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Zum Doppelbestrafungsverbot (KartG)

Recht kurz & bündigJudikaturUllrich SaurerAnwBl 2024/236AnwBl 2024, 544 Heft 10 v. 4.10.2024

1. Das KartG enthält keine Vorgaben hinsichtlich der Frage, ob die Beteiligung an einem Submissionskartell, dh an wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Vergabeverfahren, ausschließlich gem § 168b StGB zu bestrafen ist oder ob zusätzlich eine Geldbuße nach § 29 KartG verhängt oder eine Zuwiderhandlung gegen das Kartellverbot nach § 28 KartG festgestellt werden kann. Eine prozessuale Sperrwirkung entfalten nur jene Entscheidungen, die in einem Strafverfahren iSd Art 4 7. ZP-EMRK ergingen. Ihre Wirkung erstreckt sich nur auf solche Strafverfahren. Die Auslegung des Begriffs "Strafverfahren" hat analog zu Art 6 und 7 EMRK autonom, somit unabhängig vom nationalen Recht, zu erfolgen. Für die Beurteilung zieht der EGMR die sog"Engel-Kriterien" heran und orientiert sich an der Einordnung der Zuwiderhandlung im nationalen Recht, an der Art und Schwere der angedrohten Sanktion und an der Natur des Vergehens. Der EGMR hat bereits mehrfach klargestellt, dass die Einstellung eines Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft weder einer Verurteilung noch einem Freispruch iSd Art 4 des 7. ZP-EMRK entspricht. Er stellte jedoch fest, dass eine Verurteilung oder ein Freispruch nicht zwingend durch ein Gericht erfolgen müsse, sondern dass es darauf ankommt, ob es sich um die Entscheidung einer Behörde mit judiziellen Aufgaben im Rahmen der Strafrechtspflege handelt, die nach nationalem Recht befugt ist, das einer Person vorgeworfene rechtswidrige Verhalten festzustellen und gegebenenfalls zu bestrafen.

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