European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0140OS00025.25W.0401.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
In Stattgebung des Antrags der Generalprokuratur wird im außerordentlichen Weg die Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens verfügt, der Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Beschwerdegericht vom 29. August 2024, AZ 7 Bs 111/24h, aufgehoben und die Sache zur Entscheidung über die Beschwerde des Verurteilten vom 26. August 2024 (ON 59) an dieses Gericht verwiesen.
Gründe:
[1] * G* wurde mit (rechtskräftigem) Abwesenheitsurteil des Landesgerichts Wels vom 10. Juni 2024, GZ 11 Hv 42/24a‑36, des Vergehens der beharrlichen Verfolgung nach § 107a Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe verurteilt.
[2] Mit Beschluss vom 8. Juli 2024 bestimmte dieses Gericht den vom Verurteilten zu leistenden Pauschalkostenbeitrag und den von diesem zu tragenden Anteil an den Kosten der Prozessbegleitung (ON 43 iVm ON 46).
[3] Dieser Beschluss wurde dem Verurteilten am 13. August 2024 (durch Hinterlegung) zugestellt (Zustellnachweis im digitalen Akt).
Rechtliche Beurteilung
[4] Gegen diesen Beschluss erhob G* Beschwerde, die er zunächst am 25. August 2025 dem Landesgericht Wels per E‑Mail übermittelte (ON 57). Diese Eingabe legte das Erstgericht am 26. August 2024 (unter Hinweis auf die Unzulässigkeit einer Rechtsmittelausführung per E‑Mail) dem Oberlandesgericht Linz als Beschwerdegericht vor (ON 58).
[5] Dieses wies die Beschwerde mit Beschluss vom 29. August 2024, AZ 7 Bs 111/24h, unter anderem mit der Begründung zurück, dass die per E‑Mail eingebrachte Beschwerde den Formerfordernissen des § 84 Abs 2 StPO nicht genüge (ON 60.1, 2; vgl RIS‑Justiz RS0127859).
[6] Am 26. August 2024 hatte der Verurteilte die Beschwerde allerdings auch per Post eingebracht (ON 59). Diese – mit Eingangsstempel des Landesgerichts Wels vom 28. August 2024 versehene – Eingabe wurde erst am 29. August 2024 (im digitalen Akt) zu AZ 11 Hv 42/24a des Landesgerichts Wels einjournalisiert. Eine Kopie des Übersendungskuverts samt Postaufgabestempel wurde am 2. September 2024 zum Akt genommen, am selben Tag erfolgte die Verständigung des Beschwerdegerichts von der Einbringung der Beschwerde per Post (vgl ON 1.57 und 1.58 sowie die Dokumenteninformation zu ON 59 im digitalen Akt).
[7] Bei der Prüfung der Akten ergeben sich somit – wie die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt – erhebliche Bedenken (§ 362 Abs 1 StPO) gegen die Tatsachenannahme des Beschwerdegerichts, der Verurteilte habe seine gegen den Beschluss vom 8. Juli 2024 (ON 46) gerichtete Beschwerde nur per E‑Mail eingebracht.
[8] Da somit eine (nicht vom Obersten Gerichtshof getroffene) letztinstanzliche Entscheidung auf einer in tatsächlicher Hinsicht objektiv unrichtigen Verfahrensgrundlage ergangen ist, ohne dass diesem Gericht insoweit ein Rechtsfehler anzulasten ist, war – in Stattgebung des Antrags der Generalprokuratur – in analoger Anwendung des § 362 Abs 1 Z 2 StPO die außerordentliche Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens wie im Spruch ersichtlich zu verfügen (RIS‑Justiz RS0117416, RS0117312 [T3]).
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