European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0020OB00014.25K.0325.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 1.017,43 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 183,47 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Der Kläger kaufte Anfang Februar 2021 ein gebrauchtes Wohnmobil, dessen Basisfahrzeug von der Erstbeklagten hergestellt worden war.
[2] Das Erstgericht wies das gegen die an der Motorenentwicklung beteiligt gewesene Zweitbeklagte gerichtete Klagebegehren rechtskräftig ab und gab dem gegen die Erstbeklagte gerichteten Klagebegehren statt, weil im Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut gewesen seien.
[3] Das nur von der Erstbeklagten angerufene Berufungsgericht gab dem Zahlungsbegehren nur im Umfang von 3.890 EUR sA (rechtskräftig) statt und wies das Zahlungsmehrbegehren ebenso ab wie das Feststellungsbegehren. Die Erstbeklagte habe zumindest leicht fahrlässig gegen Art 5 VO 715/2007/EG verstoßen und sei daher schadenersatzpflichtig.
[4] Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht nachträglich aus Gründen der Rechtseinheit im Zusammenhang mit der Schadenshöhe und wegen fehlender Rechtsprechung zur konkret zu beurteilenden Begründung des Klägers für sein Feststellungsinteresse zu.
Rechtliche Beurteilung
[5] Die Revision des Klägers ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts – mangels Aufzeigens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
[6] 1. Die behaupteten Mangelhaftigkeiten des Berufungsverfahrens liegen – wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat – nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
[7] 2. Der bei Anwendung des § 273 ZPO vom Richter nach seiner Lebenserfahrung, Menschenkenntnis (und den Ergebnissen der gesamten Verhandlung) nach bestem Wissen und Gewissen nach freier Überzeugung vorzunehmenden Schätzung kommt grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RS0121220). Nur gravierende, an die Grenzen des Missbrauchs gehende Fehler der Ermessensentscheidung könnten an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden (vgl RS0007104).
[8] Der Kläger geht in seiner Revision erkennbar davon aus, dass das Erstgericht eine konkrete Feststellung zur Wertminderung (allerdings in einer Bandbreite) getroffen hat. Unterstellt man diese Annahme im Sinn der Revisionsausführungen als zutreffend, erweist sich die einzelfallbezogene Ausmittlung der Schadenshöhe durch das Berufungsgericht in Anwendung des § 273 ZPO selbst bei Bejahung von (bisher nicht geprüfter) Arglist als nicht korrekturbedürftig. Der Hinweis des Klägers auf andere Wohnmobile betreffende Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zeigt keine Überschreitung des Ermessensspielraums des Berufungsgerichts auf. Eine (wie die Revision formuliert) „Range“ an zuzusprechendem Schadenersatz lässt sich aus den zitierten Entscheidungen jedenfalls nicht ableiten, weil die Schadensschätzung nach § 273 ZPO immer von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt. Außerdem hat der Oberste Gerichtshof jüngst den Zuspruch von (nur) 5 % des Kaufpreises als Schadenersatz bei einem abgasmanipulierten Wohnmobil als nicht korrekturbedürftig gebilligt (7 Ob 191/24z).
[9] 3. Der Frage, wie ein bestimmtes Vorbringen zu verstehen ist, kommt grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RS0042828 [T3]). Wenn das Berufungsgericht das Vorbringen des Klägers zur Begründung seines Feststellungsinteresses dahin verstanden hat, dass er sich damit ausschließlich gegen die künftige Möglichkeit des Entzugs der Typengenehmigung absichern habe wollen, ist das jedenfalls vertretbar. Der Oberste Gerichtshof hat in vergleichbaren Fällen bereits klargestellt, dass ein Feststellungsinteresse nicht auf einen (allfälligen zukünftigen) Entzug der Zulassung gestützt werden kann, weil dieses Risiko bereits in die Bemessung des Schadenersatzes einfließt (4 Ob 90/24z Rz 14 mwN; 2 Ob 158/23h Rz 29).
[10] 4. Insgesamt war die Revision damit zurückzuweisen.
[11] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO iVm § 50 ZPO. Die Erstbeklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen.
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