European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0030OB00013.25W.0528.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Exekutionsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Mit dem angefochtenen Beschluss bewilligte das Erstgericht dem Betreibenden zur Hereinbringung einer titulierten Geldforderung (15.000 EUR sA) antragsgemäß die Exekution durch Pfändung der der Verpflichteten zustehenden Rechte an einer näher bezeichneten Domain und verständigte die zuständige Internet Verwaltungs- und Betriebsgesellschaft von dieser Pfändung. Die Entscheidung über den Verwertungsantrag behielt es ausdrücklich vor.
[2] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Verpflichteten dagegen nur insoweit teilweise Folge, als es den nicht durch den Titel gedeckten Teil des Zinsenlaufs berichtigte.
[3] Zur Verwertbarkeit des Vermögensrechts der der Verpflichteten zustehenden Rechte an der Domain „w*“ wies das Rekursgericht darauf hin, dass den primären Inhalt des Registrierungsvertrags die Vertragsrechte und -pflichten zwischen dem Domain-Inhaber und der Registrierungsstelle bildeten, die eine Vielzahl von Nebenrechten und -pflichten einschlössen. Die wesentliche Leistung der Registrierungsstelle bestehe im Zurverfügungstellen virtuellen Raums gegen Entgelt. Der Betreibende müsse eine tatsächliche Verwertbarkeit des Vermögensrechts nicht bescheinigen und das Gericht habe anlässlich der Bewilligung der Exekution nur zu prüfen, ob das Recht überhaupt einer Verwertung zugänglich sei. Da eine Exekution auf eine Internet-Domain die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche betreffe, könne kein Eingriff in das Namensrecht vorliegen. Hier sei nicht von einer Unpfändbarkeit des Vermögensrechts aufgrund der Angaben im Exekutionsantrag auszugehen. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, inwieweit allfällige Verletzungen der Marken- und Namensrechte bereits bei der Pfändung und nicht erst bei der Verwertung zu berücksichtigen seien.
[4] Die Verpflichtete beantragt in ihrem Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung die Abänderung der bekämpften Entscheidung dahin, dass der Exekutionsantrag abgewiesen werde.
Rechtliche Beurteilung
[5] Der Revisionsrekurs ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.
[6] 1.1 Allgemeine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Exekution auf Vermögensrechte ist, dass das zu pfändende Recht zur Zeit der Exekutionsführung dem Verpflichteten zusteht und dieses Recht – zumindest der Ausübung nach – verwertbar (übertragbar) ist (3 Ob 95/23a; 3 Ob 223/23z je mwN).
[7] 1.2 Nach ständiger Rechtsprechung muss der betreibende Gläubiger im Exekutionsantrag nicht bescheinigen oder beweisen, dass das von der Exekution betroffene Vermögensrecht tatsächlich existiert, tatsächlich dem Verpflichteten zusteht oder gepfändet und verwertet werden kann (RS0001249). Diese Rechtslage ist durch die GREx, BGBl I 2021/86, unverändert geblieben (3 Ob 95/23a).
[8] Die Exekution auf Vermögensrechte selbst wurde durch die GREx erweitert: Gemäß § 326 Abs 1 zweiter Satz EO zählen jetzt ex lege auch Miteigentumsanteile an „Liegenschaften, die durch deren Teilung verwertet werden sollen“, zu den Vermögensrechten. Bei der Beurteilung, ob ein Vermögensrecht den Bestimmungen nach §§ 326 ff EO idF der GREx unterliegt, ist daher weiterhin großzügig vorzugehen und im Zweifel die Exekutionsunterworfenheit anzunehmen (vgl RS0120349).
[9] 1.3 Wegen Nichtbestands oder fehlender Pfändbarkeit oder Verwertbarkeit des in Exekution gezogenen (Vermögens‑)Rechts darf der Exekutionsantrag daher nur dann abgewiesen werden, wenn sich schon aus diesem selbst oder aus den Akten des Bewilligungsgerichts zweifelsfrei ergibt, dass das gepfändete Recht nicht besteht oder nicht pfändbar oder verwertbar ist (3 Ob 95/23a mwN).
[10] 2. Das pfändbare Vermögensrecht im Sinn des § 326 EO idF der GREx (vorher § 331 EO aF) ist nicht die Internet-Domain als solche, sondern Gegenstand der Pfändung ist vielmehr die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Inhaber der Domain gegenüber der Registrierungsstelle aus dem der Domain-Registrierung zugrunde liegenden Vertragsverhältnis zustehen (RS0124636). Unabhängig von einer näheren Qualifikation des Vertrags zwischen Domain-Inhaber und Registrierungsstelle liegt die wesentliche Leistung nach der Rechtsprechung im Zurverfügungstellen von virtuellem Raum gegen Entgelt (3 Ob 278/08i mwN; näher dazu Thiele in Jahnel/Mader/Staudegger, IT-Recht4 Rz 6/12, der darauf hinweist, dass bei der Zwangsvollstreckung in eine Internet‑Domain nicht der Domainname im engeren Sinn gepfändet werde, sondern das Recht des Domain-Inhabers auf exakte und jederzeitige Adressierbarkeit der übermittelten Dateninhalte unter einer bestimmten Internet-Adresse).
[11] 3.1 Diese Grundsätze hat das Rekursgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Die Verpflichtete zeigt dazu weder eine unrichtige rechtliche Beurteilung noch sonst eine erhebliche Rechtsfrage auf. Die maßgebliche Frage des Prüfungsumfangs der Verwertbarkeit eines Vermögensrechts anlässlich der Bewilligung der Exekution ist durch die bereits vorhandene Rechtsprechung geklärt.
[12] 3.2 Auch mit der Bezugnahme auf die im Revisionsrekurs zitierten Entscheidungen wird keine erhebliche Rechtsfrage aufgeworfen:
[13] In der Entscheidung zu 3 Ob 101/04f (= RS0119486) stellte der Senat klar, dass ein dem Verpflichteten gegenüber einem Dritten zustehendes Recht auf Naturalrestitution wegen mangelhafter Erfüllung eines konkreten Werkvertrags kein verwertbares „anderes Vermögensrecht“ ist. Dies wurde insbesondere damit begründet, dass der Individualleistungsanspruch auf Behebung konkreter Baumängel für niemanden außer den Eigentümer der Liegenschaft von Wert sei und eine Übertragung dieses Anspruchs zu keiner Geldleistung führen würde.
[14] Die Entscheidung zu 3 Ob 171/21z betraf die beantragte Pfändung einer von der Drittschuldnerin für die Verpflichtete geschalteten Werbung. Das an die Drittschuldnerin zu richtende Verbot der Ausstrahlung von Werbung zielte aber gerade nicht auf die Übertragung und Verwertung eines vertraglichen Ausstrahlungsrechts sondern letztlich darauf ab, im Wege eines Werbeverbots Zahlungsdruck auszuüben. Auch mit dem dort entschiedenen Fall ist der hier zu beurteilende Antrag auf Pfändung einer Internet-Domain nicht vergleichbar.
[15] 3.3 Die von der Verpflichteten geltend gemachten und auch in der Zulassungsbegründung des Rekursgerichts aufgeworfenen Bedenken wegen einer erwogenen Verletzung von Marken- und Namensrechten stellt sich im vorliegenden Fall nicht, weil jedenfalls durch die Pfändung der Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Inhaber der Domain gegenüber der Registrierungsstelle aus dem der Domain-Registrierung zugrunde liegenden Vertragsverhältnis zustehen, ein solcher Eingriff nicht erfolgt.
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