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3.2 Grundrisiken der Erfassung

Huber1. AuflNovember 2012

Wenn ein Geschäftsfall stattfindet, ist nicht immer sichergestellt, dass er Aufnahme in die Aufzeichnungen findet (Primärrisiko). Vor allem in Kleinst- und Familienbetrieben3939Übliche Auskunft an den Prüfer: „Bei uns sind keine großen Aufzeichnungen nötig, wir vertrauen einander gegenseitig ohnehin alle!“ ist dieses Risikofeld besonders ausgeprägt. Wenn hingegen in mittelgroßen Betrieben ein System im Einsatz ist, das sicherstellt, dass alle Geschäftsfälle in die Aufzeichnungen4040In Italien werden Konsumationsbelege in der Gastronomie (ebenso wie Übernachtungsrechnungen in der Beherbergung) auf amtlichen Vordrucken verfasst (nicht auf neutralem Endlos- oder Einzelpapier, wie in Deutschland oder Österreich). Auf diesen Vordrucken befindet sich eine (fortlaufende) Kontrollnummer. Auch das System selbst vergibt eine (zweite) Rechnungs-Kontrollnummer. Dadurch sind zwei voneinander unabhängige Vollständigkeitsprüfungen möglich. In den USA sind händisch zu beschreibende Formulare aufgelegt, die in den Gastronomiebetrieben den Bereich Bestellung und Fakturierung bei nichtautomatischer Abrechnung (ohne Registrierkassen, EDV) erleichtern. Auf der ersten Seite sind die Bestellungen der Getränke zu erfassen. Abschließend wird eine Summe gebildet, die auf die Hinterseite übertragen wird. Auf der zweiten Seite des Formulars werden die Speisen erfasst. Die gebildete Summe wird in den Abrechnungsbereich übertragen, ebenso wie die Summe der Getränke von der Vorderseite. Die Summe dieser beiden Beträge bildet die Grundlage für die Ermittlung der aufzuschlagenden Steuer. Es ergibt sich die Totalsumme, die der Gast bezahlt. Im oberen Teil des Formulars werden das Datum, der Tisch, die Anzahl der mit der Rechnung abgerechneten Gäste und die Bedienung eingetragen. Der Beleg hat eine (fortlaufende) Nummer. In den unteren Abschnitt des Formulars, welcher abgetrennt und bei Bezahlung dem Gast übergeben wird, werden nochmals das Datum, die Anzahl der Gäste und der Rechnungsbetrag eingesetzt. Auch auf diesem Rechnungsabschnitt ist die Kontrollnummer des Beleges vorhanden. Das Formular bietet einerseits die Möglichkeit der Nachprüfung mittels der Kontrollnummer auf Beleg und Abschnitt, andererseits mittels des Nachvollziehens der Deckung von Datum und Gästen sowie der Summengleichheit des Rechnungsbetrages.

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aufgenommen werden (etwa wegen der Personalkontrolle), besteht dennoch die Gefahr, dass nach der Tagesabrechnung4141In Serbien und Slowenien müssen die Tageslosungen täglich bei Betriebsende der Finanzverwaltung elektronisch (zB über Internet oder SMS) übermittelt werden. Dadurch ist eine risikominimierende und zeitnahe Kontrolle (durch den Datenzugriff auch eine Plausibilitätsprüfung) möglich. Daneben sind auch das Abtauchen eines Betriebes bzw schlichte Non-Compliance bei Einstellung der täglichen Meldungen bei EDV-gestützter Verarbeitung rasch bemerkbar und Kontrollgegenmaßnahmen können unmittelbar einsetzen. bestimmte Entitäten wieder entfernt werden (Sekundärrisiko). Zuletzt existiert noch das Prüfrisiko (Tertiärrisiko), dass zwar die Primär- und Subsidiärerfassung lückenlos erfolgt, aber diese Daten und Beträge nicht vollständig in die Besteuerungsgrundlagen aufgenommen werden. Mit den Maßnahmen der Betriebsprüfung (Prüfsoftware IDEA oder ACL) ist es möglich, das Prüfrisiko (Tertiärrisiko) von der Primärerfassung zur subsidiären Erfassung abzudecken. Die Datenmanipulation (zumindest die Möglichkeit dazu) ist uU durch EDV-Spezialprüfer aufzudecken, die tatsächlichen quantitativen Ausmaße aber kaum; dazu bedarf es Maßnahmen der Erhebung der wahren Verhältnisse durch raschen und unmittelbaren Datenzugriff (Fahndungen). Die Frage der vollständigen Erfassung der Geschäftsfälle in den Primäraufzeichnungen ist nur durch unmittelbare und persönliche Kontrollmaßnahmen4242Die italienische Finanzverwaltung kontrolliert die Ersterfassung mithilfe der Guardia di Finanza, einer Exekutivabteilung, welche die Ausstellung von Rechnungen bei Käufen oder Leistungen überwacht und sowohl den Empfänger als auch den Leistenden zur Verantwortung ziehen kann, wenn ein Geschäft nicht aufgezeichnet wird, und bekämpft so wirksam das Primärrisiko der Nichterfassung. Als Sanktion gegen wiederholte Manipulation kann neben Geldstrafen beispielsweise der Betrieb für eine Zeit von zwischen 3 und 14 Tagen behördlich gesperrt werden. in der Gegenwart (Present Observation4343Zur Present Observation siehe Huber, Zum Problem der quantitativen Entdeckungswahrscheinlichkeit bei der Erlösrevision im Spannungsfeld von Aufzeichnungen, Schätzungsmethoden und mangelnder Compliance, StBp 2007, 165 f.) zu klären.

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