European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0080OB00076.25X.0623.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.316,40 EUR (darin enthalten 219,40 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Die Revision des Klägers ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
[2] Der konkrete Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht ist eine Frage des Einzelfalls (RS0026529). Er wäre nur revisibel, wenn dem Berufungsgericht eine Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, die aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste (RS0021095 [T26 – T28]; RS0026763 [T5]). Das ist hier aber nicht der Fall.
[3] Die Aufklärungsanforderungen dürfen nicht überspannt werden (6 Ob 214/14k; RS0026362 [T1]). Die Verneinung einer Aufklärungspflicht durch die Vorinstanzen darüber, dass bei der am Kläger geplanten bipolaren Enukleation der Prostata an der Saugpumpe des Morcellators ein unerwarteter Defekt eintreten und mangels Ersatzgeräts im Krankenhaus ein Abbruch der Operation erforderlich werden könnte, ist aufgrund der Umstände des vorliegenden Falls jedenfalls vertretbar: Nach den Feststellungen ist das Auftreten eines solchen Gerätedefekts im Rahmen einer Prostatamorcellation selten. Faktoren, die auf ein besonderes Risiko eines Geräteausfalls hingewiesen hätten, waren zum Zeitpunkt der Aufklärung des Klägers über die Operation nicht vorhanden. Die Saugpumpe war rund vier Monate vor der Operation geliefert worden. Am selben Tag erfolgte die Prüfung und Freigabe des Geräts durch einen dafür qualifizierten Mitarbeiter des Lieferanten. Das vorgeschriebene Prüfintervall beträgt ein Jahr. Die Saugpumpe hatte vor zehn Jahren eine CE‑Kennzeichnung erhalten, wodurch die Übereinstimmung mit den relevanten Gesundheits‑, Sicherheits‑ und Umweltschutzstandards für medizinische Geräte bestätigt wurde. Es gibt weder einen internationalen Standard, dass eine Klinik ein Ersatzgerät für den bei der Operation eingesetzten Morcellator vorhält, noch werden Ersatzgeräte an den österreichischen Universitätskliniken vorgehalten.
[4] Die vom Berufungsgericht als erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO angesehenen Fragen des Bestehens „einer aus dem Behandlungsvertrag erfließenden Aufklärungspflicht über die technische Ausstattung einer Gesundheitseinrichtung“ und „einer ärztlichen Aufklärungspflicht über mögliche technische Gebrechen – den nie ganz ausschließbaren Ausfall eines Geräts – bei der ärztlichen Behandlung mit Medizinprodukten und das Vorhalten oder Nichtvorhalten von Ersatzgeräten“ entziehen sich einer allgemeingültigen Beantwortung und vermögen damit die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen (vgl 2 Ob 123/23m [Rz 15]). Die Kasuistik des Einzelfalls schließt in der Regel – und so auch hier – eine beispielgebende Entscheidung aus (RS0042405 [T1]).
[5] Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).
[6] Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 iVm § 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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