OGH 3Ob171/21z

OGH3Ob171/21z21.10.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei M***** P*****, vertreten durch Dr. Sven Rudolf Thorstensen, Rechtsanwalt in Wien, gegen die verpflichtete Partei W***** Limited, *****, Vereinigtes Königreich, vertreten durch Cerha Hempel Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 37.024,83 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. August 2021, GZ 46 R 147/21i‑8, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0030OB00171.21Z.1021.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Betreibende beantragte zur Hereinbringung eines Anspruchs von 37.024,83 EUR sA gemäß § 331 EO die Pfändung der Werbung, die die Drittschuldnerin S***** GmbH für die Verpflichtete schaltet, durch das Verbot, Werbung bei der Drittschuldnerin direkt oder mit Hilfe von zwischengeschalteten Auftraggebern ausstrahlen zu lassen, und das an die Drittschuldnerin gerichtete Verbot der Ausstrahlung von Werbung, in der die Verpflichtete erscheint und für ihre Produkte wirbt.

[2] Das Rekursgericht wies – in Abänderung der Entscheidung des Erstgerichts – den Exekutionsantrag ab.

Rechtliche Beurteilung

[3] 1.1 Die im außerordentlichen Revisionsrekurs gerügte Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens, die darin bestehen soll, dass das Rekursgericht der Betreibenden nicht die Beantwortung des Rekurses der Verpflichteten freigestellt hat, liegt nicht vor. Das Rechtsmittelverfahren im Exekutionsverfahren ist nach wie vor grundsätzlich – abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen – einseitig (§ 65 Abs 3 EO; RS0116198 [insb T4]). Für eine nach den Umständen des Einzelfalls ausnahmsweise gebotene Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens zeigt der Revisionsrekurs keine relevanten Umstände auf (RS0116198 [T5]).

[4] 1.2 Die im Rechtsmittel zitierte Entscheidung zu 3 Ob 41/18b bezieht sich auf die Einräumung einer Äußerungsmöglichkeit zu nachträglichen Bescheinigungs-ergebnissen über die bestrittene Zustellung der Exekutionsbewilligung an den Verpflichteten und ist hier nicht einschlägig. Die Entscheidung zu 7 Ob 204/10s betraf kein für das Exekutionsverfahren.

[5] 2. Auch sonst zeigt die Betreibende in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs keine erhebliche Rechtsfrage auf:

[6] 3.1 Das Rekursgericht ist bei Beurteilung der Frage, welche Anforderungen an ein taugliches Exekutionsobjekt im Sinn des § 331 EO bestehen, zutreffend von bereits vorliegenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Demnach ist ein entscheidendes Kriterium für die Zulässigkeit des exekutiven Zugriffs auf ein sonstiges Vermögensrecht dessen exekutive Verwertbarkeit. Diese setzt voraus, dass das Recht – wenigstens seiner Ausübung nach – übertragen werden kann (3 Ob 126/09i). Nicht verwertbar sind aber Rechte, deren Ausübung nur für den Verpflichteten wirtschaftlich sinnvoll ist (RS0119486).

[7] 3.2 Der Exekutionsantrag der Betreibenden zielt auf die Verhinderung der Ausstrahlung von Werbespots für die Dienstleistungen der Verpflichteten ab.

[8] Die Grundlage für die von der Dritten (hier Fernsehunternehmerin) geschuldete Ausstrahlung ist ein Werbevertrag, dessen Leistungsumfang im Allgemeinen darin besteht, dass als geschuldeter Arbeitserfolg bestimmte, im Vertrag näher umschriebene Werbemaßnahmen im jeweiligen Werbemedium durchgeführt werden (vgl RS0021361). Durch diesen Vertrag erhält der Auftraggeber das Recht, dass seine Produkte (hier) durch Veröffentlichung seiner Werbespots beworben werden. Entgegen der Ansicht der Betreibenden erfolgt also die „Zuordnung der Werbung (als Vermögenswert) zur Verpflichteten“ nicht auf Basis einer urheberrechtlichen Anspruchsgrundlage, sondern resultiert das Ausstrahlungsrecht der Verpflichteten aus dem Werbevertrag.

[9] Würde es sich beim auszustrahlenden Werbespot um ein Werk handeln, so muss der Werbende – als Voraussetzung für die Ausführbarkeit des Werbevertrags – über die Verwertungsrechte verfügen. Diese sind aber kein von der Verpflichteten „zum Verkauf bereitgestelltes Werkstück im Sinn des § 25 Abs 2 bis 4 UrhG“ und die Verwertungsrechte schlechthin sind der Exekution wegen Geldforderungen nach § 25 Abs 1 UrhG entzogen.

[10] 3.3 Im Anlassfall kommt hinzu, dass die fragliche Werbung der Eigennutzung durch die Verpflichtete dient, weshalb die Verwendung der auf sie und ihre Dienstleistungen zugeschnittenen Werbespots nur für die Verpflichtete wirtschaftlich sinnvoll ist. Dementsprechend zielt der Exekutionsantrag gerade nicht auf die Übertragung und Verwertung des vertraglichen Ausstrahlungsrechts an einen anderen Werbenden ab. Vielmehr soll damit erklärtermaßen die Werbung der Verpflichteten für ihre Glücksspiele verhindert werden, worauf die Betreibende auch ausdrücklich hinweist. Auf die Verpflichtete soll somit im Weg eines Werbeverbots (im Sinne einer Unterlassungspflicht) ein Zahlungsdruck ausgeübt werden, worauf der zu vollstreckende Zahlungstitel aber nicht gerichtet ist.

[11] 4. Mangels erheblicher Rechtsfrage war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.

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