BVwG W123 2110737-2

BVwGW123 2110737-211.8.2015

ABGB §914
BVergG §12 Abs1 Z2
BVergG §129 Abs1 Z2
BVergG §129 Abs1 Z7
BVergG §129 Abs2
BVergG §19 Abs1
BVergG §2 Z16 lita
BVergG §2 Z42
BVergG §2 Z8
BVergG §292 Abs1
BVergG §3 Abs1 Z2
BVergG §312 Abs1
BVergG §312 Abs2 Z2
BVergG §318 Abs1
BVergG §319
BVergG §320 Abs1
BVergG §321 Abs1
BVergG §322 Abs1
BVergG §6
BVergG §68 Abs1 Z1
BVergG §68 Abs1 Z4
BVergG §69 Z3
BVergG §70 Abs2
BVergG §70 Abs3
BVergG §70 Abs4
BVergG §70 Abs5
BVergG §72
B-VG Art.133 Abs4
UGB §43
UGB §49 Abs1
UGB §50 Abs1
UGB §53 Abs1
VbVG §2 Abs1 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
ABGB §914
BVergG §12 Abs1 Z2
BVergG §129 Abs1 Z2
BVergG §129 Abs1 Z7
BVergG §129 Abs2
BVergG §19 Abs1
BVergG §2 Z16 lita
BVergG §2 Z42
BVergG §2 Z8
BVergG §292 Abs1
BVergG §3 Abs1 Z2
BVergG §312 Abs1
BVergG §312 Abs2 Z2
BVergG §318 Abs1
BVergG §319
BVergG §320 Abs1
BVergG §321 Abs1
BVergG §322 Abs1
BVergG §6
BVergG §68 Abs1 Z1
BVergG §68 Abs1 Z4
BVergG §69 Z3
BVergG §70 Abs2
BVergG §70 Abs3
BVergG §70 Abs4
BVergG §70 Abs5
BVergG §72
B-VG Art.133 Abs4
UGB §43
UGB §49 Abs1
UGB §50 Abs1
UGB §53 Abs1
VbVG §2 Abs1 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W123.2110737.2.00

 

Spruch:

W123 2110737-2/28E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael ETLINGER als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang WIMMER als Mitglied der Auftraggeberseite und Mag. Hagen PLEILE als Mitglied der Auftragnehmerseite über den Antrag der Bewerbergemeinschaft bestehend aus XXXX vertreten durch RA MMag. Dr. Claus Casati, Mariahilferstraße 1b/17, 1060 Wien, betreffend das Vergabeverfahren "Vertriebslizenz in Österreich für eine e-Procurement Lösung für öffentliche Auftraggeber" des Auftraggebers Wiener Zeitung Digitale Publikationen GmbH, Media Quarter Marx 3.3, Maria Jacobi-Gasse 1, 1030 Wien, vertreten durch WOLF THEISS Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien, vom 16.07.2015, zu Recht erkannt:

A)

1. Der Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Nicht-Zulassung der Bewerbergemeinschaft bestehend aus XXXX, XXXX zur zweiten Stufe des Vergabeverfahrens der Wiener Zeitung Digitale Publikationen GmbH betreffend "Vertriebslizenz in Österreich für eine e-Procurement Lösung für öffentliche Auftraggeber", mitgeteilt mit dem Schreiben von 03.07.2015 (Beilage ./A), für nichtig erklären, wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage: §§ 19 Abs. 1, 68 Abs. 1 Z 1, 69 Z 3, 70 Abs. 5 iVm 312 Abs. 2 Z 2, 320 Abs. 1 und 322 Abs. 1 Z 8 BVergG 2006

2. Der Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in eventu (für den Fall, dass dem Antrag gemäß Punkt 6.1 nicht stattgegeben wird): Die Prüfung der Teilnahmeanträge im gegenständlichen Vergabeverfahren der Wiener Zeitung Digitale Publikationen GmbH betreffend "Vertriebslizenz in Österreich für eine e-Procurement Lösung für öffentliche Auftraggeber" zur Gänze für nichtig erklären, wird zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage: §§ 2 Z 16 lit. a sublit. dd iVm 312 Abs. 2 Z 2 und 320 Abs. 1 BVergG 2006

3. Der Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in eventu (für den Fall, dass dem Antrag gemäß Punkt 6.1 nicht stattgegeben wird): Die Fortsetzung des gegenständlichen Vergabeverfahrens bzw. den Nicht-Widerruf des gegenständlichen Vergabeverfahrens der Wiener Zeitung Digitale Publikationen GmbH betreffend "Vertriebslizenz in Österreich für eine e-Procurement Lösung für öffentliche Auftraggeber" zur Gänze für nichtig erklären, wird zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage: §§ 2 Z 16 lit. a sublit. dd iVm 312 Abs. 2 Z 2 und 320 Abs. 1 BVergG 2006

4. Der Antrag, "das Bundesverwaltungsgericht möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung der Wiener Zeitung Digitale Publikationen auftragen, uns die entrichtete Pauschalgebühr in der Höhe von EUR 9.234,00 (Beilage ./B) zu Handen unseres Rechtsvertreters RA MMag. Dr. Claus Casati binnen 14 Tagen (§ 19a RAO) bei sonstiger Exekution zu ersetzen", wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage: § 319 Abs. 1 BVergG 2006

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Antragsteller stellten am 16.07.2015 die im Spruch ersichtlichen Begehren und führten zur Begründung im Wesentlichen folgendes aus:

Die Antragsteller hätten am 03.07.2015, außerhalb der Geschäftszeiten, eine unvollständige Nicht-Zulassungsentscheidung per Telefax erhalten. Die vollständige Nicht-Zulassung sei erst am 06.07.2015, 14:02 Uhr, übermittelt worden. Sohin würde die Frist zur Stellung eines Nachprüfungsantrages am 16.07.2015 enden.

Mit Schreiben vom 09.06.2015 habe die Auftraggeberin bestätigt, dass die Antragsteller fristgerecht einen Teilnahmeantrag gestellt hätten. Dazu habe die Auftraggeberin jedoch zahlreiche Fragen zur Aufklärung bzw. um Übermittlung weiterer Nachweise ersucht. Die Antragsteller hätten mit Schreiben vom 15.06.2015 die geforderten Angaben übermittelt.

Mit Schreiben vom 23.06.2015 habe die Auftraggeberin den Erhalt der Nachreichung der Antragsteller bestätigt. Zu den übermittelten Unterlagen habe die Auftraggeberin insbesondere im Zusammenhang mit der technischen Leistungsfähigkeit Fragen zur Aufklärung gestellt. Mit Schreiben vom 26.06.2015 hätten die Antragsteller fristgerecht die gewünschten Auskünfte übermittelt.

Mit dem den Antragstellern erst am 06.07.2015 vollständig übermittelten Schreiben der Auftraggeberin habe diese mitgeteilt, dass die Antragsteller nicht zur zweiten Stufe des Vergabeverfahrens zugelassen würden. Zum Vorhalt der Auftraggeberin bezüglich fehlender Strafregisterauszüge der Vorstandsmitglieder des XXXX und der Prokuristen der XXXX AG brachten die Antragsteller vor, dass den vorangegangenen Aufforderungen zur "Mängelbehebung" bzw. Vorlage von Unterlagen nicht zu entnehmen gewesen sei, dass Strafregisterauszüge der Vorstandsmitglieder des Vereins XXXX vorzulegen seien. Entgegen dem nunmehrigen Schreiben der Auftraggeberin seien die Vorstandsmitglieder nicht in der Geschäftsführung tätig.

Die schon in den ursprünglichen Teilnahmeunterlagen verankerten, äußerst restriktiven bzw. zugeschnittenen Bedingungen würden sich nunmehr im gegenständlichen Vollzug der von den Antragstellern letztlich nicht mehr weiter angefochtenen Teilnahmebestimmungen, fortsetzten. Die Auftraggeberin unterstelle den Teilnahmebestimmungen einen möglichst restriktiven/einschränkenden Inhalt und exekutiere mit der hier angefochtenen Nicht-Zulassung der Bewerbergemeinschaft zur zweiten Stufe des Vergabeverfahrens diese restriktiven Bedingungen in einer Weise, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Grundsatz eines fairen und lauteren Verfahrens bzw. dem Grundsatz von Treu und Glauben widerspreche und unterstelle den von ihr selbst formulierten Teilnahmebestimmungen einen nach dem Bundesvergabegesetz unrichtigen Inhalt, der in dieser Form nicht bestandsfest geworden sei. Es sei zwar die Nachreichung von Strafregisterauszügen für die Geschäftsführung/sonstige Personen in der Geschäftsführung des XXXX gefordert worden, nicht jedoch seines Vorstandes bzw. Vorstandsmitglieder, geschweige der Vorstandsvorsitzenden und ihrer Vertreter.

Zu den fehlenden Strafregisterauszügen betreffend Prokuristen XXXX AG wurde ausgeführt, dass die Strafregisterauszüge der Geschäftsführung, nämlich der Vorstandsmitglieder der Kapsch BusinessCom AG vorgelegt worden seien. Die Auftraggeberin irre, wenn sie meine, dass die strafrechtliche Unbescholtenheit von Prokuristen eines Unternehmens im Zusammenhang mit der Prüfung der beruflichen Zuverlässigkeit eines Unternehmens von Bedeutung sei bzw. Prokuristen als "Personen der Geschäftsführung" oder "sonstige in der Geschäftsführung tätige natürliche Personen" zu verstehen wären. Dass dies nicht der Fall sei, sei gängige Rechtsauffassung bereits seit Inkrafttreten des Bundesvergabegesetztes 2002, das in dieser Form auch für das Bundesvergabegesetz 2006 übernommen worden sei. "Prokura" sei ausschließlich eine standardisierte und nach außen dokumentierte Vollmacht einer Person, sage jedoch nichts über "Geschäftsführung" aus. In diesem Sinn unterscheide das Unternehmensgesetzbuch bzw. die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen unmissverständlich zwischen "Geschäftsführung" und "Prokura". Zu beachten sei auch, dass der Begriff der "Geschäftsführung" im Sinne des § 68 BVergG zu verstehen sei. Nur Ausschlussgründe gemäß § 68 BVergG im Rahmen der fehlenden beruflichen Zuverlässigkeit, könnten die Nicht-Zulassung rechtfertigen. Den Teilnahmebestimmungen könne nicht ein BVergG-widriger Inhalt unterstellt werden. Die Antragsteller hätten davon ausgehen dürfen, dass ausschließlich Strafregisterauszüge insoweit vorzulegen seien, als sie einen Ausschlussgrund gemäß § 68 BVergG rechtfertigten würden. Den Teilnahmeunterlagen sei nicht zu entnehmen, dass die Strafregisterauszüge von Prokuristen vorzulegen seien. Auch der Aufforderung der Auftraggeberin hätte die Antragstellerin nicht entnehmen können, dass nunmehr auch "Strafregisterauszüge der Prokuristen" vorzulegen seien.

Im Übrigen irre die Auftraggeberin auch, wenn sie vermeine, dass sie den Antragstellern keine "zweite Chance" zur Verbesserung geben hätte dürfen. Zum einen handle es sich nicht um eine Verbesserung, sondern um die Aufklärung eines Sachverhalts, den die Auftraggeberin offenbar aufgrund ihres mangelnden Sachverstands nicht verstanden habe. Der Mangel liege bei der Auftraggeberin und nicht bei den Antragstellern. Zum anderen hätten die Antragsteller eine Eigenerklärung gemäß § 70 Abs. 2 BVergG abgegeben. Die erste Aufforderung sei zunächst nur als Aufforderung zur Vorlage einer geforderten Bestätigung zu verstehen gewesen und sei dann ein allfälliger Mangel nochmals zur Behebung vorzuhalten. Der Umstand, dass die Antragsteller neben der Eigenerklärung auch auf den XXXX verweisen, könne nicht zur Folge haben, dass den Antragstellern die Rechte aus der Eigenerklärung bzw. das Recht zur Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen gemäß § 70 Abs. 2 BVergG abgeschnitten würden. Selbstverständlich sei die Auftraggeberin verpflichtet, die Antragsteller gemäß § 70 Abs. 2 BVergG zunächst bloß zur Vorlage der Unterlagen aufzufordern, die die Auftraggeberin nicht aus dem XXXX erkennen könne. Sollten dann die vorgelegten Unterlagen mangelhaft sein bzw. Fragen entstehen, sei die Auftraggeberin verpflichtet, den Antragstellern dies konkret vorzuhalten und die Antragsteller zur Mängelbehebung einzuladen. Dies sei nicht erfolgt. Dadurch sei ein willkürliches Verhalten zu erkennen.

Zu den Eventualanträgen wurde ausgeführt, dass das Vergabeverfahren zu widerrufen wäre, weil gemessen an den Maßstäben, wie die Auftraggeberin sie an den Teilnahmeantrag der Antragsteller lege, auch alle übrigen Bewerber auszuscheiden wären. Insbesondere fehle es auch der bei der Bewertung der übrigen Teilnahmeunterlagen am gebotenen Sachverstand. Es sei nicht auszuschließen, dass bei ausreichendem Sachverstand die von den Mitbewerbern genannten Referenzen und Bestätigungen, diese nicht die Eignungsreferenz erbracht bzw. Versicherung nachgewiesen hätten. Auch müsste nach dem gleichen strengen Maßstab wie gegenüber den Antragstellern geprüft werden, ob tatsächlich von jedem Mitglied der Bewerbergemeinschaft und Subunternehmer alle von den Antragstellern geforderten Unterlagen vorliegen würden, insbesondere alle Erklärungen durch entsprechende Aufsichtsratsbeschlüsse genehmigt seien. In Anwendung des gleichen Maßstabes wäre dies zu verneinen. In diesem Fall müsste - in eventu - das gegenständliche Vergabeverfahren zur Gänze widerrufen werden. Verwiesen wurde auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rs C-100/12 Fastweb.

2. Die Auftraggeberin erstattete am 28.07.2015 eine Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag und führte im Wesentlichen folgendes aus:

Gem. Punkt 4.2.1 der Teilnahmebestimmungen - Teil A seien von allen Mitgliedern der Bewerbergemeinschaft sowie von allen Subunternehmern zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit unter anderem Strafregisterbescheinigungen oder gleichwertige Bescheinigungen einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde des Herkunftslandes sämtlicher Geschäftsführer und sonstiger in der Geschäftsführung tätigen natürlichen Personen vorzulegen gewesen. Bereits durch den Wortlaut der Teilnahmeunterlagen sei damit klar gestellt worden, dass zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit nicht bloß auf Geschäftsführer, sondern darüber hinaus auf sämtliche sonstigen in der Geschäftsführung tätigen Personen abgestellt werde. Dass Prokuristen als in der Geschäftsführung tätige Personen gelten würden, mache das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) deutlich. Verwiesen wurde auf § 2 Abs. 1 Z 1 VbVG. Daher seien als gemäß § 68 Abs. 1 Z 1 BVergG in der Geschäftsführung tätige physische Personen auch Prokuristen anzusehen sowie Personen, die das Unternehmen aufgrund organschaftlicher oder rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht in vergleichbarer Weise nach außen vertreten. Dass auch Prokuristen als in der Geschäftsführung tätige Personen zu betrachten seien, für die im Vergabeverfahren das Nicht-Vorliegen von Ausschlussgründen ebenfalls nachzuweisen sei, ergebe sich darüber hinaus aus der bisherigen Rechtsprechung der Vergabekontrollbehörden (verwiesen wurde auf UVS Kärnten vom 10.08.2012, KUVS-1602/21/2012 und BVA 22.06.2012, N/0053-BVA/08/2012-93).

Laut Firmenbuch der XXXX AG bestehe deren Vorstand aus XXXX. Daneben seien 18 Personen als Prokuristen ausgewiesen. Hinsichtlich der XXXX AG sei mit Mängelbehebungsschreiben vom 15.06.2015 nur hinsichtlich der Strafregisterauszüge der beiden Vorstandsmitglieder auf eine Hinterlegung im XXXXverwiesen worden. Diese seien auch abrufbar gewesen. Weder im XXXX hinterlegt, noch dem Mängelbehebungsschreiben beigelegt seien hingegen die Strafregisterauszüge der Prokuristen gewesen.

Dass den Antragstellern vollkommen bewusst gewesen sei, dass auch Strafregisterauszüge von Prokuristen vorzulegen gewesen seien, ergebe sich bereits aus der Tatsache, dass dem Teilnahmeantrag sowohl die Strafregisterauszüge für die Geschäftsführer als auch jene der Prokuristen der XXXX von den Antragstellern beigelegt worden seien. Darauf sei auch von der Auftraggeberin im Aufklärungs- bzw. Mängelbehebungsschreiben vom 09.06.2015 ausdrücklich hingewiesen worden.

Dass das Schreiben der Auftraggeber vom 09.06.2015 bereits die erste (und einzige) Aufforderung zur Mängelbehebung dargestellt habe, ergebe sich aus dem Umstand, dass die Antragsteller hinsichtlich aller am Verfahren beteiligter Unternehmen die entsprechenden XXXX-Führungszertifikate mit dem Teilnahmeantrag eingereicht und im Formblatt B2 angegeben hätte, die erforderlichen Nachweise wären "im XXXX hinterlegt". Aus rechtlicher Sicht hätten die Antragsteller mit dem Teilnahmeantrag damit nämlich nicht bloß eine Eigenerklärung abgegeben, sondern sich auch auf das Aufliegen bzw. das Vorhandensein der geforderten Nachweise beim XXXX berufen. In diesem Fall hätten die Antragsteller die Eignungsnachweise, von denen sie meinten, dass sie ausreichend bzw. vollständig seien, bereits (erstmalig) vor- bzw. hinterlegt. In diesem Zusammenhang verwies die Auftraggeberin auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.05.2014, W139 2001504-1. In derartigen Fällen scheide "die gesonderte Aufforderung zur Vorlage von bislang angesichts der Abgabe einer Eigenerklärung nicht vorgelegten Einzelnachweisen aus". Andernfalls würde dem Bieter "mehrmals die Möglichkeit zur Verbesserung eines - im fehlenden Eignungsnachweis liegenden - Angebotsmangels ermöglicht werden". Durch den Verweis auf den XXXX entfalle daher die Möglichkeit einer bloßen Aufforderung zur Nachreichung bzw. Vervollständigung von Eignungsnachweisen gemäß § 70 Abs. 3 und Abs. 4 BVergG.

3. In einer am 05.08.2015 erstatteten Replik wiesen die Antragsteller nochmals darauf hin, dass der Mängelbehebungsauftrag der Auftraggeberin einen konkreten Vorhalt erfordert hätte, worin der Mangel gelegen sein soll. Die Auftraggeberin unterscheide auch nicht korrekt zwischen einer "Aufforderung zur Nachreichung von Eignungsnachweisen" gemäß § 70 Abs. 2 BVergG und einer "Mängelbehebung", womit sie zu Unrecht zur Auffassung gelange, dass im gegenständlichen Fall eine Aufforderung zur Mängelbehebung nicht zweimal vorzuhalten gewesen wäre.

Entgegen der Auffassung der Auftraggeberin lasse sich den Teilnahmebestimmungen nicht entnehmen, dass auch die Strafregisterauszüge der - nicht in der Geschäftsführung tätigen - Vorstandsmitglieder des XXXX bzw. Prokuristen der XXXX AG vorzulegen seien. Das Verständnis der Antragsteller sei es gewesen, dass im Einzelfall darauf abzustellen sei, ob diese Personen in die Geschäftsführung eingebunden seien oder nicht. Im Hinblick darauf, dass dies weder für die Prokuristen der Kapsch BusinesCom AG noch für die Vorstandsmitglieder des XXXX zutreffe, sei die Übermittlung von deren Strafregisterauszügen nicht geboten gewesen. In diesem Sinn sei es zwar richtig, dass mit dem Begriff "Geschäftsführung und sonstige in der Geschäftsführung tätige natürliche Personen" nicht nur Geschäftsführer gemeint seien. Wie dies jedoch schon aus den Teilnahmeunterlagen zu entnehmen sei, sei darauf abzustellen, ob diese natürlichen Personen und deren allfällige Bestrafung die "Zuverlässigkeit der Geschäftsführung einer juristischen Person in Frage stellt". Es komme also auf die jeweilige Einbindung der natürlichen Person in die Geschäftsführung an. Personen, die keine Einbindung in die Geschäftsführung haben, seien unbeachtlich. In diesem Sinn spreche auch § 68 Abs. 1 Z 1 BVergG ausdrücklich von "in der Geschäftsführung tätige, physische Personen" und würden die Straftatbestände gemäß § 68 BVergG ausschließlich auf die Geschäftsführung eines Unternehmens abstellen. Auf das Vertretungsverhältnis nach außen werde weder in den Teilnahmeunterlagen noch im § 68 BVergG abgestellt. In diesem Sinne sei gegenüber dem XXXX durch eine in Vergaberechtsangelegenheiten ausgewiesene Rechtsanwaltskanzlei klargestellt worden, dass Strafregisterauszüge von "Prokuristen" nicht gefordert werden dürften.

4. Am 07.08.2015 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Die Niederschrift lautet auszugsweise:

Zum Vorbringen die Auftraggeberin hätte am 03.06.2015 Einsicht genommen in den XXXX-Kataster: Dies ist unrichtig, soweit sich dies auf das gegenständliche Vergabeverfahren bezieht. Die Auftraggeberin hat am 03.06.2015 Einsicht genommen in Bezug auf das Vergabeverfahren "ORF-Office" und hat zu diesem Zeitpunkt keine entsprechende Vollmacht für das gegenständliche Vergabeverfahren. Der Auftraggebervertreter hat erstmals am 16.06.2015 in Bezug auf das gegenständliche Vergabeverfahren Einsicht genommen und eine Vollmacht vorgelegt. Vorgelegt wird das Zugriffsprotokoll zum XXXX wonach sich ergibt, dass am 03.06.2015 die Abfrage im Namen des ORF gemacht wurde und nicht im Namen der Auftraggeberin und wird zum Akt genommen. Ein Mängelbehebungsauftrag kann niemals korrekt zu Stande gekommen sein, bevor eine rechtswirksame Einsichtnahme in den Auftragnehmer Kataster der XXXX erfolgte. Die Aufforderung vom 09.06.2015 erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem die Auftraggeberin noch nicht Einsicht genommen hat bzw. die Auftraggebervertreterin noch ohne Vollmacht Einsicht genommen hat. Im Hinblick darauf, dass keine Einsichtnahme in den XXXX erfolgte, kann diese erste Aufforderung vom 09.06.2015 nur als Aufforderung zur Nachreichung von Unterlagen gem. § 70 Abs. 2 BVergG verstanden werden.

..........

Die Auftraggeberin führt zur Vollmacht betreffend XXXX-Einsicht aus:

Die Vollmacht ist einerseits bereits durch die Mandatierung der vergebenden Stelle mit der Abwicklung des gegenständlichen Vergabeverfahren erfolgt. Darüber hinaus hat die Auftraggeberin die vergebende Stelle auch nochmals ausdrücklich hinsichtlich XXXX-Abrufs bevollmächtigt. Die gegenständliche Vollmacht kann selbstverständlich nachgereicht werden. Im Übrigen ist unstrittig und durch den vorgelegten Vergabeakt bewiesen, dass die Information über das Vorliegen oder Nicht-Vorliegen von Eignungsnachweisen betreffend die Antragstellerin im XXXX-Register am 03.06.2015 bei der Auftraggeberin vorgelegen ist. Bereits zu diesem Zeitpunkt - und nur darauf kommt es an - ist entgegen dem Verweis der Antragstellerin in ihrem Teilnahmeantrag auf das XXXX-Verzeichnis, nicht der angezeigte Umfang der Eignungsnachweise im XXXX hinterlegt gewesen. Der Abruf am 03.06.2015 erfolgte durch eine bei der vergebenden Stelle tätigen Anwältin, die ihre Log-in Daten verwendete. Vergaberechtlich ist es jedoch irrelevant, von welchem User die vergebende Stelle die Einsicht in das XXXX-Register (Beilage /A der Verhandlungsschrift) vornimmt.

Die Antragsteller bringen vor: Es ist nicht unerheblich, zu welchem Vergabeverfahren Abrufe erfolgen. Zugang zur Liste der geeigneten Unternehmer haben ausschließlich öffentliche Auftraggeber, nicht jedoch Rechtsanwaltskanzleien. Im gegenständlichen Fall hat die Auftraggeberin Vertreterin namens des ORF abgefragt.

..........

Die Antragsteller bringen vor: Allgemein zugängliches Verzeichnis

heißt für öffentliche Auftraggeber zugänglich, nicht jedoch für

jedermann. Ein für jedermann zugängliches Verzeichnis widerspreche

den datenschutzrechtlichen Erfordernissen. Die

Auftraggebervertreterin ist jedoch keine öffentliche Auftraggeberin,

sondern eine Rechtsanwaltskanzlei. Sie hat widerrechtlich abgerufen

unter dem Verweis auf den ORF und verwertet das jetzt für ein

anderes Verfahren. Dies kann keinen ordentlichen

Mängelbehebungsauftrag rechtfertigen.

..........

Über Befragen von Mag. PLEILE führt die Antragstellerin aus, dass es - unabhängig von der Wahl des Projektes bei der Abfrage - technisch möglich ist, in jeden Datensatz der in der Liste eingetragenen Personen Einsicht zu nehmen, wobei der Auftraggeber vertraglich eingeschränkt ist, nur jene Datensätze anzuschauen, die für das jeweilige Vergabeverfahren von Relevanz sind. Es gibt auch eine vertragliche Bestimmung zwischen der XXXX Rechtsanwaltkanzlei.

Die Antragstellerin bestätigt, dass auch über den Einstieg ins XXXX unter dem Betreff "ORF" es technisch möglich war, Auskünfte für das gegenständliche Vergabeverfahren zu erhalten, rechtlich war dies jedoch unzulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1. Die Wiener Zeitung Digitale Publikationen GmbH hat die gegenständlichen Leistungen ("Vertriebslizenz in Österreich für eine e-Procurement Lösung für öffentliche Auftraggeber") im Wege eines Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung ausgeschrieben. Die EU-weite Veröffentlichung der Bekanntmachung erfolgte am 20.03.2015 im Supplement zum Amtsblatt der EU. Die Veröffentlichung der Bekanntmachung in Österreich erfolgte am 17.03.2015 im Amtsblatt der Wiener Zeitung. Es erfolgten insgesamt zwei Berichtigungen (erste Berichtigung am 04.04.2015, zweite Berichtigung am 16.05.2015). Die Teilnahmefrist endete am 01.06.2015, 10.00 Uhr.

2. In Teil A - Teilnahmebestimmungen ist unter der Überschrift "Wichtige Informationen" als vergebende Stelle genannt:

Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG ("WT"),

Schubertring 6, 1010 Wien

Telefax: +43 (1) 51510 66 5352

E-Mail: wiener-zeitung@wolftheiss.com

3. Punkt 4.2.1 des Teils A - Teilnahmebestimmungen lautet auszugsweise:

Berufliche Zuverlässigkeit

Der Bewerber (bei Bewerbergemeinschaften: jedes Mitglied) sowie jeder Subunternehmer muss nachweisen, dass er zuverlässig im Sinne des § 72 BVergG ist bzw gegen ihn keine Ausschlussgründe gemäß § 68 Abs 1 BVergG vorliegen.

Zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit sind folgende Unterlagen vorzulegen:

..........

* Strafregisterbescheinigung oder eine gleichwertige Bescheinigung

einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde des Herkunftslandes (vgl.

Anhang VII BVergG) sämtlicher Geschäftsführer und sonstiger in der

Geschäftsführung tätigen natürlichen Personen, aus der jeweils

hervorgeht, dass die berufliche Zuverlässigkeit des Unternehmers

oder im Falle einer juristischen Person seiner Geschäftsführung,

nicht in Frage gestellt ist und keine Ausschlussgründe gem. § 68 Abs

1 Z 1 BVergG vorliegen;

..........

Alternativ dazu kann der Bewerber (sowie die benannten Subunternehmer) eine Eigenerklärung über das Vorliegen seiner beruflichen Zuverlässigkeit abgeben (Formblatt B7). In diesem Fall hat der Bewerber die genannten Nachweise für das Vorliegen der beruflichen Zuverlässigkeit unverzüglich auf Aufforderung des AG vorzulegen. Der AG rät jedoch dazu, die genannten Nachweise bereits gemeinsam mit dem Teilnahmeantrag vorzulegen.

Sofern im Herkunftsland des Unternehmens, für das die berufliche Zuverlässigkeit nachgewiesen werden soll, die Ausstellung der oben geforderten Nachweise nicht oder nicht innerhalb der verfahrensgegenständlichen Fristen möglich ist, hat der Bewerber diesen Umstand glaubhaft zu machen und stattdessen eine eidesstattliche Erklärung gemäß Formblatt B7a abzugeben.

4. Im Formblatt B2 des Teilnahmantrages der Antragsteller findet sich in der Liste "Nachweise zur beruflichen Zuverlässigkeit" der Hinweis "im XXXX hinterlegt".

5. Am 09.06.2015 richtete die Auftraggeberin unter dem Betreff "Nachreichung bzw. Mängelbehebung" ein Schreiben an die Antragsteller. Dieses lautet auszugsweise:

Die Prüfung des Teilnahmeantrages hat ergeben, dass nicht alle erforderlichen Nachweise beigelegt wurden bzw. einige Punkte aufklärungsbedürftig sind. Wir ersuchen daher, sämtliche im Folgenden angeführten Nachweise zu erbringen bzw. Aufklärungen zu erstatten.

..........

2. Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit - Strafregisterauszüge

Gemäß Punkt 4.2.1 der Teilnahmebestimmungen (Teil A) waren von allen Mitgliedern der Bewerbergemeinschaft sowie von allen Subunternehmen zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit unter anderem Strafregisterbescheinigungen oder gleichwertige Bescheinigungen einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde des Herkunftslandes (vgl Anhang VII BVergG) sämtlicher Geschäftsführer und sonstiger in der Geschäftsführung tätigen natürlichen Personen vorzulegen.

Dem Teilnahmeantrag der Bewerbergemeinschaft XXXX lagen nur Strafregisterauszüge für die Geschäftsführer und Prokuristen der XXXX bei. Für die übrigen Mitglieder der Bewerbergemeinschaft sowie die namhaft gemachten Subunternehmer lagen dem Teilnahmeantrag hingegen keine Strafregisterauszüge der Geschäftsführer und sonstigen in der Geschäftsführung tätigen natürlichen Personen bei.

Wir fordern Sie daher zur Vorlage von Strafregisterauszügen der Geschäftsführer und sonstiger in der Geschäftsführung tätigen natürlichen Personen der XXXX GmbH, der XXXX AG, des Vereins XXXX sowie der XXXX GmbH auf.

6. Am 15.06.2015 nahmen die Antragsteller zum Schreiben der Auftraggeberin vom 09.06.2015 Stellung.

Zu Punkt 2. "Strafregisterauszüge zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit" verwiesen sie hinsichtlich der XXXX AG auf die im XXXX verfügbaren Strafregisterauszüge der Vorstände XXXX. Bezüglich dieser Personen scheint keine Verurteilung auf. Die Nennung bzw. der Verweis auf Strafregisterauszüge sonstiger Personen der XXXX AG findet sich im Schreiben der Antragsteller vom 15.06.2015 nicht.

7. Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 03.07.2015 wurde den Antragstellern die Nicht-Zulassung zur Teilnahme unter analoger Anwendung von §§ 129 Abs. 1 Z 2 und 7 sowie 129 Abs. 2 BVergG mitgeteilt. Die vollständige Übermittlung dieses Schreiben langte bei den Antragstellern am 06.07.2015 ein.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus dem Verfahrensakt bzw. den Stellungnahmen der Parteien. Bei der Beweiswürdigung haben sich gegen die Echtheit und Richtigkeit der Vergabeunterlagen der Auftraggeberin keine Bedenken ergeben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und Zulässigkeit der Anträge

Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 292 Abs 1 BVergG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 291, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung handelt, in Senaten.

Auftraggeber im Sinne des § 2 Z 8 BVergG ist die Wiener Zeitung Digitale Publikationen GmbH. Diese ist öffentlicher Auftraggeber gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 BVergG (siehe dazu bereits BVwG 27.02.2015, W134 2017434-2/33E). Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag iSd § 6 BVergG. Der geschätzte Auftragswert beträgt rund EUR 2,2 Mio sodass es sich gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 BVergG um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich handelt.

Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren ist entsprechend § 312 Abs. 1 und 2 BVergG iVm Art 14b Abs. 2 Z 1 lit. e B-VG gegeben.

Da das Vergabeverfahren weder widerrufen noch ein Zuschlag erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht in concreto gemäß § 312 Abs. 2 Z 2 BVergG zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers zuständig.

Der Antrag wurde innerhalb der Anfechtungsfrist gemäß § 321 Abs. 1 BVergG eingebracht. Die Pauschalgebühr wurde jedenfalls in entsprechender Höhe entrichtet (§ 318 Abs. 1 Z 1 BVergG iVm § 1 BVwG-PauschGebV). Ein sonstiger Grund für die Unzulässigkeit des Antrages nach § 322 Abs. 2 BVergG liegt nicht vor. Der Antrag wurde auch rechtzeitig iSd § 322 Abs. 1 Z 8 BVergG gestellt, dass die Entscheidungsfrist gemäß § 321 Abs. 1 BVergG gegenständlich erst mit der vollständigen Übermittlung der gesondert anfechtbaren Entscheidung "Nicht-Zulassung zur Teilnahme" am 06.07.2015 zu laufen begann. Über den (in eventu) gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung ist daher nicht mehr abzusprechen.

Inhaltliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt 1.:

Gemäß § 19 Abs. 1 BVergG sind Vergabeverfahren nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.

Gemäß § 68 Abs. 1 Z 1 BVergG hat der Auftraggeber - unbeschadet der Abs. 2 und 3 - Unternehmer von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn der Auftraggeber Kenntnis von einer rechtskräftigen Verurteilung gegen sie oder - sofern es sich um juristische Personen, eingetragene Personengesellschaften oder Arbeitsgemeinschaften handelt - gegen in deren Geschäftsführung tätige physische Personen hat. Gemäß § 68 Abs. 1 Z 4 BVergG hat der Auftraggeber - unbeschadet der Abs. 2 und 3 - Unternehmer von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn gegen sie oder - sofern es sich um juristische Personen, eingetragene Personengesellschaften oder Arbeitsgemeinschaften handelt - gegen physische Personen, die in der Geschäftsführung tätig sind, ein rechtskräftiges Urteil wegen eines Deliktes ergangen ist, das ihre berufliche Zuverlässigkeit in Frage stellt.

Gemäß § 69 Z 3 BVergG muss die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit beim Verhandlungsverfahren grundsätzlich spätestens zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Angebotsabgabe vorliegen.

Gemäß § 70 Abs. 5 BVergG kann der Unternehmer den Nachweis der Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit auch durch den Nachweis der Eintragung in einem einschlägigen, allgemein zugänglichen Verzeichnis eines Dritten führen, sofern diesem die vom Auftraggeber festgelegten Unterlagen in der vom Auftraggeber gewünschten Aktualität vorliegen und vom Auftraggeber selbst unmittelbar abrufbar sind.

Zum - erstmals in der mündlichen Verhandlung erstatteten - Vorbringen der Antragsteller, wonach ein Mängelbehebungsauftrag niemals korrekt zu Stande gekommen sein konnte, da die Auftraggeberin zu diesem Zeitpunkt noch über keine entsprechende Vollmacht in die Einsichtnahme des XXXX-Katasters verfügt habe, ist folgendes festzuhalten:

Gemäß der Begriffsdefinition des § 2 Z 42 BVergG ist vergebende Stelle jene Organisationseinheit oder jener Bevollmächtigter des Auftraggebers, die bzw. der das Vergabeverfahren für den Auftraggeber durchführt. Im gegenständlichen Vergabeverfahren fungiert die Anwaltskanzlei Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG als vergebende Stelle für die Auftraggeberin (vgl. Teil A - Teilnahmebestimmungen, "Wichtige Informationen"). Die Kanzlei Wolf Theiss ist somit bevollmächtigte Vertreterin der Wiener Zeitung Digitale Publikationen GmbH für das gesamte gegenständliche Vergabeverfahren. Die Kanzlei Wolf Theiss war im Übrigen schon in der EU-weiten Veröffentlichung als "Kontaktstelle" (inklusive Telefonnummer, Fax und E-Mail) benannt.

Die zivilrechtliche Bedeutung der Bestimmung des § 2 Z 42 BVergG ist, dass die vergebende Stelle Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers ist und von diesem alle für ihn geltenden rechtlichen Verpflichtungen der vergebenden Stelle zu überbinden sind (Pachner in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, § 2 Z 42 Rz 13). Somit war aber die Auftraggeberin, namens ihrer Vertretung, jedenfalls schon vor dem 16.06.2015 befugt, gegenständlich vergaberechtliche Schritte, insbesondere die Eignungsprüfung hinsichtlich des Teilnahmeantrags der Antragsteller, vorzunehmen. Vergaberechtlich war die Vorgehensweise der vergebenden Stelle daher jedenfalls zulässig.

Soweit die Antragsteller vorbringen, dass die am 03.06.2015 erfolgte Einsichtnahme in das XXXX-Register zu einem anderen Vergabeverfahren (mit dem Logo "ORF") erfolgt sei, ist zunächst auszuführen, dass die Antragsteller in der mündlichen Verhandlung selbst bestätigt haben, dass es "technisch möglich war, auch über den Einstieg ins XXXX unter dem Betreff "ORF" Auskünfte für das gegenständliche Vergabeverfahren zu erhalten". Der am 03.06.2015 vorgenommene Einstieg zwecks Abfrage hinsichtlich der Eignung der Antragsteller ist überdies offenkundig dem gegenständlichen Vergabeverfahren zuordenbar (siehe die Abfrage für die einzelnen Mitglieder der Bewerbergemeinschaft der Antragsteller im Vergabeakt, Nummer 10.2).

Unstrittig steht fest, dass die Antragsteller - im Zuge des Verbesserungsverfahrens vom 15.06.2015 - für die XXXX AG die Strafregisterauszüge der beiden Vorstandsmitglieder übermittelt haben. Strafregisterauszüge von sonstigen in der Geschäftsführung tätigen natürlichen Personen, insbesondere der im Firmenbauch aufscheinenden 18 Prokuristen, wurden nicht vorgelegt. Zu überprüfen ist nunmehr, ob die Nicht-Zulassungsentscheidung der Auftraggeberin aus diesem Grunde zu Recht erfolgt ist:

Zunächst ist festzuhalten, dass die gegenständlichen berichtigen Teilnahmebestimmungen nicht angefochten wurden und sohin Bestandskraft erlangt haben (siehe VwGH vom 7. November 2005, 2003/04/0135; dem folgend ua BVA vom 16. April 2008, N/0029-BVA/09/2008-27 = ZVB 2008, 209 [Hackl]). Sowohl die Auftraggeberin als auch die Bewerber sind an die in der Ausschreibung festgelegten Bestimmungen gebunden. Ein nachträgliches Abgehen von den Bestimmungen der Teilnahmebestimmungen ist im Sinne der Gleichbehandlung aller Bieter nicht mehr möglich (vgl. EuGH vom 25. April 1996, Rs C-87/94 , Wallonische Busse, RN 89). Das bedeutet in weiterer Folge auch, dass es dem Bundesverwaltungsgericht verwehrt ist, derart bestandskräftige Entscheidungen im Zuge der Anfechtung späterer Auftraggeberentscheidungen inzident in Prüfung zu ziehen (siehe grundlegend VwGH vom 15. September 2004, 2004/04/0054; VwGH vom 7. September 2009, 2007/04/0090; VwGH vom 27. Juni 2007, 2005/04/0234; VwGH vom 7. November 2005, 2003/04/0135; für viele ua BVA vom 8. Februar 2008, N/0008-BVA/06/2008-29, mwN).

Die Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen hat nach ständiger Rechtsprechung und dem einschlägigen Schrifttum auch im Vergaberecht nach den Regeln der §§ 914f ABGB zu erfolgen (siehe ua BVA vom 18. Jänner 2008, N/0118- BVA/04/2007-36; BVA vom 11. Jänner 2008, N/0112-BVA/14/2007-20; BVA vom 28. Juni 2007, N/0057-BVA/11/2007-25; Rummel, Zivilrechtliche Probleme des Vergaberechts, ÖZW 1999, 1). Ausschreibungsunterlagen sind demnach nach ihrem objektiven Erklärungswert zu interpretieren. Es ist daher zunächst vom Wortlaut in seiner üblichen Bedeutung auszugehen. Dabei ist die Absicht der Parteien zu erforschen und sind rechtgeschäftliche Erklärungen so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Die aus der Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen sind danach zu beurteilen, wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage zu verstehen war und somit wie diese ein redlicher Erklärungsempfänger zu verstehen hatte. Dabei kommt es nicht auf den von einer Partei vermuteten Zweck der Ausschreibungsbestimmungen an, sondern ist vielmehr der objektive Erklärungswert der Ausschreibung maßgeblich (siehe VwGH vom 19. November 2008, 2007/04/0018 und 2007/04/0019; VwGH vom 29. März 2006, 2004/04/0144, 0156, 0157; ebenso ua BVA vom 2. Mai 2011, N/0021-BVA/10/2011-33 mwN; BVA vom 11. Jänner 2008, N/0112-BVA/14/2007-20). Die Bedeutung der Ausschreibung richtet sich weder nach den Motiven des Auftraggebers noch danach, wie dies der Erklärungsempfänger (Bieter) subjektiv verstanden hat, sondern allein danach, wie der Text der Ausschreibung unter Berücksichtigung aller Umstände objektiv verstanden werden musste (BVA vom 4. Juni 2012, N/0045-BVA/07/2012-23 unter Verweis auf VwGH 16. Februar 2005, 2004/04/0030 sowie Öhler/Schramm in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, § 2 Z 3 Rz 8 zur insoweit vergleichbaren Situation der Interpretation des Angebotes). Ebenso ist für die Interpretation von Willenserklärungen der Bieter und damit für das Angebot der Antragstellerin der objektive Erklärungswert maßgeblich (VwGH vom 21. November 2011, 2006/04/0024; vom 25. Jänner 2011, 2006/04/0200; BVA vom 14. Juni 2012, N/0048-BVA/03/2012-23 ua).

Schon aufgrund einer reinen Wortinterpretation der Bestimmung in Punkt 4.2.1, "Berufliche Zuverlässigkeit", des Teils A - Teilnahmebestimmungen kann nur geschlussfolgert werden, dass Strafregisterauszüge nicht nur von sämtlichen Geschäftsführern (in concreto dem Geschäftsführer und dessen Stellvertreter), sondern darüber hinaus auch von allen übrigen Personen, die in der Geschäftsführung tätig sind, vorgelegt werden hätten müssen (vgl. "sonstiger"). Hätte die Auftraggeberin lediglich die Strafregisterauszüge des Geschäftsführers (oder des Stellvertreters) verlangen wollen, wäre der Wortfolge "und sonstiger in der Geschäftsführung tätigen natürlichen Personen" jeglicher Anwendungsbereich genommen. Von einer solchen Auslegung sind letztlich auch die Antragsteller offenkundig ausgegangen (vgl. insbesondere das jüngste Vorbringen in der Replik vom 05.08.2015, Rn 5.2.3). Zu prüfen ist nunmehr, ob Prokuristen unter den Anwendungsbereich "sonstige in der Geschäftsführung tätige natürliche Personen" fallen.

Nach § 2 Abs. 1 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) sind Entscheidungsträger Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder, Prokuristen, Personen, die aufgrund organschaftlicher oder rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht in vergleichbarer Weise dazu befugt sind, den Verband nach außen zu vertreten, weiters Mitglieder des Aufsichtsrates oder des Verwaltungsrates oder Personen, die sonst Kontrollbefugnisse in leitender Stellung oder maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung des Verbandes ausüben. Als in der Geschäftsführung tätige physische Personen sind daher Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder oder Prokuristen sowie Personen, die das Unternehmen aufgrund organschaftlicher oder rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht in vergleichbarer Weise nach außen vertreten, anzusehen (Heid/Kondert in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht³ [2010] Rz 1081). Auch Mayr verweist zu § 68 Abs. 1 Z 1 BVergG auf das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz und führt aus: "Wer in der Geschäftsführung tätig ist, kann sich entweder aus dem Firmenbuch oder aus dem Vertrag über die Gründung der betreffenden Person ergeben. Durch die Formulierung "in der Geschäftsführung tätige physische Personen" wird nicht auf die Tätigkeit im innerbetrieblichen Geschäftsbereich "Geschäftsführung" abgestellt, sondern auf gewisse Kompetenzen." Ein Assistent der Geschäftsführung wird beispielhaft nicht als in der Geschäftsführung tätige Person iSd § 68 Abs. 1 Z 1 anzusehen sein (Mayr in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, § 68 Rz 22). Im Umkehrschluss ist daraus zu folgen, dass ein Prokurist jedenfalls als eine in der Geschäftsführung tätige Person iSd § 68 Abs. 1 Z 1 BVergG anzusehen ist und somit auch unter die Formulierung des Punktes 4.2.1 des Teils A - Teilnahmebestimmungen zu subsumieren ist. Auch die Rechtsprechung der Vergabekontrollbehörden geht von einem solchen Verständnis aus:

Der UVS Kärnten hält in seiner Entscheidung vom 10.08.2012, KUVS-1602/21/2012, zum Prokuristen fest, dass auch ein solcher eine in der Geschäftsführung tätige Person darstellt. Im Bescheid heißt es weiter:

"Diesbezüglich ist festzuhalten, dass § 49 UGB, die Prokura zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Unternehmens mit sich bringt, ermächtigt. Für diese bedarf es keiner besonderen Vollmacht nach § 1008 ABGB. Zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken ist der Prokurist ermächtigt, wenn ihm diese Befugnis besonders erteilt ist. Gemäß § 50 UGB ist eine Beschränkung des Umfanges der Prokura Dritten gegenüber unwirksam. Dies gilt insbesondere von der Beschränkung, dass die Prokura nur gewisse Geschäfte oder für gewisse Arten von Geschäften oder nur unter gewissen Umständen oder für eine gewisse Zeit oder in einzelnen Orten ausgeübt werden soll. Gemäß § 43 UGB ist die Prokura im Firmenbuch einzutragen. Aus dem Wortlaut des § 68 Abs. 1 Z 4 BVergRG 2006 "in der Geschäftsführung tätige physische Personen" kann nunmehr nicht abgeleitet werden, dass hiermit nur der Geschäftsführer als solcher gemeint sei [...], sondern ist jedenfalls auch der Prokurist als in der Geschäftsführung tätige Person anzusehen, wie sich dies aus den oben dargelegten Bestimmungen des UGB zur Prokura ergibt."

Auch das BVA führt in seinem Bescheid vom 22.06.2012, N/0053-BVA/08/2012-93, aus:

"Bei diesem Verfahrensstand kann dahinstehen, ob die ausgesprochene Nichtigerklärung nicht auch deshalb zu erfolgen hätte, weil der rechtskräftig verurteilte Herr G*** nach den Verfahrensergebnissen ab Februar 2012 weiterhin alleinvertretungsbefugter Prokurist der Mitbeteiligten; damit Entscheidungsträger gemäß § 2 Abs 1 Z 1 VbVG; und damit gleichfalls ohnehin eine in der Geschäftsführung tätige Person iSd § 229 Abs 1 Z 4 BVergG 2006 wäre, wie dies zB von Heid/Kondert in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht³ Rz 1081 vertreten werden dürften. Für ein derartiges Ergebnis könnte nämlich rechtlich zusätzlich sprechen, dass das Gesetz in § 229 Abs 1 Z 4 BVergG 2006 den Begriff der Geschäftsführung verwendet, obwohl zB Aktiengesellschaften formalbegrifflich keine Geschäftsführer, sondern Vorstandsmitglieder iSd §§ 70ff AktG haben, was aber einen materiellen Geschäftsführungsbegriff in § 229 Abs 1 Z 4 BVergG 2006 nahelegt, wenn man nicht insoweit die Anwendbarkeit des § 229 Abs 1 Z 4 AktG abseits von GmbH - Geschäftsführern gänzlich in Frage stellen möchte."

Wie bereits vom UVS Kärnten richtigerweise darauf hingewiesen wurde, ermächtigt die Prokura gemäß § 49 Abs. 1 UGB zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Unternehmers mit sich bringt. Gemäß § 50 Abs. 1 UGB ist eine Beschränkung des Umfanges zur Prokura Dritten gegenüber unwirksam. Schließlich ist nach § 53 Abs. 1 UGB die Erteilung der Prokura vom Unternehmer zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden. Dies erfolgte auch bezüglich der insgesamt 18 Prokuristen der XXXX AG.

Dass Prokuristen unter dem Begriff "sonstiger in der Geschäftsführung tätigen natürlichen Personen" fallen, war aber offenkundig auch dem Begriffsverständnis der Antragsteller zu entnehmen. Die Antragsteller haben nämlich ihrem Teilnahmeantrag die Strafregisterauszüge für die Geschäftsführer und Prokuristen der XXXX beigelegt. Darauf nahm auch die Auftraggeberin in ihrem Mängelbehebungsauftrag vom 09.06.2015 ausdrücklich Bezug. Warum aber die Antragsteller nunmehr davon ausgehen, dass die Auftraggeberin im Rahmen des Verbesserungsverfahrens vom 09.06.2015 explizit auf die Prokuristen der XXXX AG hinweisen hätte müssen, erschließt sich für das Bundesverwaltungsgericht nicht. Der Verbesserungsauftrag der Auftraggeberin war somit klar und eindeutig, zumal die Auftraggeberin in ihrer bestandskräftigen Festlegung durch die Formulierung "sonstiger in der Geschäftsführung tätigen natürlichen Personen" einen sehr weit umfassten Personenkreis einschließen wollte, zu denen jedenfalls die Prokuristen zu zählen sind.

Der Einwand der Antragsteller in der Replik vom 05.08.2015, wonach im Einzelfall darauf abzustellen sei, ob Prokuristen in die Geschäftsführung eingebunden sind oder nicht und dies für die Prokuristen der XXXX AG nicht zutreffe, ist schon deshalb unbeachtlich, weil die Antragsteller kein substantiiertes Vorbringen dahingehend erstattet haben, welcher der insgesamt 18 Prokuristen und aus welchem Grund - entgegen § 49 Abs. 1 UGB - konkret nicht in der Geschäftsführung tätig sein sollte.

Soweit die Antragsteller mehrfach vorbringen, dass die Auftraggeberin im Hinblick auf die Einholung von Strafregisterauszügen einen zweiten Mängelbehebungsauftrag erteilen hätte müssen, ist zunächst auf die Literatur zu § 70 Abs. 4 BVergG hinzuweisen, wonach das Nachreichen von Nachweisen nicht unbeschränkt zulässig ist: "Auch in zeitlicher Hinsicht steht die Möglichkeit der nachträglichen Vorlage v Nachweisen nicht unbeschränkt offen. Wenn ein Unternehmer einer Aufforderung zur Nachbringung bzw Vervollständigung v Nachweisen nicht zeitgerecht oder nicht ausreichend nachkommt, dann ist sein Angebot jedenfalls auszuscheiden. Erforderlich ist allerdings, das die Aufforderung zur Nachreichung von Nachweisen hinreichend konkretisiert war" (Mayr in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, § 70 Rz 39). Wie bereits festgehalten war aber das Schreiben der Auftraggeberin vom 09.06.2015 hinreichend konkret, da ein redlicher Erklärungsempfänger die Aufforderung "zur Vorlage von Strafregisterauszügen der Geschäftsführer und sonstiger in der Geschäftsführung tätigen natürlichen Personen der XXXX GmbH, der XXXX AG, des Vereins XXXX sowie der XXXX GmbH" nur dahingehend verstehen konnte, dass darunter jedenfalls auch die Strafregisterauszüge sämtlicher Prokuristen vorzulegen gewesen wären.

Die Antragsteller haben in ihrem Teilnahmeantrag für sämtliche Mitglieder der Bewerbergemeinschaft zwar eine Eigenerklärung laut Formblatt B7 abgegeben. Parallel dazu jedoch auch das Formblatt B2 ausgefüllt, womit sie sich aber zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit auf die Eintragung in einem einschlägigen, allgemein zugänglichen Verzeichnis eines Dritten iSd § 70 Abs. 5 BVergG berufen haben (vgl. den Hinweis "im XXXX hinterlegt"). Die Materialien nennen als Beispiel eines solchen Verzeichnisses den Österreichischen Auftragnehmerkataster (RV 1171 BlgNR 22. GP 62). In diesem Zusammenhang ist auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.05.2014, W139 20015404-1/41E, zu verweisen. Dieses lautet auszugsweise:

Im Falle der Abgabe einer Eigenerklärung stellt die Aufforderung gemäß § 70 Abs 3 und 4 BVergG, Eignungsnachweise nachzureichen, grundsätzlich keine Aufforderung zur Mängelbehebung dar, sondern ist dies das erstmalige Ersuchen um Vervollständigung von Eignungsnachweisen. Dabei handelt es sich um einen regulären "Schritt" im Zuge der Angebotsprüfung. Kommt ein Bieter in der Folge diesem Vorlageersuchen nicht entsprechend nach, so ist der Auftraggeber gegebenenfalls verpflichtet, Gelegenheit zur Mängelbehebung zu geben (BVA vom 27. Februar 2013, N/0123-BVA/14/2012-35; Fink/Hofer in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht³ [2010] Rz 1432; Schramm, Einzelfragen zu Eignungsnachweisen und zur Eignungsprüfung nach der BVergG-Novelle 2009, ZVB 2010, 446 ff).

Vorliegend machte die Antragstellerin parallel zur Möglichkeit der Abgabe einer Eigenerklärung unmissverständlich durch Ausfüllen des Formblattes 2 auch davon Gebrauch, den Nachweis (zur Zuverlässigkeit) durch den Verweis auf die entsprechende Eintragung im XXXX zu führen. In Zusammenhalt mit den Ausschreibungsbedingungen kommt dieser Erklärung bei Anlegen des oben aufgezeigten Interpretationsmaßstabes zweifellos die Bedeutung zu, dass die Antragstellerin insofern nicht den Nachweis durch Einzelnachweise zu führen beabsichtigt, sondern durch deren Eintragung im XXXX. Die Antragstellerin bringt damit zum Ausdruck, dass die geforderten Nachweise durch Befüllen der Spalte betreffend die Strafregisterauszüge und somit auch jene Nachweise iSd Punktes 14.

a) 5) der Allgemeinen Bedingungen, beim XXXX in der von der Auftraggeberin gewünschten Aktualität vorhanden und demnach auch abrufbar sind (§ 70 Abs 5 BVergG). Die Auftraggeberin konnte sohin davon ausgehen, dass beim XXXX bereits entsprechende Nachweise hinterlegt sind, welche gegebenenfalls (bloß) zu aktualisieren wären. Insofern kann sich die Antragstellerin auch nicht darauf berufen, dass das Formblatt 2 Unterlagen auf gesonderte Aufforderung betrifft.

Damit scheidet aber nach Ansicht des erkennenden Senates in der vorliegenden Konstellation der erste Schritt, nämlich die gesonderte Aufforderung zur Vorlage von bislang angesichts der Abgabe einer Eigenerklärung nicht vorgelegten Einzelnachweisen, aus. Andernfalls würde einem Bieter im Falle der Nutzung einer Eigenerklärung bei gleichzeitigem Verweis auf die Nachweisführung mittels XXXX entgegen den Grundsätzen des Vergabeverfahrens, insbesondere dem Grundsatz der Gleichbehandlung, mehrmals die Möglichkeit zur "Verbesserung" eines - im fehlenden Eignungsnachweis liegenden - Angebotsmangels ermöglicht werden (ua BVA vom 20. Dezember 2007, N/0110-BVA/02/2007-43; BVA vom 21. April 2008, N/0030-BVA/10/2008-36; BVA vom 15. März 2013, N/0009-BVA/03/2013-22; Fink/Hofer in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht³ [2010] Rz 1430 und 1438; Öhler/Schramm in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, § 129 Rz 148; C. Mayr in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, § 70 Rz 39).

Der Senat schließt sich diesen rechtlichen Erwägungen an, die auch für den gegenständlich zu beurteilenden Sachverhalt von Relevanz sind. Auch die Antragsteller haben im Formblatt B2 - Teilnahmeantrag bezüglich des Nachweises der beruflichen Zuverlässigkeit auf den XXXX verwiesen (vgl. "im XXXX hinterlegt"). Wie die Auftraggeberin zu Recht ausführt, war aber der Verweis der Antragsteller im Teilnahmeantrag auf den XXXX als erstmalige Vorlage der erforderlichen Nachweise zu werten und sohin der Mängelbehebungsauftrag der Auftraggeberin vom 09.05.2015 die erste (und gleichzeitig letztmögliche) Aufforderung zur Verbesserung. Eine nochmalige Verbesserung würde auch den Grundsätzen der Transparenz und Gleichbehandlung iSd § 19 Abs. 1 BVergG widersprechen.

Laut Punkt 4.2.1 des Teils A - Teilnahmebestimmungen war die berufliche Zuverlässigkeit bei Bewerbergemeinschaften von jedem Mitglied nachzuweisen. Dadurch, dass die Antragsteller dem Verbesserungsauftrag vom 09.06.2015 hinsichtlich der Strafregisterauszüge eines Mitglieds ihrer Bewerbergemeinschaft, nämlich der XXXX AG nicht rechtzeitig nachgekommen sind, konnten die Antragsteller ihre Eignung (in concreto ihre berufliche Zuverlässigkeit) iSd § 69 Z 3 BVergG nicht rechtzeitig nachweisen. Die Nicht-Zulassung zur Teilnahme der Antragsteller erfolgte daher bereits aus diesem Grunde zu Recht. Auf das übrige Vorbringen der Parteien war daher nicht mehr einzugehen.

Zu Spruchpunkt 2 und 3.:

Gemäß § 2 Z 16 lit. a sublit. dd BVergG sind im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung bzw. nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb folgende Entscheidungen gesondert anfechtbar: die Ausschreibung (Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages); die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Festlegungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung. Die Aufzählung ist taxativ.

Die unter Spruchpunkt 2 und 3 gestellten Nichtigerklärungsanträge fallen nicht unter die gesondert anfechtbaren Entscheidungen iSd § 2 Z 16 lit. a sublit. dd BVergG. Zudem kommen nach der Rechtsprechung des VfGH "Unterlassungen" (in concreto die Anfechtung des "Nicht-Widerrufs") nicht als gesondert anfechtbare Entscheidungen in Betracht (VfGH 02.03.2002, B 691/01 ua).

Da somit die Anträge bereits wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen waren, war auf die seitens der Antragsteller vorgebrachte Problematik betreffend gebotener Widerruf im Zusammenhang mit EuGH Rs C-100/12 , Fastweb, nicht mehr einzugehen.

Zu Spruchpunkt 4.:

Gemäß § 319 Abs. 1 BVergG hat der vor dem Bundesverwaltungsgericht wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 318 BVergG entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber. Der Antragsteller hat ferner Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 318 entrichteten Gebühren, wenn er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.

Da dem Nachprüfungsantrag nicht stattgegeben wurde, besteht kein Anspruch auf Ersatz der Pauschalgebühr.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zur Bestandskraft siehe bereits VwGH 7.11.2005, 2003/04/0135; sieh dazu auch VwGH 17.06.2014, 2013/04/0029; zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vorlage eines Strafregisterauszuges im zweistufigen Verfahren siehe VwGH 01.03.2007, 2005/04/0239) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte