OGH 14Os130/24k

OGH14Os130/24k25.2.2025

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Februar 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Brüggler LL.M., BSc in der Strafsache gegen * S* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 11. Oktober 2024, GZ 63 Hv 72/24t‑43, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Wehofer, des Angeklagten sowie seines Verteidigers Mag. Jelinek zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0140OS00130.24K.0225.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Sexualdelikte

 

Spruch:

 

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch und demzufolge auch der Beschluss auf Erteilung einer Weisung und Anordnung von Bewährungshilfe aufgehoben und insoweit in der Sache selbst erkannt:

* S* wird für das ihm zur Last liegende Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 19 Abs 4 Z 2 JGG nach § 201 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt.

Gemäß § 43a Abs 3 StGB wird ein Teil der Strafe von 18 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* des Verbrechens derVergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 24. Dezember 2023 in H* * Sc* mit Gewalt zur (weiteren) Duldung des Beischlafs genötigt, indem er ihre Hand über dem Kopf fixierte, ihr den Mund zuhielt und mit seinem Penis in ihre Vagina eindrang (US 2 f).

[3] Der Angeklagte wurde dafür unter Anwendung des § 19 Abs 4 (zu ergänzen: Z 2) JGG nach § 201 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt, die nach § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

[4] Mit zugleich gefasstem – verfehlt in die Urteilsausfertigung aufgenommenem (US 2; RIS‑Justiz RS0101841, RS0120887 [T2 und T3]) – Beschluss wurde nach den §§ 50 ff StGB dem Angeklagten eine Weisung erteilt und Bewährungshilfe angeordnet.

Rechtliche Beurteilung

[5] Gegen die gänzlich bedingte Nachsicht der verhängten Freiheitsstrafe richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.

[6] Zutreffend zeigt die Sanktionsrüge (Z 11 dritter Fall) auf, dass bei einer Verurteilung nach § 201 StGB, soweit die ihr zugrunde liegende Tat – wie hier – nach dem 1. Jänner 2020 begangen wurde, die bedingte Nachsicht der verhängten Freiheitsstrafe nach § 43 Abs 1 StGB – auch in Strafsachen gegen junge Erwachsene (vgl zu § 5 Z 9 [hier iVm § 19 Abs 2] JGG RIS‑Justiz RS0133833; Schroll/Oshidari in WK² JGG § 5 Rz 52/1) – ausgeschlossen ist (§ 43 Abs 3 StGB).

[7] Die im Urteil ausgesprochene gänzlich bedingte Strafnachsicht erweist sich damit als rechtlich verfehlt und begründet Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 11 dritter Fall StPO (12 Os 18/23y; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 678, 724).

[8] Demgemäß waren – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde das angefochtene Urteil im Strafausspruch und demzufolge auch der Beschluss auf Erteilung einer Weisung und Anordnung von Bewährungshilfe (US 2) aufzuheben und im Umfang des Strafausspruchs in der Sache selbst zu erkennen (§ 288 Abs 2 Z 3 erster Satz StPO).

[9] Bei der damit erforderlichen Strafneubemessung war nach § 201 Abs 1 StGB iVm § 19 Abs 4 Z 2 JGG von einem Strafrahmen von zwei bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe auszugehen.

[10] Dabei waren erschwerend – wie von der Staatsanwaltschaft zutreffend aufgezeigt – die beim Opfer eingetretenen Verletzungen (US 3; RIS‑Justiz RS0091115), mildernd hingegen der bisher ordentliche Lebenswandel und die Tatbegehung im Alter von unter 21 Jahren (§ 34 Abs 1 Z 1 StGB) zu werten.

[11] Ausgehend von den solcherart ergänzten Strafzumessungsgründen erachtete der Oberste Gerichtshof unter Berücksichtigung des Handlungs‑, des Gesinnungs‑ und des Erfolgsunwerts der Tat die im Spruch angeführte Strafe als angemessen.

[12] Wie dargelegt, scheidet eine gänzlich bedingte Nachsicht der verhängten Strafe aus. Da der Angeklagte beim Opfer durch Zuhalten des Mundes Angstzustände auslöste (ON 11, 5) und ihm zudem Unterleibsverletzungen zufügte, ist der Handlungsunwert der Tat erhöht. Es ist daher nicht anzunehmen, dass die Verhängung einer kombinierten Strafe (§ 43a Abs 2 StGB) genügen werde, den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Hingegen konnte aufgrund seines bisher ordentlichen Lebenswandels und seiner sozialen Eingliederung (vgl ON 38.2) ein Strafteil von 18 Monaten unter Bestimmungen einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen werden (§ 43 Abs 1 StGB).

[13] Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft auf die Strafneubemessung zu verweisen.

[14] Die Entscheidung über die allfällige neuerliche Erteilung von Weisungen und die Anordnung der Bewährungshilfe obliegt dem Erstgericht (vgl RIS‑Justiz RS0086098).

[15] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte