Rechtssatz
Zweck des neu gefassten § 37 KartG ist es, Schadenersatzklagen von Privaten (sogenannte Follow-on-Klagen) infolge eines bindend festgestellten kartellrechtswidrigen Verhaltens zu erleichtern. Dies erfordert, den zu Grunde liegenden Sachverhalt möglichst deutlich wiederzugeben, um damit bereits eine Grundlage für die zivilrechtliche Beurteilung von Schadenersatzansprüchen gemäß § 37a Abs 3 KartG zu schaffen, zumindest aber, um jedermann die Prüfung zu ermöglichen, ob die Erhebung derartiger Schadenersatzansprüche im konkreten Fall für ihn überhaupt in Betracht kommt. Aus diesem Grund ist auch die namentliche Anführung von am Kartell beteiligten Unternehmen im Sinne einer möglichst umfassenden und zielgerichteten Information grundsätzlich zweckmäßig. Bedingung einer Veröffentlichung des Namens anderer Beteiligter an dem Kartellverstoß ist allerdings im Lichte des Art 6 EMRK, dass das betreffende Unternehmen bereits Gelegenheit hatte, sich gegen die betreffenden Vorwürfe zu verteidigen.
Normen
KartG idF KaWeRÄG 2012 §37 Abs1
16 Ok 1/23t | OGH | 02.05.2023 |
vgl; Beisatz: Es ist aber nicht der primäre Zweck einer kartellgerichtlichen Entscheidung, Schadenersatzklagen gegen wettbewerbswidrig handelnde Personen vorzubereiten. (T1) |
16 Ok 1/24v | OGH | 06.12.2024 |
vgl; Beisatz wie T1<br/>Beisatz: Bei Vorliegen einer Veröffentlichung bedarf es konkret zu behauptender Umstände, warum die Verweigerung der Akteneinsicht gemäß § 39 Abs 2 KartG die Geltendmachung eines Ersatzanspruchs dennoch zumindest übermäßig erschwert (und daher der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz verletzt wäre). (T2)<br/>Beisatz: Dies kann etwa der Fall sein, wenn Kategorien von Dokumenten benötigt werden, die in die veröffentlichte Entscheidung keinen Eingang gefunden haben oder typischerweise in eine solche keinen Eingang finden. (T3) |
16 Ok 2/24s | OGH | 21.01.2025 |
vgl; Beisatz wie T1; Beisatz wie T2; Beisatz wie T3 |
16 Ok 3/25i | OGH | 17.04.2025 |
Beisatz: Unterbleibt eine ausreichend detaillierte Veröffentlichung, würde dies das durch Art 6 EMRK und Art 47 GRC garantierte Recht des Geschädigten auf Zugang zu einem Gericht in unverhältnismäßiger Weise beeinträchtigen. (T4)<br/>Beisatz: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichts erster Instanz verdient das Interesse eines Unternehmens an der Geheimhaltung von Einzelheiten der ihm zur Last gelegten Zuwiderhandlung angesichts des Interesses der Öffentlichkeit, eine möglichst umfassende Kenntnis von den Gründen des Handelns der Kommission (als Wettbewerbsbehörde) zu erhalten, des Interesses der Wirtschaftsbeteiligten, zu wissen, welches Verhalten Sanktionen nach sich ziehen kann, und des Interesses der durch die Zuwiderhandlung geschädigten Personen an der Kenntnis näherer Einzelheiten, um gegebenenfalls ihre Rechte gegenüber den sanktionierten Unternehmen geltend machen zu können, keinen besonderen Schutz (EuG 12. 10. 2007, T-474/04 , Pergan, Rz 72). Dem ist für das österreichische Recht beizutreten. (T5) |
Dokumentnummer
JJR_20140127_OGH0002_0160OK00014_1300000_001
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