European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0020OB00007.25F.0325.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
[1] Der Vater der beiden minderjährigen Kinder hatte als Bürgermeister ein monatliches Einkommen von 5.685 EUR im Jahr 2021, von 5.785 EUR im Jahr 2022 und von 6.143 EUR im Jahr 2023. Er entrichtet eine Parteiabgabe von 150 EUR monatlich.
[2] Die minderjährigen Kinder stellen den Antrag, die ihnen gegenüber bestehende Unterhaltsverpflichtung des Vaters mit jeweils 1.005 EUR für das Jahr 2021, 1.035 EUR für das Jahr 2022 und 1.086 EUR bzw 1.206 EUR ab Jänner 2023 festzusetzen.
[3] Der Vater wendet ein, dass Werbungskosten von 890 EUR monatlich, die er im Hinblick auf seine Wiederwahl aufgewendet habe und welche auch steuerlich anerkannt würden, bei der Bemessung des Unterhalts anspruchsmindernd zu berücksichtigen seien. Zum Beweis dafür legte er eine Spesenabrechnung vor, in der Aufwendungen für Getränke- und Essenseinladungen sowie Ausgaben für Spenden und Sponsoring aufgelistet werden.
[4] Das Erstgericht sprach den Minderjährigen einen monatlichen Unterhalt von jeweils 1.000 EUR für das Jahr 2021, 1.010 EUR für das Jahr 2022 und 1.080 EUR bzw 1.200 EUR ab Jänner 2023 zu, wobei es nur die Parteiabgabe von der Unterhaltsbemessungsgrundlage in Abzug brachte, eine anspruchsmindernde Berücksichtigung sonstiger Werbungskosten aber ablehnte.
[5] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Auch im Hinblick auf das Repräsentationsbudget der Gemeinde seien die vom Vater geltend gemachten Werbungskosten ihm als Privatperson zuzuordnen, sodass sie ungeachtet einer steuerlichen Absetzbarkeit nicht zu einer Minderung des Unterhaltsanspruchs führen würden. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen eines Politikers bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs zulässig sei.
[6] Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters, mit dem er die Abänderung der Entscheidung dahin anstrebt, dass die von ihm geltend gemachten Werbungskosten anspruchsmindernd berücksichtigt werden; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[7] Die Minderjährigen beantragen dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[8] Der Revisionrekurs ist im Hinblick auf die Frage zulässig, ob Aufwendungen eines Politikers für Einladungen, Spenden und Sponsoring bei der Bemessung des Unterhalts anspruchsmindernd zu berücksichtigen sind, er ist aber nicht berechtigt.
[9] 1. Nach § 231 ABGB hat jeder Elternteil zur Deckung der Bedürfnisse des Kindes nach seinen Kräften beizutragen. Maßgeblich für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners ist in erster Linie die sich aus dem Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen ergebende tatsächliche wirtschaftliche Lage, somit die Summe der dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zufließenden verfügbaren Mittel (RS0013386).
[10] 2. Der Vater zeigt in seinem Revisionsrekurs an sich zutreffend auf, dass beruflich veranlasste Aufwendungen eines Politikers für Getränke- und Essenseinladungen, Spenden und Sponsoring als Werbungskosten das steuerpflichtige Einkommen mindern können.
[11] 2.1. Auch für das Steuerrecht gilt aber, dass sogenannte Repräsentationsaufwendungen nach § 20 Abs 1 Z 3 EStG vom steuerpflichtigen Einkommen gerade nicht abgezogen werden dürfen. Repräsentationsaufwendungen sind Aufwendungen, die zwar durch den Beruf des Steuerpflichtigen bedingt sind, aber auch sein gesellschaftliches Ansehen fördern (VwGH 2009/13/0065; Ra 2015/15/0010). Dazu gehören insbesondere Aufwendungen, die dazu dienen, geschäftliche Kontakte aufzunehmen und zu pflegen, um sich dadurch in Zukunft eine potentielle Erwerbsmöglichkeit zu verschaffen (VwGH 2012/15/0100; Ra 2015/15/0010).
[12] 2.2. Geschenke an Geschäftspartner, Kunden, Klienten oder Mitarbeiter sind deshalb steuerlich nicht absetzbar (VwGH 2006/13/0119;2012/15/0100). Dies gilt grundsätzlich auch für Geldspenden politischer Funktionäre (VwGH 87/13/0052; Schuch, Neuregelung der steuerlichen Behandlung der Politikerbezüge ab 1. 1. 1984, ÖStZ 1984, 50). Dennoch lässt die Finanzverwaltung eine Absetzbarkeit aufgrund des unmittelbaren Werbecharakters ausnahmsweise zu, wenn solche Zuwendungen bei beruflichen Anlässen im Wahlkreis des Mandatars erfolgen, wie dies etwa bei Spenden an Musikkapellen bei politischen Auftritten der Fall sein kann (LStR 2002 Rz 383b; Neuber, Werbungskosten politischer Funktionäre, ÖStZ 1993, 339 [340]).
[13] 2.3. Zu den Repräsentationsaufwendungen zählen auch Ausgaben im Zusammenhang mit der Bewirtung von Geschäftsfreunden, wobei diese Bewirtungskosten nach § 20 Abs 1 Z 3 EStG zur Hälfte absetzbar sind, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die Bewirtung der Werbung dient und die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt. Diese Nachweispflicht gilt auch für Getränke- und Essenseinladungen, die ein politischer Funktionär möglichen Wählern oder anderen politischen Funktionären zuteil werden lässt (VwGH 95/13/0245; 99/14/0253). Die bloße Vorlage von Gasthausbelegen ist aber kein hinreichender Nachweis (VwGH 92/14/0228; Warnold, Besteuerung der Politiker, RdW 1994, 226 [227]). Eine berufliche Veranlassung wird hingegen dann angenommen, wenn nachgewiesen wird, dass die Bewirtung im Rahmen einer Wahlveranstaltung erfolgte (VwGH 95/13/0245). Entsprechendes soll gelten, wenn diese Ausgaben anlässlich einer beruflich veranlassten Einladung getätigt wurden, wie dies bei Ballbesuchen und Weihnachtsfeiern der Fall sein kann (LStR 2002 Rz 383b; Raab, Werbungskosten von Politikern, RFG 2007/7 [29]). Auch wenn diese Voraussetzungen nachgewiesen werden, ist die Abzugsfähigkeit der Bewirtungskosten aber mit der Hälfte der tatsächlichen Ausgaben beschränkt (Sedounik, Werbungskosten für Politiker, RFG 2005/48 [161]). Es handelt sich damit um eine eingeschränkte Ausnahme vom allgemeinen Abzugsverbot für Repräsentationsaufwendungen. Die pauschale Hälfteteilung der Bewirtungskosten nach § 20 Abs 1 Z 3 EStG ist wohl ein gesetzgeberischer Kompromiss, der in der Literatur als ungerecht und auch verfassungsrechtlich bedenklich kritisiert wurde (so etwa Kofler/Wurm in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn 24 § 20 EStG Rz 89/4).
[14] 3. Auch wenn daher davon auszugehen ist, dass die vom Vater behaupteten Werbungskosten bei der Festsetzung der Einkommensteuer zumindest teilweise absetzbar sein könnten, ist damit noch nicht gesagt, dass diese Ausgaben auch zu Lasten der unterhaltsberechtigten Kinder ausschlagen können. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist das steuerpflichtige Einkommen nicht mit dem unterhaltsrelevanten Einkommen identisch, sodass die Werte, die der Einkommensteuer zugrunde gelegt werden, nicht ohne weiteres für die Ermittlung des Unterhaltsanspruchs herangezogen werden dürfen (RS0013386; RS0047423). Dass Aufwendungen steuerlich als Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind, sagt deshalb nichts über ihre unterhaltsrechtliche Abzugsfähigkeit aus (3 Ob 2200/96t; 2 Ob 223/98b).
[15] 4. Die Frage, ob Repräsentationsaufwendungen eines Politikers die Unterhaltsbemessungsgrundlage vermindern, ist ausschließlich nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen.
[16] 4.1. Auch im Unterhaltsrecht ist freilich allgemein anerkannt, dass Aufwendungen des Unterhaltspflichtigen zur Schaffung einer Erwerbsmöglichkeit die Unterhaltsbemessungsgrundlage verringern können (RS0106933). Ebenso können Aufwendungen des Unterhaltsschuldners, die der Sicherung seines Einkommens dienen, einen Abzugsposten bilden (RS0107943). Es muss aber sichergestellt sein, dass die Bemühungen des Unterhaltspflichtigen ernsthaft und realistisch sind (4 Ob 100/08x; 5 Ob 60/97b; 1 Ob 179/00f). Dies setzt jedenfalls die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit solcher Aufwendungen voraus, die im Rahmen einer realistischen Zukunftsprognose zu beurteilen ist (RS0106933 [T3]). Darüber hinaus verringern Werbungskosten unabhängig von ihrer steuerlichen Absetzbarkeit die Unterhaltsbemessungsgrundlage nur, wenn auch ein pflichtbewusster Familienvater unter Berücksichtigung seiner Einkommensverhältnisse und der Bedürfnisse der Unterhaltsberechtigten diesen Aufwand getätigt hätte (RS0047421; RS0105085).
[17] 4.2. Was die Ausgaben eines Bürgermeisters für Getränke- und Essenseinladungen, Spenden und Sponsoring betrifft, ist zu berücksichtigen, dass solche Repräsentationsaufwendungen zwar nicht unüblich, aber letztlich weder zur Erlangung noch zur Ausübung des Amtes erforderlich sind. Für die Wahl eines Amtsträgers sind in aller Regel sein politisches Programm und seine persönlichen Fähigkeiten ausschlaggebend, sodass Getränke- und Essenseinladungen sowie Geldzuwendungen aus dem Privatvermögen kein geeignetes Mittel bilden, um ein politisches Amt zu erlangen oder zu behalten. Damit ist die Entscheidung, ob und in welchem Ausmaß er solche Einladungen und Geldzuwendungen tätigt, im freien Ermessen des Amtsträgers gelegen.
[18] 4.3. Die Minderjährigen weisen in ihrer Revisionsrekursbeantwortung zutreffend darauf hin, dass die Gemeinde zweifellos über ein Repräsentationsbudget verfügt, aus dem der Vater die mit der Erfüllung der Aufgaben des Bürgermeisters verbundenen Aufwendungen bestreiten kann. Darüber hinausgehende Repräsentationsaufwendungen dienen vor allem dazu, das gesellschaftliche Ansehen des Amtsträgers zu fördern, und kommen damit dem Unterhaltspflichtigen selbst zugute. Es ist aber nicht erkennbar, dass diese Aufwendungen erforderlich waren, um die mit dem Amt des Bürgermeisters verbundenen Einkünfte zu erzielen. Das für die Befriedigung des Unterhaltsbedarfs der Kinder zur Verfügung stehende Einkommen können sie daher nicht verringern.
[19] 5. Im Ergebnis ist daher festzuhalten: Ausgaben eines Politikers für Getränke- und Essenseinladungen sowie für Spenden und Sponsoring sind Repräsentations-aufwendungen, die der Förderung des gesellschaftlichen Ansehens des Amtsträgers dienen, aber nicht zu Lasten der Unterhaltsberechtigten ausschlagen dürfen. Sie können daher ungeachtet einer allfälligen steuerlichen Absetzbarkeit keine Verminderung der Unterhaltsbemessungsgrundlage bewirken. Die Entscheidung der Vorinstanzen war daher zu bestätigen.
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