Normen
AVG §56
AVG §78
AVG §78 Abs1
BAO §279
BAO §4
BVwAbgV 1983
BVwAbgV 1983 TP1
BVwAbgV 1983 §1
BVwAbgV 1983 §1 Abs1
BVwAbgV 1983 §2
BVwAbgV 1983 §2 Abs1
BVwAbgV 1983 §3
BVwAbgV 1983 §4
EURallg
MOG Horizontale GAP-V 2015 §14 Z1
MOG Horizontale GAP-V 2015 §16
MOG 2007 §28 Abs3 idF 2014/I/047
VermG 1968 §7a Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §28
VwRallg
32008R0889 LebensmittelkennzeichnungsDV ökologischer Landbau Art36
32013R1306 GAP-Finanzierung Art67 Abs1
32018R0848 Kennzeichnung ökologische/biologische Erzeugnisse Art10
32018R0848 Kennzeichnung ökologische/biologische Erzeugnisse Art10 Abs3
32018R0848 Kennzeichnung ökologische/biologische Erzeugnisse Art10 Abs3 lita
32018R0848 Kennzeichnung ökologische/biologische Erzeugnisse Art10 Abs3 litb
32018R0848 Kennzeichnung ökologische/biologische Erzeugnisse Art3 Z11
32018R0848 Kennzeichnung ökologische/biologische Erzeugnisse Art3 Z9
32020R0464 Kennzeichnung ökologische/biologische Erzeugnisse DV Art1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RO2022070015.J00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird ‑ soweit es der Beschwerde in Bezug auf die Bundesverwaltungsabgaben Folge gab und die Verwaltungsabgaben mit € 6,50 festsetzte ‑ wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Mit Antrag vom 27. September 2021 begehrte der Mitbeteiligte die rückwirkende Anerkennung früherer Zeiträume als Teil des Umstellungszeitraumes gemäß Art. 36 der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 bzw. ab 1. Jänner 2022 gemäß Art. 10 der Verordnung (EU) 2018/848 für 16 in einer Anlage zum Antrag näher konkretisierte Feldstücke.
2 Mit Schreiben des Revisionswerbers vom 23. Dezember 2021 wurde der Mitbeteiligte über das Ergebnis der Beweisaufnahme dahingehend informiert, dass die Behörde die Voraussetzungen für die Bewilligung der rückwirkenden Anerkennung hinsichtlich des Feldstückes 16 als nicht gegeben erachte und deshalb beabsichtige, den Antrag betreffend dieses Feldstück als unbegründet abzuweisen. Gebühren und Verwaltungsabgaben könnten vermieden werden, wenn der Mitbeteiligte den Antrag hinsichtlich Feldstück 16 zurückzöge.
3 Der Mitbeteiligte zog seinen Antrag auf rückwirkende Anerkennung früherer Zeiträume als Teil des Umstellungszeitraumes betreffend das Feldstück 16 (spätestens) mit Eingabe vom gleichen Tag zurück.
4 Mit Bescheid des Revisionswerbers vom 27. Dezember 2021 wurde gemäß Art. 36 der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 die Umstellungszeit für die im Sachverhalt angeführten 15 Feldstücke (91 Grundstücke) auf zwölf Monate verkürzt (Spruchpunkt 1.). Gemäß § 78 AVG iVm § 1 Abs. 1 und § 3 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983 (BVwAbgV) wurden für diese 91 Bewilligungen (91 Grundstücke) nach Tarifpost 1 € 591,00 vorgeschrieben. Dieser Betrag sei binnen zwei Wochen ab Zustellung des Bescheides auf ein näher angeführtes Konto einzuzahlen (Spruchpunkt 2.).
5 Die Höhe der Verwaltungsabgaben begründete der Revisionswerber ‑ unter Zitierung näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ‑ dahingehend, dass für jede der 91 Bewilligungen (91 Grundstücke) jeweils € 6,50 vorzuschreiben sei, weil das rechtliche Schicksal der beantragten Bewilligungen für die einzelnen Grundstücke verschieden sein könne und die Bewilligungen unabhängig voneinander in Anspruch genommen werden könnten. Die Anzahl der erlassenen Bescheide sei für die Beurteilung, ob eine oder mehrere Bewilligungen vorlägen, ohne rechtliche Bedeutung.
6 Mit Beschwerdeschriftsatz vom 17. Jänner 2022 wandte sich der Mitbeteiligte ‑ neben den veranschlagten Gebühren nach dem Gebührengesetz 1957 (GebG) ‑ gegen die in Spruchpunkt 2. des Bescheides vorgeschriebenen Bundesverwaltungsabgaben. Die Ermittlung der Abgaben je Grundstück sei falsch, weil eine subjektive Kumulierung von verschiedenen Anträgen in einer Eingabe nicht vorliege. Der Betrieb nehme bei der Umstellung als „Gesamtbetrieb“ („Summe aller Grundstücke“) teil, weshalb ein direkter Zusammenhang zwischen den Feldstücken bestehe und das Ansuchen als ein „Gesamtantrag“ zu werten sei. Für den Fall, dass die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht dieser Argumentation nicht folgten, wäre darauf hinzuweisen, dass der Mitbeteiligte die rückwirkende Anerkennung der Umstellungszeit nicht für 91 Grundstücke, sondern für einen Betrieb als Produktionseinheit beantragt habe. Im äußersten Fall sei eine „Ausweitung“ auf die Anzahl der Feldstücke denkbar.
7 Mit Erkenntnis vom 27. April 2022 gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde in Bezug auf die angefochtenen Bundesverwaltungsabgaben (Spruchpunkt 2. des Bescheides) Folge und setzte die Verwaltungsabgaben für die Bewilligung mit € 6,50 fest. Soweit sich die Beschwerde gegen die Festsetzung der Gebühren nach dem GebG gerichtet habe, sei die Beschwerde wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes als unzulässig zurückzuweisen. Gegen dieses Erkenntnis sei gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.
8 Das Verwaltungsgericht stellte in seiner Begründung fest, dass der Mitbeteiligte die rückwirkende Anerkennung früherer Zeiträume als Teil des Umstellungszeitraumes gemäß Art. 36 der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 bzw. ab 1. Jänner 2022 gemäß Art. 10 der Verordnung (EU) 2018/848 beantragt habe. Dieser Antrag habe aus einem Antragsformular mitsamt den Anlagen zum Antrag bestanden, in denen die Feldstücke (zunächst 16 Feldstücke mitsamt den Grundstücksnummern) angeführt hätten werden müssen. Der Mitbeteiligte habe den Antrag für das Feldstück 16 zurückgezogen. Der Revisionswerber habe mit dem vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheid die Verkürzung der Umstellungszeit auf zwölf Monate bewilligt.
9 Rechtlich begründete das Verwaltungsgericht die Neufestsetzung der Verwaltungsabgaben damit, dass eine Produktionseinheit in Umstellung aus Landparzellen bestehen könne, für die der Umstellungszeitraum zu verschiedenen Zeitpunkten beginne. Die beschwerdegegenständlichen Grundstücke stellten eine „Produktionseinheit in Umstellung“ nach der VO (EU) 2018/848 und VO (EG) Nr. 889/2008 dar. Auch Art. 37 VO (EG) Nr. 889/2008 bestimme, dass die Vorschriften des Art. 36 leg. cit. für die gesamte Fläche der Produktionseinheit gelten würden, auf der Futtermittel erzeugt werde. Demnach sei davon auszugehen, dass der verfahrenseinleitende Antrag des Mitbeteiligten für die beantragte Produktionseinheit als Einheit zu sehen sei. Die Anerkennung sei in einem Ansuchen begehrt und auch nur als eine gesamte Amtshandlung mit einem Bescheid bewilligt worden. Unerheblich sei, wie viele Grundstücke in der beantragten Produktionseinheit in Umstellung enthalten seien. Eine derartige Antragstellung sei keine subjektive Kumulierung der Ansuchen zwecks Umgehung der Gebührenpflicht, sondern es liege nur ein der Gebührenpflicht unterliegendes Ansuchen vor.
10 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit dem Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob ein Antrag nach Art. 36 VO (EG) Nr. 889/2008, der für mehrere Grundstücke gestellt worden sei, als ein gesamter Antrag für eine Produktionseinheit im Sinne des § 78 AVG iVm der BVwAbgV zu sehen sei und nur einmal Abgaben in der Höhe des Tarifposten 1 vorzuschreiben seien.
11 Gegen diese Festsetzung der Verwaltungsabgaben richtet sich die vorliegende (ordentliche) Amtsrevision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts.
12 Die mitbeteiligte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung. Von der Landwirtschaftskammer Vorarlberg langte eine Stellungnahme ein.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
13 Auch in einer vom Verwaltungsgericht für zulässig erklärten (ordentlichen) Revision hat der Revisionswerber von sich aus die unter dem erwähnten Gesichtspunkt maßgeblichen Gründe zur Zulässigkeit der Revision anzusprechen. Diesbezüglich genügt es, wenn in der Revision auf eine zutreffende und ausreichende Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes in erkennbarer Weise Bezug genommen wird (vgl. VwGH 30.6.2022, Ro 2021/07/0007, mwN).
14 Die vorliegende Revision erfüllt diese Anforderung gerade noch. Sie erweist sich auch als begründet. Ihr ist hinsichtlich der Argumentation im Einzelnen, in der der Revisionswerber ‑ wie im Bescheid vom 27. Dezember 2021 ‑ davon ausgeht, dass eine Verwaltungsabgabe nicht nur einmal, sondern pro „Grundstück“ anfalle, weil die Behörde bei der rückwirkenden Anerkennung bei jeder Parzelle separat zu prüfen habe, ob die dafür vorgesehenen Voraussetzungen vorlägen, aber nur zum Teil beizutreten.
15 § 78 AVG lautet auszugsweise:
„§ 78. (1) Den Parteien können in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung (unmittelbare oder mittelbare Bundesverwaltung, übertragener Wirkungsbereich der Gemeinden in Bundesangelegenheiten) für die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen der Behörden Bundesverwaltungsabgaben auferlegt werden, sofern die Freiheit von derlei Abgaben nicht ausdrücklich durch Gesetz festgesetzt ist. Wenn ein im Verwaltungsverfahren als Partei auftretender Rechtsträger zur Vollziehung der Gesetze berufen ist, so unterliegt er insoweit der Verpflichtung zur Entrichtung von Bundesverwaltungsabgaben nicht, als die Amtshandlung eine unmittelbare Voraussetzung der dem Rechtsträger obliegenden Vollziehung der Gesetze bildet. Die Gebietskörperschaften unterliegen ferner der Verpflichtung zur Entrichtung einer Bundesverwaltungsabgabe nicht, wenn diese der als Partei einschreitenden Gebietskörperschaft zufließen würde.
(2) Für das Ausmaß der Bundesverwaltungsabgaben sind, abgesehen von den durch Gesetz besonders geregelten Fällen, durch Verordnung der Bundesregierung zu erlassende Tarife maßgebend, in denen die Abgaben mit festen Ansätzen, die nach objektiven Merkmalen abgestuft sein können, bis zum Höchstbetrag von 1 090 Euro im einzelnen Fall festzusetzen sind.
...“
16 Gestützt auf § 78 AVG wurde die BVwAbgV, BGBl. Nr. 24/1983, erlassen. Die maßgeblichen Normen lauten in der geltenden Fassung auszugsweise:
„I. Allgemeine Bestimmungen
§ 1. (1) Die Parteien haben für jede Verleihung einer Berechtigung oder für sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen, die von Behörden im Sinne des Art. VI Abs. 1 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen oder infolge Säumnis einer solchen Behörde vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommen wurden, in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung ‑ abgesehen von den durch Gesetz besonders geregelten Fällen ‑ die gemäß dem Abschnitt II festgesetzten Verwaltungsabgaben zu entrichten.
...
§ 2. (1) Die Pflicht zur Entrichtung der Verwaltungsabgabe tritt in dem Zeitpunkt ein, in dem die Berechtigung rechtskräftig verliehen ist oder die Amtshandlung vorgenommen wird.
...
§ 3. (1) Ergeht im Zusammenhang mit der Verleihung einer Berechtigung oder mit einer sonstigen Amtshandlung, für die eine Verwaltungsabgabe zu entrichten ist, ein Bescheid nach § 56 oder § 57 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950, so ist die Vorschreibung der Verwaltungsabgabe in dessen Spruch aufzunehmen. Dies gilt auch für Bescheide der Berufungsbehörden, wenn der Anlass für die Entrichtung der Verwaltungsabgabe erst durch ihren Bescheid gegeben wird.
...
II. Ausmaß der Verwaltungsabgaben
§ 4. Für das Ausmaß der Verwaltungsabgaben ist der angeschlossene, einen Bestandteil dieser Verordnung bildende Tarif maßgebend.
...
TARIF
über das Ausmaß der Verwaltungsabgaben in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung
A. Allgemeiner Teil
Euro | |
1.Bescheide, durch die auf Parteiansuchen eine Berechtigung verliehen oder eine Bewilligung erteilt oder eine Berechtigung oder Bewilligung verlängert wird, sofern die Amtshandlung nicht unter eine andere Tarifpost des besonderen Teiles dieses Tarifes fällt |
6,50“
|
17 Die wesentlichen Bestimmungen der ‑ maßgeblichen (siehe dazu näher in der Folge, insb. Rn. 26f) ‑ Verordnung (EU) 2018/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates (kurz: VO [EU] 2018/848) lauten (auszugsweise) wie folgt:
„Artikel 3
Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:
...
9. „Produktionseinheit“: alle Wirtschaftsgüter eines Betriebs wie Primärproduktionsstätten, Landparzellen, Weiden, Auslaufflächen, Haltungsgebäude oder Teile davon, Bienenstöcke, Fischteiche, Haltungseinrichtungen für Algen oder Aquakulturtiere, Aufzuchtanlagen, Küsten- oder Meeresbodenkonzessionen, und Lagerstätten für Pflanzen, pflanzliche Erzeugnisse, Algenerzeugnisse, tierische Erzeugnisse, Ausgangsstoffe und alle anderen relevanten Betriebsmittel, die gemäß den Nummern 10, 11 oder 12 bewirtschaftet werden;
...
11. „Produktionseinheit in Umstellung“: eine Produktionseinheit, die während des Umstellungszeitraums gemäß Artikel 10 unter Einhaltung der für die ökologische/biologische Produktion geltenden Anforderungen bewirtschaftet wird; sie kann aus Landparzellen oder anderen Wirtschaftsgütern bestehen, für die der Umstellungszeitraum gemäß Artikel 10 zu unterschiedlichen Zeitpunkten beginnt;
...
KAPITEL III
PRODUKTIONSVORSCHRIFTEN
...
Artikel 10
Umstellung
...
(3) Frühere Zeiträume dürfen nicht rückwirkend als Teil des Umstellungszeitraums anerkannt werden, es sei denn,
a) die Landparzellen des Unternehmers waren Gegenstand von Maßnahmen, die im Rahmen eines gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 durchgeführten Programms festgelegt wurden und die gewährleisten, dass keine Erzeugnisse oder Stoffe, die nicht für die Verwendung in der ökologischen/biologischen Produktion zugelassen sind, auf diesen Parzellen verwendet wurden; oder
b) der Unternehmer kann nachweisen, dass die Landparzellen natürliche oder landwirtschaftlich genutzte Flächen waren und während eines Zeitraums von mindestens drei Jahren nicht mit Erzeugnissen oder Stoffen behandelt wurden, die nicht für die Verwendung in der ökologischen/biologischen Produktion zugelassen sind.
...“
18 Art. 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2020/464 der Kommission vom 26. März 2020 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) 2018/848 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der für die rückwirkende Anerkennung von Umstellungszeiträumen erforderlichen Dokumente, der Herstellung ökologischer/biologischer Erzeugnisse und der von den Mitgliedstaaten bereitzustellenden Informationen (kurz: Durchführungsverordnung [EU] 2020/464) lautet:
„KAPITEL I
UMSTELLUNG
Artikel 1
Für die rückwirkende Anerkennung eines früheren Zeitraums vorzulegende Dokumente
(1) Für die Zwecke von Artikel 10 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2018/848 legt der Unternehmer den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird und in dem der Betrieb dieses Unternehmers dem Kontrollsystem unterliegt, die amtlichen Dokumente der jeweils zuständigen Behörden vor, aus denen hervorgeht, dass die Landparzellen, für die die rückwirkende Anerkennung eines früheren Zeitraums beantragt wird, Gegenstand von Maßnahmen waren, die im Rahmen eines gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates ... durchgeführten Programms festgelegt wurden, und dass keine Erzeugnisse oder Stoffe, die nicht für die Verwendung in der ökologischen/biologischen Produktion zugelassen sind, auf diesen Landparzellen verwendet wurden.
(2) Für die Zwecke von Artikel 10 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2018/848 legt der Unternehmer den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird und in dem der Betrieb dieses Unternehmers dem Kontrollsystem unterliegt, nachstehende Dokumente vor, aus denen hervorgeht, dass die Landparzellen natürliche oder landwirtschaftlich genutzte Flächen waren, die während eines Zeitraums von mindestens drei Jahren nicht mit Erzeugnissen oder Stoffen behandelt wurden, die gemäß der Verordnung (EU) 2018/848 nicht für die Verwendung in der ökologischen/biologischen Produktion zugelassen sind:
a) Karten, auf denen jede Landparzelle klar ausgewiesen ist, die Gegenstand des Antrags auf rückwirkende Anerkennung ist, sowie Informationen über die Gesamtflächen dieser Landparzellen und gegebenenfalls über Art und Umfang der laufenden Produktion und, soweit verfügbar, die entsprechenden geografischen Koordinaten;
b) die von der Kontrollbehörde oder Kontrollstelle durchgeführte detaillierte Risikoanalyse zur Bewertung, ob eine Landparzelle, die Gegenstand des Antrags auf rückwirkende Anerkennung ist, während eines Zeitraums von mindestens drei Jahren nicht mit Erzeugnissen oder Stoffen behandelt wurde, die nicht für die Verwendung in der ökologischen/biologischen Produktion zugelassen sind, wobei insbesondere die Größe der Gesamtflächen, auf die sich der Antrag bezieht, und die in diesem Zeitraum auf jeder Landparzelle, auf die sich der Antrag bezieht, angewandten landwirtschaftlichen Produktionstechniken zu berücksichtigen sind;
c) die Ergebnisse der von akkreditierten Laboratorien vorgenommenen Laboranalysen von Boden‑ und/oder Pflanzenproben, die die Kontrollbehörde oder Kontrollstelle auf jeder Landparzelle entnommen hat, bei der im Zuge der detaillierten Risikoanalyse gemäß Buchstabe b festgestellt wurde, dass das Risiko einer Kontamination aufgrund der Behandlung mit Erzeugnissen und Stoffen besteht, die nicht für die Verwendung in der ökologischen/biologischen Produktion zugelassen sind;
d) einen Inspektionsbericht der Kontrollbehörde oder Kontrollstelle im Anschluss an eine physische Inspektion des Unternehmers zur Überprüfung der Plausibilität der Informationen über die Landparzellen, die Gegenstand des Antrags auf rückwirkende Anerkennung sind;
e) alle sonstigen relevanten Unterlagen, die die Kontrollbehörde oder Kontrollstelle zur Bewertung des Antrags auf rückwirkende Anerkennung für erforderlich hält;
f) eine abschließende schriftliche Erklärung der Kontrollbehörde oder Kontrollstelle, aus der hervorgeht, ob eine rückwirkende Anerkennung eines früheren Zeitraums als Teil des Umstellungszeitraums gerechtfertigt ist, und in der für jede betroffene Landparzelle angegeben ist, ab wann sie als ökologisch/biologisch betrachtet wird, und die Gesamtflächen der Landparzellen genannt wird, für die eine rückwirkende Anerkennung eines Zeitraums gilt.“
19 Nach § 78 Abs. 1 AVG können den Parteien in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung für die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen der Behörden Bundesverwaltungsabgaben auferlegt werden, sofern die Freiheit von derlei Abgaben nicht ausdrücklich durch Gesetz festgelegt ist. Dass gegenständlich grundsätzlich die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich im Privatinteresse des Mitbeteiligten liegende Amtshandlungen im Sinne des § 78 Abs. 1 AVG vorgenommen wurden, ist unstrittig (vgl. zur Relevanz des Verfahrenszieles etwa VwGH 28.1.2004, 2002/04/0193, oder 1.9.2017, Ra 2016/03/0055, jeweils mwN).
20 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegen mehrere gebührenpflichtige Ansuchen vor, wenn in einem Schriftsatz mehrere selbständige Amtshandlungen begehrt werden; das heißt, dass dann jedes Ansuchen zu vergebühren ist. Anders ist jedoch vorzugehen, wenn im Gesetz vorgesehen ist, dass Berechtigungen derselben Art in einem Ansuchen begehrt werden können. In einem solchen Fall unterstellt schon das Gesetz, dass die Begehren untereinander in einem Zusammenhang stehen. Eine derartige Antragstellung ist keine subjektive Kumulierung der Ansuchen zwecks Umgehung der Gebührenpflicht, sondern es liegt dann nur ein der Gebührenpflicht unterliegendes Ansuchen vor (vgl. ebenfalls die Vorschreibung von Verwaltungsabgaben betreffend VwGH 27.5.2004, 2001/03/0217, mwN).
21 Ob im Revisionsfall von einer Kumulierung von nicht miteinander im Zusammenhang stehenden Ansuchen auszugehen ist, ist einerseits anhand der materiellen Rechtsgrundlage und anderseits anhand der Frage zu klären, ob mehrere Amtshandlungen erforderlich waren (vgl. bereits zur Rechtslage vor der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit VwGH 18.3.2013, 2011/16/0052, mwN).
22 Aufgrund des In‑Kraft‑Tretens der ‑ die VO (EG) Nr. 889/2008 ersetzenden ‑ VO (EU) 2018/848 zwischen Bescheiderlassung und Beschwerdeerhebung am 1. Jänner 2022 rückt zunächst die Frage nach der gegenständlich materiellen Rechtsgrundlage, nach der zu klären ist, ob von einer Kumulierung von nicht miteinander im Zusammenhang stehenden Ansuchen auszugehen ist, in den Blick.
23 Zur Frage der (zeitlichen) Anwendbarkeit von Rechtsnormen vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass das Verwaltungsgericht im Allgemeinen das zum Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses bzw. Beschlusses geltende Recht anzuwenden hat (vgl. VwGH 19.6.2023, Ra 2023/09/0023, mwN).
24 Dieser allgemeine Grundsatz ist im Bereich des Abgabenrechts dahingehend zu präzisieren, dass aufgrund der Zeitbezogenheit der Abgaben die materiell‑rechtlichen Bestimmungen anzuwenden sind, die im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches in Kraft gestanden sind, während verfahrensrechtliche Bestimmungen (Normen des Verfahrensrechts) im Allgemeinen ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens auch auf Sachverhalte bzw. Rechtsvorgänge anzuwenden sind, die sich davor ereignet haben (vgl. VwGH 23.6.2021, Ra 2019/13/0111, mwN).
25 Nach § 2 Abs. 1 BVwAbgV tritt die Pflicht zur Entrichtung der Verwaltungsabgabe in dem Zeitpunkt ein, in dem die Berechtigung rechtskräftig verliehen ist oder die Amtshandlung vorgenommen wird.
26 Angesichts der zitierten Rechtsprechung und des § 2 Abs. 1 BVwAbgV ist hinsichtlich der Beurteilung der Abgabenhöhe im vorliegenden Fall, weil die Bewilligung im Spruchpunkt 1. des Bescheides des Revisionswerbers vom 27. Dezember 2021 unbekämpft geblieben ist, die Rechtslage zum Zeitpunkt des Eintretens der Rechtskraft der Behördenentscheidung heranzuziehen.
27 Fallgegenständlich ist, unabhängig davon, ob man hinsichtlich des Eintritts der Rechtskraft des Bescheides aufgrund der alleinigen Bekämpfung des Spruchpunktes 2. des Bescheides betreffend die Abgaben von einem Beschwerdeverzicht hinsichtlich der Bewilligung (Spruchpunkt 1. des Bescheides) ausgeht oder auf die vierwöchige Beschwerdefrist ab Zustellung des Bescheides abstellt, zur Beurteilung der Abgabenhöhe jedenfalls die mit 1. Jänner 2022 in Kraft getretene VO (EU) 2018/848 heranzuziehen, insbesondere deren Art. 10 Abs. 3, der die Nachfolgebestimmung des Art. 36 Abs. 2 VO (EG) Nr. 889/2008, der materiellen Rechtsgrundlage des vorliegenden Bescheides, darstellt.
28 Das Verwaltungsgericht stellte in seiner Begründung auf den Begriff der „Produktionseinheit“ bzw. der „Produktionseinheit in Umstellung“ ab. Diesem Begründungsansatz ist vor dem Hintergrund der gegenständlichen materiellen Rechtsgrundlage des Art. 10 Abs. 3 VO (EU) 2018/848 nicht zu folgen. Richtig ist zwar, dass die Begriffsdefinition der „Produktionseinheit“ auch Landparzellen mitumfassen kann (vgl. Art. 3 Z 9 VO (EU) 2018/848). Alleine der Umstand, dass Landparzellen Teil einer Produktionseinheit sein können, ändert aber nichts daran, dass die Beurteilungsgrundlage des Art. 10 Abs. 3 VO (EU) 2018/848 bei der rückwirkenden Anerkennung eines früheren Zeitraums auf den Umstellungszeitraum ihrem Wortlaut nach klar auf einzelne „Landparzellen“ und nicht auf eine „Produktionseinheit“ als Gesamtes abstellt. Dies wird nochmals durch den Wortlaut der Durchführungsvorschrift des Art. 1 der dazugehörigen Durchführungsverordnung (EU) 2020/464, der ebenso von „Landparzellen“ spricht, unterstrichen.
29 Für die Frage, ob mehrere Bewilligungen gegeben sind, kommt es darauf an, ob das rechtliche Schicksal der beantragten Bewilligungen verschieden sein kann. Ferner ist maßgeblich, ob die Bewilligungen unabhängig voneinander in Anspruch genommen werden können (vgl. VwGH 14.6.2019, Ra 2019/02/0041, mwN). Die Anzahl der hiebei erlassenen Bescheide ist ohne rechtliche Bedeutung (vgl. VwGH 19.12.2013, 2013/03/0125, mwN).
30 Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist insbesondere hervorzuheben, dass sich aus dem ‑ insoweit eindeutigen ‑ Wortlaut des Art. 10 Abs. 3 VO (EU) 2018/848 ergibt, dass einzelne Landparzellen ‑ je nachdem, ob diese die in lit. a oder b des Art. 10 Abs. 3 VO (EU) 2018/848 dargelegten Voraussetzungen erfüllen ‑ verschiedene rechtliche Schicksale hinsichtlich der Bewilligung oder der Abweisung eines Antrages auf Anerkennung von Zeiten auf den Umstellungszeitraum haben können; so kann es hinsichtlich einzelner Flächen zur Anerkennung von Zeiträumen kommen und hinsichtlich anderer nicht.
31 Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes ist auch aus Art. 37 VO (EG) Nr. 889/2008 für seine Argumentation schon deshalb nichts zu gewinnen, weil er bereits außer Kraft getreten ist. Vielmehr ergibt sich aufgrund der Begriffsbestimmung des Art. 3 Z 11 VO (EU) 2018/848 der „Produktionseinheit in Umstellung“, wonach eine Produktionseinheit aus Landparzellen oder anderen Wirtschaftsgütern bestehen könne, für die der Umstellungszeitraum gemäß Art. 10 zu unterschiedlichen Zeitpunkten beginne, dass nicht eine gesamte Produktionseinheit gleichzeitig umgestellt werden muss. Daraus, dass die Rechtslage hinsichtlich der Umstellung jedenfalls auch die Alternative der nicht gleichzeitigen Umstellung zur Verfügung stellt, ist ebenso auf das Vorliegen der verschiedenen rechtlichen Schicksale der einzelnen beantragten Landparzellen zu schließen und spricht dies auch wiederum gegen ein Abstellen auf eine „Produktionseinheit“ als Gesamtes (siehe schon Rn. 30).
32 Aber auch dem vom Revisionswerber vertretenen Begründungsansatz, es sei auf die einzelnen Grundstücke im Sinne des Vermessungsgesetzes (Hinweis in der Revision auf § 7a Abs. 1 Vermessungsgesetz) abzustellen, ist nicht beizupflichten, weil ein ‑ nach der oben dargestellten Rechtsprechung entscheidendes ‑ unterschiedliches rechtliches Schicksal oder eine getrennte (unabhängig voneinander mögliche) Inanspruchnahme der Bewilligungen ‑ entgegen der Ansicht des Revisionswerbers ‑ auf Ebene eines Grundstückes nach dem Grenzkataser im vorliegenden Fall aufgrund der nachstehenden Erwägungen nicht möglich ist.
33 Den im Akt aufliegenden Satellitenaufnahmen, auf denen sowohl die Umrisse der Feldstücke als auch die Grenzen der Grundstücke eingezeichnet sind, sowie insbesondere der Anlage zum verfahrenseinleitenden Antrag ist zu entnehmen, dass einzelne der verfahrensgegenständlichen Feldstücke teilweise aus mehreren Grundstücken bestehen. Einzelne Grundstücke sind sogar in einigen Fällen Teil zweier Feldstücke. So ist nach der Anlage zum verfahrenseinleitenden Antrag unter anderem beispielsweise das Grundstück mit der Nummer 3034 Teil der Feldstücke 2 und 15 oder das Grundstück mit der Nummer 5022/3 Teil der Feldstücke 3 und 5.
34 Nach Art. 67 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates hat jeder Mitgliedstaat ein integriertes Verwaltungs‑ und Kontrollsystem („integriertes System“) einzurichten. Dieses integrierte System gilt nach Abs. 2 der genannten Bestimmung (ua.) für die gemäß Artikel 21 Absatz 1 Buchstaben a und b, den Artikeln 28 bis 31 sowie den Artikeln 33, 34 und 40 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 (kurz: VO [EU] Nr. 1305/2013). Art. 10 Abs. 3 VO (EU) 2018/848 nimmt wiederum Bezug auf „Maßnahmen, die im Rahmen eines gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 durchgeführten Programms festgelegt wurden“.
35 Auf nationaler Ebene wurde dieses integrierte System aufgrund der Verordnungsermächtigung des § 28 Abs. 3 MOG 2007, BGBl. I Nr. 55/2007 in der Fassung BGBl. I Nr. 47/2014, durch die Verordnung des Bundesministers für Land‑ und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft mit horizontalen Regeln für den Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik (Horizontale GAP‑Verordnung) ausgestaltet.
36 Nach § 14 Z 1 (der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses noch in Geltung stehenden) Horizontale GAP‑Verordnung, BGBl. II Nr. 100/2015, wird ein „Feldstück“ als „eine im Bundesgebiet gelegene, eindeutig abgrenzbare Bewirtschaftungseinheit eines Betriebsinhabers mit nur einer Nutzungsart gemäß § 16, die im Geographischen Informationssystem (GIS) als Polygon digitalisiert ist und aus Schlägen besteht“ definiert.
37 In dieser Definition wird ‑ anders als in der Definition des § 7a Abs. 1 Vermessungsgesetz, die lediglich auf die Nummerierung im Grenzkataster oder Grenzsteuerkataster abstellt, ‑ auf eine „eindeutig abgrenzbare Bewirtschaftungseinheit“ Bezug genommen.
38 Erst ab dieser Bewirtschaftungseinheit ist ein unterschiedliches rechtliches Schicksal oder eine getrennte (unabhängig voneinander mögliche) Inanspruchnahme der Bewilligungen denkbar. Denn aus der Tatsache, dass mehrere Grundstücke eine Bewirtschaftungseinheit im Sinne eines Feldstückes bilden, ist aufgrund dieser einheitlichen Bewirtschaftung abzuleiten, dass diese Grundstücke, die ein Feldstück bilden, hinsichtlich der Anerkennung von Zeiten auf den Umstellungszeitraum einem (gleichen) rechtlichen Schicksal unterliegen. Mit anderen Worten teilen Grundstücke, die Teil einer einheitlichen Bewirtschaftungseinheit sind, das rechtliche Schicksal des Feldstückes, dem sie angehören. Erst verschiedene Feldstücke, die als Bewirtschaftungseinheit unterschiedlich bewirtschaftet werden, können hinsichtlich der Anerkennung von Zeiten auf den Umstellungszeitraum verschiedene rechtliche Schicksale haben.
39 Auch ein sachlicher und rechtlicher Zusammenhang, den der Verwaltungsgerichtshof bei der Bestimmung, ob ein abgabenpflichtiges Anbringen vorliegt, in VwGH 10.9.2004, 2004/02/0246 bis 0247, in den Blick genommen hat, ist erst hinsichtlich der einzelnen Feldstücke, nicht aber hinsichtlich der Grundstücke zu verneinen. Bei mehreren Grundstücken, die als Teil eines Feldstückes gleich bewirtschaftet werden, ist ein sachlicher Zusammenhang anzunehmen. Hinsichtlich der einzelnen Feldstücke ist hingegen auszuführen, dass sich ‑ angesichts des Art. 10 Abs. 3 VO (EU) 2018/848 ‑ eine Bewilligung schon begrifflich nur auf ein Feldstück beziehen kann und keinen Einfluss auf alle anderen hat. Es besteht daher keinerlei sachlicher oder rechtlicher Zusammenhang zwischen den Bewilligungen der einzelnen Feldstücke.
40 Darüber hinaus eignet sich ein Grundstück nicht als Beurteilungskriterium hinsichtlich der Bemessung der Höhe der Abgabenschuld, weil ein und dasselbe Grundstück, wenn es unterschiedlich bewirtschafteten Feldstücken angehört, ebenso verschiedene rechtliche Schicksale hinsichtlich der Beurteilung der rückwirkenden Anerkennung haben kann, wie der Revisionswerber in mehreren im Akt aufliegenden Schreiben an das Bundesministerium für Finanzen bzw. das Finanzamt Österreich und im Revisionsschriftsatz selbst festhält, wenn er ausführt, dass verschiedene Teile eines Katastergrundstückes zu verschiedenen Feldstücken gehören können.
41 Dafür, dass als Kriterium im Sinne der im Art. 10 Abs. 3 VO (EU) 2018/848 genannten „Landparzelle“ für die Beurteilung der Höhe der Bundesverwaltungsabgaben das „Feldstück“ und nicht das „Grundstück“ heranzuziehen ist, spricht auch schon die Vorgehensweise des Revisionswerbers im Behördenverfahren. Mit Schreiben des Revisionswerbers vom 23. Dezember 2021 informierte er den Mitbeteiligten über die beabsichtigte Zurückweisung des Antrages hinsichtlich des Feldstückes 16 und wies im Falle der Zurückziehung des Antrages betreffend dieses Feldstück auf die Vermeidung von Abgaben hin. Damit legte der Revisionswerber indirekt offen, dass er bei der Beurteilung der Bewilligungen und in der Folge auch der Abgabenschuld auf die einzelnen Feldstücke abzustellen gedenke.
42 Zusammengefasst ist festzuhalten, dass hinsichtlich der Höhe der zu entrichtenden Verwaltungsabgaben nach § 78 AVG iVm der BVwAbgV bei einem Antrag auf rückwirkende Anerkennung früherer Zeiträume als Teil des Umstellungszeitraumes gemäß Art. 10 Abs. 3 VO (EU) 2018/848 auf die Anzahl der zu beurteilenden Feldstücke als einheitliche Bewirtschaftungsfläche abzustellen ist, was der Mitbeteiligte in seiner Beschwerde selbst andeutete, indem er als „äußersten“ denkbaren Fall ein Heranziehen der Anzahl der (bewilligten) Feldstücke andachte.
43 Diese Lösung kann auch durch das ‑ wenngleich im Kern zutreffende ‑ Argument des Verwaltungsgerichtes, wonach dem Mitbeteiligten aufgrund der Verwendung des auf der offiziellen Kommunikationsplattform „VerbraucherInnengesundheit“ des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zur Verfügung gestellten Formulars, in dem die Beantragung der rückwirkenden Anerkennung für alle Feldstücke in einem Formular vorgesehen ist, nicht unterstellt werden könne, dass dieser bei der gesammelten Angabe von allen Feldstücken in einem einzelnen Antrag in Umgehungsabsicht der Gebührenpflicht gehandelt hätte, nicht erschüttert werden. Denn die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, auf die sich das Verwaltungsgericht bei diesem Begründungselement stützte (Hinweis auf die Entscheidung VwGH 27.5.2004, 2001/03/0217, die auf VwGH 12.11.1997, 96/16/0287, gründet), ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil es bei den diesen Entscheidungen zugrundeliegenden Sachverhaltskonstellationen eben ‑ anders als im gegenständlichen Fall ‑ gerade zu keiner gesonderten Prüfung und Entscheidung über jeden einzelnen im Formular angeführten, vom dortigen Bewerber begehrten Erlaubnisschein gekommen ist.
44 Im Ergebnis war das angefochtene Erkenntnis aus den genannten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
Wien, am 19. September 2023
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