Normen
StVO 1960 §19 Abs1;
StVO 1960 §19 Abs7;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
StVO 1960 §19 Abs1;
StVO 1960 §19 Abs7;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Bundespolizeidirektion Graz sprach mit Straferkenntnis vom 12. Juni 1984 aus, die Beschwerdeführerin habe am 25. Oktober 1983 um ca. 13.00 Uhr in Graz 14, Georgigasse-Janzgasse als Lenkerin eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws und als Wartepflichtige einen auf der Querstraße fahrenden Fahrzeuglenker zum unvermittelten Bremsen seines Fahrzeuges veranlaßt, obwohl in ihrer Fahrtrichtung vor der Kreuzung das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" angebracht gewesen sei, wodurch es zum Verkehrsunfall gekommen sei. Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 19 Abs. 7 in Verbindung mit § 19 Abs. 4 StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a leg. cit. wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzarreststrafe 3 Tage) verhängt. Zur Begründung führte die Behörde unter anderem aus, die Verwaltungsübertretung sei auf Grund der Verkehrsunfallanzeige, der zeugenschaftlichen Einvernahme des am Verkehrsunfall Zweitbeteiligten und der Stellungnahme der Beschwerdeführerin erwiesen. Demnach habe die Beschwerdeführerin zur Tatzeit ihren Pkw auf der Janzgasse in Richtung Norden gelenkt mit der Absicht, auf der Kreuzung Janzgasse-Georgigasse nach links in die Georgigasse einzubiegen. Sie sei mit ihrem Pkw an der in der Janzgasse angebrachten Haltelinie vorerst stehen geblieben und dann langsam in die Kreuzung eingefahren. Auf der Kreuzung sei es zum Zusammenstoß mit dem Pkw, der die Georgigasse in östlicher Richtung befahren habe, gekommen. In Fahrtrichtung der Beschwerdeführerin sei in der Janzgasse deutlich sichtbar das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" angebracht. Die Beschwerdeführerin behaupte, mit ihrem Pkw bereits einige Sekunden im Kreuzungsbereich gestanden zu sein, als der zweitbeteiligte Pkw mit ihrem Fahrzeug kollidiert sei. Wäre der Lenker dieses Pkws mit vorschriftsmäßiger Geschwindigkeit gefahren, hätte er sein Fahrzeug rechtzeitig anhalten können. Demgegenüber gebe der am Verkehrsunfall Zweitbeteiligte an, er habe die Georgigasse in östlicher Richtung mit einer Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h befahren, wobei sich vor ihm zwei Fahrzeuge befunden hätten, die nach rechts in die Janzgasse abgebogen wären. Den Pkw der Beschwerdeführerin habe er an der Haltelinie stehend wahrgenommen. Dieser Pkw habe sich plötzlich in Bewegung gesetzt, doch habe er darauf zunächst nicht reagiert, weil er der Meinung gewesen sei, die Beschwerdeführerin werde ihr Fahrzeug noch rechtzeitig anhalten. Erst als er gesehen habe, daß die Beschwerdeführerin ihr Fahrzeug nicht zum Stillstand bringe, habe er eine Schnellbremsung eingeleitet, den Zusammenstoß allerdings nicht mehr verhindern können. Die Beschwerdeführerin habe keinesfalls ihr Fahrzeug bereits einige Zeit im Kreuzungsbereich angehalten. Die Beschwerdeführerin gebe - so wurde in der Begründung des Straferkenntnisses weiters dargelegt - selbst an, zwei Fahrzeuge auf der Georgigasse aus ihrer Sicht von links kommend gesehen zu haben, wobei diese Aussage mit den Angaben des Zweitbeteiligten am Verkehrsunfall übereinstimme. Da die Georgigasse nach links von Fahrtrichtung der Beschwerdeführerin aus gesehen, also in nordwestlicher Richtung, mehrere hundert Meter weit einsehbar sei, hätte die Beschwerdeführerin nicht nur jene beiden Fahrzeuge, die in der Folge nach rechts in die Janzgasse eingebogen seien, sondern auch an dem Verkehrsunfall zweitbeteiligten Pkw wahrnehmen müssen. Die Beschwerdeführerin hätte daher solange an der in der Janzgasse angebrachten Haltelinie anhalten müssen, bis sie gefahrlos in die Georgigasse nach links hätte einbiegen können. Auf Grund der am Unfallsort festgestellten Bremsspur und der Beschädigungen an beiden Fahrzeugen sei eine höhere Geschwindigkeit als 50 km/h des am Verkehrsunfall zweitbeteiligten Fahrzeuges auszuschließen. Die Beschwerdeführerin hätte nur dann in die Kreuzung einfahren dürfen, nachdem sie sich davon überzeugt hatte, daß zumindest aus ihrer Fahrtrichtung aus gesehen von links kein Fahrzeugverkehr durch ihr Einbiegemanöver behindert werde. Es sei unwahrscheinlich, daß sie den von links kommenden zweitbeteiligten Pkw nicht wahrgenommen habe und es müsse dies als Beobachtungsfehler ihrerseits gewertet werden.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie brachte darin unter anderem vor, sie habe vorschriftsmäßig an der Haltelinie in der Janzgasse angehalten und zwei von links kommende Pkw, die durch Blinkzeichen ein Rechtsabbiegen angezeigt hätten, bemerkt. Da sie diese Pkw nicht behindert habe, sei sie in die Kreuzung eingefahren und in der Folge durch ein von rechts kommendes Fahrzeug an der Weiterfahrt gehindert worden, weshalb sie 7 bis 10 Sekunden im Kreuzungsbereich gestanden sei. Der am Verkehrsunfall Zweitbeteiligte habe im Zuge seiner Vernehmung zugegeben, in einem Abstand von 150 m vor sich zwei Fahrzeuge, die die Georgigasse in östlicher Richtung passiert hätten und in der Folge nach rechts eingebogen seien, bemerkt zu haben. Daraus ergebe sich eindeutig, daß die Beschwerdeführerin nicht unvermittelt in die Kreuzung eingefahren sei und dadurch den Zweitbeteiligten behindert habe, wodurch dieser zum unvermittelten Bremsen gezwungen gewesen wäre. Vielmehr hätte der Zweitbeteiligte bei vorschriftsmäßig eingehaltener Geschwindigkeit sein Fahrzeug ohne weiteres zum Stillstand bringen können. Im Strafverfahren erster Instanz seien keine Beweise darüber aufgenommen worden, ob sich das Fahrzeug der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt des Zusammenstoßes im Stillstand befunden habe und wenn ja, ob der Zweitbeteiligte durch ein Auslenkmanöver kollisionsfrei hätte passieren können. Anhand der Beschädigungen an beiden Fahrzeugen lasse sich unschwer feststellen, daß das Fahrzeug der Beschwerdeführerin sich im Zeitpunkt des Zusammenstoßes im Stillstand befunden habe und der Zweitbeteiligte eine überhöhte Geschwindigkeit eingehalten habe. Die in der Unfallsskizze eingezeichneten Bremsspuren gäben keine Auskunft über die Geschwindigkeit des Zweitbeteiligten, weil dieser erst im letzten Moment gebremst habe und ein Großteil der Geschwindigkeit durch die Absorptionsenergie aufgebracht worden sei. An beiden Fahrzeugen sei kein leichter Sachschaden, sondern Totalschaden entstanden. Zum Beweise dafür werde die zeugenschaftliche Vernehmung der beiden informierten Versicherungsvertreter beantragt. Ausgehend davon, daß die Beschwerdeführerin langsam in die Kreuzung eingefahren sei und der Zweitbeteiligte das Fahrzeug der Beschwerdeführerin 150 m vor sich gesehen habe, habe er überhaupt nicht auf das Einfahren reagiert und sich den Vorrang erzwungen.
Mit Bescheid vom 26. November 1984 wies die Steiermärkische Landesregierung die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 ab. In der Begründung ihres Bescheides führte die Berufungsbehörde aus, gehe man von der Richtigkeit der Angaben der Beschwerdeführerin in der Berufung unter Berücksichtigung der unwiderlegten Skizze aus, so hätte der Vorrangberechtigte seinen Vorrang erzwungen, was allerdings nichts an den Vorrangverhältnissen ändere. Der Wartepflichtige dürfe den Vorrangberechtigten zwar zu einer geringfügigen Verminderung seiner Fahrgeschwindigkeit, nicht jedoch zum Abbremsen seines Fahrzeuges veranlassen. Die Beschwerdeführerin habe selbst nicht behauptet, eine leichte Verminderung der vorschriftsmäßigen Fahrgeschwindigkeit des Zweitbeteiligten wäre ausreichend, um den Verkehrsunfall zu verhindern. Ein tatsächlich notwendiges Anhalten des Fahrzeuges erfordere mehr als eine bloße Geschwindigkeitsverminderung und falle unter den Begriff "unvermitteltes Bremsen", unabhängig davon, ob dafür eine Sichtstrecke von 150 m zur Verfügung gestanden sei oder nicht. Ein Anhalten des Fahrzeuges bedeute einen Vorrangverzicht, der von keinem Vorrangberechtigten verlangt werden könne. Der Zweitbeteiligte habe jedenfalls die Notwendigkeit eines Bremsmanövers bezeugt. Auch der Einwand der Beschwerdeführerin, der Zweitbeteiligte hätte durch rechtzeitiges Anhalten seines Fahrzeuges den Verkehrsunfall verhindern können, ginge ins Leere, weil der Wartepflichtige den Vorrangsberechtigten auch nicht zu einem derartigen Ablenken nötigen dürfe. Bei diesem Sachverhalt seien nähere Erhebungen über den Unfallsablauf nicht erforderlich gewesen, zumal die Beschwerdeführerin nach ihren unwidersprochenen Angaben in der Anzeige das Fahrzeug des Zweitbeteiligten nicht im Herannahen beobachtet habe. Nach der Darstellung der Beschwerdeführerin wäre eine Vorrangsverletzung nur dann nicht gegeben, wenn sie bis zur angegebenen Position hätte vorfahren müssen, um den Querverkehr beobachten zu können. Dies habe sie allerdings selbst nicht behauptet und es sei auch von der Erstbehörde ausgeführt worden, daß die Georgigasse nach links von der Fahrtrichtung der Beschwerdeführerin gut einsehbar gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe jedenfalls damit rechnen müssen, daß nach den beiden Kraftfahrzeugen weitere "bevorrangte" Kraftfahrzeuge folgen könnten und hätte daher erst nach der Vergewisserung, daß dies von links nicht der Fall gewesen sei und ein baldiges Weiterfahren möglich gewesen wäre, in die Kreuzung einfahren dürfen. Nach den Ausführungen in der Berufung habe die Beschwerdeführerin allerdings das Einbiegen bereits in dem Zeitpunkt begonnen, indem sie die Fahrtrichtungsänderungsanzeige der beiden einbiegenden Kraftfahrzeuge wahrgenommen habe. Sie habe trotz ihrer angeblich längeren Haltezeit auch nicht angegeben, daß bei gehöriger Aufmerksamkeit für den Vorrangverkehr von links ein geringfügiges Reversieren unmöglich gewesen wäre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gelten gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach dem gesamten Beschwerdevorbringen durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht wegen der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und deswegen bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Feststellung der belangten Behörde, daß eine nähere Erhebung über den Unfallsablauf nicht notwendig sei, weil die Beschwerdeführerin das Fahrzeug des Unfallsgegners nicht im Herannahen beobachtet habe. Sie verwies dazu auf ihr Vorbringen im Verwaltungsstrafverfahren, wonach sie vorerst nach den zwei von links kommenden Fahrzeugen, die nach rechts in die Janzgasse eingebogen seien, kein weiteres herannahendes Fahrzeug bemerkt habe. Daraus sei zu ersehen, daß sich von ihr aus links gesehen kein weiteres Fahrzeug auf der "gerade einsichtigen" Georgigasse befunden habe. Dieses Vorbringen werde auch durch die Zeugenaussage des am Verkehrsunfall Zweitbeteiligten bestätigt, der angegeben habe, daß zumindest 100 m vor ihm sich zwei Pkw in der Georgigasse befunden hätten, die in der Folge in die Janzgasse abgebogen seien, und er erklärt habe, daß er das Fahrzeug der Beschwerdeführerin aus dieser Entfernung in der Janzgasse stehend bemerkt habe. Die Beschwerdeführerin habe ferner immer behauptet, daß sie auf der Kreuzung ein zweites Mal angehalten habe, weil sich von rechts ein Fahrzeug genähert habe. Der Zweitbeteiligte hätte bei der angeführten Entfernung unter Bedachtnahme auch die von ihm behauptete Geschwindigkeit seines Fahrzeuges (zwischen 45 und 50 km/h) mit einer geringfügigen Verringerung der Geschwindigkeit durch eine leichte Betriebsbremsung "dreimal anhalten" und dadurch den Unfall verhindern können. Die belangte Behörde habe keine Feststellungen getroffen, ob das Fahrzeug der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes gestanden sei, wie hoch die Geschwindigkeit des Fahrzeuges des Zweitbeteiligten gewesen sei und wieweit die Fahrzeuge bei Ansichtigwerden voneinander entfernt gewesen seien. Die belangte Behörde habe die dazu von der Beschwerdeführerin beantragten Beweise (zeugenschaftliche Vernehmung der beiden informierten Versicherungsvertreter und Beiziehung eines Sachverständigen) nicht durchgeführt. Im übrigen widerspreche es jeglicher Lebenserfahrung, von einem in der Kreuzung Stehenden zu verlangen, daß er nach längerer Haltezeit zurückfahren solle und zu behaupten, daß bei einer Entfernung von 100 m ein unvermutetes Bremsen notwendig sei.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.
Gemäß § 19 Abs. 4 StVO haben sowohl die von rechts kommenden als auch die von links kommenden Fahrzeuge den Vorrang, wenn vor einer Kreuzung das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" oder "Halt" angebracht ist. Zufolge Abs. 7 dieser Gesetzesstelle darf, wer keinen Vorrang hat (der Wartpflichtige) durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen die Lenker von Fahrzeugen mit Vorrang (die Vorrangberechtigten) weder zu unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen.
Unbestritten ist, daß die Beschwerdeführerin zur Tatzeit am Tatort ein Fahrzeug lenkte und von der Janzgasse kommend in die Georgigasse einfuhr und daß ferner in der Janzgasse vor der Kreuzung mit der Georgigasse das Vorschriftszeichen gemäß § 52 Z. 23 StVO ("Vorrang geben") angebracht ist. Daraus folgt, daß die Beschwerdeführerin gegenüber dem am Verkehrsunfall Zweitbeteiligten der in der Georgigasse fuhr, die Wartepflichtige war. Die Beschwerdeführerin bestreitet jedoch, den Zweitbeteiligten zum unvermittelten Bremsen genötigt zu haben. Die von ihr dafür gegebene Begründung ist jedoch nicht schlüssig.
Zunächst ist in diesem Zusammenhang zu bemerken, daß aus der Tatsache, daß die Beschwerdeführerin vorerst kein weiteres herannahendes Fahrzeug auf der Georgigasse bemerkt habe, nicht geschlossen werden kann, daß sich von ihr aus links gesehen tatsächlich kein weiteres Fahrzeug auf der Georgigasse befunden habe. Die Richtigkeit dieser Annahme ergibt sich entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin auch nicht aus den Angaben des am Verkehrsunfall Zweitbeteiligten, vielmehr legt seine Bemerkung, daß er im Zeitpunkte des Abbiegens der beiden vor ihm fahrenden Fahrzeuge die Beschwerdeführerin mit ihrem Fahrzeug an der in der Janzgasse angebrachten Haltelinie stehend wahrgenommen habe, den Schluß nahe, daß die Beschwerdeführerin bei entsprechender Aufmerksamkeit auch ihn hätte sehen müssen.
Der Wartepflichtige handelt rechtmäßig, wenn er sein Linksabbiegemanöver zu einem Zeitpunkt beginnt, in dem er, auch unter Bedachtnahme auf die Dauer dieses Manövers, den Vorrangberechtigten entweder infolge der Entfernungen oder der Geschwindigkeiten der beteiligten Fahrzeuge oder beider Umstände, weder zu unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken seines Fahrzeuges nötigt (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Mai 1979, Zl. 264/79; hinsichtlich der zitierten nichtveröffentlichten hg. Entscheidungen wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen). Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 4 StVO ergibt, bezieht sich die Wartepflicht auf beide Fahrbahnrichtungen. Die Beschwerdeführerin hätte daher erst dann in die Kreuzung einfahren dürfen, nachdem sie sich vergewissert hatte, daß sich weder von links noch von rechts ein Fahrzeug der Kreuzung nähert. Die Beschwerdeführerin mußte jedoch nach ihren eigenen Angaben, nachdem sie in die Kreuzung eingefahren war, ihr Fahrzeug in der Fahrbahnmitte anhalten, um ein von rechts kommendes Fahrzeug passieren zu lassen. Damit war es ihr nicht möglich, ihr Abbiegemanöver in einem Zug durchzuführen, wie dies im Beschwerdefall zur Verhinderung einer Behinderung des Verkehrs mit Vorrang erforderlich gewesen wäre. In diesem Zusammenhang ist das abstrakte "Nichtbeachten" eines Vorranges etwas anderes als das konkrete "Verletzen" des Vorranges eines Berechtigten in solcher Weise, daß dieser zu unvermitteltem Bremsen oder Ablenken seines Fahrzeuges genötigt wird (vgl. dazu das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. September 1978, Slg. Nr. 9626/A). Das Erfordernis des "unvermittelten Bremsens oder Ablenkens" ist objektiv zu verstehen, d.h., daß der Tatbestand auch dann gegeben sein kann, wenn der Vorrang berechtigte obwohl er, objektiv gesehen, unvermittelt bremsen oder ablenken müßte, in Wirklichkeit aber weder das eine noch das andere getan hat, weshalb es ja in der Regel zum Unfall gekommen sein wird (vgl. dazu das schon zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Mai 1979, Zl. 264/79).
Ausgehend davon ist es für die Beurteilung der Frage, ob die Beschwerdeführerin mit ihrem Verhalten den Vorrang verletzte, ohne rechtliche Bedeutung, ob der Zweitbeteiligte bei der von ihm angegebenen Geschwindigkeit bei leichter Betriebsbremsung sein Fahrzeug innerhalb einer Entfernung von 100 m "dreimal" anhalten hätte können, und ob die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt des Zusammenstoßes mit ihrem Fahrzeug stand. Die Beiziehung eines Sachverständigen zur Beurteilung dieser Fragen konnte daher zu Recht unterbleiben. Dazu kommt, daß es für die Beurteilung des strafbaren Verhaltens des im Nachrang befindlichen Fahrzeuglenkers irrelevant ist, ob sich der Vorrangberechtigte gegebenenfalls ebenfalls rechtswidrig (etwa durch Einhalten einer überhöhten Geschwindigkeit) verhalten hat (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Jänner 1982, Zl. 81/02/0285). Aus den angeführten Gründen ist der belangten Behörde auch kein Verfahrensmangel anzulasten, wenn sie die zeugenschaftliche Einvernahme der beiden informierten Versicherungsvertreter unterließ, sollte diese doch über die Höhe des Schadens der am Unfall beteiligten Fahrzeuge Auskunft geben, sohin zu einer Frage, die im gegebenen Zusammenhang ebenfalls ohne rechtliche Relevanz ist.
Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 17. Dezember 1986
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