OGH 1Ob526/76

OGH1Ob526/767.4.1976

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Petretto, Dr. Schragel, Dr. Petrasch und Dr. Schubert als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*, Architekturstudent, *, vertreten durch Dr. Gunther Gahleithner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. H*, vertreten durch Dr. Heinz Oppitz, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterhalt (Streitwert 180.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 1. Dezember 1975, GZ. R 338/75‑49, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Vöcklabruck vom 18. Juni 1975, GZ. 2 C 1160/74‑42, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0010OB00526.76.0407.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 4.199,04 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 311,04 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Das Erstgericht wies das Klagebegehren des am * außer der Ehe geborenen, vom Beklagten als Wahlkind angenommenen Klägers auf Leistung des Unterhalts in der Höhe von monatlich 5.000 S ab. Es nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen an: Der Kläger besuchte durch sechs Jahre hindurch das Gymnasium in V* und kam, nachdem er im Alter von 15 Jahren ein uneheliches Kind gezeugt hatte, in das Internat nach Kalksburg, wo er nach Rückstellung auf den Herbsttermin im Jahre 1969 die Reifeprüfung ablegte. Im selben Jahr begann er über Anraten und auf Wunsch des Beklagten das Jus-Studium an der Universität Wien. Statt jedoch zur Ablegung der ersten Staatsprüfung, wie laut Studienordnung vorgesehen nach Beendigung des zweiten Semesters, anzutreten, bereiste der Kläger Deutschland und Holland, wo er schließlich auf einem Schiff landete, auf dem sich rauschgiftsüchtige Gammler trafen. Dort wurde er seiner gesamten Barschaft und Habe beraubt. Völlig abgerissen, vergammelt und schmutzig wurde er von der holländischen Polizei nach Deutschland zu seinem Onkel abgeschoben. Zu dieser Zeit hatte der Kläger schon öfter Rauschgift zu sich genommen. Der Beklagte reiste nach Deutschland um seinen Sohn zu überreden nach Österreich zurückzukehren und sein Studium wieder aufzunehmen, doch erklärte dieser, er komme nicht nach Österreich zurück, weil er in Südfrankreich eine Verabredung mit einer Amerikanerin habe. Nach diesen Auseinandersetzungen in Deutschland brach der Beklagte die Beziehungen zu seinem Sohn zunächst ab. Dessenungeachtet setzte der Kläger im September 1970 sein Studium an der Universität in Wien fort, ließ jedoch vom Rauschgiftgenuß nicht ab, was zur Folge hatte, daß er erst im Sommer 1971 zur rechtshistorischen Staatsprüfung antrat, diese aber nicht bestand, sondern auf ein Semester reprobiert wurde. Deswegen ging schließlich das Verhältnis der Streitteile gänzlich auseinander; der Beklagte stellte mit August 1971 die bisher geleisteten Unterhaltszahlungen ein. Im Zuge dieser Auseinandersetzungen ist der Kläger gegen seinen Vater auch einmal tätlich geworden, der monatelang an einer ihm vom Kläger zugefügten Verletzung am Unterschenkel zu leiden hatte. Im Sommer 1971 ging der Kläger nach Deutschland und arbeitete dort ca. 10 Wochen als LKW-Fahrer. Im Herbst 1971 lernte der Kläger P* kennen. Mit dieser zog er nach Frankreich, wo er zu Ostern 1972 in Paris zufällig mit der Schwester des Beklagten zusammentraf. Er wirkte äußerst ungepflegt und abgerissen, weshalb ihn seine Tante neu einkleidete. Auch seine Begleiterin war in einem ähnlich verwahrlosten Zustand. Die Tante des Klägers hatte damals den Eindruck, daß er mit Rauschgift in Beziehung stehe, weil er völlig wirr redete. Im Juli 1972 begab sich der Kläger mit P* nach England, wo sie etwa sechs Wochen bei einer befreundeten Architektenfamilie zubrachten. Im September 1972 nahm dieser Aufenthalt ein jähes Ende, beide mußten England zwangsweise verlassen. Nach dieser Ausweisung aus England kam es im Herbst 1972 in der Wohnung des Beklagten, der wohlhabender Notar in V* ist, beträchtliche Einkünfte bezieht, namhaftes Vermögen besitzt und in zweiter Ehe lebt (die erste Ehe wurde 1971 geschieden, die Wahlmutter des Klägers lebt in Salzburg), zwischen Vater und Sohn zu einer Aussprache und schließlich zu einer Versöhnung. Der Kläger teilte dabei seinem Vater seinen Wunsch mit, nunmehr in Wien Architektur studieren zu wollen. Unter der Bedingung, daß der Kläger fleißig studiere, schnellstens mit dem Studium fertig werde und alle Prüfungszeugnisse und Nachweise sofort vorlegen würde, erklärte sich der Beklagte bereit, monatlich 4.000 S an Unterhalt an den Kläger zu leisten. Der Beklagte zahlte im Herbst 1972 außerdem für eine Mietwohnung des Klägers eine Ablöse zwischen 40.000 S und 50.000 S. Bei diesen Besprechungen über das Architekturstudium kam überdies zur Sprache, daß der Kläger auf seinen Erbteil verzichten sollte, wenn der Beklagte bis zur Beendigung des Studiums Unterhalt zahlen würde. Im Studienjahr 1972/73 wurden dem Beklagten lediglich drei Zeugnisse über den Studienfortgang des Klägers zur Kenntnis gebracht. Im Sommer 1973 fragte der Kläger seinen Vater, ob er sich mit P* verloben dürfe, worauf der Beklagte erklärte, daß er eine Studentenfamilie nicht erhalten und die Zustimmung zu einer Eheschließung verweigern werde, solange der Kläger von ihm Unterhalt bekäme. Im Frühsommer 1973 erfuhr der Beklagte von A*, einem Cousin des Klägers, daß dieser wisse, woher der Kläger sein Rauschgift beziehe. Im Jahre 1973 ärgerte sich der Beklagte über das Verhalten des Klägers, weil dieser ihn eines Tages nicht in die Wohnung einließ, als er ihn besuchen wollte. Ein weiterer Vorfall ereignete sich im Sommer 1973, als der Kläger seinen Vater, der damals gerade mit Verwandten unterwegs war, nicht grüßte. Diese Vorkommnisse veranlaßten den Beklagten im Juni 1973 seine Unterhaltszahlungen an den Kläger einzustellen. Am 30. Oktober 1973 heiratete der Kläger ohne Wissen und Zustimmung des Beklagten P*, die bis Juli oder August 1973 in einem Verkehrsbüro arbeitete und monatlich 4.000 S bis 5.000 S verdiente. Seit die Gattin des Klägers im Herbst 1973 ihr Philosophiestudium begann, verdient sie durch Nachhilfestunden monatlich lediglich zwischen 1.000 S und 1.500 S. Der Kläger und seine Frau leben in Wien, die monatliche Miete von 550 S bezahlt die Adoptivmutter des Klägers, welche die beiden gelegentlich auch mit Nahrungsmitteln unterstützt. Zuletzt arbeitete der Kläger in den Ferien 1973 durch sechs Wochen und außerdem beim Oktoberfest in München. In den Ferien verdiente er zwischen 2.000 S und 3.000 S. Beim Oktoberfest in München, wo der Kläger als Zigarettenverkäufer und seine Frau als Kellnerin arbeiteten, verdienten beide zwischen 5.000 S und 6.000 S. Die Gattin des Klägers hat sonst keinerlei Vermögen oder Einkommen. Der Kläger und seine Frau haben zur Zeit bei Bekannten Schulden, für einen Kredit schulden beide 10.000 S, den Gaswerken sind sie zwischen 2.000 S und 3.000 S schuldig.

Der Kläger hat nunmehr sechs Semester an der technischen Universität in Wien als ordentlicher Hörer der Fakultät für Bauingenieurwesen und Architektur, Studienrichtung Architektur, und zwar ab dem Studienjahr 1972/73 bis zum Sommersemester 1975 inskribiert. Am 28. April 1975 hat er die erste Diplomprüfung mit „bestanden“ abgelegt, wobei die Benotungsskala „ausgezeichnet bestanden“, „bestanden“ und „nicht bestanden“ lautet. Neben den vorgeschriebenen Studienfächern hat der Kläger auch über Freifächer, in denen keine Prüfungen abzulegen waren, solche über 14 Wochenstunden abgelegt. Vom 2. Studienabschnitt hat er bereits folgende Vorprüfungsfächer absolviert: 1.) Kunstgeschichte erster Teil, 2.) Erbsgeschichte zweiter Teil, 3.) Denkmalpflege, 4.) technischer Ausbau A, Vorlesung und Übung, plastische Formen, Vorlesung und Übung, Industriebau, Vorlesung. Am 13. Mai 1975 legte er die Prüfung aus Psychologie und Soziologie sowie die aus Innenraumgestaltung (Hauptprüfungsfach der zweiten Diplomprüfung), beide mit gutem Erfolg, ab.

Das zehnsemestrige Architekturstudium wird unterteilt in zwei Studienabschnitte, wobei der erste mit vier Semestern und der zweite mit sechs Semestern zu bemessen ist. Die erste Diplomprüfung kann frühestens nach dem vierten Semester abgelegt werden. Es ist dem Studierenden für die Ablegung der ersten Diplomprüfung ein Zeitraum vom Ende des vierten bis einschließlich dem sechsten Semester eingeräumt. Solange in dieser Frist die erste Diplomprüfung abgelegt wird, gilt das Studium als ordnungsgemäß. Die letzten Prüfungen, die für die erste Diplomprüfung notwendig waren, legte der Kläger am 28. April 1975 ab. Wenn die erste Diplomprüfung vor Ende des sechsten Semesters abgelegt wird, wird die Inskriptionszeit für die zweite Diplomprüfung auf vier Semester reduziert. Im Wintersemester 1972/73 hatten die Studienrichtung Architektur an der Technischen Universität Wien 135 Studenten neu inskribiert, davon haben bis zum 28. April 1975 nur 20 Studierende, das sind 14,81 % – darunter auch der Kläger – , die erste Diplomprüfung bestanden.

Im ersten Studienjahr 1972/73 legte der Kläger folgende Prüfungen erfolgreich ab: Am 15. Jänner 1973 Enzyklopädie des Hochbaues, am 30. Jänner 1973 Mikrooekonomie, am 12. Februar 1973 Darstellende Geometrie für Architekten I, am 13. Februar 1973 Umweltbeziehung des Menschen, am 26. März 1973 Darstellende Geometrie für Architekten II, am 17. Mai 1973 Grundseminar und Übung und am 27. Juli 1973 Gestaltungslehre. Diese Prüfungen sind Einzelprüfungen aus den Vorprüfungs- und Prüfungsgegenständen.

In der rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, daß ein Unterhaltsanspruch des Klägers nicht mehr gegeben sei, weil er das zunächst begonnene Jus-Studium nicht ernsthaft und zielstrebig betrieben habe und weil er seine Pflichten gegen seinen Vater hinsichtlich gehöriger Ehrfurcht und gehörigen Gehorsams bis zuletzt gröblich verletzt habe. Als es im Jahre 1972 zwischen den Streitteilen zu einer Versöhnung gekommen sei und der Beklagte dem Kläger Unterhaltszahlungen für sein Studium unter Einhaltung von Bedingungen versprochen habe, habe dem Kläger im Hinblick auf den bisherigen Verlauf seines Studiums bewußt sein müssen, daß die Unterhaltsleistungen des Beklagten nur mehr auf freiwilliger Basis bestünden. Der Beklagte konnte mit Recht darauf pochen, daß die vereinbarten Bedingungen auch erfüllt würden. Obwohl dem Kläger hinsichtlich des Architekturstudiums keine Nachlässigkeit vorzuwerfen sei und er sein Studium nun zielstrebig fortsetze, habe er sich nicht an die ausgehandelten Bedingungen gehalten. Da ab Herbst 1972 (Vereinbarung) kein gesetzlicher Unterhaltsanspruch des Klägers gegen den Beklagten mehr bestanden habe, könne die Nichteinhaltung der Bedingungen nur als Verzicht des Klägers auf den Unterhaltsanspruch gewertet werden. Würde man aber die Meinung vertreten, der Kläger hätte zu diesem Zeitpunkt noch einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch gehabt, so hätte er durch die Nichteinhaltung der Bedingungen zumindest den Anspruch auf den anständigen Unterhalt verwirkt und könnte nur mehr den notdürftigen Unterhalt begehren.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es dem Kläger für die Zeit vom 8. April 1974 bis zur Rechtskraft des Urteiles zu dem mit einstweiliger Verfügung des Bezirksgerichtes Vöcklabruck vom 26. Juli 1974 zugesprochenen vorläufigen Unterhaltsbetrages von monatlich 2.500 S einen weiteren Unterhaltsbetrag von monatlich 2.500 S und für die Zeit ab Rechtskraft des Urteiles einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 5.000 S zusprach. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes mit Ausnahme der Feststellungen über den Rauschgiftkonsum des Klägers und jenen, wonach der Kläger im Zuge einer Auseinandersetzung, die dadurch entstanden sei, daß der Kläger im Sommer 1971 die rechtshistorische Staatsprüfung nicht bestanden habe, gegen den Beklagten tätlich geworden sei, als nicht entscheidungswesentlich. In rechtlicher Hinsicht führte das Gericht zweiter Instanz aus, daß nach den Bestimmungen der §§ 139, 141 ABGB eheliche Kinder (und damit auch Adoptivkinder) gegen den Vater Anspruch auf den seinen Lebensverhältnissen entsprechenden Unterhalt haben. Das Ausmaß des vom Vater seinen Kindern zu leistenden Unterhalts hänge von der sozialen Stellung des Vaters und seinen wirtschaftlichen Verhältnissen ab. Der Vater habe daher auch für die Kosten eines Hochschulstudiums seiner Kinder aufzukommen, wenn das Kind die zum Studium erforderlichen Fähigkeiten besitze, das Studium ernsthaft und zielstrebig betreibe und wenn dem Vater nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen die Zahlung dieser Kosten zumutbar sei. Ein Kind könne selbst dann, wenn es bereits einige Zeit einen Beruf ausgeübt habe, neuerlich Unterhalt vom Vater begehren, wenn es ein Studium beginnen wolle, für das es eine besondere Befähigung habe. Im vorliegenden Fall habe zwar der Kläger das zunächst begonnene Jus-Studium nicht ernsthaft und zielstrebig betrieben, doch haben sich im Herbst 1972 die Streitteile wieder versöhnt, sodaß der Beklagte dem Kläger sein gesamtes vorangegangenes Verhalten verziehen habe. Der Beklagte habe sich hiebei ausdrücklich bereit erklärt, dem Kläger Unterhalt zu leisten, wenn er fleißig und zielstrebig das Architekturstudium betreibe und ihm die Prüfungszeugnisse vorlege. Es habe sich dabei um keine Zusicherung eines freiwilligen Unterhalts, sondern um eine Anerkennung des gesetzlichen Unterhaltsanspruches des Klägers gehandelt. Der Kläger habe darauf fleißig und zielstrebig das Architekturstudium betrieben. Die Studienfortschritte des Klägers lägen sogar erheblich über dem Durchschnitt. Der Kläger habe sich in der Zwischenzeit ganz offensichtlich vom Gammeln abgewendet und eingesehen, daß ein zielstrebiges Studium sinnvoller sei. Soweit der Kläger die Prüfungszeugnisse nicht jeweils sofort dem Beklagten vorgelegt habe, könne daraus eine Verwirkung des Unterhaltsanspruches nicht abgeleitet werden. Ebenso könne daraus, daß der Kläger gegen den Willen und ohne Wissen des Beklagten geheiratet habe und im Sommer 1973 den Beklagten einmal nicht gegrüßt habe, ein Erlöschen der Unterhaltspflicht des Beklagten nicht abgeleitet werden. Der Unterhaltsanspruch könne gar nicht verwirkt werden, er würde nur bei Vorliegen eines Enterbungsgrundes auf das Ausmaß des notdürftigen Unterhalts beschränkt. Der Beklagte habe aber selbst nicht behauptet, daß ein Grund zur Enterbung des Klägers vorliegen würde. Das Unterhaltsbegehren bestehe daher dem Grunde nach zu Recht. In der Streitverhandlung vom 24. Juli 1974 habe der Beklagte das Klagebegehren der Höhe nach ausdrücklich außer Streit gestellt, sodaß das Urteil des Erstgerichtes im Sinne des Klagebegehrens abzuändern gewesen sei.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Beklagten. Er macht die Revisionsgründe nach § 503 Z. 2 und 4 ZPO geltend und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Urteil des Prozeßgerichtes wiederhergestellt werde, oder es aufzuheben und die Rechtssache an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revision kommt Berechtigung nicht zu.

Was die von Amts wegen wahrzunehmende Frage der Zulässigkeit der Revision (§ 502 Abs. 2 ZPO) anlangt, so ist diese zu bejahen. Die Vorinstanzen haben, wie sich aus der Begründung ihrer Entscheidungen ergibt, nicht nur über die Unterhaltsverpflichtung des Vaters, sondern damit untrennbar verbunden auch über die Berufswahl des Klägers erkannt. In solchen Fällen ist aber die Anrufung des Obersten Gerichtshofes zulässig (6 Ob 217/70, 8 Ob 181/71 u.a.).

Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens erblickt der Beklagte darin, daß das Gericht zweiter Instanz ohne Beweiswiederholung bzw. ohne entsprechende Beweise aufzunehmen, zusätzlich zur Feststellung des Erstgerichtes, daß es im Herbst 1972 zwischen den Streitteilen zu einer Versöhnung gekommen sei, die weitere Feststellung getroffen hätte, der Beklagte habe dem Kläger sein gesamtes vorangegangenes Verhalten verziehen.

Mit diesem Vorbringen verkennt der Beklagte den Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Das Gericht zweiter Instanz übernahm mit den oben aufgezeigten Einschränkungen die Feststellungen des Erstgerichtes, also auch die, daß sich die Streitteile im Herbst 1972 versöhnten. Wenn das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang ausführte, daß der Beklagte hiedurch dem Kläger sein gesamtes vorangegangenes Verhalten verziehen habe, dann hat das Berufungsgericht unter Bedachtnahme auf die festgestellte Handlungsweise des Beklagten die zutreffende Schlußfolgerung der Verzeihung gezogen (SZ 8/293).

Geht man aber von der Feststellung aus, daß der Beklagte im Zusammenhang mit der Versöhnung der Streitteile im Herbst 1972 dem Wunsch des Klägers, Architektur studieren zu dürfen, entsprach und er sich bereiterklärte seinem Sohn monatlich 4.000 S an Unterhalt zu leisten, wenn der Kläger fleißig studieren, schnellstens mit dem Studium fertig werden und alle Prüfungszeugnisse und Nachweise sofort vorlegen würde, dann ist auch die Rechtsrüge nicht gerechtfertigt. Mit der Zustimmung zum Architekturstudium des Klägers hat der Beklagte nicht nur die Berufswahl seines Sohnes genehmigt, er hat damit auch seine weitere Unterhaltsverpflichtung anerkannt. Denn der Vater hat zum Hochschulstudium seines Kindes beizutragen, wenn dieses die zum Studium erforderlichen Fähigkeiten besitzt, das Studium ernsthaft und zielstrebig betreibt und wenn dem Vater nach seinen Einkommens- und Vemögensverhältnissen die Finanzierung eines solchen Studiums seines Kindes möglich und zumutbar ist (SZ 43/237, 8 Ob 181/71, 5 Ob 240/73 u.a.). Daß letzteres der Fall ist, wurde vom Beklagten nicht bestritten. Daß aber der Kläger nunmehr das Studium an der Technischen Universität zielstrebig und ernsthaft betreibt und hiezu auch die erforderlichen Fähigkeiten besitzt, kann nach den Feststellungen der Vorinstanzen keinem Zweifel unterliegen.

Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, daß eine Verwirkung des Unterhaltsanspruches aus der verzögerten Vorlage der Prüfungszeugnisse an den Beklagten nicht abgeleitet werden könne. Dasselbe gilt für die Tatsache, daß der Kläger ohne Wissen und Willen des Beklagten geheiratet und den Beklagten einmal nicht gegrüßt hat. Daß sich die Eheschließung auf das Studium des Klägers nicht nachteilig ausgewirkt hat, ergibt sich aus der Tatsache, daß er auch nach der Heirat weitere Prüfungen und schließlich am 28. April 1975 die erste Diplomprüfung vorzeitig und mit Erfolg abgelegt hat. Entscheidend ist aber, daß der Unterhaltsanspruch der Kinder gar nicht verwirkt werden kann (Ehrenzweig System2 II/2 S. 241 f, Klang2 I/2 S. 193, SZ 9/129, SZ 15/160, SZ 17/62 u.v.a., zuletzt etwa SZ 36/75). Es könnte nur eine Beschränkung des gesetzlichen Unterhalts des Kindes auf das Maß des notdürftigen Unterhalts eintreten, wenn das Kind eine Handlung begeht, die die Entziehung des Pflichtteils rechtfertigt. Dies wird aus den Bestimmungen der §§ 768 und 795 ABGB erschlossen, die sich nicht auf den von einer lebenden Person zu leistenden Unterhalt im Sinne der §§ 141 ff ABGB. beziehen, sondern erbrechtliche Ansprüche betreffen, die an den Tod des Erblassers anknüpfen (Weiß in Klang2 III 954 f, 2 Ob 130/73). Es kann somit auch in der Ansicht, daß im vorliegenden Fall eine Beschränkung auf den notdürftigen (notwendigen) Unterhalt nicht stattfindet, ein Rechtsirrtum nicht erkannt werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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