BVwG W139 2141722-1

BVwGW139 2141722-115.12.2016

BVergG 2006 §12 Abs1 Z2
BVergG 2006 §141 Abs5
BVergG 2006 §2 Z8
BVergG 2006 §291
BVergG 2006 §292 Abs1
BVergG 2006 §3 Abs1 Z2
BVergG 2006 §312 Abs2
BVergG 2006 §318 Abs1
BVergG 2006 §320 Abs1
BVergG 2006 §321 Abs1
BVergG 2006 §328 Abs1
BVergG 2006 §328 Abs2
BVergG 2006 §328 Abs3
BVergG 2006 §328 Abs4
BVergG 2006 §329 Abs1
BVergG 2006 §329 Abs3
BVergG 2006 §329 Abs4
BVergG 2006 §6
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
BVergG 2006 §12 Abs1 Z2
BVergG 2006 §141 Abs5
BVergG 2006 §2 Z8
BVergG 2006 §291
BVergG 2006 §292 Abs1
BVergG 2006 §3 Abs1 Z2
BVergG 2006 §312 Abs2
BVergG 2006 §318 Abs1
BVergG 2006 §320 Abs1
BVergG 2006 §321 Abs1
BVergG 2006 §328 Abs1
BVergG 2006 §328 Abs2
BVergG 2006 §328 Abs3
BVergG 2006 §328 Abs4
BVergG 2006 §329 Abs1
BVergG 2006 §329 Abs3
BVergG 2006 §329 Abs4
BVergG 2006 §6
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W139.2141722.1.00

 

Spruch:

W139 2141722-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Kristina HOFER über den Antrag der XXXX, vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH, Universitätsring 10, 1010 Wien, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "ART for ART - Publikumsdienste in den österreichischen Bundestheatern" der Auftraggeberinnen 1. Burgtheater GmbH, Universitätsring 2, 1010 Wien, 2. Volksoper Wien GmbH, Währinger Straße 78, 1090 Wien, und 3. Wiener Staatsoper GmbH, Opernring 2, 1010 Wien, vom 09.12.2016 beschlossen:

A) Dem Antrag, den "Auftraggeberinnen wird bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über den Antrag auf Nichtigerklärung im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren bei sonstiger Nichtigkeit untersagt, die Rahmenvereinbarung abzuschließen", wird stattgegeben.

Den Auftraggeberinnen wird gemäß §§ 328 Abs 1, 329 Abs 1, 3 und 4 BVergG für die Dauer des gegenständlichen Nachprüfungsverfahrens untersagt, die Rahmenvereinbarung im Vergabeverfahren "ART for ART - Publikumsdienste in den österreichischen Bundestheatern" abzuschließen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

BEGRÜNDUNG:

I. Vorbringen der Parteien/Verfahrensgang:

Mit Schriftsatz vom 09.12.2016, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag eingelangt, stellte die Antragstellerin das im Spruch ersichtliche Begehren in Verbindung mit einem Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung, die Rahmenvereinbarung mit XXXX ( in der Folge auch: XXXX) abschließen zu wollen, auf Akteneinsicht in den Vergabeakt, auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberinnen. Begründend führte die Antragstellerin zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes aus:

Der Nachprüfungsantrag richte sich gegen die ihr mit per E-Mail versendetem Schreiben vom 29.11.2016 bekanntgegebene Entscheidung, "die Rahmenvereinbarung mit der XXXX abschließen zu wollen (Auswahlentscheidung)". Dabei handle es sich eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 141 Abs 5 BVergG.

Das gegenständliche Vergabeverfahren betreffe nicht prioritäre Dienstleistungen im Bereich "Kultur" bzw "Sicherheitsdienstleistungen" und werde als Verhandlungsverfahren im Oberschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip (70 Punkte - 70% Preis; 30 Punkte - 30% Qualität) geführt. Im Rahmen von Erstabrufen sollen dann drei separate Werkverträge mit den jeweiligen Auftraggeberinnen einerseits und dem erfolgreichen Bestbieter andererseits abgeschlossen werden. Die Auftraggeberinnen seien öffentliche Auftraggeberinnen gemäß § 3 Abs 1 BVergG; die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes sei trotz Angabe des Bundesvergabeamtes als zuständige Vergabekontrollstelle gegeben. Die Antragstellerin sei ein zur Erbringung der ausschreibungsgegenständlichen Leistung befugtes Unternehmen und sei in diesem Bereich seit Jahren gewerblich tätig. Sie habe ein großes Interesse am Vertragsabschluss, welches sie mit der Angebotslegung hinreichend dargetan habe. Hinzukomme, dass die Antragstellerin diese Publikumsdienste seit 1996 zur vollsten Zufriedenheit der Auftraggeberinnen leiste und aus diesem Grund ein Interesse an der Weiterführung bestehe. Für den Fall, dass die Rahmenvereinbarung nicht mit der Antragstellerin abgeschlossen werde, drohe ihr ein finanzieller Schaden in Höhe des entgangenen Gewinnes, ein in den Kosten der Angebotslegung sowie ein in der anwaltlichen Vertretung bestehender Schaden in der Höhe von mehr als EUR 30.000,-- sowie der Verlust eines wichtigen Referenzprojektes. Sie bezeichnete die Rechte, in denen sie sich als verletzt erachte. Der Nachprüfungsantrag sei fristgerecht eingebracht worden. Die erforderlichen Pauschalgebühren für den Nachprüfungsantrag und für den Provisorialantrag seien vergaberechtskonform in entsprechender Höhe entrichtet worden.

Das Angebot der Antragstellerin habe insgesamt 97,50 Punkte erreicht, davon 69,37 Punkte im Zuschlagskriterium Preis und 28,13 Punkte im Zuschlagskriterium Qualität. Das Angebot der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin habe insgesamt 98,14 Punkte erreicht, davon 70 Punkte im Zuschlagskriterium Preis und 28,14 Punkte im Zuschlagskriterium Qualität. Aufgrund des hauchdünnen Punkteunterschiedes habe jede einzelne Beurteilung in einem Subkriterium Einfluss auf den Ausgang des Vergabeverfahrens.

Zu den Gründen der Rechtswidrigkeit führte die Antragstellerin im Einzelnen aus, dass mit der Auswahlentscheidung bloß eine tabellarische Übersicht der Bewertung durch die Bewertungskommission übermittelt worden sei. Nach der Ausschreibungsunterlage sei eine Bewertung nach dem Schulnotensystem festgelegt; eine verbale Begründung für die Vergabe der Schulnoten selbst sei nicht vorgesehen. Dennoch sei hier eine zusätzliche verbale Begründung geboten, da diese Qualitätskriterien nicht bloß subjektiv seien, sondern letztlich dem Auftraggeber einen Mehrwert bieten sollten, der nicht bloß in einer Schulnote zusammengefasst werden könne. Selbst wenn aber die Festlegung in der Ausschreibung bestandfest geworden wäre, hätten mit der Auswahlentscheidung die Merkmale und Vorteile des Angebotes der XXXX umfassend, sohin tiefergehend begründet, bekannt gegeben werden müssen. Aufgrund der fehlenden Kenntnis der Gründe der Ablehnung sei die Einbringung eines Nachprüfungsantrages erheblich erschwert. Hinzu komme, dass das Fehlen einer Begründung die gerichtliche Überprüfbarkeit unmöglich mache. Die Entscheidung der Bewertungskommission sei schlicht nicht nachvollziehbar, verstoße gegen das auch bei nicht prioritären Dienstleistungen beachtliche Diskriminierungsverbot und sei folglich rechtwidrig.

Weiters wäre das Angebot der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin mangels Erfüllung der Eignungskriterien vor Zulassung zur zweiten Stufe des Vergabeverfahrens auszuscheiden gewesen. Die technische Leistungsfähigkeit müsse während des gesamten Vergabeverfahrens gegeben sein. Gefordert sei ua der Nachweis über fünf Referenzprojekte im Fachbereich "Publikumsund/oder Ordnerdienste bei öffentlichen Veranstaltungen". Die Leistung müsse innerhalb der letzten drei Jahre vor Ablauf der Teilnahmefrist vollständig erbracht worden sein. Aufgrund der vorliegenden Informationen des Marktes sei seitens XXXX die Erbringung von Publikums- und Ordnerdiensten für die XXXX namhaft gemacht worden. Der Antragstellerin sei bekannt, dass XXXX diese Leistungen (nicht zuletzt aufgrund von Qualitätsmängeln) nicht mehr für die XXXX erbringe. Sohin sei von XXXX zwar eine Leistung erbracht worden, diese sei aber nicht vollständig, nämlich nicht vertragskonform, erfolgt. Darüber hinaus sei dieses Referenzprojekt aber auch inhaltlich nicht geeignet, die technische Leistungsfähigkeit nachzuweisen, da der Publikumsdienst der XXXX nur zu einem geringen Teil mit Personal eines externen Dienstleisters erbracht werde. Es handle sich daher nicht um eine eigenständige Erbringung der Dienstleistung "Publikumsdienste". Fraglich sei auch, ob ständig mindestens 30 Personen des XXXX vor Ort eingesetzt gewesen seien. Die Vergleichbarkeit der Referenzprojekte mit den ausschreibungsgegenständlichen Dienstleistungen sei aber ein unabdingbares Kriterium an jedes Referenzprojekt. Dies sei vorliegend aber nicht gegeben.

Darüber hinaus handle es sich beim Angebot der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin um ein Angebot, dessen Preis ungewöhnlich niedrig, letztlich betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbar und daher auszuscheiden sei. Das Angebot der präsumtiven Bestbieterin sei geringfügig günstiger als jenes der Antragstellerin. Vor dem Hintergrund, dass die präsumtive Bestbieterin im Unterschied zur Antragstellerin keine Erfahrung mit Publikumsdiensten in den Spielstätten der Auftraggeberinnen habe, liege der Schluss nahe, dass der Angebotspreis der XXXX im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrig, dh unterpreisig, sei. Es werde zwar ein Betriebsübergang angeregt. Dennoch müsse aber seitens der XXXX ausreichend dafür Vorsorge getroffen werden, dass nicht alle derzeit beschäftigten Dienstnehmer einem solchen Betriebsübergang zustimmen würden und dass sohin genügend Eigenpersonal zur Verfügung stehe. Es müsse sohin im Unterscheid zu einer laufenden Fluktuation mit einem ungewöhnlich hohen Verlust von Mitarbeitern und damit mit höheren Kosten durch erhöhten Aufwand für das Recruiting, Einschulung etc. sowie mit hohen Anlaufkosten kalkuliert werden. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass das Angebot von XXXX dennoch niedriger sei als jenes der Antragstellerin. Es handle sich um ein unterpreisiges Angebot, mit welchem es unmöglich sei, die ausschreibungsgegenständlichen Leistungen abzudecken, weswegen das Angebot auszuscheiden gewesen wäre. Sollte das Angebot von XXXX auf der Annahme basieren, sämtliche Leistungen mit eigenem Personal erbringen zu können, sei zweifelhaft, ob XXXX die hierfür notwendigen Personalressourcen habe. Ein Indiz für ein solch unterpreisiges Angebot wäre ein deutlicher Preisunterschied zwischen dem Erstangebot des XXXX und dem LAFO.

Zudem sei das Angebot der präsumtiven Bestbieterin im Hinblick auf das Qualitätskriterium nicht plausibel bewertet worden. Bewertungsgegenständlich seien die Punkte (i) Aufbau- und Ablauforganisation, (ii) Mitarbeiterführung und (iii) Beschwerdemanagement. Im Punkt Mitarbeiterführung sei die Antragstellerin zwei Mal mit "Sehr gut" und zwei Mal mit "Gut" bewertet worden, die XXXX hingegen habe drei Mal "Sehr gut" und einmal "Gut" erhalten. Diese Bewertung sei angesichts der bisherigen Zusammenarbeit zwischen den Auftraggeberinnen und der Antragstellerin, bei welcher es während der letzten fünf Jahre keine Reklamationen oder sonstigen Beschwerden gegeben habe, nicht nachvollziehbar. Es handle sich daher in diesem Subkriterium um eine willkürliche Bewertung. Auch betreffend das Subkriterium Ablauforganisation hätte die Antragstellerin als jenes Unternehmen, das die Publikumsdienste seit 20 Jahren zur vollsten Zufriedenheit erbringe, besser als die präsumtive Bestbieterin bewertet werden müssen, zumal diese ein wichtiges Referenzprojekt aufgrund qualitativer Mängel verliere. So dürfe eine gute Präsentation nicht den Ausschlag geben, wenn die Leistungserbringung aufgrund von Qualitätsproblemen in der Vergangenheit nicht mit dieser positiven Darstellung mithalten könne. Die Bewertungskommission hätte sohin zu einer anderen Bewertung gelangen müssen.

Des Weiteren sei die Antragstellerin der Ansicht, dass die Auftraggeberinnen das gegenständliche Vergabeverfahren hätte widerrufen müssen. Beim ersten Präsentationstermin der Antragstellerin sei die Bewertungskommission unrichtig zusammengesetzt gewesen. Es sei daraufhin die Präsentation der Antragstellerin vor der richtig zusammengesetzten Bewertungskommission neuerlich durchgeführt worden. Diese Vorgehensweise sei unter dem Aspekt der Bietergleichbehandlung problematisch, zumal die Unvoreingenommenheit der Kommissionsmitglieder, sowohl der ursprünglichen Mitglieder als auch des neu hinzugezogenen Mitgliedes, nicht gewährleistet sei. Eine derartige Präsentation sei sohin nicht wiederholbar, da eine objektive, unbeeinflusste Bewertung praktisch ausgeschlossen sei, weswegen die Auftraggeberinnen das Vergabeverfahren hätten widerrufen müssen; und zwar unabhängig von "Wünschen" der Bieter. Die Verantwortung für eine vergaberechtlich einwandfreie Vorgangsweise liege bei den Auftraggeberinnen und nicht bei den Bietern.

Im Hinblick auf die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung habe eine Interessenabwägung zu Gunsten der Antragstellerin auszufallen.

Am 15.12.2016 erteilten die Auftraggeberinnen allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde mitgeteilt, dass der bestehende Vertrag mit der Antragstellerin nur einmal jährlich zum 31. Jänner gekündigt werden könne. Der Vertrag würde sich sohin um ein weiteres Jahr verlängern, wenn eine Kündigung zum 31.01.2017 nicht möglich wäre. Durch die Erlassung der einstweiligen Verfügung würde den Auftraggeberinnen sohin ein Schaden für das folgende Jahr in der Höhe von rund EUR 96.000,-- entstehen, zumal das Angebot der ermittelten Bestbieterin XXXX preislich deutlich unter den Konditionen des derzeitigen Vertragsverhältnisses liege.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt:

Aufgrund der vorgelegten Stellungnahmen sowie der Bezug nehmenden Beilagen wird im Rahmen des Provisorialverfahrens folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:

Als Auftraggeberinnen werden in den Ausschreibungsunterlagen die Burgtheater GmbH, Universitätsring 2, 1010 Wien, die Volksoper Wien GmbH, Währinger Straße 78, 1090 Wien, und die Wiener Staatsoper GmbH, Opernring 2, 1010 Wien, bezeichnet. Diese schrieben die gegenständliche Leistung "ART for ART - Publikumsdienste in den österreichischen Bundestheatern" im Mai 2016 in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip mit dem Ziel des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmer aus. Sowohl die Antragstellerin als auch die beabsichtigte Rahmenvereinbarungspartnerin beteiligten sich durch die Abgabe von Angeboten am Vergabeverfahren.

Mit E-Mail vom 29.11.2016 wurde der Antragstellerin bekannt gegeben, die Rahmenvereinbarung mit der XXXX abschließen zu wollen (im E-Mail bezeichnet als Auswahlentscheidung). Weiters wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass der Abruf der Leistungsverträge über die Erbringung von Publikumsdiensten aus der Rahmenvereinbarung durch Zuschlag auf das Angebot der XXXX erfolgen solle (im E-Mail bezeichnet als Zuschlagsentscheidung). Dem Schreiben wurde überdies eine Bewertungstabelle beigelegt, aus der die Punktebewertung der Zuschlagskriterien "Preis" und "Qualität" und der betreffenden Subkriterien "Aufbau- und Ablauforganisation", "Mitarbeiterführung" und "Beschwerdemanagement" durch die einzelnen Mitglieder der Bewertungskommission nach dem Schulnotensystem ersichtlich ist.

Am 09.12.2016 brachte die Antragstellerin den gegenständlichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verbunden mit einem auf die Nichtigerklärung der Entscheidung, die Rahmenvereinbarung mit der XXXX abschließen zu wollen, gerichteten Nachprüfungsantrag beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Antragstellerin entrichtete für ihre Anträge Pauschalgebühren in der Höhe von insgesamt EUR 18.468,--.

Es wurde weder der Zuschlag erteilt noch wurde eine Widerrufsentscheidung bekanntgegeben oder der Widerruf erklärt.

2. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und Zulässigkeit des Antrages

Auftraggeberinnen im Sinne des § 2 Z 8 BVergG sind die Burgtheater GmbH, die Volksoper Wien GmbH und die Wiener Staatsoper GmbH. Diese sind öffentliche Auftraggeber gemäß § 3 Abs 1 Z 2 BVergG (siehe BVA 16.08.2011, N/0079-BVA/05/2011-EV7; BVwG 26.09.2016, W131 2131380-1/33Z; BVwG 13.09.2016, W131 2131380-1/27E). Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich gemäß § 6 BVergG um einen Dienstleistungsauftrag. Der geschätzte Auftragswert liegt über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Z 2 BVergG, sodass es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich handelt.

Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 312 Abs 2 BVergG iVm Art 14b Abs 2 Z 1 B-VG ist sohin gegeben.

Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberinnen das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 312 Abs 2 BVergG zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen eines Auftraggebers und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.

Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 292 Abs 1 BVergG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 291, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz gemäß § 319 Abs 3 oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungsantrages handelt, in Senaten. Vorliegend hat das Bundesverwaltungsgericht über den oben wiedergegebenen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu entscheiden. Somit liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Von einem in § 328 Abs 1 BVergG genannten offensichtlichen Fehlen der Antragsvoraussetzungen gemäß § 320 Abs 1 leg.cit. ist vorerst nicht auszugehen. Unter der Annahme der Bekanntgabe der angefochtenen Entscheidung am 29.11.2016 wurde der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, welcher zugleich mit einem Nachprüfungsantrag gemäß § 320 Abs 1 BVergG eingebracht wurde, innerhalb der gemäß § 321 Abs 1 BVergG maßgeblichen Frist eingebracht, sodass der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung als rechtzeitig zu qualifizieren ist (§ 328 Abs 3 und 4 BVergG).

Der Nachprüfungsantrag richtet sich gegen die Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll. Diese ist gemäß § 141 Abs 5 BVergG als gesondert anfechtbare Entscheidung zu qualifizieren. Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung erfüllt auch die übrigen formalen Voraussetzungen des § 328 Abs 2 BVergG. Die Pauschalgebühr wurde in entsprechender Höhe entrichtet (§ 318 Abs 1 Z 1 und 4 BVergG iVm §§ 1 und 2 Abs 2 BVwG-PauschGebV Vergabe).

2. Inhaltliche Beurteilung des Antrages

Gemäß § 328 Abs 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs 1 BVergG nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

Gemäß § 329 Abs 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Gemäß § 329 Abs 3 BVergG können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

Gemäß § 329 Abs 4 BVergG ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.

Die Antragstellerin behauptet die Rechtswidrigkeit der ihr am 29.11.2016 bekannt gegebenen Entscheidung, die Rahmenvereinbarung mit XXXX abschließen zu wollen (Auswahlentscheidung). Diese Behauptung erscheint zumindest nicht denkunmöglich. Über die inhaltliche Begründetheit ist im Provisorialverfahren nicht abzusprechen. Diese wird im Hauptverfahren durch den zuständigen Senat zu beurteilen sein.

Da somit nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, dass die von der Antragstellerin geltend gemachten Rechtswidrigkeiten (zumindest teilweise) zutreffen, droht der Antragstellerin bei Fortführung des Vergabeverfahrens die Vereitelung des Abschlusses der entsprechenden Rahmenvereinbarung und zumindest eines allfälligen weiteren Abrufs der darauf basierenden Einzelaufträge mit allen daraus erwachsenden Nachteilen. Um derartigen Schaden abzuwenden, ist es erforderlich, das Vergabeverfahren in einem Stand zu halten, der die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht ins Leere laufen lässt und der die grundsätzliche Möglichkeit eines Rahmenvereinbarungsabschlusses mit der Antragstellerin im Rahmen eines vergaberechtskonformen Verfahrens wahrt (siehe zum Zweck einer einstweiligen Verfügung auch EBRV 1171 BlgNr XXII. GP 141).

Im Rahmen der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin ua auf finanzielle Einbußen, frustrierten Aufwand der Angebotslegung sowie auf den Verlust eines bedeutenden Referenzprojektes verweist. Beim Verlust eines Referenzprojektes handelt es sich nach stRsp um einen im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigenden (Vermögens)Nachteil (VwGH 14.04.2011, 2008/04/0065; BVwG 20.03.2014, W139 2003185-1/11E; BVA 21.02.2007, N/0012-BVA/07/2007-13; BVA 09.06.2010, N/0008-BVA/02/2010-7 uva).

Dagegen haben die Auftraggeberinnen ihrerseits auf einen ihnen aus einer allenfalls notwendig werdenden Vertragsverlängerung entstehenden finanziellen Schaden verwiesen. In diesem Zusammenhang sind die Auftraggeberinnen darauf hinzuweisen, dass sie nach ständiger Rechtsprechung der Vergabekontrolle grundsätzlich bei Erstellung des Zeitplanes zumindest ein Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung des Vergabeverfahrens sowie auch einen eventuellen finanziellen Mehraufwand einzukalkulieren gehabt hätten (siehe ua BVA 14.05.2010, N/0038-BVA/10/2010-EV19; BVA 17.06.2009, N/0059-BVA/02/2009-5). Darüber hinaus darf eine durch die Auftraggeberinnen selbst verursachte Verzögerung des Vergabeprozesses (etwa durch die Neudurchführung der Präsentation vor der Bewertungskommission) insofern nicht zu Lasten des Rechtsschutzes der Antragstellerin gehen (ua BVA 22.04.2008, N/0045-BVA/10/2008-019). Abgesehen davon ist zum jetzigen Zeitpunkt eine Überschreitung der Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichtes nicht anzunehmen. Im Übrigen haben die Auftraggeberinnen keine sonstigen besonderen öffentlichen Interessen, die gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung sprechen würden, dargelegt und sind solche sowie möglicherweise geschädigte Interessen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin bzw sonstiger Bieter dem Bundesverwaltungsgericht nicht bekannt.

Im Rahmen der Interessenabwägung ist des Weiteren auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs hinsichtlich des Vorrangs des primären - durch Nichtigerklärung rechtswidriger Auftraggeberentscheidungen zu gewährleistenden - Rechtsschutzes (EuGH 28.10.1999, Rs C-81/98 , Alcatel Austria AG ua; 18.06.2002, Rs C-92/00 , Hospital Ingenieure Krankenhaustechnik Planungs-Gesellschaft mbH) sowie die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs, wonach in der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter ein öffentliches Interesse liegt (VfGH 25.10.2002, B1369/01; siehe insb. bereits BVA 25.01.2002, N-128/01-45 uvm), Bedacht zu nehmen.

Unter Zugrundelegung obiger Überlegungen ist somit ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 329 Abs 1 BVergG nicht anzunehmen, sondern vielmehr das Interesse der Antragstellerin an der Prüfung der angefochtenen Entscheidung der Auftraggeberinnen als überwiegend anzusehen, weswegen die im Spruch ersichtliche Sicherungsmaßnahme als gelindeste noch zum Ziel führende Maßnahme iSd § 329 Abs 3 BVergG auszusprechen war.

Zur Dauer der Provisorialmaßnahme ist auszuführen, dass eine einstweilige Verfügung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens nach derzeit hRSp gemäß § 329 Abs 4 BVergG als hinreichend befristet zu bewerten ist (ua BVwG 10. 01. 2014, W187 2000170-1/11; BVwG 20.03.2014, W139 2003185-1/11E; BVwG 23.10.2014, W114 2013254-1/6E; BVA 10.02.2011, N/0011-BVA/10/2011-9, BVA 10.05.2011, N/0035-BVA/08/2011-12 mwN; siehe auch VwGH 10. 12. 2007, AW 2007/04/0054).

Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.

Zu B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu VwGH 06.11.2002, 2002/04/0138;

30.06.2004, 2004/04/0028; 01.02.2005, 2005/04/0004; 29.06.2005, 2005/04/0024; 01.03.2007, 2005/04/0239; 27.06.2007, 2005/04/0254;

29.02.2008, 2008/04/0019; 14.01.2009, 2008/04/0143; 14.04.2011, 2008/04/0065; 29.09.2011, 2011/04/0153; 10.12.2007, AW 2007/04/0054) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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