Normen
32013R0604 Dublin-III Art28;
EURallg;
FrPolG 2005 §76a Abs2a Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
32013R0604 Dublin-III Art28;
EURallg;
FrPolG 2005 §76a Abs2a Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seiner Anfechtung (Spruchpunkt A.II.) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte im August 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 18. September 2014 gemäß § 5 AsylG 2005 zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde die Zuständigkeit Bulgariens für die Prüfung seines Antrages festgestellt, gemäß § 61 Abs. 1 FPG gegen den Revisionswerber die Außerlandesbringung angeordnet und gemäß § 61 Abs. 2 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Bulgarien zulässig sei.
Nachdem ein Versuch, den Revisionswerber mittels Flugzeug nach Bulgarien abzuschieben, gescheitert war, verhängte das BFA mit Mandatsbescheid vom 21. Oktober 2014 über ihn gemäß Art. 28 der Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 2a Z 1 FPG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung. Die in der Folge gegen die Anordnung der Schubhaft und die andauernde Anhaltung erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis gemäß Art. 28 Dublin III-VO und § 76 Abs. 2a Z 1 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet ab (Spruchpunkt A.I.). Außerdem stellte das BVwG gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm Art. 28 Dublin III-VO und § 76 Abs. 2a Z 1 FPG fest, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen (Spruchpunkt A.II.) und traf Kostenaussprüche (Spruchpunkte A.III. bis V.). Schließlich sprach es aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei (Spruchpunkt B.).
Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Erkenntnis vom 30. Juni 2015, E 1629/2014-14, feststellte, dass der Revisionswerber durch Spruchpunkt A.I. des dargestellten Erkenntnisses des BVwG wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt worden sei. Der Verfassungsgerichtshof hob daher die Spruchpunkte A.I. - und ebenso die Spruchpunkte A.III. bis V. - auf. In Bezug auf Spruchpunkt A.II. stellte er noch fest, dass der Revisionswerber im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) verletzt worden sei, weil die Feststellung, dass im Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, nicht binnen einer Woche ergangen sei. Im Übrigen sei der Revisionswerber durch den genannten Spruchpunkt aber weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden, weshalb die Beschwerde insoweit abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten wurde.
Gegen den noch im Rechtsbestand verbliebenen Spruchpunkt A.II. des Erkenntnisses des BVwG erhob der Revisionswerber sodann die vorliegende Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage - Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die gegen den Revisionswerber verhängte Schubhaft sollte der Sicherung seiner Überstellung nach Bulgarien im Rahmen der Dublin III-VO dienen. Demgemäß nahm das BVwG - grundsätzlich zutreffend - im Rahmen des revisionsgegenständlichen Fortsetzungsausspruches auf Art. 28 dieser Verordnung Bezug. In seinem Erkenntnis vom 19. Februar 2015, Ro 2014/21/0075, auf dessen Begründung des Näheren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof aber festgehalten, dass es insoweit am Boden von Art. 2 lit. n Dublin III-VO überdies innerstaatlich festgelegter Kriterien zur Konkretisierung der in Art. 28 Abs. 2 der Verordnung für die Verhängung der Schubhaft (u.a.) normierten Voraussetzung des Vorliegens von "Fluchtgefahr" bedarf.
Im vorliegenden Fall hat das BVwG seinen Fortsetzungsausspruch zwar ergänzend auf den innerstaatlichen Schubhafttatbestand nach § 76 Abs. 2a Z 1 FPG - erkennbar in seiner ersten Variante - gestützt. Das vermag jedoch den sich aus Art. 28 der Dublin III-VO ergebenden Erfordernissen für eine Schubhaft zwecks Sicherstellung eines Überstellungsverfahrens nach dieser Verordnung nicht Genüge zu tun (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2015, Ro 2014/21/0065, auf dessen Begründung ebenfalls gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
Der revisionsgegenständliche Fortsetzungsausspruch (Spruchpunkt A.II. des Erkenntnisses des BVwG) war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Ein Zuspruch von "ERV-Zuschlag" ist demnach nicht vorgesehen; das insoweit erhobene Mehrbegehren war daher abzuweisen.
Wien, am 12. November 2015
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