European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0459:2025:0070BS00111.24H.0424.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Beschwerde wird dahin Folge gegeben, dass der angefochtene Beschluss aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen wird.
Begründung:
A* wurde mit (rechtskräftigem) Abwesenheitsurteil des Landesgerichts Wels vom 10. Juni 2024, Hv*-36, des Vergehens der beharrlichen Verfolgung nach § 107a Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.
Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht im Rahmen der Endverfügung (Punkt 7 in ON 43) den vom rechtskräftig Verurteilten zu ersetzenden Pauschalkostenbeitrag mit EUR 250,00 und den von diesem zu tragenden Anteil an den Kosten der Prozessbegleitung mit EUR 500,00.
Gegen diesen Beschluss erhob der Verurteilte Beschwerde, die er zunächst am 25. August 2025 dem Landesgericht Wels per E-Mail übermittelte (ON 57). Das Beschwerdegericht wies die – vom Erstgericht am 26. August 2024 dem Oberlandesgericht Linz vorgelegte - Beschwerde mit Beschluss vom 29. August 2024 ua mit der Begründung zurück, dass die per E-Mail eingebrachte Beschwerde den Formerfordernissen des § 84 Abs 2 StPO nicht genüge (ON 60.1).
Nachdem am 2. September 2024 das Beschwerdegericht von der rechtzeitigen Einbringung der Beschwerde auch per Post informiert worden war, beantragte – über Veranlassung des Beschwerdegerichts - die Generalprokuratur im außerordentlichen Weg die Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens, welche in analoger Anwendung des § 362 Abs 1 Z 2 StPO vom Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 1. April 2025, 14 Os 25/25w-2, auch verfügt wurde.
Der Verurteilte brachte in seiner rechtzeitigen Beschwerde im Wesentlichen vor, dass die Annahmen des Erstgerichts zu seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unrichtig seien. So verfüge er nicht (mehr) über ein Vermögen in Höhe von EUR 100.000,00, sondern betrage sein Kontostand per 25. August 2024 EUR 730,79. Er habe in den letzten Monaten einige Ausgaben, wie zB Ankauf eines Autos, gehabt und würde auch der bevorstehende Wohnungswechsel mit Kosten verbunden sein.
Der Beschwerde kann Berechtigung nicht abgesprochen werden.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Verurteilten zu ersetzende Pauschalkostenbeitrag iSd Z 3 des § 381 Abs 1 StPO ist im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts innerhalb der Grenzen von EUR 150,00 bis EUR 3.000,00 zu bemessen. Bei dessen Bemessung sind nicht nur die Belastung der im Strafverfahren tätigen Behörden und Dienststellen und das Ausmaß der diesen erwachsenen, nicht besonders zu vergütenden Auslagen, sondern auch das Vermögen, das Einkommen und die anderen für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Ersatzpflichtigen maßgebenden Umstände zu berücksichtigen (Abs 5 leg cit). Nach Abs 1 Z 9 leb cit hat der zum Kostenersatz Verpflichtete auch einen Beitrag zu den Kosten der (psychosozialen und juristischen) Prozessbegleitung (§ 66b StPO) zu leisten. Diese Kosten sind vom Ersatzpflichtigen nicht in der vollen vom BMJ abgegoltenen Höhe zu bezahlen, sondern sie sind mit einem Pauschalbetrag von bis zu EUR 1.000,00 limitiert. Bei der Bemessung des Betrags sind nach Abs 5a leg cit die Belastung der mit der Prozessbegleitung beauftragten Einrichtung und das Ausmaß ihrer Aufwendungen ebenso zu berücksichtigen wie die in Abs 5 leg cit bezeichneten Umstände der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Ersatzpflichtigen (Lendl in WK StPO § 381 Rz 42/1).
Das Erstgericht hat der Bemessung des Pauschalkostenbeitrags sowie des Pauschalbetrags als Anteil an den Kosten der Prozessbegleitung das vom Verurteilten in seiner Beschuldigtenvernehmung vom 15. Mai 2024 (ON 13) angegebene Nettoeinkommen von EUR 1.155,00 sowie Vermögen von EUR 99.000,00 zugrunde gelegt, wohingegen dieser nunmehr in seinem Beschwerdevorbringen behauptet, aufgrund diverser Ausgaben nur mehr ein Vermögen von EUR 730,79 zu besitzen. Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zu verweisen (§ 89 Abs 2a Z 3 StPO).
Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht aufgrund des (infolge Neuerungserlaubnis im Beschwerdeverfahren statthaften) Vorbringens geänderter Vermögensverhältnisse die aktuelle wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers durch Beischaffung entsprechender Nachweise abzuklären und die Höhe des Pauschalkostenbeitrags sowie des Pauschalbetrags als Anteil an den Kosten der Prozessbegleitung neuerlich zu bestimmen, gegebenenfalls die Verfahrenskosten für uneinbringlich (vgl hierzu auch Lendl in WK StPO § 391 Rz 5f und 9) zu erklären haben.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
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