Normen
B-VG Art133 Abs4;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Mitbeteiligte ist Kommanditistin der Landschafts-Planung Ing. Dr. G S KG. In ihrem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 wurde festgestellt, dass sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 5.124,97 erzielt hatte.
2 Mit Bescheid vom 9. Juli 2013 stellte die revisionswerbende Sozialversicherungsanstalt fest, dass die Mitbeteiligte gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG im Jahr 2011 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung unterlegen sei, setzte für 2011 gemäß § 25 GSVG die monatliche Beitragsgrundlage der Mitbeteiligten in der Kranken- und Pensionsversicherung fest und verpflichtete die Mitbeteiligte für dasselbe Jahr gemäß § 27 GSVG zur Leistung von Beiträgen sowie gemäß § 35 Abs. 6 GSVG eines Beitragszuschlages.
3 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde der Mitbeteiligten Folge, sprach aus, dass der angefochtene Bescheid "aufgehoben" werde, und brachte zum Ausdruck, dass die Mitbeteiligte im Jahr 2011 nicht der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterlegen und nicht zur Leistung von Beiträgen und eines Beitragszuschlages nach dem GSVG verpflichtet sei. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
4 Das Verwaltungsgericht führte begründend aus, aufgrund des Gesellschaftsvertrages der Landschafts-Planung Ing. Dr. G S KG sei lediglich der Komplementär zu Geschäftsführung und Vertretung berechtigt. Nur für - teilweise im Gesellschaftsvertrag demonstrativ aufgezählte - über den gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens hinausgehende Maßnahmen sei ein einstimmiger Beschluss aller Gesellschafter erforderlich. Für andere Beschlüsse sei im Gesellschaftsvertrag das Erfordernis einer Dreiviertelmehrheit bzw. einer einfachen Mehrheit vorgesehen. Das Stimmrecht richte sich nach der Höhe der Einlage, sodass die Mitbeteiligte aufgrund ihres Gesellschaftsanteils von lediglich 8,33 % diese Beschlüsse nicht habe verhindern können. Ein maßgebliches Mitspracherecht bei der Geschäftsführung der Landschafts-Planung Ing. Dr. G S KG sei der Mitbeteiligten nicht zugekommen. Ihre Einkünfte resultierten daher nicht aus einer "betrieblichen Tätigkeit" im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision. Die Mitbeteiligte hat im Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die Abweisung der Revision beantragt.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Die Revisionswerberin führt zur Zulässigkeit der Revision aus, die Mitbeteiligte habe mit Schriftsatz vom 27. Februar 2015 weiteres Vorbringen erstattet und diverse Urkunden vorgelegt. Dem Bundesverwaltungsgericht seien "gravierende Verfahrensverstöße" unterlaufen, indem ihr dazu keine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden sei. In ihrer Äußerung hätte sie vorgebracht, dass sich aus den vorgelegten Unterlagen eine "Mittätigkeit" der Mitbeteiligten in der Landschafts-Planung Ing. Dr. G S KG ergebe, sei der Mitbeteiligten doch nach eigenen Angaben für die erfolgreiche Vermittlung eines Auftrages ein Vorweggewinn ausbezahlt worden. Daraus folge, dass die Mitbeteiligte - entgegen den vom Bundesverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen - eine Arbeitsleistung für die Gesellschaft erbracht habe. Es sei daraus auch zu schließen, dass es zu einer nachträglichen Änderung des Gesellschaftsvertrages "in Richtung einer Mittätigkeit der Mitbeteiligten" gekommen sei.
10 Mit diesem Vorbringen gelingt es der Revisionswerberin nicht, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.
11 Es trifft zu, dass der Revisionswerberin vom Bundesverwaltungsgericht zum Inhalt der Äußerung der Mitbeteiligten vom 27. Februar 2015 und den von der Mitbeteiligten übermittelten Unterlagen die Möglichkeit zu einer Stellungnahme einzuräumen gewesen wäre (vgl. zur Verpflichtung des Verwaltungsgerichtes, ein Vorbringen von neuen Tatsachen und Beweisen den übrigen Parteien mitzuteilen, näher das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2016, Ra 2015/09/0125, mwN; sowie zur Geltung des Überraschungsverbotes im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066).
12 Die Zulässigkeit der Revision setzt neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die revisionswerbenden Parteien günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 24. März 2015, Ra 2015/05/0006, mwN).
13 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, sollen Kommanditisten nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG nach Maßgabe einer "aktiven Betätigung" im Unternehmen, die auf Einkünfte gerichtet ist, pflichtversichert sein, nicht aber Kommanditisten, die nur "ihr Kapital arbeiten lassen", d.h. sich im Wesentlichen auf die gesetzliche Stellung eines Kommanditisten beschränken. Die Beantwortung der Frage, ob sich der Kommanditist in einer für § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG relevanten Weise "aktiv" im Unternehmen betätigt, kann in rechtlicher Hinsicht nur vom Umfang seiner Geschäftsführungsbefugnisse, und zwar auf Grund rechtlicher - und nicht bloß faktischer - Gegebenheiten, abhängen. Kommanditisten, die nur "ihr Kapital arbeiten lassen", und die daher nicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG pflichtversichert sein sollen, sind jedenfalls jene, deren Rechtsstellung über die gesetzlich vorgesehenen Mitwirkungsrechte an der Geschäftsführung nicht hinausgeht. Wurden dem Kommanditisten entsprechende Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt, welche über die Mitwirkung an außergewöhnlichen Geschäften hinausgehen, oder steht ihm ein derartiger rechtlicher Einfluss auf die Geschäftsführung des Unternehmens zu, dann ist es unerheblich, in welcher Häufigkeit von diesen Befugnissen tatsächlich Gebrauch gemacht wird, sowie ob und in welcher Form sich der Kommanditist am "operativen Geschäft" beteiligt oder im Unternehmen anwesend ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 9. September 2015, 2013/08/0168, und vom 29. April 2016, Ro 2014/08/0059, jeweils mwN).
14 Vor diesem Hintergrund - nämlich der Maßgeblichkeit der Geschäftsführungsbefugnisse - zeigt die Revisionswerberin keine Relevanz des Verfahrensmangels für den Ausgang des Verfahrens auf. Aus der in der Revision vorgebrachten "Mittätigkeit" der Mitbeteiligten in der Landschafts-Planung Ing. Dr. G S KG könnte eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG nicht abgeleitet werden.
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
16 Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.
Wien, am 28. November 2016
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