OGH 4Ob184/24y

OGH4Ob184/24y18.3.2025

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schwarzenbacher als Vorsitzenden sowie den Vizepräsidenten Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätinnen Mag. Istjan, LL.M., und Mag. Waldstätten und den Hofrat Dr. Stiefsohn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundesarbeitskammer, Prinz-Eugen-Straße 20–22, 1041 Wien, vertreten durch Dr. Sebastian Schumacher, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei * GmbH, *, vertreten durch Altenweisl Wallnöfer Watschinger Zimmermann Rechtsanwälte GmbH in Innsbruck, wegen Unterlassung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 44.900 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 3. Juli 2024, GZ 2 R 42/24x‑30, womit das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 21. Dezember 2023, GZ 24 Cg 25/23h‑23, bestätigt wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0040OB00184.24Y.0318.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiete: Exekutionsrecht, Gewerblicher Rechtsschutz, Konsumentenschutz und Produkthaftung

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

I. Der Schriftsatz der beklagten Partei vom 3. 12. 2024 wird zurückgewiesen.

II. Der Revision der beklagten Partei wirdteilweiseFolgegegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werdendahin abgeändert, dass das Urteil einschließlich des bestätigten Teils und der Kostenentscheidung lautet:

1. Die beklagte Partei ist schuldig, es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen, eine einseitige Erhöhung des Mitgliedsbeitrags ohne entsprechende Änderungsvereinbarung vorzunehmen und das Schweigen von Verbrauchern oder das Unterbleiben einer außerordentlichen Kündigung zu einer solchen angekündigten Preiserhöhung als Zustimmung zu werten.

2. Der klagenden Partei wird die Ermächtigung erteilt, den klagestattgebenden Teil des Urteilsspruchs mit dem Zusatz, dass die beklagte Partei unter der Marke „*“ Fitnessstudios in * betreibt, mit Ausnahme des Ausspruchs über die Kosten binnen sechs Monaten ab Rechtskraft des Urteils einmal im redaktionellen Teil der Sonntagsausgabe der „Kronen Zeitung“ für die Bundesländer Niederösterreich, Oberösterreich und Burgenland auf Kosten der beklagten Partei mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien und in Fettdruckumrandung in Normallettern zu veröffentlichen.

3. Die beklagte Partei ist schuldig, den klagestattgebenden Teil des Urteilsspruchs mit dem Zusatz, dass die beklagte Partei unter der Marke „*“ Fitnessstudios in * betreibt, mit Ausnahme des Ausspruchs über die Kosten binnen einer Leistungsfrist von sechs Wochen für die Dauer von 90 Tagen auf der von der beklagten Partei betriebenen Website https://www.*.at oder, sollte sich die Internetadresse ändern, auf der von ihr betriebenen Website für Fitnessstudios unter der sodann hiefür gültigen Internetadresse derart zu veröffentlichen bzw die Veröffentlichung durch den Betreiber der Website https://www.*.at zu veranlassen, dass die Veröffentlichung unübersehbar auf der Startseite anzukündigen und mit einem Link direkt aufrufbar sein muss, wobei sie in Fettumrandung und mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien, ansonsten hinsichtlich Schriftgröße, -farbe, Farbe des Hintergrundes und Zeilenabständen so vorzunehmen ist wie auf der Website https://www.*.at im Textteil üblich.

4. Hingegen werden die Mehrbegehren, die Beklagte sei weiters schuldig,

a. es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen, Geldbeträge von den Konten ihrer Kunden einzuziehen, wenn die Kunden dazu keine ausdrückliche und freiwillige Zustimmung erteilt haben,

b. alle Verbraucher, die zwischen dem 30. 11. 2016 und dem 30. 11. 2022 eine Mitgliedschaftsvereinbarung mit der Beklagten abgeschlossen haben und denen ohne deren ausdrücklicher und freiwilliger Zustimmung ein im Vergleich zum Vertragsabschlusszeitpunkt erhöhter Mitgliedsbeitrag von ihrem Konto durch die beklagte Partei oder im Auftrag der beklagten Partei eingezogen wurde, binnen drei Wochen ab Rechtskraft durch ein per Post oder E‑Mail auf Kosten der beklagten Partei an die zuletzt bekanntgegebene Adresse der Verbraucher zu verschickendes Schreiben über das gegenständliche Urteil zu informieren und mit in Fettdruck und in Punktgröße 14 hervorgehobener Schrift darauf hinzuweisen, dass Verbrauchern die vollständige Rückzahlung von zu Unrecht eingezogenen Beträgen zusteht,

und in ihren Fitnessstudios binnen drei Wochen ab Rechtskraft für einen Zeitraum von 90 Tagen an gut sichtbarer Stelle im Eingangsbereich durch zwei Aushänge im A1‑Format über das gegenständliche Urteil zu informieren und mit in Fettdruck und in Punktgröße 48 hervorgehobener Schrift darauf hinzuweisen, dass Verbrauchern die vollständige Rückzahlung von zu Unrecht eingezogenen Beträgen zusteht,

abgewiesen.

5. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.825,14 EUR (darin enthalten 529,99 EUR USt und 2.645,22 EUR an saldierten Barauslagen) bestimmten anteiligen Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Klägerin ist eine gemäß § 29 Abs 1 KSchG und § 14 UWG zur Unterlassungsklage berechtigte Körperschaft öffentlichen Rechts.

[2] Die Beklagte betreibt in Niederösterreich, Oberösterreich und im Burgenland Fitnessstudios, wobei sie regelmäßig mit Verbrauchern iSd § 1 KSchG (auch im Wege des Fernabsatzes) Mitgliedsverträge abschließt, denen Allgemeine Geschäftsbedingungen (in der Folge:AGB) zugrunde liegen. Als Zahlungsmodalitäten bestehen die Möglichkeiten der Bar- oder Bankomatzahlung sowie der Einräumung einer SEPA-Lastschrift.

[3] Die zwischen der Beklagten und ihren Kunden abgeschlossenen Mitgliedsvereinbarungen enthalten ua folgende Bestimmungen:

„5. Einzugsermächtigung

Hiemit ermächtige ich das Fitnessstudio widerruflich, die von mir zu entrichtenden Zahlungen bei Fälligkeit zu Lasten meines Kontos mittels Einziehungsermächtigungsverfahren einzuziehen. [...] Ich habe das Recht, innerhalb von acht Wochen ab Abbuchungsauftrag ohne Angabe von Gründen die Rückbuchung bei meiner Bank zu veranlassen [...].

 

7. Vertragsdauer, Kündigung

Der Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Für die ersten zwölf Monate beginnend mit dem auf den Vereinbarungsbeginn folgenden Ersten des Monats wird auf die Kündigung verzichtet. Die Vereinbarung kann von beiden Vertragsparteien mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Ende des Kündigungsverzichts und danach jeweils zum 30. 6. und zum 31. 12. eines jeden Jahres mit einer Kündigungsfrist von einem Monat schriftlich (ohne eigenhändige Unterschrift) per Brief oder E-Mail gekündigt werden.“

 

[4] Die dazu vereinbarten AGB lauten in ihrem bezughabenden Teil:

„2. Mitgliedsbeitrag

Der monatliche Mitgliedsbeitrag richtet sich nach Laufzeit der Mitgliedschaft und Standort der Filiale. Für alle Verträge, die vor dem 30. 11. 2016 abgeschlossen wurden, gilt: Die Monatsbeiträge sind nach dem auf Basis des von der Statistik Austria vereinbarten (oder von Amts wegen an dessen Stelle tretenden) Verbraucherpreisindex 2005 wertgesichert. [...]

 

3. Einzugsermächtigung

Das Fitnessstudio wird widerruflich ermächtigt, die zu entrichtenden Zahlungen bei Fälligkeit zu Lasten des angegebenen Kontos mittels Einzugsermächtigungsverfahren einzuziehen. Damit ist auch die kontoführende Bank ermächtigt, die Lastschriften einzulösen, wobei für diese keinerlei Verpflichtung zur Einlösung besteht, insbesondere dann, wenn das Konto die erforderliche Deckung nicht aufweist. Es besteht das Recht, innerhalb von acht Wochen ab Abbuchungsauftrag ohne Angabe von Gründen die Rückbuchung bei der Bank zu veranlassen. Abbuchungstermin ist der 1. jeden Monats.“

 

[5] Die Muttergesellschaft (= 100 % Gesellschafterin) der Beklagten erstellte (gemäß der zwischen ihr und der Beklagten erfolgten Aufgabenverteilung) im Dezember 2022 folgendes Schreiben („Erhöhungsschreiben“), das an alle Mitglieder der Fitnessstudios, sohin auch an die Kunden der Beklagten, gerichtet war:

„Liebes * Mitglied!

 

Die letzten zwei Jahre waren für uns alle auf Grund der Pandemie und deren Begleiterscheinungen (Lockdowns etc) eine massive Herausforderung. Gerade die Fitness-Branche hat es in dieser Zeit extrem hart getroffen. Trotz des enormen wirtschaftlichen Schadens haben wir es geschafft, alle unsere Standorte weiter in gewohnter Qualität zu betreiben.

 

Wir sind allen Mitgliedern für deren Treue und Unterstützung in dieser schwierigen Zeit sehr dankbar!

 

Angesichts der generellen Inflationsentwicklung ist es uns durch diverse Indexanpassungen, Erhöhungen der Energiekosten und weitere wirtschaftliche Faktoren nicht mehr möglich, unsere Preispolitik wie bisher weiterzuführen.

 

Wir sind daher leider gezwungen, die Preise für unsere Mitgliedschaften ab 1. 1. 2023 um moderate 6 EUR pro Monat zu erhöhen. Dies wird bei der nächsten Abbuchung der Mitgliedsbeiträge oder bei den nächsten fälligen Einmalzahlungen etwaiger Jahresverträge automatisch berücksichtigt.

 

Wenn Sie diese Preisanpassung nicht akzeptieren möchten, steht Ihnen ein außerordentliches Kündigungsrecht zum 31. 12. 2022 zu. In diesem Fall bitten wir sie, uns dies schriftlich per Brief, Mail oder persönlich vor Ort mitzuteilen. Kontaktdaten zu den jeweiligen Standorten finden sie auf unserer Website unter www.*/kontakt.html.

 

Sollten Sie sich aber dafür entscheiden, weiterhin Mitglied bei uns zu bleiben und wir keine außerordentliche Kündigung von Ihnen erhalten, gilt die oben erwähnte Preisanpassung als akzeptiert. Wir hoffen, dass Sie Verständnis für diesen leider notwendigen Schritt haben und wir Sie weiterhin als zufriedene/n Kunden/in in einem unserer Standorte begrüßen dürfen.“

 

[6] Das Erhöhungsschreiben wurde Anfang Dezember 2022 in den Fitnessstudios der Beklagten ausgehängt. In allen Fällen, in denen eine Einzugsermächtigung bestanden hat, wurde ab Jänner 2023 um 6 EUR mehr pro Monat eingehoben.

[7] Die Klägerin begehrt, der Beklagten es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zum einen zu verbieten, eine einseitige Erhöhung des Mitgliedsbeitrags ohne entsprechende Änderungsvereinbarung vorzunehmen und das Schweigen von Verbrauchern oder das Unterbleiben einer außerordentlichen Kündigung zu einer solchen angekündigten Preiserhöhung als Zustimmung zu werten, und der Beklagten zum anderen zu untersagen, Geldbeträge von den Konten ihrer Kunden einzuziehen, wenn die Kunden dazu keine ausdrückliche Zustimmung erteilt haben. Neben einem Urteilsveröffentlichungsbegehrenund zweier hilfsweise gestellten Unterlassungsbegehren machte die Klägerin nach Klagsausdehnung auch einen Beseitigungsanspruch nach § 15 UWG geltend. Ursprünglich wurde dazu unter Behauptung eines bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruchs der betroffenen Verbraucher der Beseitigungsanspruch darauf gestützt, dass die Beklagten die Störungshandlung durch Direktzahlung an die betroffenen Verbraucher zu beseitigen hätten. Zuletzt änderte die Klägerin das auf § 15 UWG gestützte Begehren dahin ab, dass die Beklagte (nur) verpflichtet sei, die von der unzulässigen Erhöhung der Mitgliedsbeiträge betroffenen Verbraucher nach Rechtskraft des (Unterlassungs-)Urteils davon zu informieren, dass ihnen die vollständige Rückzahlung der zu Unrecht eingezogenen erhöhten Mitgliedsbeiträge zustehe.

[8] Ihren Unterlassungsanspruch stützte die Klägerin auf den Vorwurf, dass die Beklagte unter Verstoß ua gegen § 6 Abs 1 Z 2 KSchG zu Unrecht ohne Vereinbarung Mitgliedsbeiträge erhöht und in weiterer Folge – in Verletzung des ZaDiG – eingezogen habe. Das Erhöhungsschreiben enthalte missbräuchliche Vertragsklauseln zur Änderung des Entgelts wegen einer unzulässigen Zustimmungsfiktion; die Klägerin sei nach § 28a KSchG legitimiert,die Beklagte auf Unterlassung zu klagen. Die Beklagte habe außerdem gegen das UWG verstoßen, insbesondere gegen § 1a Abs 1 UWG (aggressive Geschäftspraktik), weil sie die Verbraucher dazu zwinge, mehr als vereinbart zu zahlen.

[9] Zum Beseitigungsanspruch führte die Klägerin aus, dass die Pflicht der Beklagten zur Verständigung der Kunden über ihre Rückforderungsansprüche von § 15 UWG mitumfasst sei. Weiters bestehe ein Anspruch auf Urteilsveröffentlichung nach § 25 UWG.

[10] Die Beklagte wandte ua ein, dass die angegriffenen Klauseln keine Vertragsklauseln im Sinne der § 879 ABGB und § 6 KSchG seien. Das Klagebegehren sei unschlüssig. Einerseits werde behauptet, die Entgeltanpassungen seien nicht wirksam, wenn keine Zustimmung der Kunden vorliege, andererseits könne dann aber auch keine Vertragsverletzung wegen Verwendung missbräuchlicher Klauseln vorliegen. Eine Einigung über die Vertragsbestimmungen sei erfolgt und angemessen, weil die Kunden ausreichend Gelegenheit gehabt hätten, den Vertrag zu beenden. Verstöße gegen das UWG oder das ZaDiG lägen nicht vor. Der geltend gemachte Anspruch auf Information der Kunden sei durch § 15 UWG nicht gedeckt. Das Urteilsbegehren sei zudem mangels Bestimmtheit nach dem von der Klägerin begehrten Wortlaut nicht vollstreckbar.

[11] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Die einseitigen Erhöhungen der Mitgliedsbeiträge und die damit korrespondierenden Einziehungen von den Konten der Kunden seien wegen Verstößen gegen mehrere Gesetze (ZaDiG, KSchG, UWG, ABGB) gesetzeswidrig. Es liege auch ein berechtigtes Interesse an der Urteilsveröffentlichung vor. Schließlich erscheine auch ein Beseitigungsbegehren nach § 15 UWG berechtigt, weil das unlautere Verhalten im Sinne einer fortdauernden Störungshandlung fortwirke.

[12] Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung.

[13] Mit dem Erhöhungsschreiben habe die Beklagte den Vertragsverhältnissen missbräuchliche Vertragsbestimmungen zugrundegelegt. Die Geschäftspraktik verstoße ua gegen § 6 Abs 1 Z 2 KSchG und auch gegen das UWG. Die damit im Zusammenhang stehende Geschäftspraktik (Erhöhung des Mitgliedsbeitrags) könne der Beklagten im Verbandsprozess auf Grundlage des § 28a Abs 1 KSchG und § 14 UWG untersagt werden. Das erhobene Unterlassungs-begehren sei auch ausreichend bestimmt und nicht überschießend.

[14] Die aufgrund der vertragswidrigen Preiserhöhung erfolgten und daher rechtswidrigen Lastschriften seien als Gesetzesverstöße im Zusammenhang mit einem Zahlungsdienst zu werten. § 28a Abs 1 KSchG biete auch eine taugliche Rechtsgrundlage, um der Beklagten im Verbandsprozess die Unterlassung dieser Geschäftspraktik zu gebieten.

[15] Ein lauterkeitsrechtlicher Beseitigungsanspruch nach § 15 UWG könne auch in der Information der Kunden über die Unwirksamkeit der verwendeten Vertragsklauseln und über den bestehenden Rückzahlungsanspruch bestehen.

[16] Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige. Es ließ die Revision zum einen zur Auslegung der im Erhöhungsschreiben enthaltenen allgemeinen Vertragsklauseln und zum anderen zur Klärung der Frage zu, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen § 15 UWG den nach § 14 Abs 1 Satz 2 UWG klagslegitimierten Amtsparteien einen Folgenbeseitigungsanspruch in Form einer Verpflichtung des beklagten Unternehmers zur Information über wettbewerbswidrige Vertragsklauseln einräume.

[17] Die Beklagte bekämpft mit ihrer Revision das Berufungsurteil. Sie strebt die gänzliche Klagsabweisung an; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[18] Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision der Gegenseite mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[19] Das Rechtsmittel ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, es ist zum Teil auch berechtigt.

A. Zur Erhöhung des Mitgliedsbeitrags durch Zustimmungsfiktion:

[20] 1. Die Vorinstanzen haben die Berechtigung der Klägerin bejaht, die Beklagte auf Unterlassung der (im Wege einer Zustimmungsfiktion erfolgten) Erhöhung des Mitgliedsbeitrags in Anspruch zu nehmen. Als Anspruchsgrundlage für das entsprechende Unterlassungsbegehren wurden – im Sinne des Klagebegehrens – sowohl § 28a KSchG als auch § 14 UWG herangezogen. Dazu ist auszuführen:

[21] 2. Die Klägerin ist nach § 29 KSchG zu jeder Verbandsklage nach den §§ 28, 28a KSchG aktiv legitimiert (RS0127686). § 28a KSchG erweitert den Anwendungsbereich der Verbandsklagen auf gesetzwidrige Geschäftspraktiken von Unternehmern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern (10 Ob 13/17k). Zweck der Verbandsklage nach § 28a KSchG ist, Verhaltensweisen zu unterbinden, die im Widerspruch zum geltenden innerstaatlichen Recht stehen (10 Ob 28/14m; 10 Ob 13/17k). Die Regel setzt – im hier interessierenden Zusammenhang – einen Verstoß gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot voraus. § 28a KSchG erfasst (nur) gesetzliche Maßnahmen, die dem Schutz der Verbraucher in den einzelnen in dieser Bestimmung aufgezählten Schutzbereichen dienen (RS0131383). Der Anwendungsbereich von § 28a Abs 1 KSchG ist demnach beschränkt (4 Ob 143/14d). Insbesondere erfasst er – für den vorliegenden Fall relevant – den Verstoß gegen gesetzliche Gebote oder Verbote im Zusammenhang mit der Vereinbarung von missbräuchlichen Vertragsklauseln. Die beanstandete Verhaltensweise muss darüber hinaus für eine Vielzahl von Verträgen oder außervertraglichen Rechtsverhältnissen von Bedeutung sein, was vor allem bei gesetzwidrigen Verhaltensweisen im Massengeschäft der Fall ist (RS0121961).

[22] Die genannten Voraussetzungen für einen auf § 28a KSchG gestützten Unterlassungsanspruch liegen im Anlassfall vor.

[23] 3. Die Beklagte argumentiert in ihrer Revision dahin, dass die im Erhöhungsschreiben enthaltenen Passagen zur Erhöhung der Mitgliedsbeiträge im Wege der Zustimmungsfiktion nicht als Vertragsklauseln zu qualifizieren seien, sodass § 28a KSchG schon deshalb nicht in Betracht komme. Dem ist nicht zuzustimmen.

[24] 4.1 Als Gegenstand eines Unterlassungsbegehrens aufgrund von Verstößen im Zusammenhang mit der Vereinbarung von missbräuchlichen Vertragsklauseln kommen nicht bloß die Vereinbarung bzw Zugrundelegung missbräuchlicher Vertragsklauseln in Betracht, sondern auch die damit „im Zusammenhang“ (vgl § 28a 1. HS KSchG) stehenden Geschäftspraktiken. Nach § 28a KSchG unterliegt auch eine durch ein Schreiben oder eine Mitteilung erklärte Änderung eines bestimmten Vertragspunkts der Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (9 Ob 14/17z). Dessen Voraussetzungen sind etwa auch dann erfüllt, wenn eine vom Unternehmer angekündigte Vorgangsweise bei der Handhabung einer Vertragsbestimmung zahlreiche Kunden eines Unternehmens betrifft (RS0131572; RS0123499 [T8, T10]).

[25] 4.2 Dies alles trifft auf das gegenständliche Erhöhungsschreiben zu, mit dem der Mitgliedsbeitrag im Wege einer Zustimmungsfiktion erhöht und somit ein bestimmter Vertragspunkt geändert werden sollte. Es wurde von der Beklagten vorformuliert und all ihren zahlreichen Mitgliedern zur Kenntnis gebracht. Bei der Passage, die die Zustimmung zur einseitigen Erhöhung des Entgelts an ein Nichthandeln der Kunden knüpft, handelt es sich somit entgegen der Meinung der Beklagten um eine Klausel, die einer AGB‑Kontrolle zugänglich ist.

[26] 4.3 Auch die Tatbestandsvoraussetzung, dass die Beklagte mit ihrem Erhöhungsschreiben eine missbräuchliche Vertragsklausel mit ihren Kunden vereinbaren wollte, liegt vor. Die Vorinstanzen bejahten hier unter anderem einen Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 2 KSchG. Diese Regel erachtet solche Vertragsbestimmungen als unzulässig, nach denen ein bestimmtes Verhalten des Verbrauchers als Abgabe oder Nichtabgabe einer Erklärung gilt, es sei denn, der Verbraucher wird bei Beginn der hiefür vorgesehenen Frist auf die Bedeutung seines Verhaltens besonders hingewiesen und hat zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eine angemessene Frist.

[27] 4.4 Eine derartige Zustimmungsfiktion muss zuvor vertraglich vereinbart worden sein. Der Vertrag muss die Möglichkeit des Widerspruchs und die Frist für dessen Ausübung enthalten (RS0127099). § 6 Abs 1 Z 2 KSchG soll gewährleisten, dass dem Verbraucher bei Beginn der Frist auf die Bedeutung seines Verhaltens noch einmal vor Augen geführt wird (RS0065536 [T2]). Es reicht daher nicht aus, dass der Unternehmer ohne zugrunde liegende vertragliche Vereinbarung lediglich de facto unter Einhaltung einer (allfällig) angemessenen Frist bei deren Beginn auf die Erklärungsbedeutung des Verbraucherverhaltens und auf die Möglichkeit des Widerrufs hinweist (4 Ob 27/13v; 7 Ob 52/17y; 8 Ob 144/18m; RS0127099; RS0065536 [T1]; Langer in Kosesnik-Wehrle KSchG4 § 6 KSchG Rz 15). Fehlt eine entsprechende Vereinbarung, kann sich der Unternehmer a priori nicht darauf berufen, dass ein von ihm genanntes Verhalten des Verbrauchers einen bestimmten Erklärungswert haben soll (Langer aaO). Das ist gegenständlich aber der Fall. Erstmals und nur mit dem Erhöhungsschreiben wird nämlich auf eine außerordentliche Kündigungsmöglichkeit und auf die Folgen eines Nichthandelns hingewiesen. Auf eine einfache Widerrufsmöglichkeit wird nicht hingewiesen. Nach dem Inhalt des Erhöhungsschreibens hatten die Verbraucher lediglich die Wahl, die Änderung zu akzeptieren oder den Vertrag zu kündigen. § 6 Abs 1 Z 2 KSchG will aber gerade verhindern, dass Verbraucher durch Nichtabgabe einer Erklärung ohne vorherigen Hinweis an Vertragsänderungen gebunden werden.

[28] 4.5 Mit dem Änderungsschreiben zielte die Beklagte auf die Vereinbarung einer missbräuchlichen Vertragsklausel ab, mit der – in Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 2 KSchG – eine Erhöhung des Mitgliedsbeitrags über den Weg einer Zustimmungsfiktion erreicht werden sollte, weshalb das auf § 28a KSchG gestützte Unterlassungsgebot gerechtfertigt ist.

[29] 5. Darüber hinaus haben die Vorinstanzen den Unterlassungsanspruch zutreffend auch auf das UWG gestützt. Die Klägerin machte hier eine aggressive Geschäftspraktik nach § 1a Abs 1 UWG bzw wegen des Verstoßes gegen Z 30 der „schwarzen Liste“, eine unlautere Geschäftspraktik iSd § 1 Abs 1 UWG und eine irreführende Geschäftspraktik nach § 2 Abs 4 UWG geltend.

[30] 5.1 Seit der UWG-Novelle 2007 muss in folgender Reihenfolge geprüft werden, ob eine Geschäftspraktik unlauter ist: Fällt sie unter die „Liste“ des Anhangs? Wenn nein: Liegt sonst eine aggressive (§ 1a UWG) oder irreführende (§ 2 UWG) Geschäftspraktik vor? Wenn nein: Fällt sie unter die Generalklausel des § 1 UWG (RS0123062).

[31] 5.2.1 Das Berufungsgericht hat einen Verstoß der Z 30 des Anhangs verneint. Dem hält die Klägerin in der Revisionsbeantwortung entgegen, dass die Beklagte im Erhöhungsschreiben mehrfach auf ihre prekäre Lage hingewiesen hätte. Der Senat erachtet die Entscheidung des Berufungsgerichts hier nicht als korrekturbedürftig.

[32] 5.2.2 Der Anhang definiert mit der Z 30 eine Geschäftspraktik bei einem ausdrücklichen Hinweis gegenüber dem Verbraucher als aggressiv, „dass Arbeitsplatz oder Lebensunterhalt des Unternehmers gefährdet sind, falls der Verbraucher das Produkt oder die Dienstleistung nicht erwirbt“. Bei verständiger Würdigung ist aus dem Erhöhungsschreiben gerade nicht abzuleiten, dass der Arbeitsplatz oder Lebensunterhalt der Beklagten gefährdet sein soll. Umso weniger findet sich ein (für Z 30 erforderlicher) Hinweis, dass mit der Nichtzahlung des Erhöhungsbetrags eine solche Gefährdung verbunden sein soll.

[33] 5.3.1 Allerdings sind die Vorinstanzen zutreffend davon ausgegangen, dass hier eine aggressive Geschäftspraktik nach § 1a Abs 1 UWG vorliegt. Ein darauf gestützter Unterlassungsanspruch kann auch von der Klägerin geltend gemacht werden (§ 14 UWG).

[34] 5.3.2 Eine Geschäftspraktik gilt nach § 1a Abs 1 UWG als aggressiv, wenn sie geeignet ist, die Entscheidungs- oder Verhaltensfreiheit des Marktteilnehmers in Bezug auf das Produkt durch Belästigung, Nötigung oder durch unzulässige Beeinflussung wesentlich zu beeinträchtigen und ihn dazu zu veranlassen, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

[35] 5.3.3 Der Vertrag sah zwar, aber nur vor, dass der Mitgliedsbeitrag auf Basis des Verbraucherpreisindex wertgesichert ist und daher in diesem Rahmen erhöht werden kann. Die Beklagte war darüber hinaus aber nicht berechtigt, das Entgelt einseitig zu erhöhen. Dessen ungeachtet erweckte das Erhöhungsschreiben den irreführenden Eindruck, dass die Kunden nur die Wahl hatten, die außerordentliche (und ohne vertraglicher Grundlage vorgenommene) Entgelterhöhung stillschweigend zu akzeptieren oder den Vertrag zu kündigen. Durch die Übermittlung des Erhöhungsschreibens wurden die Kunden damit (nur) vor die Wahl gestellt, einen (im eigentlichen Vertrag nicht vorgesehenen) höheren Mitgliedsbeitrag schlicht zu akzeptieren oder den Vertrag zu kündigen. Die naheliegende Variante, dass der Vertrag im Rahmen des bisher Vereinbarten bestehen bleibt, zumal jegliche über die Wertsicherung hinausgehende Erhöhung von einer Zustimmung der Kunden abhängt, wurde nicht angeführt. Die Fähigkeit der Verbraucher eine informierte Entscheidung (über den Bestand und Inhalt des weiteren Vertragsverhältnisses) zu treffen, wurde dadurch wesentlich eingeschränkt. Damit lag durch diese Irreführung im Anlassfall eine unzulässige Beeinflussung vor, sodass die im Erhöhungsschreiben an die Zustimmungsfiktion geknüpfte Erhöhung des Mitgliedsbeitrags im Ergebnis von den Vorinstanzen zu Recht auch als aggressive Geschäftspraktik iSd § 1a UWG qualifiziert wurde (vgl zu ähnlichen Fällen: 4 Ob 27/13v oder 4 Ob 115/13k).

[36] 6.1 Das – die Erhöhung des Mitgliedsbeitrags betreffende – Unterlassungebot ist auch ausreichend bestimmt und damit exekutierbar. Der Begriff der Bestimmtheit eines Unterlassungsbegehrens darf nicht allzu eng ausgelegt werden, weil es praktisch unmöglich ist, alle nur denkbaren Eingriffshandlungen zu beschreiben (RS0000845). Eine gewisse allgemeine Fassung des Unterlassungsgebots ist schon deshalb notwendig, um Umgehungen nicht allzu leicht zu machen (RS0000845 [T14]; RS0002023 [T6]; RS0037607).

[37] 6.2 Die Beklagte wurde schuldig erkannt, es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen, eine einseitige Erhöhung des Mitgliedsbeitrags ohne entsprechende Änderungsvereinbarung vorzunehmen und das Schweigen von Verbrauchern oder das Unterbleiben einer außerordentlichen Kündigung zu einer solchen angekündigten Preiserhöhung als Zustimmung zu werten. Die Ausführungen in der Revision zur fehlenden Bestimmtheit des Urteils betreffen ausschließlich den zweiten Teil des Unterlassungsgebots (zur Einziehung von Geldbeträgen, dazu unten). Hinsichtlich der Erhöhung der Mitgliedsbeiträge im Wege der Zustimmungsfiktion hat die Beklagte weder vor den Vorinstanzen noch in der Revision die Bestimmtheit ansatzweise in Abrede gestellt. Auch der Senat hat hinsichtlich der erforderlichen Bestimmtheit keine Zweifel.

B. Zur Einziehung von Geldbeträgen von den Konten der Kunden:

[38] 7. Die Vorinstanzen haben hier einen Verstoß gegen das ZaDiG bejaht, weil für den erhöhten Betrag keine Zustimmung der Mitglieder vorgelegen sei. Die Einziehung sei daher insoweit nicht autorisiert. Der Senat schließt sich dieser Rechtsansicht nicht an.

[39] 7.1 Die Autorisierung eines vom Zahlungsempfänger ausgelösten Zahlungsvorgangs (beispielsweise bei der Lastschrift) setzt nicht voraus, dass der Zahler einen genauen Betrag angeben muss, was sich ua aus § 70 Abs 1 Z 1 ZaDiG 2018 ergibt (arg „bei der Autorisierung der genaue Betrag nicht angegeben wurde“). Zur Bestimmtheit der Autorisierungserklärung gehört die Bestimmung des Zahlungsempfängers; nicht notwendig sind hingegen die Festlegung von Zahlungszeitpunkt und Zahlungsbetrag (Weilinger/Kaufmann in Weilinger/Knauder/Miernicki, ZaDiG 2018 § 70 Rz 27). Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass eine Zustimmung zur Einziehung vorgelegen sei und somit der Zahlungsvorgang an sich vom erhöhten Mitgliedsbeitrag autorisiert gewesen sei (vgl Leixner, Zahlungsdienstegesetz 20183 Rz 3). Beim SEPA-Lastschriftverfahren erteilt der Zahler dem Zahlungsempfänger ein Mandat, auf dessen Grundlage dieser berechtigt ist, beim Zahlungsdienstleister des Zahlers (im Folgenden: Zahlstelle) eine Zahlung an ihn zu bewirken, wobei genauer Zeitpunkt oder Höhe des Betrages bei Erteilung des Mandats in der Regel noch nicht feststehen (Bernsteiner/Miernicki, SEPA-Lastschrift und Valutaverhältnis, ÖBA 2019, 411). Das korrespondiert auch mit dem Ergebnis der Entscheidung 1 Ob 244/11f, in der die Klausel „Der Kunde stimmt der Belastung seines Kontos mit Beträgen, die von ihm ermächtigte Dritte zu Lasten seines Kontos vom Kreditinstitut einziehen, zu“ als unverdächtig qualifiziert wurde.

[40] 7.2 Vorliegend wurde die Beklagte gemäß der Mitgliedsvereinbarung und den AGB zur Einziehung der „zu entrichtenden Zahlungen“ via Lastschrift (§ 4 Z 22 ZaDiG) ermächtigt, ohne dass dabei eine genaue Höhe genannt oder festgestellt wurde. In Hinblick darauf ist der Beklagten zuzustimmen, dass im Anlassfall eine Zustimmung für die Einziehung der Mitgliedsbeiträge vorlag (vgl auch § 58 Abs 1 und 2 ZaDiG). Nach Ansicht des Senats liegt – auch mit Blick auf den den Kunden zur Verfügung stehenden Rechtsbehelf nach § 70 ZaDiG – auch bezüglich der konkreten Höhe wegen der grundsätzlich autorisierten Einziehung damit kein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder Gebot iSd § 28a KSchG vor, sodass die Revision in diesem Umfang berechtigt und der Unterlassungsanspruch insoweit zu verneinen ist, zumal – wie sogleich auszuführen sein wird – auch ein Verstoß gegen das UWG nicht erkennbar ist.

[41] 8.1 Entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts kann in der in Rede stehenden Vorgangsweise der Beklagten noch keine aggressive Geschäftspraktik iSd § 1a UWG gesehen werden, weil mit Blick auf die (ohne konkreten Betrag) erteilte Einzugsermächtigung und wegen des im ZaDiG in § 70 (dazu zB Graf, Der Erstattungsanspruch bei der SEPA-Lastschrift, ÖBA 2020, 235) vorgesehenen Erstattungsanspruchs bzw auch weiterer Ansprüche aus Vertrag und unzulässiger Bereicherung die Entscheidungs- oder Verhaltensfreiheit der von den Einziehungen der Beklagten betroffenen Verbraucher jedenfalls nicht wesentlich in unlauterer Weise beeinträchtigt wurde, dass diese veranlasst wurden, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die sie sonst nicht getroffen hätten. Der Senat kann daher im automatischen Einzug eines mangels wirksamer Änderung überhöhten Betrags noch keine unlautere Beeinträchtigungshandlung nach § 1a UWG erblicken.

[42] 8.2 Die Klägerin machte im Zusammenhang mit der Einziehung der erhöhten Mitgliedsbeiträge auch einen Verstoß gegen die Generalklausel des § 1 UWG geltend. Auch unter Bedachtnahme ihrer dazu nur allgemein gehaltenen Ausführungen, die auf einen behaupteten Vertragsbruch Bezug nehmen, kann ein auf § 1 UWG gestütztes Unterlassungsbegehren nicht bejaht werden. Ein Vertragsbruch verstößt nämlich nur dann gegen § 1 UWG, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass die Vertragserfüllung aus sittlich verwerflichen Gründen unterblieben ist (RS0078872). So erschöpft sich die Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung vor allem dort nicht im vertraglichen Unrecht, wo sich ein Unternehmer über sie hinwegsetzt, um die Vertragstreue seiner Mitbewerber zum eigenen Vorteil im Wettbewerb für sich auszunützen (RS0078872 [T8]). Im Anlassfall stellt weder das Vorbringen noch das Klagebegehren besondere Umstände dar, wonach die die von der Klägerin beanstandete Lauterkeitsrechtsverletzung durch die Beklagten bereits aufgrund eines Vertragsbruchs zu bejahen wäre.

Zwischenergebnis zum Unterlassungsanspruch:

[43] 9.1 Als Zwischenergebnis ist damit festzuhalten, dass der Unterlassungsklage hinsichtlich der Erhöhung des Mitgliedsbeitrags im Wege der Zustimmungsfiktion stattzugeben, hingegen das auf die Einziehung von den Kundenkonten bezogene Begehren abzuweisen ist, sodass der Revision hier teilweise Folge zu geben ist.

[44] 9.2 Die Eventualbegehren stehen im untrennbaren Zusammenhang (nur) mit dem erfolgreichen ersten Hauptbegehren zur Erhöhung des Mitgliedsbeitrags. Der (vermeintlich) zustimmungslose Einzug von den Konten der Verbraucher ist nur Gegenstand des (zweiten) Hauptbegehrens, aber nicht Thema der Eventualbegehren. Die Eventualbegehren wurden bei verständiger Würdigung nur für den Fall erhoben, dass das erste Hauptbegehren abgewiesen wird. Letzteres war nicht der Fall, sodass über die Eventualbegehren nicht entschieden werden musste.

C. Zum Beseitigungsanspruch nach § 15 UWG:

[45] 10. In Anwendung des § 15 UWG wurde die Beklagte von den Vorinstanzen schuldig erkannt, „alle Verbraucher, die zwischen dem 30. 11. 2016 und dem 30. 11. 2022 eine Mitgliedschaftsvereinbarung mit der Beklagten abgeschlossen haben und denen ohne deren ausdrücklicher und freiwilliger Zustimmung ein im Vergleich zum Vertragsabschlusszeitpunkt erhöhter Mitgliedsbeitrag von ihrem Konto durch die beklagte Partei oder im Auftrag der beklagten Partei eingezogen wurde, […] über das gegenständliche Urteil zu informieren und [...] darauf hinzuweisen, dass Verbrauchern die vollständige Rückzahlung von zu Unrecht eingezogenen Beträgen zusteht.“ Weiters wurde die Beklagte iZm § 15 UWG auch verpflichtet, „in ihren Fitnessstudios über das Urteil […] zu informieren und […] darauf hinzuweisen, dass Verbrauchern die vollständige Rückzahlung von zu Unrecht eingezogenen Beträgen zusteht.“

[46] 11. Die im Rechtsmittel aufgeworfenen Fragen zur Berechtigung eines auf § 15 UWG gestützten Folgenbeseitigungsanspruchs, nach dem die Beklagte verpflichtet sein soll, die von der Erhöhung des Mitgliedsbeitrags betroffenen Verbraucher vom Unterlassungsurteil zu verständigen und auf einen Rückzahlungsanspruch hinzuweisen (dazu kritisch jüngst zB Geroldinger, Lauterkeitsrechtlicher „Folgenbeseitigungsanspruch“ zugunsten von Verbrauchern? ÖJZ 2025/4 mwN) müssen schon aus den folgenden Erwägungen nicht geklärt werden, sodass auch das in diesem Zusammenhang von der Klägerin angeregte Vorabentscheidungsersuchen nicht erforderlich ist.

[47] 12. Der auf § 15 UWG gestützte Urteilsantrag korrespondiert mit dem zweiten Hauptbegehren, dem eine UWG-widrige Vorgangsweise bei der Einziehung der erhöhten Beträge von den Konten der Kunden zugrundeliegt. Ein entsprechender Verstoß gegen § 1a UWG wurde jedoch bereits oben verneint, sodass schon deshalb ein lauterkeitsrechtlicher Beseitigungsanspruch in der Gestalt der Information an die Kunden über die Einziehung und den damit verbundenen Rückforderungsanspruch scheitern muss.

[48] 13. Darüber hinaus ist das Begehren aus folgenden Erwägungen unbestimmt und eignet sich nicht zur Exekutionsführung, sodass der entsprechende Beseitigungsanspruch auch aus diesem Grund zu verneinen ist:

[49] 13.1 Die Beklagte wurde von den Vorinstanzen zur Vornahme einer Handlung, nämlich zu bestimmten Informationen von Verbrauchern, verurteilt. Aus den Umständen des Falls ergibt sich, dass hier auf eine individuelle, persönliche Leistung der Beklagten abgestellt wird, sodass es sich hier um eine nach § 354 EO zu erzwingende unvertretbare Handlung handelt (Klicka in Angst/Oberhammer, EO3 § 353 Rz 17; RS0004468), zumal keine anderen Umstände zum Verhalten der Beklagten hinzutreten müssen (zB Willen eines Dritten), um die Ausführung zu ermöglichen (Klicka in Angst/Oberhammer, EO3 § 354 Rz 1; RS0004396; RS0001172).

[50] 13.2 In einem solchen Fall muss dem Exekutionstitel Gegenstand, Art, Umfang und Zeit der geschuldeten Leistung ausreichend bestimmt zu entnehmen sein (vgl Heller/Berger/Stix, EO4 III 2572; Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner § 7 EO Rz 104). Bei einem nach § 354 EO durchzusetzenden Titel ist die Bestimmtheit der begehrten Leistung deshalb zu fordern, um dem Gegner den Umfang seiner Leistung zweifelsfrei zu umschreiben und im Falle der Leistungsverweigerung die exekutive Durchsetzung zu ermöglichen (2 Ob 317/65 SZ 38/218). An das Erfordernis der titelmäßigen Bestimmtheit der zu erzwingenden Handlung (§ 354 EO, § 7 EO) ist zwar kein überstrenger Formalismus anzulegen, um zu vermeiden, dass dem betreibenden Gläubiger die Exekutionsführung unmöglich gemacht wird. Es reicht auch die Formulierung einer Verpflichtung zur Vornahme aller zu einem bestimmten Zweck notwendigen Handlungen, wenn sich deren Umfang abgrenzen lässt (3 Ob 71/08z; 3 Ob 194/09i; RS0000534; RS0004742).

[51] 13.3 Die geschuldete Leistung muss im Exekutionstitel aber insofern bestimmt bezeichnet sein, als sie allein aus den Angaben im Exekutionstitel mit ausreichender Sicherheit ableitbar ist. Bloße Bestimmbarkeit aufgrund von Kriterien, die von außerhalb des Exekutionstitels ermittelt werden müssen, reicht nicht (Jakusch in Angst/Oberhammer, EO3 § 7 Rz 35/2 mwN). Bei einer unvertretbaren Handlung ist es zwar in vielen Fällen schwierig, die Handlung ausreichend zu umschreiben (3 Ob 122/16m). Die Grenze der Auslegung des Exekutionstitels bildet aber jedenfalls die im Exekutionstitel gewählte Umschreibung der Art der geschuldeten Leistung (Jakusch in Angst/Oberhammer, EO3 § 7 Rz 60 und 63 mwN). Nur anhand der titulierten Verpflichtung kann auch geprüft werden, ob der Anspruch nach § 35 Abs 1 EO infolge Erfüllung erloschen ist (3 Ob 194/09i). Bei der Exekution zur Erzwingung einer unvertretbaren Handlung nach § 354 EO ist anerkannt, dass über Inhalt und Umfang der entsprechenden Pflicht bereits im Prozess zu entscheiden ist (3 Ob 377/97f [zur Rechnungslegung]). Die äußerste Grenze der Auslegung von Exekutionstiteln bildet damit die Art der geschuldeten Leistung (so zutr Jakusch aaO Rz 63 mwN).

[52] 13.4 Die Anwendung dieser Grundsätze macht klar, dass dem angestrebten Titel kein bestimmtes Begehren zugrundeliegt. Gegenständlich ergibt sich kein wie immer gearteter Hinweis darauf, wer konkret unter die im Urteilsspruch genannten „Verbraucher“ fällt. Im Anlassfall steht nicht fest, bei welchen konkreten Kunden höhere als ursprünglich vereinbarte Mitgliedsbeiträge von deren Konten eingezogen wurden, ohne dass diese Verbraucher dem „ausdrücklich und freiwillig“ zugestimmt hätten. Damit bleibt gerade unklar, wann die mit dem Urteil angestrebte Beseitigung eintritt.

[53] Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang nur knapp darauf hingewiesen, dass diese Frage „allenfalls im Exekutionsverfahren geklärt werden muss“. Dabei wird freilich übersehen, dass es eben zu keiner Verlagerung des Rechtsstreits über den Inhalt des Anspruchs in das Exekutionsverfahren (oder auch in ein nachfolgendes Oppositionsverfahren) kommen darf (3 Ob 194/09i). Es ist eben gerade nicht Aufgabe des Exekutionsverfahrens oder eines nachfolgenden Oppositionsprozesses die titulierte Verpflichtung über den Wortlaut des Exekutionstitels hinaus auszuweiten (RS0125606).

[54] Wenn die Klägerin in der Revisionsbeantwortung den Standpunkt vertritt, dass die relevante Gruppe der Verbraucher von der Beklagten „ganz klar zu bestimmen ist“ übersieht sie, dass – wie oben ausgeführt – die bloße Bestimmbarkeit anhand von Kriterien, die außerhalb des Exekutionstitels ermittelt werden müssten, nicht ausreicht.

[55] 13.5 Auch dem (ebenfalls auf § 15 UWG gestützten) Urteil über die Informations- und Hinweispflicht in den Fitnessstudios liegt kein bestimmtes Begehren zugrunde, weil zum einen offen bleibt, welche „Verbraucher“ gemeint sind (siehe dazu oben) und zum anderen auch die Passage „von zu Unrecht eingezogenen Beträgen“ den konkreten Umfang der Informationspflicht wegen des unbestimmten Begriffs offen lässt.

[56] Eine Umdeutung in einen weiteren Antrag auf Urteilsveröffentlichung durch Aushang verbietet sich schon im Hinblick auf das ausdrücklich gegenteilige Vorbringen.

D. Zur Urteilsveröffentlichung:

[57] 14.1 Die Beklagte vertritt den Standpunkt, es bestehe kein Veröffentlichungsinteresse und dass die Rechtsprechung zur Urteilsveröffentlichung bezüglich Verbandsklagen nach dem KSchG nicht anwendbar sei.

[58] 14.2 Dem ist entgegenzuhalten, dass hinsichtlich des auch hier bejahten Unterlassungsanspruchs (zur Erhöhung des Mitgliedsbeitrags durch Zustimmungsfiktion) jedenfalls auch eine Verbandsklage nach dem KSchG vorliegt. Bei erfolgreicher Geltendmachung eines Unterlassungsbegehrens nach § 28a KSchG besteht ein Anspruch auf Urteilsveröffentlichung (vgl § 30 Abs 1 KSchG iVm § 25 UWG; 3 Ob 199/23w, Rz 65 ff). Zudem ist der Anspruch auf Urteilsveröffentlichung wegen einer Verbandsklage nach dem KSchG ident mit jenem nach dem UWG, weil § 30 KSchG auf § 25 UWG verweist (zum Gleichklang vgl etwa 4 Ob 80/23b, Rz 71; RS0121963 [T3]).

[59] 14.3 Art und Umfang der Veröffentlichung müssen in angemessenem Verhältnis zur Wirkung des Rechtsverstoßes stehen (vgl RS0079737 [T4]). Zweck der Urteilsveröffentlichung ist es, über die Rechtsverletzung aufzuklären und den beteiligten Verkehrskreisen Gelegenheit zu geben, sich entsprechend zu informieren, um vor Nachteilen geschützt zu sein (RS0121963). In der Regel ist die Urteilsveröffentlichung in einem solchen Umfang zuzusprechen, dass die Verkehrskreise, denen gegenüber die Rechtsverletzung wirksam geworden ist, über den wahren Sachverhalt bzw den Gesetzesverstoß aufgeklärt werden (RS0121963 [T9]). Das berechtigte Interesse an der Urteilsveröffentlichung liegt bei der Verbandsklage nach dem KSchG darin, dass der Rechtsverkehr bzw die Verbraucher als Gesamtheit das Recht haben, darüber aufgeklärt zu werden, dass bestimmte Geschäftsbedingungen gesetz- oder sittenwidrig sind (RS0121963 [T7]). Eine bloße mediale Berichterstattung wird dem Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Aufklärung über die Verwendung bestimmter gesetzwidriger Vertragsbestandteile nicht gerecht (RS0121963 [T10]). Das gleiche gilt für die Bereitstellung einschlägiger Informationen auf der Website einer der Parteien (RS0121963 [T10, T15]). Eine Aufklärung des Publikums kann zum einen auf der Internet-Homepage des Unternehmers erreicht werden. Das schließt allerdings nicht zwingend ein zusätzliches Bedürfnis nach einer allgemeinen Aufklärung des Publikums mithilfe einer Tageszeitung aus (RS0121963 [T13]). Im Gegenteil würde die Urteilsveröffentlichung nur auf der Website der Beklagten dem Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Aufklärung nicht gerecht (vgl RS0121963 [T15]), wird doch dort ein durchschnittlicher Verbraucher besagte Veröffentlichung weder erwarten noch danach suchen. Vielmehr entspricht die Veröffentlichung (auch) in der Kronen Zeitung (in der Ausgabe der betroffenen Bundesländer) der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (3 Ob 32/23m mwN; RS0121963 [T20]).

[60] 14.4 Unter Berücksichtigung dieser Prinzipien haben die Vorinstanzen das Urteilsveröffentlichungsbegehren damit dem Grund nach und auch vom Umfang her zu Recht bejaht, um Verbraucher darüber aufzuklären, dass das vorliegende Verhalten zur Erhöhung der Mitgliedsbeiträge unzulässig ist. Der Umstand, dass der zweite Teil des Unterlassungsbegehrens und das Beseitigungsbegehren abzuweisen ist, ändert nichts daran, dass die Beklagte Anspruch auf Veröffentlichung des stattgebenden Teils des Urteils hat.

[61] 15. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass dem Rechtsmittel der Beklagten hinsichtlich des zweiten Teils des Unterlassungsbegehrens und des Beseitigungsanspruchs Folge zu geben war. Im Übrigen ist das Berufungsurteil zu bestätigen.

[62] 16. Der Schriftsatz vom 3. 12. 2024 („Replik“), mit dem sich die Beklagte veranlasst sah, auf die Revisionsbeantwortung der Klägerin zu replizieren, verstößt gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels, nach dem auch Nachträge oder Ergänzungen unzulässig sind (RS0041666).

Zur Kostenentscheidung:

[63] 17.1 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 43, 50 ZPO. Die Klägerin begehrte zunächst die Unterlassung hinsichtlich zweier Verhaltensweisen (Geschäftspraktiken bzw Verwendung von zwei Klauseln) sowie die Urteilsveröffentlichung (= 1. Phase des Verfahrens). Sie bewertete die Unterlassungsbegehren mit insgesamt 30.500 EUR. Setzt sich ein Unterlassungsbegehren ohne Gewichtung aus mehreren verschiedenen Unterlassungsansprüchen zusammen, ist anzunehmen, dass jeder Unterlassungsanspruch einem gleichen Anteil des Streitwerts entspricht (4 Ob 196/23m, Rz 112). Die Klägerin blieb hinsichtlich der Unterlassung zur Hälfte erfolgreich, sodass die Kosten bis zur Klagsausdehnung nach § 43 Abs 1 ZPO aufzuheben waren; der Klägerin gebührt die halbe Pauschalgebühr (hinsichtlich der ursprünglichen Klage).

[64] 17.2 Mit der erfolgten Klagsausdehnung machte die Klägerin auch einen mit 10.000 EUR bewerteten Beseitigungsanspruch geltend, mit dem sie keinen Erfolg hatte. In der zweiten Phase des Verfahrens, die auch das Rechtsmittelverfahren umfasste, war die Klägerin damit nur mehr mit 37,65 % erfolgreich. Die Beklagte erhält damit in dieser Phase 24,70 % ihrer Kosten. Für die Revision gebührt nur der einfache Einheitssatz (vgl § 23 Abs 9 RATG). Der Ersatz für die jeweiligen (nach Klagsausdehnung angefallenen) Barauslagen gebührt im Verhältnis der Obsiegensquote.

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