European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0110OS00067.20T.0728.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die (implizite) Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dominik M***** in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen und seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer hebephrenen (US 4: chronisch-psychotischen) Schizophrenie mit erheblichen Verhaltens‑ und multiplen psychopathologischen Auffälligkeiten, beruht,
S***** R***** mit Gewalt zur Vornahme des Beischlafs und dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen teils nötigte, teils zu nötigen versuchte, indem er
1./ am 27. Dezember 2019 sich mit vollem Körpergewicht auf sie legte, mit seinen Händen ihre Hände seitlich auf Schulterhöhe fixierte und mehrfach versuchte, mit seinem Penis in ihre Vagina einzudringen sowie diesen in ihren Mund einzuführen, wobei es nur deshalb beim Versuch blieb, weil R***** sich massiv zur Wehr setzte und durch lautes Schreien auf sich aufmerksam machte, sodass von den Wohnungsnachbarn die Polizei verständigt wurde und er nach Eintreffen der Polizeibeamten von ihr abließ;
2./ zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Dezember 2018 sich zur Fixierung auf sie kniete, ihren Oberkörper mit einer Hand gegen die Couch drückte und mit einem Finger der anderen Hand mehrfach ihren Anus penetrierte, wodurch R***** eine zwei Zentimeter lange Rissverletzung im Enddarmbereich mit der Notwendigkeit einer medizinischen Versorgung erlitt,
sohin Taten beging, die als Verbrechen „der teilweise versuchten Vergewaltigung nach §§ 201 Abs 1 (idF BGBl I 2013/116), 15 StGB“ (richtig: der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 idF BGBl I 2013/116 [1./] und nach § 201 Abs 1 idF BGBl I 2013/116 [2./]) mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen.
Der Tatsachenrüge (der Sache nach Z 11 erster Fall iVm Z 5a; vgl ua 11 Os 67/16m; 11 Os 4/16x; 13 Os 14/05s) gelingt es mit dem Hinweis auf ein zu einem Verfahren des Bezirksgerichts V***** im April 2018 erstattetes Gutachten der Sachverständigen für Neurologie und Psychiatrie Dr. C***** (ON 9 S 5 ff) und auf frühere – folgenlose – Polizeieinsätze beim Betroffenen (ON 27 S 11, 19), aber auch mit Kritik am Gutachten des vom Schöffengericht beigezogenen psychiatrischen Sachverständigen Dr. E***** (ON 13; ON 27 S 18 ff) nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen zum Zustand des Betroffenen – und damit zur Anordnungsbefugnis – zu erwecken.
Soweit sich die (nominell auf Z 5a gestützte) Beschwerde gegen der Gefährlichkeitsprognose zu Grunde liegende Feststellungen wendet, ist sie darauf zu verweisen, dass solche Konstatierungen nicht mit Verfahrens-, Mängel- oder Tatsachenrüge bekämpft werden können (vgl 11 Os 4/16x; 11 Os 67/16m; 15 Os 142/19z; 12 Os 47/10v). Inhaltlich wird auch weder der Vorwurf einer Verkennung der gesetzlichen Kriterien der Ermessensentscheidung noch eine Fehlbeurteilung der Prognosetat als solche mit schweren Folgen kritisiert (Z 11 zweiter Fall). Die auf die Prognoseentscheidung abzielende Kritik ist der Sache nach also bloß als (implizites) Berufungsvorbringen zu verstehen.
Mit zu 2./ nach Art einer Schuldberufung vorgenommener eigenständiger Bewertung des Verhaltens des Opfers nach der Tat (ON 27 S 13) sowie von Aussagen des Betroffenen (ON 27 S 5 f, 8 f) und des Zeugen Christian M***** (ON 27 S 10) vermag die Tatsachenrüge (Z 5a) gleichfalls keine qualifizierten Bedenken gegen den Ausspruch über entscheidende Tatsachen hervorzurufen. Ebensowenig gelingt dies mit vom Beschwerdeführer eigenständig aus dem Gutachten des Sachverständigen für Allgemeinmedizin und Chirurgie OMR Dr. K***** (ON 27 S 17 ff) gezogenen Schlüssen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die (implizite) Berufung des Betroffenen folgt (§ 285i iVm § 290 Abs 1 letzter Satz StPO; Ratz , WK-StPO § 290 Rz 28 f; RIS‑Justiz RS0116499; 15 Os 95/18m).
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