European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0020OB00080.25S.0429.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
I. Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.
II. Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Dem Rekursgericht wird die Entscheidung über den Rekurs unter Abstandnahme vom Zurückweisungsgrund der Verspätung aufgetragen.
Begründung:
[1] Das Erstgericht verpflichtete den Vater zu einer Unterhaltsleistung von monatlich 335 EUR ab 1. 8. 2023.
[2] Das dagegen vom Vater angerufene Rekursgerichtwies den Rekurs wegen Verspätung zurück, weil die Rekursfrist am 21. 8. 2024 geendet habe, der Rekurs aber erst am 9. 9. 2024 eingebracht worden sei.
[3] Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs nachträglich für zulässig, weil die unberechtigte Zurückweisung eines Rechtsmittels wegen Verspätung eine erhebliche Rechtsfrage aufwerfe.
[4] In seinem Revisionsrekurs beantragt der Vater, dem Rekursgericht die meritorische Entscheidung über den Rekurs aufzutragen.
[5] Das Kind erstattet eine Revisionsrekursbeantwortung, in der es die Abweisung des Revisionsrekurses beantragt.
Rechtliche Beurteilung
[6] Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die unberechtigte Zurückweisung eines Rechtsmittels wegen Verspätung eine erhebliche Rechtsfrage aufwirft (3 Ob 124/18h vom 29. 8. 2019 mwN); er ist aus diesem Grund auch berechtigt.
[7] 1. Als „Revisionsrekurs“ erfasst § 62 AußStrG alle Rekurse gegen „im Rahmen des Rekursverfahrens ergangene“ Beschlüsse des Rekursgerichts und damit auch die Zurückweisung des Rekurses wegen Verspätung (RS0120565 [T3, T14]).
[8] 2. Der Revisionsrekurs gegen den Beschluss des Rekursgerichts, mit dem es einen Rekurs wegen Verspätung zurückweist, ist einseitig (RS0132250). Die Revisionsrekursbeantwortung ist damit als unzulässig zurückzuweisen.
[9] 3. Nach der Aktenlage überreichte der Vater am letzten Tag der Rekursfrist – also am 21. 8. 2024 – beim Erstgericht durch Vorlage eines Vermögensbekenntnisses einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung eines Rechtsmittels (unter anderem) durch Beigebung eines Rechtsanwalts. Mit Verbesserungsauftrag vom 29. 8. 2024 forderte das Erstgericht den Vater zur Vorlage eines aktuellen Kontoauszugs binnen 14 Tagen auf. „Bezüglich der Beigebung eines Rechtsanwaltes“ informierte das Erstgericht den Vater im Verbesserungsauftrag darüber, dass er den Rekurs mangels absoluter Anwaltspflicht selbst einbringen könne und er „bereits textlich im Verfahrenshilfeantrag“ „Beweggründe (Rekursvorbringen)“ dargelegt habe. Es stehe ihm fristwahrend frei, den Rekurs selbst bei Gericht schriftlich einzubringen.
[10] Am 9. 9. 2024 überreichte der Vater beim Erstgericht einen von ihm unterfertigten Rekurs.
[11] Mit Beschluss vom 26. 9. 2024 wies das Erstgericht den Verfahrenshilfeantrag des Vaters zur Gänze ab, weil er einerseits dem Verbesserungsauftrag nicht entsprochen habe und andererseits im Rekursverfahren keine absolute Anwaltspflicht bestehe (und er in der Zwischenzeit ohnehin Rekurs erhoben habe).
[12] 4. Die durch die rechtzeitige Stellung des Verfahrenshilfeantrags unterbrochene und erst mit Rechtskraft der den Antrag abweisenden Entscheidung neu zu laufen beginnende Rekursfrist (§ 7 Abs 2 AußStrG) war damit nach der Aktenlage bei Einbringung des Rekurses am 9. 9. 2024 nicht abgelaufen (vgl RS0120073 insb auch [T3] zur Fristunterbrechung [auch] bei Abweisung des Verfahrenshilfeantrags wegen Nichtbefolgung eines gerichtlichen Verbesserungsauftrags).
[13] 4. In Stattgebung des Revisionsrekurses ist daher der angefochtene Beschluss aufzuheben und dem Rekursgericht die Sachentscheidung über den rechtzeitigen Rekurs aufzutragen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)