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BGBl I 75/2025

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

75. Bundesgesetz: Änderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, des Arbeitsverfassungsgesetzes sowie des Landarbeitsgesetzes 2021
75. (NR: GP XXVIII RV 212 AB 229 S. 46 . BR: AB 11695 S. 982 .)

75. Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Arbeitsverfassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 2021 geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches

Das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (ABGB), JGS Nr. 946/1811, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 74/2025 wird wie folgt geändert:

1. Dem § 1159 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Ist ein freies Dienstverhältnis (§ 4 Abs. 4 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955, in der jeweils geltenden Fassung) ohne Zeitbestimmung eingegangen oder fortgesetzt worden, kann es mangels einer für den freien Dienstnehmer günstigeren Vereinbarung von jedem Vertragsteil durch Kündigung zum 15. oder Letzten eines Kalendermonats gelöst werden, wobei die Kündigungsfrist vier Wochen beträgt und sich nach dem vollendeten zweiten Dienstjahr auf sechs Wochen erhöht. Der erste Monat des freien Dienstverhältnisses kann als Probezeit vereinbart werden. Das freie Dienstverhältnis kann während dieser Zeit von jedem Vertragsteil jederzeit gelöst werden. Die Rechte, die dem freien Dienstnehmer auf Grund dieses Absatzes zustehen, können durch den freien Dienstvertrag weder aufgehoben noch beschränkt werden.“

1a. In § 1164a Abs. 1 werden im Einleitungssatz das Zitat „(§ 4 Abs. 4 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955, in der jeweils geltenden Fassung)“ durch das Zitat „(§ 4 Abs. 4 ASVG)“ und in der Z 8 das Satzzeichen „ . “durch das Satzzeichen „ , “ ersetzt und wird folgende Z 9 angefügt:

  1. „9. Bezeichnung der auf den freien Dienstvertrag allenfalls anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung (Kollektivvertrag, Satzung, Mindestlohntarif) und Hinweis auf den Raum im Betrieb, in dem diese zur Einsichtnahme aufliegen.“

2. Dem § 1503 wird folgender Abs. 29 angefügt:

„(29) Die §§ 1159 Abs. 6 und 1164a Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 75/2025 treten mit 1. Jänner 2026 in Kraft. § 1159 Abs. 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 75/2025 gilt für zu diesem Zeitpunkt aufrechte freie Dienstverhältnisse mit der Maßgabe, dass eine mit Ablauf des 31. Dezember 2025 bestehende, von § 1159 Abs. 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 75/2025 abweichende Vereinbarung aufrecht bleibt. § 1164a Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 75/2025 gilt für ab diesem Zeitpunkt abgeschlossene freie Dienstverträge.“

Artikel 2

Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes

Das Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 110/2024, wird wie folgt geändert:

1. Dem § 1 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Die Bestimmungen des 1. bis 3. Hauptstückes des I. Teiles gelten auch für freie Dienstverhältnisse nach § 4 Abs. 4 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, wobei unter dem Begriff „Arbeitnehmer“ auch „freie Dienstnehmer“, unter den Begriffen „Arbeitsverhältnis und Arbeitsvertrag“ auch „freies Dienstverhältnis und freier Dienstvertrag“ und unter dem Begriff „Arbeitgeber“ auch „Dienstgeber der freien Dienstnehmer“ zu verstehen ist.“

2. § 1 Abs. 2 Z 1 lautet:

  1. „1. Arbeitsverhältnisse der land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter sowie freie Dienstverhältnisse in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft, auf die Abschnitt 13 des Landarbeitsgesetzes 2021, BGBl. I Nr. 78/2021, Anwendung findet;“

3. Nach § 18 Abs. 3 wird folgender Abs. 3a eingefügt:

„(3a) Ein Kollektivvertrag oder ein Teil eines solchen, der lediglich für Arbeitsverhältnisse gemäß § 1 Abs. 1 erster Satz gilt, darf für Vertragsverhältnisse nach § 1 Abs. 1 zweiter Satz nur hinsichtlich der Mindestentgelte und Mindestbeträge für den Ersatz von Auslagen gesatzt werden. In einem solchen Fall gelten die kollektivvertraglichen Mindestentgelte für jene Arbeitsstunden, die zur Erfüllung des freien Dienstverhältnisses tatsächlich aufgewendet werden müssen.“

4. Dem § 272 wird folgender Abs. 40 angefügt:

„(40) § 1 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 sowie § 18 Abs. 3a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 75/2025 treten mit 1. Jänner 2026 in Kraft. Die zum 1. Jänner 2026 bestehende Kollektivvertragsfähigkeit von gesetzlichen Interessenvertretungen und freiwilligen Berufsvereinigungen der Arbeitnehmer erstreckt sich in ihrem fachlichen und räumlichen Wirkungsbereich auch auf freie Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 4 ASVG. Die zum 1. Jänner 2026 bestehende Kollektivvertragsfähigkeit von gesetzlichen Interessenvertretungen und freiwilligen Berufsvereinigungen der Arbeitgeber erstreckt sich in ihrem fachlichen und räumlichen Wirkungsbereich auch auf Dienstgeber freier Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 4 ASVG. Die zum 1. Jänner 2026 bestehende Kollektivvertragsfähigkeit von juristischen Personen öffentlichen Rechts gemäß § 7, von Vereinen gemäß § 4 Abs. 3 sowie von Arbeitgebern, denen die Kollektivvertragsfähigkeit durch Gesetz verliehen wurde, erstreckt sich auch auf die zu ihnen bestehenden freien Dienstverhältnisse gemäß § 4 Abs. 4 ASVG. Der Geltungsbereich der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens geltenden Kollektivverträge bleibt unberührt, solange er nicht durch die Kollektivvertragsparteien abgeändert wird.“

Artikel 3

Änderung des Landarbeitsgesetzes 2021

Das Landarbeitsgesetz 2021, BGBl. I Nr. 78/2021, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 47/2025, wird wie folgt geändert:

1. Im Inhaltsverzeichnis lautet die Eintragung zu § 3 „Freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer“.

2. In § 3 lautet die Überschrift „Freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer“, der erste Satz erhält die Absatzbezeichnung „(1)“ und es wird folgender Abs. 2 eingefügt:

„(2) Die Bestimmungen des Abschnittes 13 gelten in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft auch für freie Dienstnehmerinnen und freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG insoweit, als keine Tätigkeiten verrichtet werden, die der Leistung höherer oder kaufmännischer Dienste oder Kanzleiarbeiten ähnlich sind, wobei unter den Begriffen

  1. 1. „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ auch „freie Dienstnehmerinnen und freie Dienstnehmer“;
  2. 2. „Arbeitsverhältnis“ und „Arbeitsvertrag“ auch „freies Dienstverhältnis“ und „freier Dienstvertrag“;
  3. 3. „Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber“ auch „Dienstgeberinnen und Dienstgeber der freien Dienstnehmerin bzw. des freien Dienstnehmers“

    in der jeweils grammatikalisch richtigen Form zu verstehen ist.“

3. Dem § 107 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Ist ein in § 3 Abs. 2 bezeichnetes freies Dienstverhältnis in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft ohne Zeitbestimmung eingegangen oder fortgesetzt worden, kann es mangels einer für die freie Dienstnehmerin bzw. den freien Dienstnehmer günstigeren Vereinbarung von jedem Vertragsteil durch Kündigung zum 15. oder Letzten eines Kalendermonats gelöst werden, wobei die Kündigungsfrist vier Wochen beträgt und sich nach dem vollendeten zweiten Dienstjahr auf sechs Wochen erhöht. Der erste Monat des freien Dienstverhältnisses kann als Probezeit vereinbart werden. Das freie Dienstverhältnis kann während dieser Zeit von jedem Vertragsteil jederzeit gelöst werden. Die Rechte, die der freien Dienstnehmerin bzw. dem freien Dienstnehmer auf Grund dieses Absatzes zustehen, können durch den freien Dienstvertrag weder aufgehoben noch beschränkt werden.“

4. Dem § 127 Abs. 1 werden folgende Sätze angefügt:

„Ein Kollektivvertrag oder ein Teil eines solchen, der lediglich für Arbeitsverhältnisse gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 gilt, darf auf die in § 3 Abs. 2 bezeichneten freien Dienstverhältnisse nur hinsichtlich der Mindestentgelte und Mindestbeträge für den Ersatz von Auslagen gesatzt werden. In einem solchen Fall gelten die kollektivvertraglichen Mindestentgelte für jene Arbeitsstunden, die zur Erfüllung des freien Dienstverhältnisses tatsächlich aufgewendet werden müssen.“

5. Dem § 430 werden folgende Abs. 19 und 20 angefügt:

„(19) Das Inhaltsverzeichnis, § 3 samt Überschrift und § 127 Abs. 1 letzter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 75/2025 treten mit 1. Jänner 2026 in Kraft. Die zum 1. Jänner 2026 bestehende Kollektivvertragsfähigkeit von gesetzlichen Interessenvertretungen und freiwilligen Berufsvereinigungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erstreckt sich in ihrem fachlichen und räumlichen Wirkungsbereich auch auf die in § 3 Abs. 2 bezeichneten freien Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer, die zum 1. Jänner 2026 bestehende Kollektivvertragsfähigkeit von gesetzlichen Interessenvertretungen und freiwilligen Berufsvereinigungen der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber erstreckt sich in ihrem fachlichen und räumlichen Wirkungsbereich auch auf die Dienstgeberinnen und Dienstgeber von in § 3 Abs. 2 bezeichneten freien Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern. Die zum 1. Jänner 2026 bestehende Kollektivvertragsfähigkeit von juristischen Personen öffentlichen Rechts gemäß § 120 sowie von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, denen die Kollektivvertragsfähigkeit durch Gesetz verliehen wurde, erstreckt sich auch auf die die in § 3 Abs. 2 bezeichneten freien Dienstverhältnisse. Der Geltungsbereich der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens geltenden Kollektivverträge bleibt unberührt, solange er nicht durch die Kollektivvertragsparteien abgeändert wird.

(20) § 107 Abs. 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 75/2025 tritt mit 1. Jänner 2026 in Kraft und gilt für zu diesem Zeitpunkt aufrechte in § 3 Abs. 2 bezeichnete freie Dienstverhältnisse mit der Maßgabe, dass eine mit Ablauf des 31. Dezember 2025 bestehende, von § 107 Abs. 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 75/2025 abweichende Vereinbarung aufrecht bleibt.“

Van der Bellen

Babler

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