European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2025:0130OS00078.25G.0924.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wirdzurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen (irrig mit 19. Februar 2025 datierten) Urteil wurde * B* des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 3, 130 Abs 2 zweiter Fall (iVm § 130 Abs 1 erster Fall) StGB (I) und des Vergehens des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach § 148a Abs 1 und 2 erster und zweiter Fall, Abs 3 StGB (II) schuldig erkannt.
[2] Danach hat sie in S* mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz (unter Verwirklichung der Kriterien des § 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB) gewerbsmäßig
I) vom 28. November 2023 bis zum 13. April 2024 in zahlreichen Angriffen Betreibern von Geldautomaten Bargeld in einem 5.000 Euro übersteigenden Gesamtbetrag durch Öffnen einer Sperrvorrichtung mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel weggenommen, indem sie mit den zuvor entfremdeten Bankomatkarten von R* und H* und den jeweils zuvor ausgespähten Pin‑Codes dieser Karten an Bankomaten insgesamt 31.800 Euro behob und das Bargeld an sich nahm,
II) vom 2. Jänner 2024 bis zum 24. April 2024 R* dadurch am Vermögen geschädigt, dass sie das Ergebnis einer automationsunterstützten Datenverarbeitung durch unrechtmäßige Eingabe von Daten beeinflusste, indem sie in neun Angriffen durch Verwendung der zuvor entfremdeten Bankomatkarte der Genannten und unter von dieser nicht erlaubter Eingabe des ausgespähten Pin‑Codes an Überweisungsautomaten der im Urteil bezeichneten Bank Überweisungen von deren Konto auf ihr eigenes Konto tätigte, wodurch sie einen 5.000 Euro übersteigenden Schaden von 31.000 Euro herbeiführte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten.
[4] Entgegen der – ohne Bezugnahme auf die konkreten Fundstellen ausgeführten (vgl aber RIS‑Justiz RS0124172; Ratz, WK‑StPO § 285d Rz 10/1) Verfahrensrüge (Z 4) konnte der in der Hauptverhandlung am 19. Dezember 2024 nach (der erstmaligen) Vernehmung der Zeugen R* (ON 47.2 S 2 ff) und H* (ON 47.2 S 23 ff) mittels (Ton‑ und Bildübertragung beinhaltender) Videokonferenz von deren Wohnort aus (vgl dazu 11 Os 124/23d [Rz 14]) – gestellte Antrag auf „persönliche Einvernahme von Zeugen H* und R* um Wahrnehmungen machen zu können in Bezug auf die Richtigkeit ihrer Angaben, direkte Wahrnehmung“ (ON 47.2 S 41 sowie ON 50.5 S 6 und 23) schon deshalb ohne Verletzung von Verteidigungsrechten abgewiesen werden (ON 50.5 S 25), weil er nicht darlegte, weshalb ein persönliches Erscheinen der Zeugen zur Hauptverhandlung trotz der – aktenkundigen (ON 41, 47.2 S 41 f; ON 50.5 S 23 und 25) – Umstände hohen Alters und erheblicher Gebrechlichkeit (vgl § 294Pa Abs 1 StPO) möglich gewesen wäre.
[5] Der Antrag auf „Einholung von Videoaufnahmen an diesem Bankomat, wo alle diese Behebungen vorgenommen wurden, zum Beweis dafür, dass die Angeklagte diese Behebungen nicht allein bzw im Auftrag oder gemeinsam mit Herrn – H* – * getätigt hat“ (ON 50.5 S 23 f), legte nicht dar, weshalb solche Aufnahmen mit Blick auf den seither verstrichenen Zeitraum noch vorhanden sein sollten (dazu ON 50.5 S 24 f), und war solcherart auf im Hauptverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (RIS‑Justiz RS0118444; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 330 f).
[6] Die Begründung der die Beweisanträge ablehnenden Beschlüsse steht nicht unter Nichtigkeitssanktion (RIS‑Justiz RS0121628).
[7] Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ihre Argumentation nicht auf der Basis der Feststellungen zur unbefugt an sich genommenen Bankomatkarte und zum auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatz der Angeklagten (US 4) entwickelt, verfehlt sie die prozessordnungsgemäße Ausführung des herangezogenen materiell‑rechtlichen Nichtigkeitsgrundes (RIS‑Justiz RS0099810).
[8] Weshalb das in Bezug auf den Schuldspruch II festgestellte Tatgeschehen (US 4 f) nicht als betrügerischer Datenverarbeitungsmissbrauch nach § 148a Abs 1 und 2 erster und zweiter Fall, Abs 3 StGB, sondern als „Diebstahl zum Nachteil der automatenaufstellenden Bank“ zu beurteilen sei, leitet die Subsumtionsrüge (Z 10) nicht aus dem Gesetz ab (siehe aber RIS‑Justiz RS0116565 und RS0116569). Die Berufung auf die Bargeld betreffende oberstgerichtliche Entscheidung 15 Os 127/89 entspricht diesem Erfordernis nicht, weil sich diese mit der aufgeworfenen Rechtsfrage nicht auseinandersetzt (vgl RIS‑Justiz RS0118429 [T7]).
[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[10] Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285 StPO).
[11] Dieses wird, wie die Generalprokuratur ebenfalls zutreffend aufzeigt, zu beachten haben (RIS‑Justiz RS0122140), dass dem Strafausspruch Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO anhaftet, weil das Erstgericht unter Anwendung des § 43a Abs 2 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten und eine Geldstrafe von 500 Tagessätzen zu je vier Euro, für den Fall deren Uneinbringlichkeit 250 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängte, womit die aus der Summe der (bedingt) nachgesehenen Freiheitsstrafe und der Ersatzfreiheitsstrafe (§ 19 Abs 3 StGB), zu errechnende (14 Os 29/19z) Gesamtstrafe zwei Jahre übersteigt und somit den Anwendungsvoraussetzungen des § 43a Abs 2 StGB widerspricht (RIS‑Justiz RS0091963).
[12] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
