BVwG W149 2135160-1

BVwGW149 2135160-126.9.2016

BVergG 2006 §12 Abs1 Z3
BVergG 2006 §129
BVergG 2006 §131 Abs1
BVergG 2006 §291
BVergG 2006 §292 Abs1
BVergG 2006 §3 Abs1
BVergG 2006 §312 Abs1
BVergG 2006 §312 Abs2 Z1
BVergG 2006 §318 Abs1 Z4
BVergG 2006 §320 Abs1
BVergG 2006 §321 Abs1
BVergG 2006 §323
BVergG 2006 §328 Abs1
BVergG 2006 §328 Abs2
BVergG 2006 §329 Abs1
BVergG 2006 §329 Abs3
BVergG 2006 §329 Abs4
BVergG 2006 §4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
BVergG 2006 §12 Abs1 Z3
BVergG 2006 §129
BVergG 2006 §131 Abs1
BVergG 2006 §291
BVergG 2006 §292 Abs1
BVergG 2006 §3 Abs1
BVergG 2006 §312 Abs1
BVergG 2006 §312 Abs2 Z1
BVergG 2006 §318 Abs1 Z4
BVergG 2006 §320 Abs1
BVergG 2006 §321 Abs1
BVergG 2006 §323
BVergG 2006 §328 Abs1
BVergG 2006 §328 Abs2
BVergG 2006 §329 Abs1
BVergG 2006 §329 Abs3
BVergG 2006 §329 Abs4
BVergG 2006 §4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W149.2135160.1.00

 

Spruch:

W149 2135160-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Rita-Maria KIRSCHBAUM als Einzelrichterin im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung gem. § 312 Abs. 2 Z 1 BVergG 2006 betreffend das Vergabeverfahren "5020 Salzburg, Franz-Josef-Kai 41, BG/BRG Christian-Doppler, Erweiterung und Funktionssanierung Elektrotechnikanlagen" der Bundesimmobiliengesellschaft mbH, Wien, (Antragsgegnerin) über den Antrag der XXXX, (Antragstellerin) beschlossen:

A) Der Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge eine einstweilige

Verfügung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen, mit welcher der Antragsgegnerin im gegenständlichen Vergabeverfahren das Erlassen der Zuschlagsentscheidung bzw. die Erteilung des Zuschlages untersagt wird, wird gem. § 328 Abs. 1 BVergG abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahren und Anträge

Aus der Aktenlage und dem zum derzeitigen Stand des Verfahrens unbestrittenen bzw. von der Antragsgegnerin bestätigten Vorbringen der Antragstellerin ergibt sich Folgendes:

Die Antragstellerin ist Unternehmen im Bereich der Elektrotechnikanlagen. Die Antragsgegnerin ist eine GmbH im vollständigen des Bundes. Ziel der Ausschreibung ist die Vergabe eines Bauauftrages in einzelnen Losen.

Mit Bekanntmachung in Österreich vom 18.07.2016 (EU-weit am 19.07.2016) schrieb die Antragsgegnerin diverse Bauleistungen für die Erweiterung und Funktionssanierung der Elektrotechnikanlagen einer Schule im offenen Verfahren (Oberschwellenbereich) nach dem Bestbieter-Prinzip in Losen aus.

Die Antragstellerin gab fristgerecht das Angebot für eines der Lose ab. Die Angebote wurden am 04.08.2016 geöffnet und es erfolgte eine Prüfung der Angebote durch ein von der Antragsgegnerin beauftragtes Planungsbüro für Elektrotechnik, im Rahmen derer Aufklärungen zu etwaigen Bieterlücken von der Antragstellerin gefordert wurden. Es folgte ein entsprechender Schriftwechsel.

Mit Entscheidung der Antragsgegnerin vom 09.09.2016, der Antragstellerin am selben Tag zugestellt, wurde das Angebot der Antragstellerin ausgeschieden, wobei sich die Antragsgegnerin auf § 129 BVergG 2006 und zur Begründung im Wesentlichen darauf berief, dass das Angebot zwingend auszuscheiden war, weil es - trotz entsprechender Gelegenheit zur Aufklärung - a) Bieterlücken mit teilweise unklaren bzw. unzureichenden Produktbezeichnungen beinhalte und es daher weder möglich gewesen sei, es auf Übereinstimmung mit den technischen Spezifikationen der Ausschreibung noch auf seine Preisangemessenheit zu prüfen und b) die in den Bieterlücken angebotenen Produkte teilweise nicht den Anforderungen der Ausschreibung entsprächen bzw. die Gleichwertigkeit nicht ausreichend nachgewiesen sei.

Mit Schriftsatz vom 19.09.2016 stellte die Antragstellerin die

Anträge

Das Bundesverwaltungsgericht möge

* im Vergabeverfahren "5020 Salzburg, Franz-Josef-Kai41, BG / BRG Christian-Doppler, Erweiterung und Funktionssanierung, Elektrotechnikanlagen" die angefochtene Entscheidung der Antragsgegnerin vom 09.09.2016, das Angebot der XXXXauszuscheiden, für nichtig erklären.

* das Angebot der Antragstellerin von der Akteneinsicht durch abfällige weitere Verfahrensparteien ausnehmen, da sie Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Antragstellerin enthalten;

* die Antragsgegnerin verpflichten, der Antragstellerin die entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von € 4.617,00 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu Händen des Rechtsvertreters der Antragstellerin zu ersetzen.

Darüber hinaus stellte die Antragstellerin den Antrag auf Erlassung einer

Einstweiliger Verfügung

mit welcher der Antragsgegnerin untersagt wird, die Zuschlagsentscheidung und den Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren "5020 Salzburg, Franz- Josef-Kai 41, BG/BRG Christian-Doppler, Erweiterung und Funktionssanierung, Elektrotechnikanlagen" zu erteilen. Die einstweilige Verfügung wurde für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens begehrt.

Am selben Tag überwies die Antragstellerin Pauschalgebühren in Höhe von € 4.617,00 und die Antragsgegnerin wurde über den Nachprüfungsantrag und die beantragte einstweilige Verfügung informiert und aufgefordert innerhalb einer gesetzten Frist, Angaben darüber zu machen, ob Interessen sonstiger Bewerber oder Bieter, der Auftragsgeberin oder ein besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegen die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung sprechen.

Im Übrigen wurde die Antragsgegnerin aufgefordert innerhalb der besagten Frist näher bezeichnete allgemeine Auskünfte zum gegenständlichen Vergabeverfahren zu erteilen und sämtliche Unterlagen des gegenständlichen Vergabeverfahrens im Original (unter Anschluss einer vollständigen Übersicht) zu übermitteln.

Am selben Tag erfolgte die Bekanntmachung des Verfahrens gemäß § 323 BVergG 2006 auf der Webseite des Bundesverwaltungsgerichts.

Mit Schriftsatz vom 22.09.2016 (eingelangt am selben Tag) reichte die Antragsgegnerin eine Stellungnahme zum Antrag auf einstweilige Verfügung ein, übermittelte die geforderten allgemeinen Auskünfte sowie die Unterlagen zum Vergabeverfahren.

Aus diesen Unterlagen ergibt sich, dass eine Zuschlagsentscheidung noch nicht erfolgt ist (Allgemeine Auskünfte, Punkt 18.)

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Erlassung einer einstweilige Verfügung (Spruchpunkt A)

a) Zulässigkeit

Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG 2006.

Die Antragsgegnerin ist nämlich öffentliche Auftraggeberin gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 und die gegenständlichen Ausschreibung betrifft einen Bauauftrag mit einem geschätzten Gesamt-Auftragswert im Oberschwellenbereich gemäß §§ 4, 12 Abs. 1 Z 3 BVergG. Der Wert des streitgegenständlichen Loses liegt nach Angaben der Antragsgegnerin im Unterschwellenbereich.

Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aus § 312 Abs. 1 BVergG 2006.

Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde gemäß § 321 Abs. 1 BVergG 2006 fristgerecht eingebracht, gemäß § 318 Abs. 1 Z 4 BVergG 2006 vergebührt und enthält die gemäß § 328 Abs. 2 BVergG 2006 geforderten Angaben.

b) Abweisung des Antrages auf Untersagung der Zuschlagerteilung

Das Begehren der Antragstellerin ist darauf gerichtet, der Antragsgegnerin zu untersagen, eine Zuschlagsentscheidung zu treffen und den Zuschlag zu erteilen.

Es ist zunächst festzuhalten, dass sich das Vergabeverfahren im Stadium vor dem Treffen und der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung befindet (siehe oben I.).

Es steht somit die Erteilung des Zuschlages nicht unmittelbar bevor, weshalb der Antragstellerin beim derzeitigen Stand des Vergabeverfahrens jedenfalls kein unmittelbarer Schaden durch die Erteilung des Zuschlages bevorsteht (BVwG vom 25.02.2014, W139 2001504-1/7E, vom 23.04.2014, W123 2007137-1/7E und vom 17.07.2015, W138 2110661-1/2E sowie bereits BVA vom 12.01.2009, N/0001-BVA/13/2009-6; BVA vom 04.07.2011, N/0056- BVA/12/2011-EV6;

BVA vom 20.07.2011, N/0070-BVA/12/2011-EV7; BVA vom 26.07.2011, N/0071-BVA/12/2011-EV8; BVA vom 27.07.2012, N/0072-BVA/08/2012-EV20;

siehe zum Zweck einer einstweiligen Verfügung RV 1171 BlgNR XXII. GP , 141).

Die Antragsgegnerin ist zudem gemäß § 131 Abs. 1 BVergG 2006 verpflichtet, den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern nachweislich mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll.

Die Erläuterungen zur BVergG-Novelle 2009 erklären, dass ein Bieter als im Vergabeverfahren verblieben gilt, wenn das Ausscheiden des Angebotes noch nicht bestandsfest geworden ist. In diesem Zusammenhang ist auch Art. 2a Abs. 2 zweiter Unterabsatz der RL 89/665/EWG "zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge" (RM-RL) zu beachten, welcher lautet:

"Bieter gelten als betroffen, wenn sie noch nicht endgültig ausgeschlossen wurden. Ein Ausschluss ist endgültig, wenn er den betroffenen Bietern mitgeteilt wurde und entweder von einer unabhängigen Nachprüfungsstelle als rechtmäßig anerkannt wurde oder keinem Nachprüfungsverfahren mehr unterzogen werden kann."

Gemäß Art 2a Abs. 2 der RM-RL ist die Zuschlagsentscheidung auch an die betroffenen Bieter zu übersenden.

Der endgültige Ausschluss liegt demnach erst vor, wenn das Ausscheiden des Angebotes von der zuständigen Vergabekontrollstelle bereits für rechtmäßig erkannt wurde oder wenn es keinem Nachprüfungsverfahren mehr unterzogen werden kann (RV 327 BlgNR XXIV. GP , 24 unter Bezugnahme auf RV 1171 BlgNR XXII. GP , 85).

Bieter gelten danach als betroffen, wenn sie noch nicht endgültig ausgeschlossen wurden. Ein Ausschluss ist erst dann endgültig, wenn er den betroffenen Bietern mitgeteilt und entweder von einer unabhängigen Nachprüfungsstelle als rechtmäßig anerkannt wurde oder keinem Nachprüfungsverfahren mehr unterzogen werden kann.

Verbliebene Bieter gemäß § 131 Abs. 1 BVergG 2006 sind (neben jenen Bietern, die nicht ausgeschlossen wurden bzw deren Angebot nicht ausgeschieden wurde) daher auch jene Bieter, welche die sie betreffende (hier noch nicht erfolgte) Ausscheidenentscheidung noch fristgerecht bekämpfen können oder welche die Ausscheidensentscheidung rechtzeitig angefochten haben und das betreffende Nachprüfungsverfahren noch nicht beendet ist (Aicher in: Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, § 131 Rdnr 16).

Selbst unter der Annahme, dass die Antragsgegnerin in naher Zukunft eine Zuschlagsentscheidung treffen würde, wäre diese somit verpflichtet, diese Entscheidung der Antragstellerin als im Vergabeverfahren verbliebener Bieterin - bei sonstiger Bekämpfbarkeit der nachfolgenden Zuschlagserteilung - mitzuteilen, zumal (mit den Worten der RM-RL) der "Ausschluss" gerade Gegenstand des noch nicht abgeschlossenen Hauptverfahrens ist (Aicher in:

Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, § 131 Rdnr 17; siehe auch die eingangs Judikatur).

Daher ist im konkreten Fall eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidung entstandene oder sonstige unmittelbar drohende Schädigung von Interessen der Antragstellerin, die im Sinne des § 328 Abs. 1 BVergG 2006 zu beseitigen oder zu verhindern wären, nicht ersichtlich. Die Untersagung der Zuschlagsentscheidung bzw. der Zuschlagserteilung ist zur Absicherung des Nichtigerklärungsbegehrens und des potentiell bestehenden Anspruches auf Zuschlagserteilung nicht notwendig (idS Madl in: Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht³, Rdnr 2058).

c) Gebühren

Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.

2. Zulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt und von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweichen könnte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich mit Beschluss vom 09.08.2010, AW 2010/04/0024, ausgeführt:

Durch die Zuerkennung von aufschiebender Wirkung an die gegenständliche Beschwerde würde die am 27.05.2010 für die Dauer von höchstens sechs Wochen erlassene einstweilige Verfügung nicht wieder in Kraft treten (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 11.08.2008, Zl. AW 2008/04/0043). Die Beschwerdeführerin würde vielmehr lediglich so gestellt, als ob das Nachprüfungsverfahren ohne aufrecht bestehende einstweilige Verfügung anhängig wäre. Diesfalls könnte die Beschwerdeführerin jedoch - entgegen ihrer offenbaren Ansicht - nicht als "im Vergabeverfahren verbliebene Bieterin" angesehen werden, der gemäß § 131 BVergG 2006 die Zuschlagsentscheidung mitzuteilen ist und die diese Entscheidung daher anfechten kann (vgl. dazu auch den hg. Beschluss vom 10.10.2007, Zl. AW 2007/04/0054, mit dem der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerde gegen die Abweisung eines von einer ausgeschiedenen Bieterin gestellten Antrages auf einstweilige Verfügung mit der Begründung stattgegeben hat, dass ohne die dem Antrag auf einstweilige Verfügung zukommende Sperrwirkung der Bieter Gefahr liefe, von einer Zuschlagsentscheidung nicht verständigt zu werden und diese Entscheidung daher nicht anfechten zu können).

Der Verwaltungsgerichtshof geht offenbar entgegen der im vorliegenden Beschluss geäußerten Ansicht davon aus, dass ein Bieter, der ein Nachprüfungsverfahren hinsichtlich des Ausscheidens seines Angebotes eingeleitet hat, bereits vor Beendigung des betreffenden Vergabekontrollverfahrens als "nicht im Vergabeverfahren verbliebener Bieter" angesehen werden könnte und für diesen somit mangels entsprechender Sicherungsmaßnahme die Gefahr besteht, nicht von der Zuschlagsentscheidung in Kenntnis gesetzt zu werden.

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