Aus der Judikatur des EuGH211 resultiert eine umfassende Pflicht zur Zusammenrechnung der einzelnen Gewerke (Lose) eines Auftrages, woraus häufig die Pflicht zur EU-weiten Vergabe sämtlicher Gewerke eines Bauvorhabens sowie aller „gleichartiger“ Liefer- und Dienstleistungen resultiert (siehe Punkt 2.2.5.1. und Punkt 2.2.5.2.). Erleichterung für Konstellationen, bei denen der kumulierte Wert aller Lose im Oberschwellenbereich liegt und bestimmte „Kleinlose“ einzeln vergeben werden sollen, ergeben sich aus der sogenannten „großen Losregel“, gemäß der bis zu 20 % des Gesamtauftragswertes nach den „Bestimmungen für die Vergabe im Unterschwellenbereich“ vergeben werden können, sofern der geschätzte Auftragswert der jeweiligen Kleinlose bei Bauaufträgen unter EUR 1 Mio (exkl USt) bzw bei Liefer- und Dienstleistungen unter EUR 80.000,– (exkl USt) liegt.212 Korrespondierend zu dieser „großen Losregel“ bestehen auch Erleichterungen für eine Vergabe von Losen, deren geschätzter Gesamtauftragswert im Unterschwellenbereich liegt („kleine Losregel“).213 Die „kleine Losregel“ spricht aber – über den Wortlaut der „großen Losregel“ in der Fassung des BVergG vor der Novelle 2015 hinausgehend – ausdrücklich davon, dass betreffend dieser Kleinlose „für die Wahl des Verfahrens zur Vergabe von Aufträgen im Unterschwellenbereich [...] als geschätzter Auftragswert der Wert des einzelnen Gewerkes [gilt]“ (§ 14 Abs 4 BVergG; siehe Punkt 2.2.5.3.). Bisher ist die Vergabepraxis trotz dieser unterschiedlichen Textierung allerdings davon ausgegangen, dass auch durch die Anwendung der „großen Losregel“ Erleichterungen bei der Verfahrenswahl erzielt werden können und der Auftragswert des jeweiligen Loses als geschätzter Auftragswert für die Wahl der Verfahrensart herangezogen werden darf.214 Diese Erleichterungen – insbesondere die Direktvergaben – werden in der Praxis von Auftraggebern gerne genutzt.