toward Foreign Migrants; Eurasia Daily Monitor Volume: 11 Issue: 10, , Zugriff 16.6.2016
- USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/322535/462012_de.html , Zugriff 16.6.2016
9. Grundversorgung/Wirtschaft
2014 wurde die Führung des Landes offenbar von geringeren Wachstumsraten als in den Vorjahren überrascht. 2013 hatte das BIP ca. 232 Mrd. US-Dollar betragen, das BIP-Wachstum lag bei 6%; 2014 waren es 212 Mrd. US-Dollar und 4,3%. Im Februar 2014 musste der Tenge um fast 20% abgewertet werden. Die Verschiebung bei der Aufnahme der Erdölförderung in Kaschagan zeigte Auswirkungen, vor allem aber bereitet die schwächelnde russische Wirtschaft bei der engen Verknüpfung beider Ökonomien Probleme. Bei der mangelnden Diversifizierung der Wirtschaft hat Kasachstan darüber hinaus wenige Einflussmöglichkeiten. Der global immer weiter sinkende Ölpreis macht die wirtschaftliche Situation immer schwieriger. Ende 2015 hatte der Tenge einen um mehr als 50% geringeren Wert als zu Beginn des Jahres. Die Führung des Landes reagiert mit verschiedenen Antikrisenmaßnahmen. U.a. kündigte der Präsident die Privatisierung diverser großer in staatlicher Hand verbliebener Unternehmen an, was in der Bevölkerung Besorgnis ausgelöst hat. Beobachter halten vor allem auch eine effektive Bekämpfung der weit verbreiteten Korruption für notwendig (GIZ 3.2016c).
Die Wertminderung der Landeswährung hat zu einer Diskussion über den Grad der Ungleichheit zwischen den Reichsten und Ärmsten geführt, was zu substantiellen sozialen Brüchen führen könnte. Die beiden ärmsten Regionen sind Mangistau und Süd-Kasachstan. Kasachstan liegt weltweit auf Platz 16, was die Zahl der Millionäre anbelangt. Obwohl nur 3-4% unter der nationalen Armutsschwelle leben – 2001 waren es noch 47%, lauern die soziale Exklusion und Marginalisierung. Was gegen mögliche Proteste infolge der sozialen Ungleichheit spricht, ist die Existenz einer Mittelschicht, die laut einer Studie aus dem Jahr 2014 41% der Bevölkerung umfasst. Das Durchschnittseinkommen entspricht jenem Russlands und liegt weit höher als in den meisten anderen post-sowjetischen Ländern (BTI 2016).
Die Reallöhne sind 2013 das zweite Jahr in Folge gesunken. Sowohl Unzufriedenheit mit der eigenen sozialen Lage als auch mit von der Regierung geplanten Reformen wirkt aber nur auf sehr wenige Menschen aktivierend. Anfang Februar 2014 hat die Freigabe des Tenge-Kurses und die darauffolgende Entwertung zu Protesten geführt, was ein Durchgreifen der Sicherheitskräfte provozierte. Die aktuelle Wirtschaftskrise und die damit verbundene Entwertung des Tenge verschärfen die sozioökonomische Lage großer Teile der Bevölkerung. Bislang tragen aber nur verzweifelte Hypothekenschuldner ihren Protest auf die Straße, die Masse der Kasachstaner ist noch ruhig.
Der Anteil der nach internationaler Definition Armen erscheint gering, doch erfordert das Überleben in so teuren Städten wie Almaty und Astana weit mehr als 2 US-Dollar pro Tag. Besonders von Armut betroffen sind häufig Rentner, daneben Arbeitslose und ländliche Zuwanderer. Im Juni 2013 wurde nach kontroversen Diskussionen eine Reform des Rentensystems beschlossen, deren wichtigste Neuerungen die Anhebung des Rentenalters der Frauen von 58 auf 63 Jahre und die Einführung eines eigenen Rentenfonds sind. Die Durchschnittsrente betrug 2011 knapp 180 US-Dollar (das Durchschnittsarbeitseinkommen 2012 663 US-Dollar). Die Arbeitslosenquote lag im Oktober 2014 offiziell bei 5%, inoffizielle Zahlen nennen 15-20% (GIZ 3.2016b).
Es gibt ein System von finanziellen Unterstützungen und Leistungen. Die finanziellen Beihilfen werden von der öffentlichen Hand an alle bedürftigen Bürger ausgeschüttet, die Leistungen werden von der Sozialversicherung nur an Beitragszahler ausbezahlt. Die Sozialversicherung ist verpflichtend für Arbeitnehmer und Selbständige (IOM 5.2014).
Der sog. monatliche Berechnungsindex (MCI) dient der Berechnung von Pensionen, Beihilfen und anderen Sozialleistungen. 2016 betrug mit Stand 5.1.2016 der MCI 2.121 KZT [das sind 5,59 € mit Stand 16.6.2016). Das Mindestgehalt betrug 2016 22.859 KZT, die Mindestpension 25.824 sowie die Mindeststufe für die Berechnung der Basis für die Sozialbeihilfe 22.859 KZT (e.gov 5.1.2016).
Die Unterstützungszahlungen im Falle der Schwangerschaft und der Kindsgeburt werden als Einmalbeträge gewährt, während das Kindergeld monatlich bis zum Alter von einem Jahr ausgezahlt wird. Die monatliche Kinderbeihilfe bis zu einem Jahr berechnet sich nach dem monatlichen Durchschnittseinkommen der letzten 24 Monate multipliziert mit 0,4 minus 10% Pensionsbeitrag. Die Kinderbeihilfe darf nicht 40% des zehnfachen Mindestlohnes übersteigen. Anlässlich der Kindsgeburt wird für das erste bis dritte Kind das Dreißigfache des MCI-Wertes ausbezahlt (64.080 KZT mit Stand 26.2.2016), für das vierte und weitere 50mal der MCI-Wert. Das zusätzliche Monatsgeld bis zum Alter von einem Jahr beträgt für das erste Kind 5,5mal der MCI, für das zweite 6,6mal der MCI, für das dritte 7,7mal der MCI und für jedes weiter Kind 8,5mal der MCI (e.gov 26.2.2016).
Das Arbeitslosengeld richtet sich nach dem vormaligen Einkommen der letzten 24 Monate multipliziert mit einer Einkommensersatzrate. Die Bezugszeit hängt von der Länge der Beschäftigungszeit ab. Der Ersatzratenfaktor beträgt 0.3. Die Bezugsdauer ist 0,7 bei 11 Monaten Beschäftigung und steigert sich in Stufen bis zu 1,0 bei fünfjähriger Arbeitsdauer (US-SSA 2014).
Quellen:
- BTI - Bertelsmann Stiftung: BTI 2016; Kazakhstan Country Report, 2016,
http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Kazakhstan.pdf , Zugriff 16.6.2016
- E.gov (26.2.2016): Maternity leave, http://egov.kz/wps/portal/Content?contentPath=/egovcontent/social/fam_support/article/ui_decretlang=en , Zugriff 16.6.2016
- E.gov (5.1.2016): Minimum calculated indexes, http://egov.kz/wps/portal/Content?contentPath=/egovcontent/tax_finance/taxation/article/article_mci_2012lang=en , Zugriff 16.6.2016
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2016c): Kasachstan, Wirtschaft und Entwicklung, http://liportal.giz.de/kasachstan/wirtschaft-entwicklung/ , Zugriff 16.6.2016
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2016b): Kasachstan, Gesellschaft, http://liportal.giz.de/kasachstan/gesellschaft/ , Zugriff 18.2.2015
- IOM - International Organization for Migration (5.2014): Country Fact Sheet Kasachstan,
http://iomvienna.at/sites/default/files/IOM 2014_CFS Kazakhstan.pdf, Zugriff 16.6.2016
- US-SSA – Social Security Administration, Office of Retirement and Disability Policy (2014): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2014 – Kazakhstan, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2014-2015/asia/kazakhstan.html , Zugriff 16.6.2016
10. Medizinische Versorgung
Die ärztliche und zahnärztliche Versorgung in Kasachstan entspricht nicht europäischen Verhältnissen. In Astana, in allen Stadtbezirken Almatys und in den größeren Städten Kasachstans existieren Polikliniken. Die Ausstattung der Apotheken in Kasachstan entspricht nicht europäischem Standard, jedoch sind in der Regel ausreichend Medikamente zur Behandlung unkomplizierter Krankheiten vorhanden (AA 14.6.2016).
Die Reform des Gesundheitswesen wurde und wird mit vielerlei Programmen vorangetrieben, während sich das zuständige Ministerium zufrieden mit den Ergebnissen zeigt, sind es die Betroffenen offenbar weniger. Nach Angaben der WHO wurden 2013 nur 4,3% des BIP für den Gesundheitssektor aufgewendet. Ein Überblick zeigt, dass der Gesundheitszustand der Bürger Kasachstans zu wünschen übrig lässt. Die relativ hohe TB-Rate der neunziger Jahre hat sich zwar verbessert, ist aber immer noch vergleichsweise hoch. Nur eine Grundsicherung auf niedrigem Niveau ist kostenfrei, die notwendige Zuzahlung für viele Untersuchungen, plus die häufig geforderten "inoffiziellen" Zahlungen schließen einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung, gerade Rentner, von der medizinischen Betreuung aus. Wer viel zahlen kann, wird bestens und auf höchstem Niveau behandelt. Das Versorgungsangebot ist auch sehr ungleichmäßig, wie überall in den Städten besser als auf dem Land, manche Gebiete Kasachstans sind aber auch sehr viel schlechter versorgt als andere. Dies wird sogar in einem mehrjährigem Unterschied beispielsweise der Lebenserwartung der Bevölkerung sichtbar: im Gebiet Nord-Kasachstan betrug sie 2010 66,3 Jahre, in der Stadt Astana 73,2. Für eine zahlungskräftige ausländische Klientel von Medizintouristen ist Kasachstan dagegen sogar ein Anziehungspunkt geworden. Die Bezahlung des im öffentlichen Sektor beschäftigten medizinischen Personals ist sehr niedrig, was sich auf die Reputation der Gesundheitsberufe und manchmal auch das Engagement auswirkt (GIZ 3.2016b).
1996 wurde das System der verpflichtenden Krankenversicherung eingeführt, das auf zwei Pfeilern ruhte: dem Basisleistungspaket und dem garantierten Leistungspaket. Das garantierte Leistungspaket umfasst Notversorgung, Transfusionen und Überweisung in Spezialkliniken bzw. zu Programmen für übertragbare Krankheiten. Das Basisleistungspaket umfasst ambulante und stationäre Leistungen. Anfang 2000 wurde ein Nationales Programm für Gesundheitsreform und Entwicklung 2005-2010 angekündigt, welches das staatliche Garantierte Leistungspaket einführte, das vom Staat getragen wird und ambulante, stationäre und Notfallversorgung umfasst. Für nicht umfasste Leistungen müssen Patienten selbst bezahlen oder eine freiwillige oder berufliche etc. Zusatzversicherung abschließen. Auch Medikamente bedürfen der Zuzahlung, außer man wird stationär behandelt. Deshalb versuchen Patienten in Kasachstan wenn möglich stationär aufgenommen zu werden (IOM 5.2014).
Während der 1990er-Jahre nahm die Zahl der Spitäler in Kasachstan, vor allem in ländlichen Gegenden, um mehr als die Hälfte ab. In den 2000er-Jahren stieg sie wieder leicht auf 10.041 (2009), was 756 Betten pro 100.000 Einwohner entspricht. 2010 kamen 870 Krankenschwestern, 403 Ärzte, 77 Apotheker, 10 Zahnärzte und 42 Hebammen auf 100.000 Einwohner (IOM 5.2014).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt (15.6.2016): Kasachstan: Reise- und Sicherheitshinweise,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/KasachstanSicherheit_node.html , Zugriff 15.6.2016
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2016b): Kasachstan, Gesellschaft, http://liportal.giz.de/kasachstan/gesellschaft/ , Zugriff 14.6.2016
- IOM - International Organization for Migration (5.2014): Country Fact Sheet Kasachstan
- WHO – World Health Organization (2016): Tuberculosis/Country Work/Kazakhstan,
http://www.euro.who.int/en/health-topics/communicable-diseases/tuberculosis/country-work/kazakhstan , Zugriff 15.6.2016
11. Behandlung nach Rückkehr / Migration
Die Lage der Zuwanderer ist prekär, sowohl der kasachischen, die auf der Suche nach Arbeit und besseren Lebensbedingungen vom Land in die Städte kommen und dort auf Wohnungsprobleme stoßen und nur wenig Geld mit wenig qualifizierten Tätigkeiten verdienen, als auch der Arbeitsmigranten aus den benachbarten zentralasiatischen Republiken, deren Status und soziale Lage noch problematischer sind (GIZ 3.2016b).
Ein Programm, das darauf zugeschnitten war, die Kasachische Diaspora durch großzügige Beihilfen ins Land zurückzuholen wird nun zurückgefahren. Seit der Unabhängigkeit 1991 verfolgte die Regierung die Politik, ethnische Kasachen, die in der Sowjetära in andere Länder gingen, zurück zu holen um damit die Anzahl der ethnischen Kasachen in Kasachstan zu erhöhen. 700.000 Nachfahren von Emigranten kehrten so zurück. Die Rückkehrenden, "Oralman" genannt, konnten finanzielle Hilfe und nach drei Monaten den Kasachischen Pass erhalten. 2011 wurde das "Oralman Programm" suspendiert. Nun ist die Staatsbürgerschaft erst nach vier Jahren möglich. Laut offiziellen Angaben können statt der finanziellen Beihilfen nun Kredite beantragt werden, ebenso wie ein Stück Land, das kostenfrei zur Verfügung stehe bis man es nach dem Erhalt der Staatsbürgerschaft erwerben kann. Durch die hohe Anzahl und die damit verbundenen sozialen Probleme wuchsen in der ansässigen Bevölkerung Vorurteile und negative Einstellungen gegenüber den "Oralman" (IWPR 14.2.2014).
Neben der Zuteilung von Mittel zwecks Landerwerbs und der Auszahlung von Pauschalbeträgen werden den Oralman laut offiziellen Angaben u. a. folgende Unterstützungsleistungen gewährt: Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche, weiterführende Ausbildungslehrgänge, Aufschub bei der Absolvierung des Wehrdienstes, Pensions- und Unterstützungszahlungen, medizinische Leistungen, zoll- und steuerfreier Transfer von Gütern, inklusive Viehbeständen, bei der Übersiedlung nach Kasachstan sowie Quotenplätze in Einrichtungen der mittleren und höheren Berufsbildung (e.gov 11.9.2015).
Quellen:
- e.Government [Kazakhstan] (11.9.2015): Oralmans (repatriants) status and rights,
http://egov.kz/wps/portal/Content?contentPath=/egovcontent/citizen_migration/citizenship_of_rk/article/oralmans_rights_conditions&lang=en , Zugriff 14.6.2016
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2016b): Kasachstan, Gesellschaft, http://liportal.giz.de/kasachstan/gesellschaft/ , Zugriff 14.6.2016
- IOM - International Organization for Migration (5.2014): Country Fact Sheet Kasachstan
- IWPR Institute for War and Peace Reporting (14.2.2014):
Kazakstan's Returning Diaspora Finds Door Less Open, http://www.refworld.org/topic ,50ffbce526e,50ffbce5286,52fe15724,0,,,.html; Zugriff 14.6.2016.
2. Beweiswürdigung:
Zu den Personen der beschwerdeführenden Parteien:
2.1. Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität der beschwerdeführenden Parteien 1) – 4) nicht festgestellt werden.
Die Daten der Antragstellung und der Verfahrenslauf ergeben sich aus den Akteninhalten.
2.2. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zu den Familienverhältnissen, zu den Wohnverhältnissen, zu Schul- und Ausbildungen sowie zur Berufstätigkeit und zu den in Kasachstan verbliebenen Familienangehörigen beruhen auf den diesbezüglich gleichbleibenden Angaben der beschwerdeführenden Parteien im Laufe des Verfahrens, die der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt werden.
Die Feststellungen zu den Deutschkursen, -kenntnissen, zur Stellenzusage und dem Volksschulbesuch der beschwerdeführenden Partei 3) beruhen auf den Angaben der beschwerdeführenden Parteien im Verfahren und der Vorlage jener Stellenzusage. Die Feststellungen zum Bezug aus der Grundversorgung und der strafgerichtlichen Unbescholtenheit basieren auf Auszügen aus den jeweiligen Registern.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand insbesondere die beschwerdeführende Partei 1) und 5) betreffend beruhen auf den diesbezüglich vorgelegten Unterlagen, die die Angaben der beschwerdeführenden Parteien unterstützen. Über die in Kasachstan erfolgte Behandlung der beschwerdeführenden Partei 5) berichteten die beschwerdeführenden Parteien 1) und 2) im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Dass die sonstigen beschwerdeführenden Parteien gesund sind, gaben sie im Laufe des Verfahrens so an.
Zum fluchtauslösenden Vorbringen:
2.3. Eine aktuelle Bedrohung aufgrund des Aufdeckens eines Korruptionsfalles und Weitergabe dieser Informationen an eine Mitarbeiterin des KNB konnten die beschwerdeführenden Parteien nicht glaubhaft machen.
Auslösendes Moment einer angeblichen Bedrohung durch ihren ehemaligen Vorgesetzten und ein daraus resultierendes fingiertes Strafverfahren soll die Informationsweitergabe über einen angeblichen Korruptionsfall in der Behörde der beschwerdeführenden Partei 1) an eine externe Mitarbeiterin des KNB gewesen sein.
Doch gerade diese Bekanntschaft mit einer KNB Mitarbeiterin aus dem Kindergarten ihrer Tochter, namens " XXXX " (in der Folge "ZZZ"), ohne Nachnamen, ohne relevante Kenntnis über deren Rolle und Tätigkeitsbereich, ohne klare Angaben für die Gründe einer Informationsweitergabe, bleibt zu vage und lebensfern, um glaubhaft zu sein.
In der mündlichen Verhandlung meinte die beschwerdeführende Partei
1) dazu wörtlich:
" [ ] R: Wie haben Sie die Dame vom KNB kennengelernt?
BF1: Wir haben uns im Kindergarten kennengelernt. Unsere Töchter haben denselben Kindergarten besucht. Ich wusste zuerst gar nicht, wo sie arbeitet. Wir waren eine Zeitlang in Kontakt und dann hat sie mir gesagt, wo sie arbeitet.
R: Wie hieß sie denn?
BF1: ZZZ. Ich kann mich nicht mehr an ihren Familiennamen erinnern. Wir haben uns immer mit Vornamen angesprochen.
R: Was war ZZZ Job beim KNB?
BF1: Genau kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich glaube, dass sie auch Hauptmann war.
R: Können Sie mir Näheres über Frau ZZZ erzählen?
BF1: Ich glaube, dass sie Hauptmann war. Aber es ist viel Zeit vergangen. Ich habe ihr nur einmal eine schriftliche Erklärung geschrieben.
R: Warum geben Sie Frau ZZZ eine schriftliche Erklärung über den Vorfall?
BF1: Sie hat mir gesagt, wo sie arbeitet und hat gesagt, dass sie mir helfen kann, wenn ich Probleme mit der Leitung habe.
R: Wieso haben Sie geglaubt, dass sie das kann?
BF1: Weil der KNB die stärkste Organisation ist, so wie früher der KGB.
R: Aber Sie sagten, Sie wollten zu jemandem gehen, der hierarchisch nicht so hochstehend war.
BF1: Bei uns ist es nicht üblich, dass ein einfacher Mitarbeiter sich gleich an den Leiter wendet. Ich wusste auch, dass der Leiter vom KNB gute Kontakte zu meinem Leiter hat und ich dachte, dass er mir nicht helfen wird.
R: Sie plaudern interne Informationen an eine etwas vage beschriebene externe Person aus. Können Sie mir besser erklären, warum?
BF1: Sie hat mir ihre Dokumente gezeigt. Ich habe ein Kind zur Welt gebracht und habe Vieles vergessen, auch ihren Namen.
R: Was hat Sie dazu motiviert, einer externen Person etwas von dem Vorfall zu erzählen?
BF1: Ich habe schon gesagt, dass ich aufgrund des Umfanges der Gesetzesverletzungen gewusst habe, dass der Leiter etwas davon wissen musste. Das war meine Rückversicherung. Sie hat mir auch Schutz versprochen.
R: Was wollte Frau ZZZ genau machen?
BF1: Sie hat mich gebeten, die aufgedeckten Gesetzesverletzungen schriftlich darzulegen, wie in einem Bericht. Und zwar an ihren Leiter gerichtet.
R: Wieso hat sie Sie darum gebeten?
BF1: Wahrscheinlich musste sie solche Gesetzesverletzungen aufdecken.
R: Sie haben nicht gefragt, warum?
BF1: Sie hat gesagt, dass das für ihre Vorgesetzten ist.
R: Wie haben Sie geglaubt, dass sie Sie schützen kann?
BF1: Ich habe schon gesagt, dass der KNB eine sehr mächtige Organisation ist. Er kann alles machen. [ ]"
Wie sich auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergeben hat, kann die beschwerdeführende Partei 1) ausführlich und mit offensichtlicher Kompetenz über ihre eigene Organisation und Tätigkeit sprechen und spart dabei nicht an Details und Informationen, was sich zB gut an ihrer Schilderung der Zolldeklarationen, Warencodes und diesbezüglichen Verfahren zeigt. Nach jener ZZZ gefragt, bleibt sie dann oberflächlich und ausweichend, verweist auf Stress wegen ihrer Kinder und ähnliches, um ihre wenigen Angaben zu dieser Frau zu erklären, der sie immerhin die Unterlagen, die einen großangelegten Korruptionsfall aufdecken sollten, anvertraut haben will, gerade weil ihr eigener Chef in diesem Fall verwickelt gewesen sein soll. Eine Frau mit ihrer Ausbildung und langjährigen Berufserfahrung, die sich offensichtlich weitreichende Kompetenzen im Rahmen ihrer langjährigen Tätigkeit beim Zollamt angeeignet hat, ist diese Schwammigkeit in Bezug auf eine Zufallsbekanntschaft mit einer KNB Mitarbeiterin, die jedoch in den Korruptionsfall miteinbezogen worden sein soll, ausgesprochen ungewöhnlich.
Gerade in der mündlichen Verhandlung schilderte die beschwerdeführende Partei 1), es habe in ihrem Büro einen Vertreter des KNB gegeben; es sei den Mitarbeiter_innen frei gestanden, mit Meldungen entweder zum Departmentleiter und/oder auch zu jenem Vertreter des KNB zu gehen. Sie sei nicht zu diesem gegangen, weil er mit dem Departmentleiter befreundet gewesen sei. Zum einen merkt die erkennende Richterin an, dass die beschwerdeführende Partei 1) befragt über das normale/gewöhnliche hierarchische Verfahren einer Meldung in der internen Abteilung tatsächlich sehr zögerlich und unkonkret bleibt. Aus dem Verhandlungsprotokoll:
" [ ]R: Wenn Ihnen eine Rechtsverletzung aufgefallen ist, was war dann der Dienstweg? Was mussten Sie dann machen?
BF1: Ich musste das dem Leiter melden und einem Mitarbeiter vom KNB schriftlich einen Bericht vorlegen.
R: Wenn Ihnen also etwas aufgefallen ist, hatten Sie zwei Wege:
einmal zum Dienststellenleiter und einmal zum KNB. Korrekt?
BF1: Ja.
R: Wieso mussten Sie dem KNB berichten?
BF1: Ich habe vorher eine Mitarbeiterin des KNB kennengelernt und sie hat mich darum gebeten, ihr etwaige Gesetzesverletzungen zu melden.
R: Aber wie ist das normale Verfahren, das normale Vorgehen bei einer Unregelmäßigkeit? Das interessiert mich im Moment.
BF1: Ich sollte ein Dienstverfahren einleiten, einen Dienstakt anlegen und zum Leiter bringen.
R: Wer war der Leiter?
BF1: XXXXXX.
R: Verstehe ich Sie richtig, eine Weitergabe eines Berichtes an den KNB ist nicht Teil des normalen Verfahrens?
BF1: Bei uns im Department arbeitet auch ein Mitarbeiter vom KNB.
R wiederholt die Frage.
BF1: Bei uns arbeitet jemand vom KNB und man kann sich auch an ihn wenden, man kann über alle Probleme berichten.
R: Schreiben Sie einen Bericht an den Herrn XXXXX oder gehen Sie zum KNB?
BF1: Ich hätte zum Dienstleiter gehen sollen.
R: Wie kamen Sie dann auf die Idee, dem KNB Informationen weiterzuleiten?
BF1: Sie hat mir Hilfe dafür versprochen, sie hat gesagt, dass sie mir bei meiner Karriere behilflich sein kann.
R: Das kam Ihnen nicht komisch vor?
BF1: Bei uns ist das üblich. Viele Mitarbeiter arbeiten mit dem KNB zusammen.[ ]"
Zum anderen wird damit eine bereits dem System inhärente Verquickung des KNB mit der Zollbehörde erzählt, die es aber gerade noch weniger nachvollziehbar macht, dass die beschwerdeführende Partei 1) trotz ihrer Bildung, ihrer Ausbildung und ihrer langjährigen Berufserfahrung im öffentlichen Dienst angeblich keinerlei Interesse an den Tag gelegt haben will, an wen sie nun wirklich interne Informationen über einen großangelegten Korruptionsfall weitergeben würde, welche Position und Rolle jene Frau ZZZ im KNB inne gehabt haben will, welche Aufgaben sie wahrgenommen haben soll, wer ihr Vorgesetzter gewesen sein soll und auch wie sie der beschwerdeführenden Partei 1) konkret helfen können würde. Wenn einerseits sehr wohl eine Sensibilität darüber zu Tage tritt, dass ein KNB Mitglied innerhalb des Zollamtes aus verschiedenen Gründen (Rang, Netzwerk, etc) gerade eben nicht als vertrauenswürdig angesehen werden kann, bleibt unklar, warum keine Kenntnis über die Person der ZZZ erlangt werden soll, um herauszufinden, wie deren Position und Situation ist und inwiefern diese vertrauenswürdig sein soll. Diese Vertrauenswürdigkeit klärte die beschwerdeführende Partei 1) nach ihrem Vorbringen wohl gar nicht ab, was für sie, als langjährige Mitarbeiterin im öffentlichen Dienst und in Kenntnis der Verwicklungen, tatsächlich nicht nachvollziehbar ist.
Darüber hinaus trifft die beschwerdeführende Partei 1) in ihrer Einvernahme und in der Verhandlung auch unterschiedliche Einschätzungen zu jener ZZZ: in der Einvernahme bei der Behörde meinte sie noch:
" [ ] LA: Warum haben Sie geglaubt, dass die Frau vom KNB Ihnen helfen kann?
VP: Sie hat mir am Anfang gesagt, dass sie mich in allen Bereichen helfen kann. Sie könnte mich auch bei meiner Karriere unterstützen, denn der KNB ist eine besonders mächtige Organisation. Ich rief sie dann von Uzhgorod noch einmal an, weil ich glaubte, dass sie mir helfen konnte, aber sie sagte nur, diese Strafsache wurde eingeleitet, entschuldige bitte aber ich kann dir da nicht mehr helfen. Es hat sich also herausgestellt, dass sie nur eine kleine unbedeutende Mitarbeiterin des KNB war. [ ]"
In der mündlichen Verhandlung sagte sie dazu:
R: Sie haben vorher erzählt, dass bei Ihnen im Büro auch ein KNB-Mitarbeiter war, an den man sich hätte wenden können. Wieso haben Sie das nicht gemacht?
BF1: Er war sozusagen der Helfer unseres Leiters und er saß in unmittelbarer Nähe des Leiters, sein Zimmer war gleich neben dem des Leiters. Deswegen wollte ich nicht zu ihm gehen, ich war ja nur eine einfache Mitarbeiterin. Er stand ja wesentlich höher in der Hierarchie als ich. Deswegen habe ich das jemandem erzählt, der ziemlich gleich hoch in der Hierarchie steht. [ ]
R: Aber Sie sagten, Sie wollten zu jemandem gehen, der hierarchisch nicht so hochstehend war.
BF1: Bei uns ist es nicht üblich, dass ein einfacher Mitarbeiter sich gleich an den Leiter wendet. Ich wusste auch, dass der Leiter vom KNB gute Kontakte zu meinem Leiter hat und ich dachte, dass er mir nicht helfen wird. [ ]"
Damit schildert die beschwerdeführende Partei 1) ihre eigene Einschätzung von ZZZ doch etwas unterschiedlich; einmal sei jener ZZZ vertraut worden, weil sie doch eine Mitarbeiterin der mächtigsten Organisation des Landes gewesen sei; erst später sei man draufgekommen, dass es sich nur um eine kleine – unbedeutende – Mitarbeiterin gehandelt habe. In der Verhandlung wird jedoch die Berichterstattung an ZZZ – im Gegensatz zum KNB Mitarbeiter im Zollamts selbst – auch als eine Entscheidung dahingehend beschrieben, dass man sich eben eher an jemanden auf der gleichen hierarchischen Stufe wenden würde. Während diese Angaben keinen direkten Widerspruch darstellen, wird die Person der ZZZ dennoch als in der Wahrnehmung der beschwerdeführenden Partei 1) unterschiedlich dargestellt – als jemand, der bei der Karriere helfen und effektiven Schutz bieten können würde, dann als eine "kleine" Mitarbeiterin, mit der es sich aufgrund der gleichen Stufe in der Struktur besser habe reden lassen. Wieso aber dann die beschwerdeführende Partei 1) im Rahmen ihrer Schilderung in der mündlichen Verhandlung gedacht haben kann, von jener ZZZ geschützt zu werden, muss gänzlich unklar bleiben.
Dieses Vorbringen wird auch dadurch nicht unterstützt, dass die beschwerdeführende Partei 1) keinen Kontakt mehr zu ZZZ herstellen kann, um zB von dieser eine – auch informelle, in Briefform erscheinende – Bestätigung ihrer Beteiligung oder nur ihrer Existenz für das Verfahren zu erhalten. Dass die beschwerdeführende Partei 1) sich so leicht von der Nummer getrennt haben will, ist bedauerlich und weist nicht darauf hin, dass ZZZ eine tatsächlich so wesentliche Rolle in den Geschehnissen vor ihrer Ausreise gespielt haben kann.
Die nunmehr vorgelegte angebliche Ladung der beschwerdeführenden Partei 1) kann ihr Vorbringen leider auch nicht unterstützen: Nach der Übersetzung aus dem Russischen geht daraus hervor, dass die beschwerdeführende Partei 1) am 18.11.2016 um 14.00 Uhr in einer näher genannten Polizeiabteilung "wegen der Sie betreffenden Frage" zu erscheinen habe. Das Erscheinen sei verpflichtend.
Die beschwerdeführende Partei 1) gab im Laufe der Verhandlung an, es seien letztes Jahr und dieses Jahr im März noch Ladungen an ihre Schwester geschickt geworden. Sie wurde noch in der Verhandlung aufgefordert, ihre Schwester zu kontaktieren, ob vielleicht ein Foto der Ladungen geschickt werden könne. Nach einer WhatsApp Nachricht noch vom Zeitpunkt der Verhandlung antwortete die Schwester der beschwerdeführenden Partei 1) auf die Frage, ob sie die Ladungen schriftlich schicken könne und sie aufbewahrt habe, mit "nein". Aus dem Verhandlungsprotokoll:
"[ ] Zwischenzeitlich hat die Schwester der BF 1 geantwortet: D übersetzt: BF1 hat geschrieben: "Hallo, kannst du die Ladung schriftlich schicken, hast du sie aufbewahrt?" Die Schwester antwortet: "Nein". [ ]"
Dass also nunmehr doch kommentarlos eine Ladung vorgelegt wird, und zwar offenbar jene aus dem letzten Jahr, korrespondiert nicht mit den Angaben der Schwester, die Ladung nicht schicken zu können bzw. sie nicht aufbewahrt zu haben. Darüber hinaus geht aus diesem Dokument, das als "Ladung" übertitelt ist, nicht hervor, weshalb die beschwerdeführende Partei 1) zu jenem Termin hätte erscheinen sollen; der Vermerk auf eine "Sie betreffende Frage" erscheint ungewöhnlich und sehr vage. Im Ergebnis kann diese Unterlage daher nicht bestätigen, dass gegen die beschwerdeführende Partei 1) ein (fingiertes?) Untersuchungsverfahren eingeleitet worden wäre.
Im Ergebnis bleibt das Vorbringen einer Bekanntschaft mit ZZZ und der sich dann angeblich ergeben habenden Weitergabe von internen Informationen an diese unplausibel, lebensfern und daher nicht glaubhaft. In weiterer Folge kann auch eine angeblich deswegen fingierte Strafverfolgung nicht geglaubt werden. Diese Zweifel, die sich aus dem Vorbringen bereits in Zusammenhang mit ZZZ und den daran geknüpften Drohungen ergeben, werfen auch Zweifel auf das Faktum, ob die beschwerdeführende Partei überhaupt in die Interne Abteilung im Zollamt versetzt wurde, weshalb dazu auch keine Feststellung getroffen werden kann. Der beschwerdeführenden Partei
1) gelingt es daher nicht, ihr angeblich fluchtauslösendes Vorbringen einer drohenden Verfolgung wegen der Aufdeckung eines Korruptionsfalles und daran geknüpfter Konsequenzen glaubhaft zu machen.
Fluchtrelevante Feststellungen zu den beschwerdeführenden Parteien
2) – 5) erfolgten nicht, weil sich diese ausschließlich auf die Gründe der beschwerdeführenden Partei 1) beriefen.
2.4. Die Feststellungen zu 1.3. beruhen auf den getroffenen Feststellungen zur Lebenssituation der beschwerdeführenden Parteien in Kasachstan, die diese selbst so vorgebracht haben, und auf den entsprechenden Länderinformationen. Insbesondere betreffend die medizinische Versorgung der beschwerdeführenden Partei 5) ist dazu anzumerken, dass diese nach Angaben der beschwerdeführenden Parteien eine ausreichende medizinische Versorgung in Kasachstan in Anspruch nehmen konnte. Ein mangelnder Zugang zu Therapien oder Medikamenten oder diesbezüglich drohende finanzielle Probleme wurden weder von den beschwerdeführenden Parteien noch in der Beschwerde vorgebracht.
2.5. Die Feststellung zu 1.4. basiert auf den Angaben der beschwerdeführenden Parteien über ihr Leben in Österreich und die diesbezüglich vorgelegten Unterlagen. Zur Interessensabwägung siehe die rechtliche Beurteilung weiter unten.
2.6. Das Bundesverwaltungsgericht stützt seine Beurteilung der gegenständlichen Beschwerden auf aktuelle Länderinformationen zur Situation in Kasachstan, die oben unter 1.5. soweit relevant wiedergegeben sind. Sie wurden den beschwerdeführenden Parteien in der Verhandlung mitgegeben; eine schriftliche Stellungnahme langte zu diesen nicht ein.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur Abweisung der Anträge auf Zuerkennung von Asyl:
Rechtsgrundlagen:
3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Flüchtling im Sinne der Bestimmung ist demnach, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
3.1.2. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH, 05.08.2015, Ra 2015/18/0024 und auch VwGH, 12.11.2014, Ra 2014/20/0069). Für eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (vgl. VwGH, 26.02.1997, Zl. 95/01/0454), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH, 18.04.1996, Zl. 95/20/0239), sondern erfordert eine Prognose. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt.
3.1.3. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat zurechenbar sein (vgl. VwGH, 18.02.1999, Zl. 98/20/0468). Einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung kommt Asylrelevanz dann zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. unter vielen anderen mwN VwGH, 20.05.2015, Ra 2015/20/0030 und 08.09.2015, Ra 2015/18/0010).
Anwendung der Rechtsgrundlagen auf die gegenständliche Beschwerde:
3.1.4. Wie bereits in den Feststellungen und in der Beweiswürdigung ausgeführt geht das Bundesverwaltungsgericht nicht davon aus, dass die beschwerdeführenden Parteien in Kasachstan von staatlicher Seite wegen einer Informationsweitergabe durch die beschwerdeführende Partei 1) über einen Korruptionsfall in der Zollbehörde an eine externe Mitarbeiterin des KNB durch eine fingierten Strafverfolgung bedroht wurde bzw. bedroht sein würde. Daher muss die Frage, ob eine solche drohende Verfolgung einen der in der GFK abschließend aufgezählten Gründe für eine Asylzuerkennung überhaupt erfüllt, nicht geprüft werden.
3.1.5. Sonstige Hinweise darauf, im Falle der Rückkehr nach Kasachstan einer aktuellen und maßgeblichen Verfolgung im Sinne der GFK zu unterliegen, wurden nicht vorgebracht und ergeben sich nicht aus den Länderinformationen.
3.1.6. Mangels Bestehen einer aktuellen maßgeblich wahrscheinlichen Verfolgungsgefahr aus einem der Gründe, die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention aufgezählt sind, sind daher die Beschwerden zu Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abzuweisen.
3.2. Zur Abweisung des Antrags auf Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten:
Rechtsgrundlagen:
3.2.1. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist gemäß § 8 Abs. 2 AsylG mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden.
3.2.2. Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention betreffen die Abschaffung der Todesstrafe.
3.2.3. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Herkunftsstaat des Antragstellers.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum vormaligen § 57 FrG - welche in wesentlichen Teilen auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu übertragen sein wird - ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, dass eine konkrete, den Fremden betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).
Anwendung der Rechtsgrundlagen auf die gegenständliche Beschwerde:
3.2.4. Wie bereits oben ausgeführt wurde, haben die beschwerdeführenden Parteien keine sie konkret drohende aktuelle, an asylrelevante Merkmale iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität bzw. keine für eine aktuell drohende unmenschliche Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe vorgebracht, und es kann daher nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass den beschwerdeführenden Parteien in Kasachstan eine konkret und gezielt gegen ihre Personen gerichtete Verfolgung maßgeblicher Intensität droht.
3.2.5. Dass den beschwerdeführenden Parteien im Falle einer Rückkehr nach Kasachstan die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059, zur dargestellten "Schwelle" des Art. 3 EMRK), kann im Beschwerdefall nicht angenommen werden, wobei dies auch nicht vorgebracht wurde.
Die beschwerdeführenden Parteien konnten sich in Kasachstan bereits vor ihrer Ausreise ein ausreichendes Auskommen durch ihre Arbeit sichern. Die beschwerdeführende Partei 1) verfügt über einen Hochschulabschluss; die ersten beiden beschwerdeführenden Parteien haben Berufserfahrung in Kasachstan. Sie verfügen noch über ein Haus und eine Eigentumswohnung in der Heimat sowie über Verwandte, mit denen sie in Kontakt stehen und die ihnen auch bei einer Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt behilflich sein könnten.
Es ergeben sich damit aus den Angaben der beschwerdeführenden Parteien in Zusammenschau mit den relevanten Länderberichten keine Hinweise darauf, dass sie im Falle einer Rückkehr nicht in der Lage sein würden, sich zumindest einen notdürftigen Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde, liegt jedenfalls nicht vor.
In Bezug auf die medizinischen und therapeutischen Erfordernisse betreffend die beschwerdeführende Partei 1) und vor allem auch 5) ist zu sagen, dass diese im Laufe des Verfahrens einen fehlenden oder mangelnden oder schwierigen Zugang zu Therapien und Medikamenten in Kasachstan nie vorgebracht haben. Aus den Angaben der beschwerdeführenden Parteien im Verfahren und auch in der Beschwerde geht hervor, dass vor der Ausreise medizinische Versorgung für die beschwerdeführende Partei 5) ausreichend in Anspruch genommen werden konnte. Dass dies im Falle einer Rückkehr nicht mehr möglich sein würde, wurde nicht vorgebracht. Weiter wurde nicht vorgebracht, dass die Schilddrüsenmedikation für die beschwerdeführende Partei 1) nicht erlangt werden könnte. Während aus den Länderinformationen hervor geht, dass der Zugang zu medizinischer Versorgung in Kasachstan offenbar (auch) damit zusammen hängt, wieviel privat bezahlt werden kann, so ergeben sich aus den Angaben der beschwerdeführenden Parteien keine Hinweise darauf, dass Zugang zu notwendigen Therapien für diese nicht möglich sein soll.
3.2.6. Es sind weiters keine Umstände amtsbekannt, dass in Kasachstan aktuell eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, ist die Situation in Kasachstan auch nicht dergestalt, dass eine Rückkehr der beschwerdeführenden Parteien für diese als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde; in Kasachstan ist aktuell eine Zivilperson nicht alleine aufgrund ihrer Anwesenheit einer solchen Bedrohung ausgesetzt.
3.2.7. Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann daher ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden und sind daher die Beschwerden hinsichtlich Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 abzuweisen.
3.3. Zur Rückkehrentscheidung bzw. zu den Spruchpunkten III. und IV. der angefochtenen Bescheide:
Rechtsgrundlagen:
3.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
3.3.2. Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet soweit wesentlich:
"(1) [ ]
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn [ ]
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, [ ]
und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige. [ ]
(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei."
3.3.3. Gemäß § 58 Abs. 1 Z. 2 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist:
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen: die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen.
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).
Der Begriff des "Familienlebens" besteht unabhängig vom nationalen Recht (EGMR, Marckx/Belgien, 13. Juni 1979, Serie A Nr. 31 , §§ 31 und 69). Folglich gilt, dass die Frage, ob ein "Familienleben" besteht, im Wesentlichen eine Frage der Tatsachen ist und von den tatsächlich bestehenden engen familiären Bindungen abhängt (K./Vereinigtes Königreich, Nr. 11468/85, Kommissionsentscheidung vom 15. Oktober 1986, DR 50). Der Begriff "Familie" in Artikel 8 bezieht sich nicht allein auf eheliche Verbindungen, sondern kann auch andere de facto "Familienbande" mitumfassen, wenn die Parteien außerhalb einer Ehe zusammenleben (EGMR, Johnston und andere/Irland, 18. Dezember 1986, Serie A Nr. 112, § 56).
Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (EGMR, Maslov/Österreich, 23.06.2008, 1638/03, RN 63). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration der Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu. Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration ist erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [ ] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua. mwH).
Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).
Anwendung dieser Rechtsgrundlagen auf den gegenständlichen Fall:
3.3.4. Weder haben die beschwerdeführenden Parteien das Vorliegen eines der Gründe für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.
3.3.5. Zur Interessensabwägung nach Art. 8 EMRK bzw. § 9 BFA-VG:
Die beschwerdeführenden Parteien halten sich seit mittlerweile knapp zwei Jahren und drei Monaten durchgehend in Österreich auf, wobei sich dieser Aufenthalt nur auf ein Asylverfahren stützt. An der Dauer dieses Verfahrens trifft die beschwerdeführenden Parteien keine Schuld.
Die beschwerdeführenden Parteien 1) und 2) lernten bereits etwas Deutsch; die beschwerdeführende Partei 3) wurde 2016 eingeschult. Die beschwerdeführenden Parteien beziehen Leistungen aus der Grundversorgung und sind strafgerichtlich unbescholten. Außerdem liegt für die beschwerdeführende Partei 2) eine Stellenzusage als Bauhelfer vor.
Hinsichtlich der beschwerdeführenden Parteien 1) und 2) steht diesen Integrationsbemühungen eine Hauptsozialisation in Kasachstan gegenüber, wo sie geboren und aufgewachsen sind, ihre Schul- und Ausbildungen absolvierten, gearbeitet haben und über Familienangehörige verfügen. Ihre beginnenden Deutschkenntnisse und auch sicherlich mittlerweile etablierten privaten, freundschaftlichen Beziehungen zu Personen in ihrem Umfeld können dieser langjährigen sozialen und privaten Verwurzelung in Kasachstan nichts entgegen setzen. Daran vermag auch die Stellenzusage nichts zu ändern: Der VwGH bringt zum Ausdruck, dass einer etwaige Einstellungs- oder Arbeitsplatzzusage eines Asylwerbers, der lediglich eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz und über keine Arbeitserlaubnis verfügt, keine wesentliche Bedeutung zukommt (VwGH 22.2.2011, 2010/18/0323 mit Hinweis auf 15.9.2010, 2007/18/0612 und 29.6.2010, 2010/18/0195 mwN). Im Lichte der nach wie vor daher relativ kurzen Aufenthaltsdauer in Österreich und der über das Erwähnte nicht hinausgehenden privaten Verwurzelung in Österreich kann die Stellenzusage alleine keine entscheidende Verstärkung der privaten Interessen an einem Verbleib in Österreich bewirken, weshalb in einer Gesamtabwägung derzeit die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne eines geordneten Fremdenwesens, die privaten Interessen der beschwerdeführenden Parteien 1) und 2) am Verbleib im Bundesgebiet überwiegen.
Soweit, wie im vorliegenden Fall, Kinder von der Rückkehrentscheidung betroffen sind, sind nach der Judikatur des EGMR die Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen (vgl. EGMR, Jeunesse/Niederlande, 03.10.2014, 12738/10, § 109 mwN). Maßgebliche Bedeutung hat der EGMR dabei den Fragen beigemessen, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter ("adaptable age"; vgl. dazu die Urteile des EGMR, Darren Omoregie und andere/Norwegen, 31.07.2008, 265/07, § 66, Onur/das Vereinigte Königreich, 17.02.2009, 27319/07, § 60, und vom Omojudi/das Vereinigte Königreich, 24.11.2009, 1820/08, § 46) befinden (vgl. VwGH 21.04.2011, 2011/01/0132). Dabei ist zusätzlich zu beachten, dass den minderjährigen beschwerdeführenden Parteien der objektiv unrechtmäßige Aufenthalt subjektiv nicht im gleichen Ausmaß wie ihren Eltern zugerechnet werden kann (vgl. VfGH 07.10.2014, U 2459/2012 ua.).
Die beschwerdeführenden Parteien 3) (ca. sieben Jahre und acht Monate) und 5 (ca. fünf Jahre und fünf Monate) sind in Kasachstan geboren und sprechen die Sprache ihrer Heimat. Die beschwerdeführende Partei 3) war in Kasachstan allerdings noch nicht in der Schule. Die beschwerdeführende Partei 4) ist ca. eineinhalb Jahre alt und in Österreich geboren. Gerade die beschwerdeführende Partei 3) wird im Rahmen ihres Kindergarten- und Volksschulbesuchs sicher bereits Freundschaften geschlossen haben. Für sie muss jedoch angenommen werden, dass sie sich noch in einem anpassungsfähigen Alter, das in der Rechtsprechung der Höchstgerichte zwischen sieben und elf Jahren angenommen wird (vgl. VfGH 07.10.2014, U 2459/2012 ua., sowie VwGH 19.09.2012, 2012/22/0143 ua.), befindet, sodass ihr die Anpassung an jene Lebensverhältnisse, in denen sie vor ihrer Ausreise jeweils auch gelebt hat, bei einer Rückkehr im Verbund mit ihrer gesamten Kernfamilie und auch angesichts der in Kasachstan noch lebenden weiteren Verwandten zugemutet werden kann. Das gleiche muss jedenfalls für die fünfjähige beschwerdeführende Partei 5) gelten, während die Sozialisation der beschwerdeführenden Partei 4) eben erst begonnen hat und noch nicht als dermaßen fortgeschritten angesehen werden kann, als dass sie nicht auch in ihrem Herkunftsstaat fortgesetzt werden könnte, zumal sie im Heimatland weiter in der Obsorge ihrer Eltern sein wird. Dass die minderjährigen beschwerdeführenden Parteien auch bereits in Österreich Bindungen aufgebaut haben können und eine Rückkehr nach Kasachstan für sie eine Umstellung darstellen wird, wird nicht verkannt. Dennoch muss insbesondere in Hinblick auf ihr Alter, aber auch in Hinblick auf die insgesamt nicht außergewöhnlich lange Aufenthaltsdauer in Österreich davon ausgegangen werden, dass sie von einer Rückkehrentscheidung nicht entsprechend unverhältnismäßig in ihrem Recht auf Achtung von Privatleben getroffen sein werden.
In der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK ist auch der Gesundheitszustand von beschwerdeführenden Parteien zu berücksichtigen (vgl. diesbezüglich etwa EGMR, Bensaid/Vereinigtes Königreich, 6.2.2001, 44599/98, § 46f). Der Notwendigkeit der Behandlung einer Erkrankung (nur) in Österreich kann auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK im Sinne einer hierdurch bewirkten Verstärkung des Interesses an einem Verbleib im Bundesgebiet Bedeutung zukommen (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 5. Juli 2011, Zl. 2008/21/0282, mwN, vom 29.02.2012, 2010/21/0310 und vom 28.04.2015, Ra 2014/18/0146). Die diesbezügliche Rechtsprechung des VwGH verwies in weiterer Folge auf die EGMR Judikatur zu N./Vereinigtes Königreich (EGMR, 19.02.2009, 26565/05), wobei nunmehr die Kriterien des Erkenntnisses des EGMR zu Paposhvili/Belgien (siehe oben unter 3.2.6.) heranzuziehen sein werden. Während bei einer Beurteilung der Auswirkung einer Krankheit bzw. einer Behandlungsnotwendigkeit in Österreich auf die privaten Interessen einer Betroffenen nicht die gleiche Eingriffsintensität wie nach Art. 3 EMRK gefordert ist, sind die Prüfungsparameter der Rechtsprechung des EGMR nunmehr nach Paposhvili/Belgien entsprechend mutatis mutandis mitzubedenken. Diese Leitlinien gegenständlich mitbedenkend ist zu sagen, dass seitens der beschwerdeführenden Parteien nicht vorgebracht wurde, dass bestimmte Therapien nur in Österreich fortgesetzt werden könnten. Im Gegenteil, wurde gerade die medizinische Versorgung insbesondere der beschwerdeführenden Partei 5) in Kasachstan mehrfach bestätigt. Der Gesundheitszustand der beschwerdeführenden Parteien 1) und 5) kann daher am Ergebnis der Art. 8 EMRK-Prüfung nichts ändern.
Es überwiegen daher in einer Gesamtbetrachtung der Aufenthaltsdauer, der starken Wurzeln der ersten beiden beschwerdeführenden Parteien in der Heimat, der demgegenüber nicht ausgesprochen entwickelten sozialen und wirtschaftlichen Verwurzelung in Österreich sowie des anpassungsfähigen Alters der minderjährigen Kinder derzeit die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne eines geordneten Fremdenwesens, die privaten Interessen der beschwerdeführenden Partei am Verbleib im Bundesgebiet.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der beschwerdeführenden Parteien im Bundesgebiet ihre persönlichen Interessen am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordneten Rückkehrentscheidungen eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall Rückkehrentscheidungen auf Dauer unzulässig wären.
Die Erlassung der Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung der beschwerdeführenden Parteien in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar.
3.3.6. Die Voraussetzungen des § 10 AsylG 2005 wie auch des § 52 Abs. 2 Z 2 FPG liegen vor.
3.3.7. Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in einen bestimmten Staat zulässig ist. Das Vorliegen von Sachverhalten nach § 50 Abs. 1 FPG wurde mit dieser Entscheidung zu oben unter 3.2., genauso wie das Vorliegen von Sachverhalten nach § 50 Abs. 2 FPG – siehe oben unter 3.1. -, verneint. Der Abschiebung steht auch keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegen (§ 50 Abs. 3 FPG).
Die Abschiebung der beschwerdeführenden Parteien nach Kasachstan ist daher zulässig.
3.3.8. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Besondere Umstände, die gegen die in § 55 Abs. 2 FPG vorgesehen Frist sprechen würden, wurden von den beschwerdeführenden Parteien nicht behauptet und sind auch im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen sind. Die Frist ist daher zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.
Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Rückkehrentscheidungen und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, sind die Beschwerden gegen die Spruchpunkt III. und IV. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 9 iVm § 50 und § 55 FPG als unbegründet abzuweisen.
Es ist daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
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